21. September

 

Weltalzheimertag

 

Die Alzheimer – Krankheit (Morbus Alzheimer) ist die wichtigste Form der Demenz, ca. zwei Drittel aller Demenz – Kranken leiden an Alzheimer. Die Alzheimer - Krankheit ist eine fortschreitende Erkrankung des Gehirns, eine degenerative Verkleinerung des Großhirnumfangs (Hirnatrophie) mit irreversiblen Veränderungen besonders im Bereich des Hippocampus und des Assoziationscortex.  

Alzheimer morbus führt zu einem schrittweisen Verlust des Gedächtnisses, der gesamten Persönlichkeit, zu vermindertem Lernvermögen, verminderter Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit, zeitlicher und örtlicher Desorientierung sowie Sprachstörungen, selbst die alltäglichsten Dinge können die Betroffenen irgendwann nicht mehr erledigen. Die Alzheimer – Krankheit ist vermutlich auch erblich bedingt und führt letztendlich - nach vollständigem Verlust von Gedächtnis, Körperkontrolle und Sprache - zum Tod.

Das „… Vergessen auf Raten ist eine Alterserscheinung – je höher die Lebenswartung steigt, desto mehr Fälle gibt es“ (vgl. Dossier: Demenz, S. 64, a.a.O.).  Als Folge der demographische Entwicklung, der Alterung der Bevölkerung in allen Industrieländern ist in den nächsten Jahrzehnte ein deutliches Wachstum der Demenzerkrankungen zu erwarten. Bis zu 25 % der 80- bis 89-Jährigen werden an Morbus Alzheimer erkranken.

Nach Berechnungen der Stiftung Alzheimer Initiative in Düsseldorf lebten 2012 ca. 1,2 Mio. Menschen mit Alzheimer in Deutschland.

Der Name Morbus Alzheimer geht auf den deutschen Arzt und Neurologen Alois Alzheimer zurück, der von 1901 an bei seiner Patientin Auguste Deter erstmals die Krankheit dokumentierte und beschrieb. Die Patientin begann anfangs „…. ihren Mann zu beschimpfen, in der Wohnung zu randalieren und scheinbar mutwillig die Mahlzeiten zu verderben, die sie kochte“ (vgl. Dossier: Demenz, S. 64, a.a.O.). Alois Alzheimer begleitete seine Patientin während ihrer letzten Lebensjahre in einer (damals gefängnisähnlichen) Nervenheilanstalt.

Nach ihrem Tode obduzierte Alzheimer das Gehirn seiner Patientin und fand 1906 ungewöhnliche Eiweißklumpen im Gehirn, heute als Amyloid – Plaques [1]bekannt. Zudem stellte man später Ablagerungen von bündelweise angelagerten Tau – Proteinen [2] fest.

Alzheimer vermutete bereits damals, dass diese Eiweißablagerungen im Gehirn die zentrale Rolle bei der krankhaften Entwicklung  spielten.

Um 1910 betrug die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland 47 Jahre, die meisten Menschen starben, bevor sie in das gefährdete Alter kamen.

Auguste Deter war 51 Jahre alt, als ihr Mann sie zu Alzheimer brachte – auch heute sind so frühzeitige Erkrankungen an Alzheimer selten.

Damals galt die Krankheit als exotisch, der Bericht wurde wenig beachtet.

 

Im Jahre 2007 waren weltweit ca. 24 Mio. Menschen an Alzheimer erkrankt, alle 7 Sekunden kommt ein weiterer Krankheitsfall hinzu (vgl. ND, 21. September 2007, S.2). Allein in Deutschland gab es 2007 ca. 1,4 Millionen Demenzerkrankte, darunter waren schätzungsweise 60 - 70 % an einer Demenz des Typs Alzheimer erkrankt. Täglich kommen Neuerkrankungen hinzu, vielfach wird die Krankheit bereits als eine „Volkskrankheit“ angesehen, eine Volkskrankheit allerdings, die von vielerlei Tabus umgeben ist. 

Von daher wird in der Zukunft ein enorm wachsender Pflegebedarf vorliegen, denn zur Zeit noch lebt in Deutschland ca. jeder zweite 85jährige alleine.

Betreute Wohngemeinschaften werden vielfach als ein Modell der Betreuung angesehen, v.a. wenn Angehörige der Kranken mitarbeiten.

Im Jahre 2009 wurden ca. 750 000 Demenzkranke in Deutschland von Angehörigen gepflegt und versorgt. Vielfach fühlen diese sich allerdings überfordert und allein gelassen. Gesichert ist unterdessen jedoch, dass versorgende Ehepartner ein deutlich erhöhtes Risiko haben, selbst dement zu werden. 

 

Sylvia Zacharias beschrieb in ihrem Erfahrungsbericht „Diagnose Alzheimer" sehr anschaulich die fortschreitenden Alzheimer - Krankheitssymptome, die sie bei ihrem erkrankten Vater, dem Geiger Helmut Zacharias, beobachten mußte: Zunehmende Wortfindungsschwierigkeiten, unerklärliche Unruhezustände und Gedächtnislücken, Wahnvorstellungen, depressive Stimmungen bis zu heller Verzweiflung. Insgesamt erscheint die Karnkheit als zunehmender Persönlichkeitsverlust, als „Abschied vom Ich" (vgl. Zacharias, in www.hirnliga.de)

 

Immer noch kann die Alzheimer - Krankheit nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in einem relativ frühen Stadium diagnostiziert werden,  durch eine Kombination verschiedener Untersuchungen, wie Gesprächen, neurologischen Untersuchungen, EEG sowie bildgebenden Verfahren wie einer Kernspintomographie des Gehirns (vgl. ND, 21. September 2007, S. 2). 

Eine endgültige, sichere Diagnose von Alzheimer konnte vor kurzem noch erst nach dem Tode des Patienten durch eine direkte Hirnobduktion erfolgen.  In den letzten Jahren aber sind in dieser Hinsicht vielerlei Fortschritte gemacht worden. 

 

Bisher gibt es kein wirksames Medikament gegen die Alzheimer - Krankheit. Vermehrte Forschungsanstrengungen erscheinen dringend nötig, fordert die Deutsche Alzheimer Gesellschaft schon seit vielen Jahren.

Nur ca. jeder 10. Demenzerkrankte kommt in Deutschland im Laufe seines Lebens mit einem entsprechenden Facharzt in Berührung.

Bei einer frühzeitigen Diagnose kann der Verlauf der Krankheit durch die Vergabe von Antidementiva zumindest verlangsamt und die Symptome verringert werden. Aber auch bei den erkrankten Alzheimer - Fällen erhält nur ca. die Hälfte der Patienten Antidementiva, z.T. wegen der mangelnden Qualifikation der Ärzte.

Antidementiva sind Medikamente zur Behandlung von Demenz. Ihre Einsatzgebiete sind Hirnleistungsstörungen, z.B. Beeinträchtigungen der Konzentration, Merk- oder Denkfähigkeit. Auch bei der Alzheimer-Krankheit und bei Demenz – Symptomen wie Persönlichkeitsveränderungen in Richtung Misstrauen, Angst, depressive Verstimmung oder Geiz werden Antidementiva angewendet.

Der bei der Alzheimer-Krankheit feststellbare langsam fortschreitende Untergang von Nervenzellen in Hirnrinde und Hirnstamm lässt sich gegenwärtig durch Antidementiva nicht verhindern oder aufhalten. Alle heutigen Antidementiva können das Fortschreiten der Symptome nur vorübergehend verzögern.

Es gibt Antidementiva mit belegter Wirkung, bei anderen ist die Wirkung zweifelhaft.  Derzeit (im Jahre 2009) existieren nur wenige Arzneistoffe, die klinisch belegt den Demenzverlauf um durchschnittlich circa ein Jahr verlangsamen können. Es sind u.a.: Acetylcholinesterase,  Donepezil,   Rivastigmin und Galantamin.  

Wesentliche Wirkungsunterschiede zwischen den einzelnen Präparaten sind nicht bekannt, aber die Wirksamkeit der Präparate ist von Patient zu Patient verschieden.

Antidementiva ohne wissenschaftlich belegte Wirkung auf die Demenz sind z.B. Ginkgo, Cyclandelat oder Kälberbluthämolysat.

Dennoch wird z.B. das Medikament Tebonin mit den Inhaltsstoffen der Ginkgoblätter (Ginkgo biloba). Es soll schädliche Stoffwechselprodukte neutralisieren, den Ausstoß von Signalstoffen erhöhen und die Durchblutung verbessern. Typische Nebenwirkungen sind Übelkeit und Kopfschmerz.

Antidementiva wirken sehr uneinheitlich und sind  chemisch unterschiedlich strukturiert. Alle Antidementiva zielen  auf das Gehirn, z.B.:

  • Sie vermehren den Botenstoff zur Übermittlung von Nervensignalen bei Konzentrations- und Gedächtnisleistungen.
  • Sie verbessern die Durchblutung des Gehirns, so dass es besser mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt  wird, unerlässlich für eine gute Funktion des Gehirns  
  • Sie verbessern den Stoffwechsel des Gehirns,  steigern z. B. die Aufnahme und Verwertung des Energielieferanten Glukose (Traubenzucker).

 

In der medizinischen Ausbildung, auch der Facharztausbildung, kommt dem Bereich der Demenzkunde bislang ein zu geringes Gewicht zu, meinen Vertreter der deutschen "Hirnliga" (vgl. ND, 21. September 2007, S.2).

Wirkungsvolle Medikamente oder eine ernstlich Verbesserung der Pflegesituation sind nicht in Sicht

 

Schon 1981 wurde das Alzheimer–Ein–Mann–Theaterstück „Du bist meine Mutter“ niederländischen Schriftstellers und Schauspielers Joop Admiraal (1937 – 2006) in Amsterdam uraufgeführt: Ein Sohn besucht jeden Sonntag seine an Alzheimer erkrankte Mutter im Pflegeheim. Thematisiert werden u.a. die ritualisierte wöchentliche Begegnung, die Hilfsbedürftigkeit und Abhängigkeit Demenzerkrankter von den Angehörigen, aber auch die Symptome des geistigen Verfalls, des Erlöschens einer Persönlichkeit, die einmal die wichtigste Bezugsperson war.

Seit 1981 wurde das preisgekrönte Stück mehrfach in verschiedenen Ländern auf verschiedenen Bühnen, wieder aufgeführt, so zum Welt–Alzheimer–Tag 2008 im Stadthaus zu Schwerin.  

 

Bis heute ist die Alzheimer-Krankheit nicht heilbar. Es wurden allerdings Medikamente entwickelt, die die Abbauprozess verlangsamen sollen.

 

Unklar ist bis heute (2013) die Ursache für die sogenannte geistige Reserve. Bei einigen älteren Patienten fand man zwar eine Vielzahl von Beta-Amyloid-Ablagerungen (Plaques) im Gehirn, ohne dass jedoch die Gedächtnisleistungen verloren gingen. Diese Menschen haben anscheinend eine erhöhte Toleranz gegen Alzheimer-typische Gehirnveränderungen, - warum ist ungewiss.

An der Universitätsklinik Aachen wird zurzeit (2014) an Drosophila-Fruchtfliegen untersucht, wie der Untergang von Nervenzellen durch Tau-Neurofibrillen genau abläuft und wie er gestoppt werden könnte.

 

An der Universitätsklinik Bonn wird zurzeit (2014) erforscht, inwieweit spezifische Antikörper die Plaquesbildung bekämpfen könnten.

 

(unveränderlich, nach dem Gregorianischen Kalender)

 

© Christian Meyer


[1] Ein wichtiges Symptom der Alzheimer-Krankheit ist die Ansammlung amyloider Plaques (auch: Senile Plaques) zwischen den Neuronen im Gehirn. Amyloide sind vom Körper produzierte Protein-Bruchstücke mit einer durchschnittlichen Größe von 50 µm, die im gesunden Gehirn zersetzt und abgebaut werden. Bei Alzheimer-Kranken aber geschieht dieser Abbau nicht, die Amyloide sammeln sich extrazellulär zu harten, unauflöslichen Plaques an. Beta-Amyloid ist ein wichtiges Fragment eines Proteins. M. Franke zeigte in den 70er Jahren des 20. Jhdts., dass ab einer Plaque-Dichte von über 200/mm³ Frontalhirnrinde eine Demenzentwicklung wahrscheinlich ist.

Senile Plaques in geringer Menge treten jedoch auch im normalen Alternsprozess auf. Im Alter von 60 Jahren sind ca. 10 % einer Generation betroffen, bis etwa zum 80. Lebensjahr nimmt der Anteil der Betroffenen nahezu linear auf ca. 60 % zu. Solche senilen Plaques finden sich auch in tierischen Gehirnen z.B. bei Säugetieren und Vögeln.

[2] Das Tau-Protein - ein Posphoprotein - ist ein wichtiger Bestandteil des tierischen Zellskeletts. In den Nervenzellen tritt das Tau-Protein v.a. in Form von Fibrillen (gedrehten Fasern) und von Mikro-Tubuli (Röhrchen) auf.  Mikro-Tubuli dient dem Transport von Zellsubstanzen innerhalb der Nervenzelle, aber auch bei der Bildung von Dendriten.

Bereits bei Gesunden ist altersabhängig mit höheren Tau–Protein-Werten zu rechnen. Aber auch andere Erkrankungen mit Schädigungen der Nervenzellen können erhöhte Tau-Werte bewirken. Die höchsten Tau-Konzentrationen wurden bei der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung sowie bei Hirninfarkten festgestellt.

Neurodegenerative Erkrankungen mit Ablagerungen von Tau-Protein werden „Tauopathien“ genannt, deren wichtigste und bekannteste  Morbus Alzheimer ist.

Tau-Protein läßt sich bei Demenzkranken im Nervenwasser (Liquor) nachweisen. Eine Erhöhung der messbaren Gesamt-Tau-Konzentration im Liquor gilt deshalb als ein Indikator eines Nervenzelluntergangs. Die mikro-tubularen Strukturen kollabieren dabei. Hohe Tau-Protein - und b-42- Peptid  - Werte werden heute als wichtiger Biomarker für die (nicht – erbliche) Alzheimerkrankheit angesehen. Dies wird zukünftig vermutlich zu einem sicheren Nachweis für die Alzheimer - Krankheit zu Lebzeiten werden.