Chinesisch - taoistischer Festtag „Abschied vom Küchen- oder Herdgott“
Der Tag gilt als der „Silvester - Tag“ des chinesischen Mondjahres.
Tsao chün (auch „zhào jûn“, wörtlich = Herr des Herdes) ist die taoistische Gottheit, die bis heute vielleicht den wichtigsten Platz in der chinesischen Volksfrömmigkeit innehat. Er ist einer der obersten Beamten des himmlischen Jade-Kaisers [1], und muß wie alle anderen Untergebenen jährlich am Neujahrstag dem Kaiser über ihre Arbeit Bericht erstatten.
Über die Entstehung der Gestalt Tsao chüns gibt es eine alte Überlieferung: „....ein Mann namens Chang Lang (war) mit einer sehr tugendhaften Frau verheiratet, die seinem Haushalt Glück und Segen brachte. Eines Tages verstieß er sie um eines leichten Mädchens willen und sie kehrte zu ihren Eltern zurück. Damit verließ ihn auch sein Glück. Das Mädchen wandte sich von ihm ab, er wurde blind und mußte schließlich sein Leben als Bettler fristen. Auf der Suche nach Almosen gelangte er eines Tages, ohne es zu wissen, in das Haus seiner verstoßenen Frau. Sie erkannte ihn, ließ ihn ein und setzte ihm sein Lieblingsgericht vor. Das erinnerte ihn an sein verlorenes Glück, und weinend erzählte er ihr davon. Da befahl sie ihm, die Augen zu öffnen, und plötzlich konnte er wieder sehen und erkannte sie. Aus Scham über die Art und Weise, wie er sie behandelt hatte, versuchte er sich zu verstecken und sprang schließlich in den Ofen, ohne zu ahnen, daß Feuer darin war. Die Frau versuchte ihn zu retten, erwischte aber nur ein Bein, das in ihrer Hand blieb. Seither wird der Feuerhaken als Bein des Chang Lang bezeichnet. Die Frau trauerte um ihn, stellte ein Seelentäfelchen über dem Herd auf, wo er sein Leben gelassen hatte, und brachte ihm Opfer dar. Seither wird er als Küchengott verehrt“ (zit. n. Unterrieder, S. 12, a.a.O.).
Der Legende nach geht die Verehrung des Küchengottes bis ins 2. Jhdt. v. Chr. zurück (vgl. Schuhmacher, S. 405, a.a.O.). Damals soll der Küchengott dem taoistischen Magier Li shao chün ( ? - 133 v. Chr.) ewige Jugend und Bedürfnislosigkeit verliehen haben. Am Hof versprach Li shao chün dem Han - Kaiser Hsiao Wu ti (140 - 86 v. Chr.) durch alchemistische Praktiken die Herstellung von Gold und die Unsterblichkeit. Wahrscheinlich waren dies die ersten alchemistischen Experimente überhaupt. Die Verwandlung von Zinnober in Gold war nach Li shao chün nur möglich, wenn der Herdgott Tsao chün Hilfe leisten würde. dadurch soll der bis heute lebendige Kult des Küchengottes begonnen haben.
Das Bild des taoistischen Küchengottes Tsao Chün hängt auch heute noch auf dem Land in vielen chinesischen Küchen, auf dem „Götterregal“ in einer Nische über dem Herd, oft umrahmt von zwei Kerzen. Er haust nach traditioneller Vorstellung hinter dem Herd. Der „alte“ Küchengott und Patron der Hausgeister wird nun seine Reise in den Himmel antreten, er wird verabschiedet. Ihm wird schon seit 2 Tagen vor dem Fest Honig um den Mund geschmiert, indem man ihm Süßigkeiten und Honig opfert.
Die klebrigen Süßspeisen sollen ihm die Lippen verkleistern; er soll dem Jade-Kaiser bei seinem Jahresbericht über das Verhalten der Familie nur Gutes über seine Gastfamilie berichten. Um die Reise zu beschleunigen, werden große Mengen Feuerwerkskörper gezündet. Gebäck, süße Getränke, Bohnen und Neujahrspudding werden hergestellt und bleiben als Opfergaben bis zum Neujahrstag stehen: der Küchengott kann wieder kommen! Nach traditioneller Vorstellung kommt der Küchengott am Abend des Neujahrstages wieder zurück auf die Erde zu den jeweiligen Familien, wo er warm empfangen wird. .
Auf Rotdrucken ist der Küchengott oft von einer Kinderschar umgeben - er gilt auch als Beschützer der Familie.
Bis heute gibt es ein z.T. noch wirksames Tabu, den Beischlaf in der Küche, im Angesicht des Küchengottes zu vollziehen.
Auch an Neumond- und Vollmondtagen wird das Bild des Küchengottes über dem Herd in einer kleinen Zeremonie von den Familienmitgliedern verehrt.
Bis zur Landreform 1953 war der 23. Tag des 12. Mondmonats andererseits die letzte Gelegenheit der Grundherren, Wucherer etc. von den verschuldeten Bauern die Jahresschulden einzutreiben. Oftmals spielten sich an diesem Abend Familientragödien ab, Selbstmorde, Verkauf von Kindern o.ä.
(variabel nach dem chinesischen Lunisolarkalender; am 23. Tag des 12. Monats; in Südchina oft am 24. Tag)
© Christian Meyer
[1] Der Jade-Kaiser (chin. „Yù huâng dà dì“) ist einer der taoistischen Drei Reinen (San ch’ing). Er ist sozusagen der himmlische Kaiser, verfügt wie sein irdisches Gegenstück über eine riesige Beamtenschaft, Minister etc. , die ihm jährlich zum Neujahrstag über ihre Arbeit berichten. Der Küchengott ist wenn man so will der Familienminister des Jade - Kaisers.