Abb. : "Hl. Apollonia", Schule von Piero della Francesca (Abb. aus www.kfo-online.de)
Abb.: „Heilige Apollonia" (aus Timmermans, S. 150.,a.a.O.)
9. Februar : Festtag
der Hl. Apollonia von Alexandria, der Patronin der Zahnärzte und Helferin gegen Zahnschmerzen
Nach der Legende war Apollonia „ …. eine betagte christliche Jungfrau" (vgl. Keller, 1996, S. 57, a.a.O.), die als Diakonisse wohltätig gewirkt hatte (vgl. Dammer,
S. 38, a.a.O.).
Im Jahre 248 / 49 soll sie unter dem Kaiser Decius bei Auseinandersetzungen anlässlich des Millenniums Roms mit „Heiden" in Alexandria den Märtyrertod erlitten
haben. Bischof Eusebius von Cäsarea berichtet in seiner "Kirchengeschichte": "… auch die hoch bewunderte, damals schon greise Jungfrau Apollonia ergriffen sie, brachen ihr durch Schläge auf die
Kiefer die Zähne heraus, schichteten vor der Stadt einen Scheiterhaufen und drohten, sie lebendig zu verbrennen, wenn sie nicht mit ihnen die Formeln des Unglaubens ausspräche. Sie aber, nach
kurzem Bitten aufgehoben, sprang in das Feuer und wurde von der Flamme verzehrt" (Hist. Eccl., I, vi, 41).
Erna und Hans Melchers erwähnen in diesem Zusammenhang die Aussage des Hl. Augustinus, der ihres faktischen Selbstmords wegen meinte, Apollonia habe „… auf besondere
Eingebung des Himmels gehandelt….. Ohne Zweifel wollte Gott, der die Heilige zu einem mutigen, unerhörten Tode antrieb, den Heiden zeigen, wie die Liebe zu ihm sogar das eigene Leben freiwillig
hingibt" (vgl. Melchers, S. 97, a.a.O.).
Nach einer jüngeren Überlieferung soll Apollonia eine Kaisertochter gewesen sein. Als Christin gab sie all ihren Schmuck den Armen und verweigerte
die Ehe. Daraufhin soll Apollonia Martern aller Arten erlitten haben, die sie jedoch wunderbarerweise von Engeln geheilt überlebte. Sie „… erhält neue Augen, neues Gehör (die Ohren waren ihr mit
Blei ausgegossen worden), neue Zähne, neue Glieder; schließlich wird sie in Persien enthauptet" (vgl. Keller, 1996, S. 57, a.a.O.).
Zur Schutzheiligen der Zahnleidenden wurde Apollonia anscheinend erst seit dem 13. Jahrhundert, nachdem Papst Johannes XXI. (Pont. 1276/77) bei
Zahnschmerzen ein Gebet zur heiligen Apollonia empfohlen hatte.
Seit dem 14. Jhdt. wurde die Heilige häufig mit Palmzweig, Buch und Zange (die einen Zahn hält) dargestellt. Zahlreiche Darstellungen der Hl.
Apollonia in Fresken wie auch Altarbildern sind auf uns überkommen, so u.a. von Perugino, Guido Reni, Carlo Dolci, Francisco de Zurbaran, Rogier van der Weyden oder Peter Paul
Rubens.
Regional wird die Heilige Apollonia auch heute noch als Helferin gegen Zahnschmerzen angerufen.
Unter „Krippe online" (www.shop.krippe) wurden im Herbst 2002 auch drei Figuren der Hl. Apollonia angeboten, zu Preisen zwischen 450,- und 130,-
€.
Gleich zu Beginn des Romans „Örtlich betäubt“ von Günter Grass (1927 - 2015) wird an die Hl. Apollonia erinnert, denn der Studienrat Eberhard Starusch muss zum Zahnarzt, und seine Klasse 12 a empfiehlt ihm – in Gestalt seines Schülers Philipp Scherbaum – der Fürbitte der Heiligen (vgl. Grass 1969, S. 7, a.a.O.).
Grass – der zeitlebens immer wieder Probleme mit den Zähnen hatte, vom Nobelpreis erfuhr er auf dem Weg zum Zahnarzt – macht in seinem dritten Roman eine langwierige Zahnbehandlung des Studienrats und den Austausch mit seinem Zahnarzt zur sozusagen Rahmenhandlung des auf dem Hintergrund der einsetzenden Schüler- und Studentenbewegung 1966/67 in West-Berlin spielenden Romans, mit einer Vielzahl von Rückblenden v.a. auf Kindheit und Jugend von Starusch, von Danzig über die Eifel bis nach West-Berlin: Ein Erwachsenwerden als langsamer, resignativer Anpassungsprozess,
In vielen der Schriften fiel Kritikern immer wieder Grass' Faszination für Zähne auf, „Ortlich betäubt“ wurde geradezu als „Zahnroman“ angesprochen (Enderstein, S. 5, a.a.O.).
Versteckt findet sich in dem Roman der Satz: „Manch einer läuft Zeit seines Lebens mit einer Existenzlüge herum…“ (Grass 1969, S. 78, a.a.O.). So ging es ihm auch selbst: Denn Grass wurde 17jährig im November 1944 als Ladeschütze zur 10. SS-Panzer-Division „Frundsberg“ der Waffen-SS einberufen. Grass gab sich bei seiner Gefangennahme durch die US-Armee als Angehöriger der Waffen-SS zu erkennen, verschwieg dies aber der Öffentlichkeit bis 2006 in seiner autobiografischen Erzählung „Beim Häuten der Zwiebel“ – vgl. Joh 8, 7.
Eine deutsche Bauernregel lautet:
„Ist es an Apollonia feucht,
der Winter oft erst spät entweicht“.
(Unveränderlich nach dem Gregorianischen Kalender)
© Christian Meyer
Die obige Abb. zeigt Albrecht Dürers "Heilige Apollonia", Schwarze Kreide auf grün-grundiertem Papier; im Kupferstichkabinett Berlin