Gustave Courbet
Gustave Courbet

Gustave Courbet; Porträt von Werner Ruhner (aus Fischer, 1982, S. 3, a.a.O.)

31. Dezember 1877: Tod des Malers Gustave Courbet

 

Gustave Courbet (1819 – 1877) war der Begründer der Malschule des Realismus, die u.a. in Deutschland anerkannt wurde, so von Hans Thoma und Wilhelm Leible. Befreundet war Courbet u.a. mit Charles Baudelaire und Edouard Manet.

Courbet selbst charakterisierte seine realistische Malerei so: „Wissen, um zu können, das war mein Streben. Imstande zu sein, die Sitten, die Gedanken und das Antlitz meiner Zeit so zu übertragen, wie ich es empfinde, nicht nur ein Maler, sondern auch ein Mensch zu sein, mit einem Wort, lebendige Kunst zu schaffen – das ist mein Ziel“ (Courbet, zit. n. Fischer, 1982, S. 6, a.a.O.).

 

Da Courbets Bilder anfangs von der etablierten Kunstkritik abgelehnt wurden, veranstaltete Courbet 1855 zur Weltausstellung eine eigene Ausstellung in einer Baracke, dem „Pavillon du Réalisme“. Auch Napoleon III. und seine Kaiserin Eugénie besuchten die Baracken-Ausstellung, wobei die Kaiserin das Bild „Die Badenden“ (1853, heute im Musée Fabre/Montpellier) als Skandal empfand (vgl. Fischer, 1982, S. 99, a.a.O.).

 

Die traditionellen Bildthemen lehnte Courbet ab und malte oft Arbeitsszenen, wie „Die Kornsieberinnen“ (1859, heute in Nantes, Musée des Beaux-Arts), „Schlafende Spinnerin“ (1853, heute Montpellier, Musée Fabre) oder „Die Steinklopfer“ (1849). . 
Die „Steinklopfer“ gelten vielfach als das bedeutendste Werk Courbets, auch weil es Arbeiter als Gegenstand der Kunst „entdeckte“ (Fischer, 1982, S. 280, a.a.O.). 1904 erwarb Herr von Seidlitz das Werk für 50 000 Francs für die Dresdener Sempergalerie. Das Bild verbrannte 1945 in einem Möbelwagen im Innenhof des Zwingers.

 

Auch malte Courbet vielfach in der Natur, Stillleben, Seestücke, Landschaften. oft in ungewöhlichem Farbenreichtum.

Vielfach fertigte Courbet auch Porträts an (1850  z.B. von Hector Berlioz; heute im Musee d‘Orsay), von Personen oder Personengruppem, wie z.B. 1854 das berühmte "Treffen" oder „Bonjour, Monsieur Courbet“ (heute im Musée Fabre, Montpellier, s.u.).

  

Das skandalträchtigste Bild Courbets ist sicher „L’Origine du monde“ (Der Ursprung der Welt). Es zeigt den Unterleib einer weitgehend unbekleideten Frau, im Zentrum des Bildes befinden sich die leicht geöffneten Beine und die Vulva der Frau. Der Titel des Bildes erinnert daran, dass alle Menschen bei der Zeugung und der Geburt hier ihren Ursprung haben.

Courbet malte das Bild 1866 im Auftrage des osmanischen Diplomaten und Kunstsammlers Halil Şerif Paşa (1831 – 1879), der das Bild allerdings nur im Freundeskreis zeigte. Nach der Versteigerung seiner Kunstsammlung 1868 machte das Bild eine z.T. unklare Odyssee, erst 1955 kaufte der Psychoanalytiker Jacques Lacan den „Ursprung der Welt“ aus unbekannter Privathand, stellte es aber auch nicht der Öffentlichkeit vor. Erst nach Lacans Tod 1981 wurde es 1988 erstamls im Brooklyn Museum in New York City öffentlich gezeigt, vielfach wurde es als Pornographie angesehen. Seit 1995 wird es im Pariser Musée d'Orsay ausgestellt, immer von einem Sicherheitsbeamten bewacht.

James McNeill Whistler (1834-1903), ein Schüler Courbets, stand ihm sehr nahe. Joanna Hiffernan („Jo die Irin“), die Geliebte des US-amerikanischen Künstlers, soll das Modell des „Ursprungs der Welt“ gewesen sein.

Ein Porträt Courbets von „Jo, der schönen Irin“ entstand 1865 und befindet sich heute im Metropolitan Museum of Art / New York (vgl. Herding/Hollein, a.a.O.).

 

Courbet war ein politisch aktiver Mensch, der mit den sozialrevolutionären Vorstellungen Pierre-Joseph Proudhons (1809 – 1865) sympathisierte. Er lehnte die Auszeichnung mit dem Kreuz der Ehrenlegion durch Kaiser Napoleon III. ab.

Er begrüßte die Pariser Commune und arbeitete als Bevollmächtigter für den Schutz von Kulturgütern in der Commune mit, kämpfte jedoch nicht in der Nationalgarde oder auf den Barrikaden.

Von den siegreichen Versailler Republikanern wurde Courbet am 7. Juni 1871 verhaftet und wegen seiner Mitarbeit in der Commune gerichtlich angeklagt. Vor allem wurde ihm in der Öffentlichkeit vorgeworfen, den Sturz der Vendôme- Säule im Mai 1871 nicht verhindert sondern aktiv betrieben zu haben. „Die revolutionäre Tradition verlangt ja, dass man nicht nur die Regierungen, sondern auch die Denkmäler stürzt“ (LeNotre, S. 307, a.a.O.). Die Ereignisse um den Säulensturz wurden von G. LeNotre dargestellt:    (LeNotre, S. 307, a.a.O.)

Courbet wurde zu 5 Jahren Haft und – für die Wiederaufrichtung der Säule –zu einer Geldstrafe von ca. 240 000 Francs verurteilt, sein gesamter Besitz, auch seine Bilder wurden beschlagnahmt. Das Urteil gegen Courbet war vergleichsweise mild: Ca. 17 000 Communarden wurden hingerichtet, ca. 34 000 verbannt und ca. 51 000 auf die Galeeren geschickt (vgl. Fischer, 1982, S. 248, a.a.O.).

1873 wurde Courbet zu ca. 360 000 Franc Strafe verurteiltUm der Haft zu entgehen, flüchtete Courbet in das Schweizer Exil, wo er 1877 starb.

 

In seiner Zeit war die Malerei Gustave Courbets äußerst umstritten, er galt als ein widersetzlicher und streitsüchtiger Maler. Seine Gegner (wie z.B. Théophile Gautier oder Gustave Planche) sahen in seiner realistischen Malerei ein Indiz des Niedergangs und des Aufstiegs der Hässlichkeit, seine Förderer (wie Alfred Bruyas, Emile Zola oder Pierre-Joseph Proudhon) betrachteten seine Bilder als ehrlich, fortschrittlich, sozial engagiert und unabhängig.

Es gab jedoch auch einen „anderen“, in sich versunkenen, träumerischen, romantischen Courbet, wie er auch auf der großen Courbet-Ausstellung gezeigt wurde: Über 80 Courbet-Werke aus aller Welt, in der Schirn Kunsthalle Frankfurt vom 15.10.2010–30.1.2011 (vgl. auch, Herding/Hollein, Katalog zur Ausstellung, a.a.O.).

 

Siegfried Fischer hat das Leben und v.a. den Prozess gegen Gustave Courbet in seinem historischen Roman „Der Fall Courbet“ (Fischer, 1982, a.a.O.) spannend dargestellt.

 

(unveränderlich, nach dem Gregorianischen Kalender)


© Christian Meyer

Gustave Courbet: "Bonjour, Monsieur Courbet" (Photo: Christian Meyer)
Gustave Courbet: "Bonjour, Monsieur Courbet" (Photo: Christian Meyer)

Traditionell wird das Bild interpretiert als das Zusammentreffen Courbets, der nach Montpellier wanderte, mit Bruyas, dessen Diener Calas und deren Hund. Alfred Bruyas (1821 – 1877) war ein reicher Kunstsammler und Mäzen Courbets. Das Bild wurde während der Weltausstellung 1855 in Paris gezeigt. Einige Kritiker wollten es durch die Benennung „Bonjour, Monsieur Courbet“ lächerlich machen. Bruyas kaufte das Bild und vermachte es 1868 dem Musée Fabre in Montpellier.