19. November: (türkischer) Gedenktag an Celal Hoca

 

Mahmud Celaleddin Ökten (1882 – 1961, er erhielt später den Ehrenname Celal Hoca) stammte aus einer Kaufmannsfamilie in Trabzon. Sein Vater bereits war ein Hafıs [1] , er selbst wurde schon im Alter von sieben Jahren Hafıs.

Später ging er der Ausbildung wegen nach Istanbul, wo er als Student in einer Moschee eine Art Erweckungserlebnis hatte: den Berichten nach wurde er während einer Lesung aus dem Koran tief ergriffen von tiefer Liebe zu Gott.

 

In Istanbul besuchte er auch die „Öğretmen okulu“ (= Lehrerschule), zudem studierte er Arabisch, arabische Literatur, Philosophie, Theologie und Theologie an der Darül – Fünun (der damaligen Universität Istanbul). Der zukünftige Celal Hoca galt als kluger, fleißiger und neugieriger Student. Bald stieg sein Ansehen bei vielen Gläubigen  in Istanbul  und er wurde „Celal Hoca“ genannt.

 

1950 /51 engagierte sich Celal Hoca – zusammen mit dem Volksbildungsminister Tevfik Ileri (DP) der Menderes – Regierung für die Gründung der ersten Imam – Hatip – Schule, die sich bald lawinenartig vermehrten.

Am 19. November 1961 starb Celal Hoca, von seinen Anhängern hoch verehrt.

 

Während 1951 knapp 1.200 Schüler in der ganzen Türkei die religiös orientierten Imam – Hatip - Schulen besuchten, waren es 1997 fast 500.000. Ursprünglich sollten die religiösen Schulen den Bedarf der Moscheen an theologisch ausgebildeten Kräften sicherstellen. Später wurden die Schulen jedoch zu einer Art islamistisch - alternativen Bildungseinrichtung. Faktisch entstand so ein zweigeteiltes Bildungssystem, die Schulen wurden Orte einer islamistisch - ideologisierten Erziehung von Kindern. Obwohl die religiösen Schulen formell der Kontrolle des Erziehungsministeriums unterstehen, verheimlichen viele Lehrkräfte nicht ihre politische Nähe zur islamistischen Bewegung (der Refah- bzw. später der Fazilet – Partei).

 

Nur ein kleiner Teil der Absolventen der Imam – Hatip – Schulen findet Beschäftigung in einer Moschee. Auch  werden Mädchen in die religiösen Schulen aufgenommen, obwohl die Tätigkeit von Frauen als islamische Geistliche i. A. nicht vorgesehen ist  (vgl. TAZ, 14.08.1997, S.8).

 

Das Militärs forderten im März des Jahres 1997 auf einer Sitzung des türkischen Nationalen Sicherheitsrates eine Bildungsreform zu lasten der Imam – Hatip – Schulen. Eingeführt wurde im August 1997 die Erhöhung der staatlichen Grundschulpflicht von fünf auf acht Jahre: diese Maßnahme führte in der Folge zur Schließung zahlreicher Imam - Hatip Schulen bis heute.

 

In den Augen vieler türkischer Islamisten wird Celal Hoca der Gründung der Imam–Hatip–Schulen wegen bis heute hoch verehrt.

 

(unveränderlich nach dem Gregorianischen Kalender)


© Christian Meyer



[1]Hafıs“ = „der Bewahrende, der Gedächtnisstarke“ (vom ar. „hafiza“ = Gedächtnis, Erinnerungsvermögen) ist ein muslimischer Ehrentitel, den derjenige führen darf, der den gesamten Koran auswendig rezitieren kann. Der persische Dichter, Derwisch und Theologe mit dem Geburtsnamen Schems ed – Din ( = „Sonne des Glaubens) Muhammad  (ca. 1320 - 1389) führte den Künstler- und Ehrennamen Hafis und war ein Hafis. Die sinnlichen Liebes- und Trinklieder dieses meisters des Ghasels waren allerdings nicht für die breite Öffentlichkeit bestimmt und wurden erst von seinen Schülern gesammelt. Goethe – der sich als einen „Zwilling“ des Hafis betrachtete - zitierte jenen in den Noten und Abhandlungen zum „West – Östlichen Divan“ mit den Zeilen:

                                               „Durch den Koran hab’ ich alles

                                                Was mir je gelang gemacht“    (zit. n. Goethe, 1972, S. 150, a.a.O.).  

Auch unter den muslimischen Einwanderern in Berlin gibt es eine ganze Reihe von Hafis, die auch im Alltagsleben z. T. mit diesem Ehrennamen angesprochen werden. Verschiedene Berliner Moscheen bieten – teure – Kurse an, durch die man Hafis werden kann.  

Auch der ehemalige Präsident Syriens trug den Vornamen Hafis (al – Assad).  

 

Eintrittskarte für 5 Rial zum Hafis-Mausoleum in Schiras 1971, mit den Umrissen des Gebäudes und der Schahsymbolik.