Todestag des Propheten Muhammad (570 - 632).
Der sunnitischen Überlieferung nach starb an diesem Tag der Prophet Muhammad in Medina und wurde daselbst begraben.
Das Grab des Propheten Muhammad in der Großen Moschee in Medina ist heute einer der wichtigsten Wallfahrtsorte für Muslime.
Zwar hatte der Prophet immer wieder betont er sei ein Mensch, seine heutigen Anhänger aber machen ihn in ihrer Verehrung oft zu mehr als einem Heiligen, dessen Namen ohne eine Segensformel nicht ausgesprochen werden sollte, der nicht bildlich dargestellt werden dürfe etc. Seine Taten und Aussprüche (auch angebliche Aussprüche) wurden als Hadithen gesammelt und zur Sunna, den Gewohnheiten des Propheten zusammengestellt, der nach dem Koran wichtigsten Glaubensquelle der Muslime.
In einigen (allerdings umstrittenen) Hadithen gibt der Prophet freimütig seine Unkenntnis, seine Fehlerhaftigkeit zu. Der bekannte Hadithen-Sammler Yahya ibn Adam (ca. 144 – 203 n.d.H. / 818 n. Chr.) berichtete davon, dass der Prophet einst einige Ansar beobachtete, „… die gerade dabei waren, ihre Palmen künstlich zu befruchten. Da er Zweifel an dem Wert dieser Arbeit äußerte, stellten sie sie ein. Als aber die Früchte ausblieben, sagte er ihnen, sie sollten bei ihrer Gewohnheit bleiben, er habe etwas gesagt, ohne zu wissen, wie die Sache sich eigentlich verhält“ (Fück, S. 227, a.a.O.). Der Vorfall zeigt das blinde Vertrauen seiner Anhänger. Spätere Exegeten ließen jedoch das Eingeständnis des eigenen Fehlers durch den Propheten fort, es passte nicht zu dem enorm angewachsenen Ansehen, der Sakralisierung des Propheten Muhammad.
Um so mehr kontrastieren dazu traditionelle Auffassungen von Christen, Vorstellungen die für orthodoxe Muslime an Blasphemie grenzen.
Der christlich-orthodoxe Theologe Johannes von Damaskus (ca. 650 - 754) - die katholische Kirche sieht in ihm den letzten Kirchenvater - beschrieb Muhammad in seiner Schrift „Quelle der Erkenntnis“ als einen Irrlehrer, als Häretiker, ja als Vorläufer des Antichristen. Allerdings ist die Autorschaft des Johannes für das Kapitel, in dem der Islam als Häresie betrachtet und bezeichnet wird, bis heute umstritten.
Wie auch viele spätere christliche Theologen sah Johannes den Islam als nicht als eine eigene Religion, sondern als eine häretische christliche Sekte an. Für viele gläubige Christen war der Prophet Muhammad jahrhundertelang ein „falscher Prophet“. Ein Reflex dieser Auffassung findet sich zum Beispiel in Dantes „Divina Commedia“, in der Dante und Vergil in dem neunten Graben der „Hölle“ [1] auf Zwietrachtstifter und Glaubensspalter treffen:
„Darunter Buße zahlen jene Streiter,
Die, Zwietracht stiftend, mehren ihre Last“
(Dante, Hölle XXVII 135-136, S. 123, a.a.O.).
Unter den Glaubensspaltern und Zwietrachtstiftern begegnen die Beiden auch dem Propheten Muhammad, und Ali – dem 1. Imam der Schiiten. Ein Teufel schlägt ihnen unablässig Gliedmaßen ab und versetzt ihnen tiefe Wunden, die sofort wieder heilen, zu neuen Qualen:
„Indes ich so ihn fest ins Auge packe,
Riß er die Brust sich auf, zu mir gedreht,
Und sprach: ‚Nun sieh, wie ich mich hier zerhacke!
Sieh, wie verstümmelt ausschaut Mahomet!
Gespalten im Gesicht vom Schopf bis zum Kinn
Ist Ali, welcher weinend vor mir geht.
Die andern alle, die im gleichen Sinn
Von Streit und Zwist gelebt, der Welt zum Harme,
Sind so zerspalten deshalb auch hierin.
Ein Teufel richtet hinten zu uns Arme
So fürchterlich mit seines Schwertes Schnitt,
Zerhackend jeden wiederum vom Schwarme,
Sooft der Leidensweg durchmaß sein Schritt:
Sind doch schon seine Wunden wieder heil,
Noch eh er wieder vor den Teufel tritt.‘“
(Dante, Hölle XXVIII, 28-42, S. 124, a.a.O.).
In Bologna, in der Kirche San Petronio, in der Cappella Bolognini, findet sich sogar eine Darstellung, die den Propheten Muhammad (mit der Beschriftung „Machomet“) in der Hölle zeigt. Giovanni da Modena – vielleicht inspiriert von Dante - malte die Fresken um 1410. Der weißbärtige Prophet ist mit aufgelöstem Turban nackt, an einen Felsen gefesselt und wird von einem Teufel gequält (Abb. s.u.).
Im Jahre 2002 sollen Al-Qaida-nahe Gruppen einen Anschlag auf die in ihren Augen lästerlich-blasphemischen Fresken in San Petronio geplant haben (vgl. The Guardian, Monday 24 June 2002). Ein Jahr zuvor hatte sich eine Gruppe italienischer Muslime vergeblich an den Vatikan gewandt, diese Szene des Fresko abzudecken, sie würde den Islam beleidigen (vgl. Dante)..
Beim 2. Vaticanum (1965) wurde in der Erklärung über die „nichtchristlichen Religionen“ erstmals mit einer positiven Tendenz von den Muslimen gesprochen. Besonders die Aussage, auch die Muslime müssten mit Hochachtung betrachtet werden, da sie den alleinigen Gott anbeten. Dies war zweifellos ein beachtlicher Fortschritt der katholischen Kirche. Von dem Koran und dem Propheten Muhammad war in der Erklärung allerdings keine Rede. Und so ist es bis heute geblieben, von einer Gleichwertigkeitsbetrachtung sind alle Religionen weit entfernt, die einen Ausschließlichkeits-, Alleinseligmachungsanspruch haben.
(variabel nach dem islamischen Mondkalender, am 13.Tag wie hier errechnet - nach anderer Überlieferung der 5. Tag des 3. Monats Rabi I., Rebiyülevvel; schiitische Muslime gedenken des Todes des Propheten am 28. Tag des 7, Monats Radjab, i.e. am 23. März 2020; Historiker bestimmten den 8. Juni 632 als Todestag)
© Christian Meyer
Detail aus der Höllendarstellung Giovanni da Modenas in San Petronio zu Bologna