4. Dezember [1]: (katholischer) Tag der Hl. Barbara [2] , die um 235 / 306 in Nikomedien/Kleinasien den Märtyrertod erlitten haben soll. Ihr häufgistes Attribut ist der Turm („das Madl mit dem Turm“ [3]).

 

Die Legende erzählt, dass die schöne junge Barbara – eine heimliche Christin -ihre zahlreichen – heidnischen - Freier zurückwies. Ihr Vater, der reiche Kaufmann Dioscuros, war nach der Überlieferung ein fanatischer Gegner der Christen. Als er erfuhr, dass sich Barbara regelmäßig heimlich mit einer Gruppe von Christen traf, ließ er einen Turm bauen, um seine Tochter darin einzusperren. Ihrem christlichen Glauben schwor sie trotzdem nicht ab. Nach der Legende brachten Barbara Engel die Eucharistie in das Turmgefängnis, deshalb wird sie oft mit Kelch und Hostie dargestellt. Als Barbara ihrem Vater schließlich bekannte, sie habe sich taufen lassen, ließ er Barbara brutal martern und enthauptete sie eigenhändig. Kaum jedoch hatte Dioscuros sein blutiges Schwert beiseite gelegt, wurde er von einem Blitz erschlagen, heißt es in der Barbara-Legende.

Die Hl. Barbara gilt als Patronin der Bergleute, Hüttenarbeiter, Architekten und Bauarbeiter (aufgrund ihres Attributs, des Turms)und als Schützerin vor Blitzschlag. Sie beschützt aber auch die Feuerwehr. Früher erhielten die Bergknappen am Barbara-Tag das "Barbara-Brot". Das Anzünden eines "Barbaralichtes" sollte vor dem Tod im Bergwerk schützen. In der Wiener U-Bahn-Station Westbahnhof steht in einer verglasten Nische eine moderne Barbara-Statue: Ein Dank der Arbeiter an die Heilige, die mit ihrer Fürsprache die Arbeiter beschützt hat.

Am 4. Dezember 1998 fand mittags im Tunnelschacht vor dem Berliner Reichstaggebäude ein katholischer Gottesdienst statt. Nach Presseberichten hatten Ingenieure der beteiligten Firmen um diese "geistliche Unterstützung"  gebeten (vgl. "15 Uhr Aktuell", 3.XII. 1998, S.1).

 

Die hl. Barbara dient als Fürbitterin für eine gute Sterbestunde und vor einem jähen und unvorhergesehenen Tod. Vielleicht war sie auch deshalb die Schutzpatronin der Artillerie.

Ein Beispiel bis heute erhaltenen Brauchtums sind die Barbarazweige. Am 4. Dezember werden Zweige vom Kirschbaum (insbesondere der Weichselkirsche, aber auch andere Zweige von Laubgehölzen, wie Schlehen oder Flieder) ins Haus geholt, über Nacht in lauwarmes Wasser gelegt und dann in einen Krug mit Wasser gestellt. In der Wärme des Hauses schwellen und treiben die Knospen. An jedem dritten Tag muß man das Wasser wechseln. Zu Weihnachten brechen dann die Blüten hervor. Diese sollen an den Sproß aus der Wurzel Jesse erinnern oder an den neugeborenen Jesus, der als Licht der Welt verstanden wurde. Dieser Brauch ist seit dem 15. Jhdt. überliefert.

Seit dem II. Vatikanischen Konzil ist die Hl. Barbara zwar offiziell aus dem römisch-katholischen Heiligenkalender entfernt worden. Dennoch genießt sie in Teilen Europas, vor allem aber in Lateinamerika nach wie vor eine sehr lebendige Verehrung - und zwar keineswegs nur innerhalb der katholischen Kirche.

Denn die Hl. Barbara erlangte bei den Anhängern der synkretistischen Santeria (u.a. auf Kuba) erhielt eine ganz eigentümliche Prägung. Die Santeria ist eine typische Mischreligion, die ihre Wurzeln in der Kultur der Yoruba im heutigen südwestlichen Nigeria hat. Vom 16. bis zum 19. Jhdt wurden tausende Yoruba als Sklaven in die „Neue Welt“ verschleppt und dort zwangschristianisiert. Um dort ihre traditionellen Götter (Orishas) weiter verehren zu können, tarnten sie sie vielfach als katholische Heilige. Als Gegenstück zu ihren Göttern wählten sie dabei oft Heilige, die zumindestens einige „Persönlichkeitszüge“ mit ihnen gemeinsam hatten. Mit der Zeit jedoch verschmolzen vielfach beide Gestalten miteinander.

Wenn also die Plantagenbesitzer glaubten, dass ihre frommen Sklaven bzw. Landarbeiter zur Hl. Barbara beteten, huldigten diese in der Realität dem Donnergott Changó.

Die Santeria wird heute v. a. auf Kuba, Puerto Rico und in den Einwanderer – Gemeinden in den USA praktiziert.

In dem Roman „Das Verschwinden der heiligen Barbara“ von Jorge Amado (1912 – 2001, a.a.O.) ist die Hl. Barbara die Zentralfigur. Auf dem Weg zu einer geplanten Ausstellung steigt sieim brasilianischen Bahia aus einem Gemälde, nimmt die Gestalt der afrobrasilianischen Göttin Yansa [4] an, zieht 48 Stunden durch die Stadt und vollbringt zwischen Karneval und Mord allerlei wunderbare Taten. Vor allem schafft sie Liebenden und der Liebe Raum.

Der Roman Amados ist ein gutes Beispiel für den "phantastischen"oder "magischen" Realismus der zeitgenössischen lateinamerikanischer Literatur, auch spiegelt er die religiöse und kulturelle Kreolisierung von katholischer Volksfrömmigkeit und afrikanischer Candomblé [5] - Religion.

 

Im Strandschagebirge, im südöstlichen Bulgarien, gibt es eine alte Redewendung: „Barbara kocht, Sawa knetet, Nikolaus schenkt aus!“ (4. & 5. & 6. Dezember). Am Tag der Hl. Barbara begannen die Winterfeste der Bulgaren. Zu Ehren der Hl. Barbara buken die Hausfrauen kleine Ritualbrötchen. In der Form der Sichel waren sie für die jungen Männer, in der Form von Puppen  für die jungen Frauen bestimmt. Man kochte zudem Weizen, Mais und Bohnen, die man den Nachbarn gab, damit sie gesund blieben und die Kinder nicht die Masern bekämen. Das Fest nannte man auch Frauenweihnachten, weil sich daran nur Frauen und Mädchen beteiligten.

 

Am Barbara-Tag wurden im Venedig des 18.Jhdts. durch das Los einige junge Männer aus dem adligen Stadtpatriziat ausgewählt, die schon vor dem amtlichen Mindestalter von 20 Jahren an den Sitzungen des Großen Rates teilnehmen durften. Sie wurden „Barbarini“ genannt und wurden durch dieses Privileg zum Kern des zukünftigen hohen Staatsbeamtentums, ein wichtiger Karriereschritt. Durch Praktika in den verschiedenen Institutionen der Republik von San Marco wuchsen die jungen Aristokraten in die Staatsaufgaben hinein.

 

(unveränderlich, nach dem Gregorianischen Kalender)

© Christian Meyer

[1] Der Monatsname Dezember stammt von dem lateinischen Wort decem für zehn ab, denn bei den Römern war der letzte Monat unseres Jahres der zehnte. Der Dezember wird auch „Christmonat“, „Julmond“ oder „Heilmond“ genannt. Aus der Zeit Karls des Großen ist die fränkische (althochdeutsche?) Bezeichnung „Heilagmânôt“ überliefert (vgl. Schauffler, S. 110, a.a.O.).

In vorchristlicher Zeit wurde er „Wolfsmond“ genannt, da er wie ein Wolf mit seinem Rachen das Licht verschlinge. Alte deutsche Bauernregeln zum Monat Dezember lauten:

                                               „Auf kalten Dezember mit viel Schnee

                                               folgt ein fruchtbares Jahr mit Klee“.

                                               „Donnert’s im Dezember gar,

                                               kommt viel Wind im nächsten Jahr“.

                                               „Dezember kalt mit Schnee

                                               gibt Korn in jeder Höh“.

                                          "Bleibt im Dezember der Winter fern

                                           so nachwintert es gern"

[2] Der Name "Barbara" kommt ursprünglich aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie "Ausländerin" (eigentlich: "die unverständlich Sprechende" - die Griechen nannten so alle Nicht - Griechen "Barbaren"). Kurzformen des Namens sind Bärbel, Betty, Waberl, französisch Babette oder russisch Warwara. Als Rufnahme ist "Babsi" zurzeit modisch.  

[3] Ein alter Merksatz soll helfen, sich die wichtigen Märtyrerinnen zu merken: "Margareta mit dem Wurm, Barbara mit dem Turm, Katharina mit dem Radl, das sind die drei heiligen Madl."

[4] Yansa (Iansã oder auch Oya) stammt von den Yoruba aus Nigerien und wird heute noch als die Herrin des Krieges und der Gewitter und Stürme verehrt.Yansa gilt als die Ehefrau des Donnergotts Changó . Ihr Kult ist u.a. auch in Kuba und Brasilien verbreitet. Yansa wird virlfach mit der Heiligen Barbara identifiziert, da diese vor Blitzschlag schützt. Im „Museu Afro-Brasileiro“ in Salvador / Bahia werden als Attribute der Yansa Ober- und Unterarmreifen aus Metall, zudem ein Ritualschwert, eine glänzende Krone, eine rote Korallenkette und zwei (Trink?)Hörner gezeigt (vgl. http://www.lexikon.mynetcologne.de/kapitel/i/iansa.htm).  

[5] Der Begriff „Candomblé“ bezeichnet verschiedene religiöse Gruppen afrikanischen Ursprungs, die mit den verschleppten Sklaven nach Amerika kamen und deren Religionen sich hier - wie der Voudou in Haiti - mehr oder weniger stark mit christlich - katholischen, aber auch indianischen Traditionen vermischten.

Ursprünglich war Candomblé auf die Sklaven begrenzt und wurde zeitweise durch die katholische Kirche verboten. Einige Regierungen ließen Candomblé sogar verfolgen. Aber Candomblé überlebte nicht nur über vier Jahrhunderte sondern breitete sich seit dem Ende der Sklaverei deutlich aus. Seit Jahrzehnten ist Camdomblé in Brasilien eine etablierte Religion, mit Anhängern in allen Gesellschaftsklassen und zehntausenden Tempeln (Terreiros). Umfragen nach haben 2 Million Brasilianer (1,5% der Gesamtbevölkerung) erklärt, dass ihre Religion Candomblé sei.