26. Juli: Gedenktag der Heiligen Anna und Joachim (bei der orthodoxen Kirche: 9. Dezember) 

 

„Channâh“ heißt auf Hebräisch eigentlich „Huld, Gnade“. Nach der christlichen (außerbiblischen) Überlieferung hieß die Mutter Marias, die Großmutter Jesu, Anna. Sie soll die Ehefrau des heiligen Joachims gewesen sein. Nach zwanzigjähriger Kinderlosigkeit gebar sie schließlich Maria, ganz analog zur alttestamentarischen Geschichte der Hanna und der Geburt Samuels (1. Samuel 1).

In frühchristlicher Zeit wurde Anna – wie die allermeisten Heiligen - nicht verehrt. Im Jahre 550 allerdings wurde ihr zu Ehren in Konstantinopel – von Justinian veranlasst - eine Anna-Kirche errichtet.  

Etwa seit den ersten Kreuzzügen (11./12. Jhdt.) kam durch die Verehrung der Heiligen Anna auch der Name Anna zu wachsender Verbreitung. In Jerusalem errichteten Kreuzfahrer am überlieferten Grabesplatz Annas, nahe der Zisterne „Bethesda“ (Schafteich), eine romanische Anna-Kirche, die bis heute erhalten blieb.

Der gelehrte Benediktiner und Humanist Johannes Trithemius (1462–1516) war einer der glühendsten und wortgewaltigsten Vorkämpfer des St.-Anna-Kultes im deutschen Sprachgebiet. 1494 stand Trithemius im Zentrum  eines theologischen Disputs. In seiner Schrift „De laudibus sanctissimae matris Annae“ (Zum Lob der heiligsten Anna) hatte er ausgeführt, Anna habe ihre Tochter Maria „unbefleckt empfangen“.

Papst Gregor XII. ließ im Jahre 1584 das Annafest jährlich am 26. Juli einführen.

 

Die heilige Anna wird als Schutzpatronin u.a. der Tischler und Bergleute verehrt. In dem Evangelientext des Annentages wird von einem ungehobenen Schatz im Acker (Mt 13, 44) gesprochen. Bergleute sahen in der Textstelle einen Bezug zu ihrem Beruf. In Bergbaugebieten wurde die heilige Anna als „Erzmacherin“, als „Mutterschoß“ des Erzes angesehen (vgl. Sandner, S. 18, a.a.O.).

Anna und Joachim gemeinsam galten als Helfer in Geldnot.

In Sachsen, wo die Hl. Anna im Mittelalter besonders verehrt wurde, galt sie auch als Schützerin der Familie, als Helferin bei der Geburt, gegen die Untreue der Ehemänner und als Schutzpatronin der Elbschiffer. 

Der Name der Bergbau-Stadt Annaberg im Erzgebirge geht auf die Heilige zurück. In der dortigen Annenkirche hat Hans Hesse einen Bergaltar geschaffen, der u.a. die damaligen Techniken des Erzbergbau zeigt.

 

Von Martin Luther, der aus einer Bergmannfamilie stammte,  gibt es die berühmte Geschichte, wie er am 2. Juli 1505 in ein Gewitter kam und angstvoll ausrief:“ Hilf, heilige Anna, ich will Mönch werden“, er überlebte, - und trat am 17. Juli 1505 in das Augustinerkloster zu Erfurt ein .

In der christlichen Kunst gab es häufig Darstellungen der Annaselbdritt“ (das heißt Anna, ihre Tochter Maria und der Enkel Jesus), so z.B. von Lucas Cranach d. Ä., Leonardo da Vinci (im Louvre) oder von Caravaggio. 

Nach einer mittelalterlichen Legende hatte die Hl. Anne drei Männer, und von allen eine Tochter namens Maria (gekoppelt mit dem Namen des Mannes). Ihre Kinder sollen später Jünger Jesu geworden sein. Ein recht häufiges Motiv der spätmittelalterlichen christlich geprägten Kunst Mitteleuropas war von daher die "Heilige Sippe". Ein erhalten gebliebenes Beispiel für dies Motiv findet sich im Zisterzienserinnen - Kloster St. Marienstern in Sachsen.

Ein wichtiges mitteleuropäisches Zentrum des Anna – Kultes ist der 407 m hohe St. Annaberg (poln. Góra Świętej Anny) in Oberschlesien (poln. Gorny Śląsk), ca. 30 km südöstlich von Opole / Oppeln, das „katholische Herz“ der Region.

Auch hier wurde – wie im Erzgebirge – der Annakult durch den Bergbau und die Bergleute gefördert, deren Schutzheilige Anna ist. Seit dem 17. Jhdt. befindet sich auf dem Gipfel des Berges ein Kloster mit St- Annenkirche der Franziskaner, in dem eine hochverehrte Annaselbdritt – Figur aus dem 15. Jhdt. aufbewahrt wird. Auf dem Berg befinden sich zudem ca. 40 Kapellen und Kreuz- bzw. Marienwegstationen, die bei den häufigen Wallfahrten zur „Heiligen Mutter Anna“ während der ganzen Jahres besucht werden. Am Berg befindet sich ein großes Pilgerheim.

Das hoch emotional besetzte Wallfahrtszentrum St. Annaberg wurde nach dem 1. Weltkrieg in die blutigen Auseinandersetzungen deutscher und polnischer Nationalisten hineingezogen. Ein deutsches Ehrenmal wurde 1945 durch polnische Einheiten gesprengt, 1953 ein neues polnisches Ehrenmal errichtet.

Am 26. Juli 1983 besuchte Papst Johannes Paul II. zusammen mit mehr als einer Million Pilger den Annaberg. Seit 1984 gilt die Klosterkirche als „Basilica minor“. 

Am 4. Juni 1989 wurd erstmals seit dem 2. Weltkrieg wieder eine deutschsprachige Messe auf dem Annaberg zelebriert. Mehr als 3000 Oberschlesier kamen. Unterdessen gilt der Berg auch als Symbol der deutsch - polnischen Aussöhnung.  

Am 26. Juli jedes Jahres pilgern Tausende von Gläubigen zu der Kirche der Hl. Anna in Puttalam (an der Westküste von Sri Lanka), jedoch sind es in diesem immer noch religiös toleranten Land Gläubige aller Bekenntnisse, Christen beider großen Konfessionen, Buddhisten und Muslime (vgl. Tagesspiegel, 4. März 1973).

 

Anlässlich des Annen- und Joachimstages fand sich im Sommer 2006 in einer süddeutschen katholischen Kirche die folgende Fürbitte:

                                                               „Heiliger Vater Joachim,

                                                               und heilige Mutter Anna,

                                                               bittet an Gottes Thron

                                                               bei eurem Enkelsohn,

                                                               für unsere Kinder und Enkel,

                                                               um Gottes Segen

                                                               auf allen ihren Wegen

                                                               und Gottes Gnade

                                                               für all ihre Pfade.

                                                               Ihr wart im Beten treu

                                                               und stark im Vertrauen,

                                                               so konnte Gott, der Herr,

                                                               sein Heil auf euch bauen.

                                                               Betet mit uns und

                                                               Für unsre Kinder und Enkel,

                                                               sie mögen wie Jesus

                                                               Gott und die Menschen lieben

                                                               und alle Tage tun,

                                                               was gut und Gott wohlgefällig ist,

                                                               In Jesu Namen, Amen“

In der Wiener Annenkirche wird als (angebliche) Reliquie die bis heute verehrte Hand der Anna aufbewahrt.

 

(unveränderlich, nach dem Gregorianischen Kalender)

 

© Christian Meyer

 

Hl. Anna selbdritt
Hl. Anna selbdritt

Abb. „Heilige Anna selbdritt“, unbekannter Meister, um 1513, in der Hauptkirche der slowakischen Bergstadt Rožňava; der Hintergrund der Heiligendarstellung zeigt eine zeitgenösische Bergbaulandschaft (Abb. aus Sandner, S. 50, a.a.O.).
Eine slowakische Briefmarke aus dem Jahre 2011 zeigt ebenfalls ein Detail des Motives.

Anna selbdritt Briefmarke
Anna selbdritt Briefmarke