Abb. Halberstädter Bockwurst (Abb. aus „Süddeutsche Zeitung“, 17./18. Juli 2010, S. 24).
Zur „Entdeckung“ der Currywurst war eine Reihe von Faktoren unverzichtbar, die in der Folge dargestellt werden sollen – Würste, Ketchup und Curry.
Zur Kulturgeschichte der Wurst
Das vielleicht berühmteste deutschsprachige Zitat um Würste stammt von Heinrich Heine, der sich im Herbst 1824 von dem ungeliebten Göttingen auf seine „Harzreise“ [1] machte, die ihn auch nach Weimar, zum alten Goethe führen sollte.
Auf Göttingen zurückblickend meinte Heine, die „Stadt Göttingen (sei), berühmt für Ihre Wurst und Universität“ (Heinrich Heine, S. 3, a.a.O.).
Auch andere Berühmtheiten waren nachweislich Liebhaber Göttinger Wurst, so die Philosophen Immanuel Kant und Georg Christoph Lichtenberg, die Dichter Johann Wolfgang Goethe und Friedrich Schiller und Politiker wie König Friedrich II. von Preußen oder Otto von Bismarck.
Wie die Göttinger tragen viele Würste bis heute Herkunftsbezeichnungen, wie Wiener, Nürnberger, Frankfurter, Debreciner, Krakauer, Halberstädter, Lyoner, Braunschweiger, Szegediner etc.
Andere tragen vielfältige Namen wie Bierwurst, Blutwurst, Bockwurst, Bratwurst [2] , Brühwurst, Dampfwurst, Diätwurst, Fleischwurst. Grützwurst [3], Hot Dog [4], Jagdwurst, Ketwurst [5], Knoblauchwurst [6], Krenwurst [7], Leberwurst, Mettwurst, Mortadella, Plockwurst, Rotwurst, Salami, Schinkenwurst, Schwarzwurst, Stockwurst, Teewurst, Weißwurst,[8] Wollwurst, Zervelatwurst [9] , Zungenwurst etc.
Die Erbswurst hingegen ist gar keine Wurst, sondern das vielleicht älteste industriell hergestellte Fertiggericht, in Wurstform. Portionsstücke der Erbswurst werden zerdrückt, in kaltem Wasser aufgelöst und in einigen Minuten zu einer Erbsensuppe aufgekocht.
Würste sind generell eine Form der Haltbarmachung von Fleisch, neben z.B. dem Pökelns und Räuchern.
Würste bilden ein eigenes umfassendes Universum, von der chinesischen Lap-Cheong (kanton. = „Wurst“) oder der süßen Khun-Chieng-Wurst, über die polnische Kabanosy [10], die leuchtend rot eingefärbten dänischen Pølser, die würzige türkische Sucuk, die koschere Alheira der krypto - jüdischen Marranen in Portugal [11], die scharfe spanisch - mexikanische Chorizo [12] bis zur Naem, einer Wurstspezialität aus Thailand [13].
Abb. Bockwurst..
Der Name „Bockwurst“ soll im Jahre 1889 entstanden sein. Damals feierten Berliner Studenten einen „Festkommers“ in der Kneipe von Richard Scholz im heutigen Kreuzberg, gegenüber dem damaligen Görlitzer Bahnhof. Dort wurde ein berühmtes Berliner Bier ausgeschenkt, der Tempelhofer Bock, der auf dem Kreuzberg in der Fidicinstraße gebraut wurde. Scholz wollte seinen Gästen zum Essen etwas besonderes bieten, nicht nur die „Fette Knobländer“ [14]. Deshalb schickte er seinen Sohn zu der (jüdischen) Fleischerei Benjamin Löwenthal in der Friedrichstraße. Dort wurden nur koschere Waren hergestellt, natürlich keine „Schweinewürste“. Er kaufte dort eine gute Räucherwurst, aus Kalb- und Rindfleisch hergestellt und in dünne Därme gefüllt. Die feiernden Studenten waren begeistert und gaben der bis dahin namenlose Fleischwurst den neuen Namen: Bockwurst[15].
Pølse“ bedeutet auf Dänisch „Wurst“, sie bezeichnen allerdings in der Regel die traditionell leuchtend roten heißen Würstchen: „Rote Würste“, im dänischen Plural „Røde Pølser“ sind eine skandinavische Wurstspezialität und Hauptbestandteil des aus der Alltagskultur kaum wegzudenkenden dänischen Hot Dogs.
Pølser sind dünne, rot eingefärbte Brüh- oder Bratwürste aus fein gekuttertem [16] Schweinefleisch im Darm, ähnlich den Wiener oder Frankfurter Würstchen.
Die dänischen Pølser werden heute in allen Imbissbuden („Pølsevogn“) in Wasser erhitzt (eine Brühwurst, „køgt pølser“) oder gebraten (eine Bratwurst, „risted pølser“; „riste“ ist mit dem deutschen Verb „rösten“ verwandt) angeboten. Die Saucen bestehen meist aus Ketchup, mildem Senf und Remoulade.
Auch in Deutschland sind Pølser nicht im normalen Handel erhältlich, da nach den deutschen Qualitätsanforderungen für Würste nur tierische bzw. pflanzliche Grundsubstanz in Würsten verwendet werden dürfen, also außer Fleisch und Gewürzen solche Bestandteile wie Gewürzgurken, Käsestückchen oder Pistazien. Deshalb dürften bis vor kurzem keine künstlichen Farbstoffe in Würste. Durch eine EU – Richtlinie [17] ist das nun aber möglich, wird aber in Deutschland auf Grund optischer Traditionen nur wenig genutzt.
Pølser der Firma Tulip, eine der meistverkauften Pølser - Marken werden mit den Farbstoffen E120, E160b und E172 [18] (in Kombinationen) gefärbt, so dass teilweise sogar Hände und Lippen rot abgefärbt werden [19] .
Der türkische Begriff „sucuk” kommt vermutlich aus dem Persischen ( “زیجک“ = zijak). Die Sucuk ist eine Rohwurst aus Rind-, Kalbfleisch oder Lammfleisch, die luftgetrocknet und z.T. auch geräuchert wird. In nichtmuslimischen Ländern wird auch Schweinefleisch für die Sucuk verwendet, in Kasachstan und Kirgistan wird auch Pferdefleisch zur Herstellung dieser Wurst benutzt.
Sie ist charakteristischerweise scharf gewürzt, mit Salz, Pfeffer, Cayennepfeffer, Kümmel, Kreuzkümmel, Knoblauch, Sumach oder weiteren Gewürzen.
In der Türkei gibt es drei Sucuk – Formen: „Kangal – Sucuk“ (trk. „Kringel“, ähnlich einer Ringsalami), als „Parmak - Sucuk“ (trk. für „Finger“, paarweise angeboten) und als „Büfe – Sucuk“ (trk. für Buffet), besonders lange einzelne Parmak - Sucuk.
Die Sucuk ist unter ähnlichen Namen von Kroatien und Albanien auf dem Balkan, über die Türkei bis in verschiedene arabische Länder, Persien bis nach Zentralasien verbreitet.
Die Bezeichnungen und Schreibweisen differieren leicht: Albanisch – „suxhuk“; Arabisch – „سجق“ (sujuq); Armenisch –„yershik“; Bulgarisch – „суджук“; Griechisch – “σουτζούκι” (soutzouki); Kasachisch - „шұжық“ (schuschyq); Kirgisisch – „чучук“ (tschutschuk); Kroatisch - „suduk“; Mazedonisch – “суџук” (sudžuk); Rumänisch -:”sugiuc”; Russisch:- “суджук”; Serbisch /Bosnisch - sudžuka ( sujuka) /cyџyka – cyџук (vgl. „http://de.wikipedia.org/wiki/Sucuk“).
Abb. Türkische Parmak – Sucuk
Die Halberstädter Würste (aus Halberstadt, heute in Sachsen – Anhalt) haben eine lange Tradition und durch den Räucherkamin einen besonderen Geschmack.
Berühmt wurden die Halberstädter Würstchen durch einen Großauftrag der kaiserlich – deutschen Verwaltung über die Lieferung von 40 000 Würstchen zur Einweihung des Barbarossa – Denkmals auf dem Kyffhäuser bei Frankenhausen im Jahre 1896.
Zur Lösung der enormen logistischen Probleme dieses Auftrags wurden die Würstchen nicht nur kamingeräuchert sondern auch – vielleicht erstmals überhaupt – in Dosen luftdicht verpackt und geliefert.
Mit diesem Erfolg begann ein rascher Aufstieg der Halberstädter, 1913 galten sie bereits als „…. größtes Fleischverarbeitungswerk in Europa“ (vgl. „Süddeutsche Zeitung“, 17./18. Juli 2010, S. 24). In der DDR war der volkseigene Betrieb ein im In- und Ausland erfolgreicher Musterbetrieb. Die „Wendezeit“ überlebte der Betrieb mit mancherlei Problemen, heute aber ist die Marke „Halberstädter“ europaweit geschützt und erfolgreich. In Ostdeutschland hat „Halko“ (Halberstädter Würstchen und Konservenfabrik) im Marktsegment Bockwurst und Würstchen einen zwei Drittel Anteil, in Süddeutschland („jenseits des Weißwurstäquators“, s.u.) sind die Halberstädter mit ihren mehr als 30 verschiedenen Wurstsorten noch weitgehend unbekannt.
Abb. Halberstädter Bockwurst (Abb. aus „Süddeutsche Zeitung“, 17./18. Juli 2010, S. 24).
Würste können auf eine lange Geschichte zurückblicken, sie sind ein sehr altes ist eines Nahrungsmittel. Bereits 5000 vor Christus war sie auf Zeichnungen und Malereien abgebildet, die aus Ägypten, Syrien und China stammten.
In der Bibel allerdings kommen Würste nicht vor, zumindest nicht in der Lutherschen Übersetzung.
Aber Überlieferungen machen deutlich, dass die Wurst schon im achten Jahrhundert vor Christus erwähnt wurde: bei Homer. In seiner „Odyssee“ berichtet der Dichter von einem „Wurstkampf“, den Odysseus ausgetragen haben soll. Der Sieger bekam die besten Würste als Belohnung.
„Hier sind Ziegenmagen, mit Fett und Blute gefüllet, die wir zum Abendschmaus auf glühende Kohlen geleget. Wer nun am tapfersten kämpft, und seinen Gegner besieget; dieser wähle sich selbst die beste der bratenden Würste.“ (Homer, Odyssee, 18. Gesang 44 – 47, S. 205, a.a.O.).
Schon bei den Griechen waren Würste beliebt. Bei Symposien der oberen sozialen Klassen im alten Griechenland bildeten kleine gegrillte Würste in einer Sauce aus Essig, Kümmel, Silphium [20] neben Eiern und Austern das klassische Entrée.
Ganze gebratene Schweine mit feinsten Würstchen gefüllt galten als Triumph der Kochkunst.
Im antiken Rom waren Würste eine der beliebtesten Speisen und wurden in vielen unterschiedlichen Sorten hergestellt.
In den Schriften des M. Gavius Apicius [21] wurden verschiedene altrömische Wurstrezepte überliefert.
Aus dem „Satiricon“ des Petronius kann die Beliebtheit von Würsten in der antik – römischen Welt ablesen.
Bereits die Vorspeisen (lat. „promulsis“) der „Cena Trimalchionis“ zeigen überdeutlich, dass der Hausherr Trimalchio (ein freigelassener Sklave) reich, aber ungebildet ist, und protzend seinen Reichtum zur Schau stellen will – was für Petronius, den „arbiter elegantiarum“ seiner Zeit, nur ironische Verachtung nach sich zieht.
Die Vorspeisen befanden sich auf einem Tafelaufsatz (lat. „promulsidare“) mit einer Eselsstatuette aus korinthischer Bronze mit einem Quersack. Dieser trug. auf der einen Seite weiße, auf der anderen schwarze Oliven. In zwei Silberschüsseln waren der Name Trimalchios sowie das Silbergewicht eingraviert. Angeboten wurden Siebenschläfer mit einem Überguss von Honig und Mohn sowie auch heiße Bratwürstchen (lat. „tomacula“) über einem silbernen Grill, unter dem Grill lagen syrische Pflaumen mit Granatkernobst (vgl. Petronius, S. 53, a.a.O.).
Zuweilen wurden ganze Schweine mit Würsten und Obst gefüllt, am Stück gegrillt, dann stehend serviert und aufgeschnitten, wodurch die Würste heraus quollen. Diese Präsentation wurde „porcus Troianus“ (Trojanisches Schwein) genannt und galt als Triumph der Kochkunst. Auch bei dem Gastmahl des Trimalchio gab ein solches Trojanisches Schwein (vgl. Petronius, S. 84/85, a.a.O.).
Die beliebtesten Würstchen im alten Rom aber sollen die „Lucanicae“ gewesen sein, die „Lukanischen Würste“ Die beliebteste altrömische Wurstsorte scheint die „lucanica“ (nach der süditalienischen Region Lucanien, die heutige Provinz Basilicata) gewesen zu sein, eine reich gewürzte und geräucherte Schweinswurst.
Apicius führte in seinem Kochbuch ein Rezept für die Lukanischen Würste an: Man zerreibt u.a. Pfeffer, Kümmel, Bohnenkraut, Petersilie, Gewürze, Lorbeeren und Liquamen (Garum[22]) und man mischt gut zerstampftes (Hack-) Fleisch dazu, um es anschließend nochmals gut zusammen zu zerreiben. Mit dazu gemengtem Liquamen, ganzen Pfefferkörnern, reichlich Fett und Nusskernen (z. B. Pinienkerne) füllt man die zubereitete Masse in eine sehr dünn ausgezogene Wursthaut, und hängt man die Würste zum Räuchern auf. (Apicius, De re coquinaria, II 4)
Im Höchstpreisedikt des Kaisers Diokletian (lat. „Edictum De Pretiis Rerum Venalium“ [23]) aus dem Jahre 301 betraf natürlich auch die Würste. Dabei ist auffällig, dass Rindfleisch und Rinderwürste als qualitativ minderwertiger angesehen wurden und deshalb billiger waren als Schweinefleisch und Schweinswürste. Das lag daran, dass viele Rinder als Arbeitstiere genutzt worden waren, ihr Fleisch daher zäher war.
Zur Etymologie der Bezeichnungen für Wurst
Die etymologische Herkunft des deutschen Wortes „Wurst“ ist ungewiss, u.U. rührt es her von der indoeuropäischen Wurzel „urtsti“ oder „uert“ [24] = „Gedrehtes, Gewendetes, Gerolltes“, ist aber heute auf den Bereich des Hoch- und Niederdeutschen sowie des Niederländischen („worst“) und Afrikaans („wors“) beschränkt. „Wurst“ aus der Wortwurzel „wers“ bzw. „uers“ könnte zusammenhängen mit der Wortfamilie um „Wirbel“, „wirr“, „Wirrwarr“ und „verwirren“.
Vermutet wird auch eine Verwandtschaft von „Wurst“ mit dem englischen „worst“ (= am schlimmsten, am schlechtesten), dem Superlativ von bad (= schlecht). Von „wers“ könnten neben Wurst, worst und Wirrwarr auch das altfranz. „werre“ abstammen; daraus sind vermutlich die französischen und englischen Wörter für „Krieg“ „guerre“ und „war“ hervorgegangen:
Im klassischen Latein gab es für „Wurst“ die Begriffe „farcimen“ und „botulus“, für „die Würstchen“ das Wort „hillae“. Farcimen waren vor allem aus Schweinefleisch, seltener aus dem als zäh geltenden Rindfleisch. „Botulus“ war einerseits ein Vulgärbegriff für „farcimen“, Wurst im allgemeinen, andererseits aber bezeichnet er auch eine bestimmte Wurstsorte. „Botuli“ waren Blutwürste, deren Genuss Juden und anfangs auch den Christen aus Glaubensgründen verboten war.
Botuli waren populär und billig, sie wurden von Garküchen auf der Straße heiß verkauft, auch z.B. in Pompeji und Herculaneum.
In den romanischen Sprachen gehen die Bezeichnung für „Wurst“ auf das gleiche umgangssprachliche, vulgär-lateinische Ursprungswort zurück, auf „salsicia“, das zu dem lateinischen Wort salsicius = eingesalzen [25] gehört.
Daher leiten sich ab, Französisch: „saucisse“ [26] (um die Wende vom 12. zum 13. Jhdt. übernommen), italienisch: „salcissia“, spanisch: „salchicha“, portugiesisch: „chouriça“. Die rumänische Wurst, „carnât“ entstand aus dem lateinischen „carnacius“ (= „aus Fleisch“).
Auch das Englische „sausage“ wurde über „sawsyge“ (um 1450 belegt) vom altfranzösischen „saussiche“ entlehnt.
Die slawischen Bezeichnungen für Wurst sind - vermutete Berneckers Etymologisches Wörterbuch (Heidelberg 1908-1913) - aus dem hebräischen kol-basar („allerlei Fleisch“) entlehnt. Man versuchte dies daher zu erklären, dass einst in slawischen Ländern das Metzgergewerbe oft ausschließlich in jüdischen Händen lag.
Russisch heißt die Wurst kolbasa, polnisch kielbasa, tschechisch klobasa. Die serbo-kroatische Bezeichnung für Wurst ist kobasica (sprich: kobásitza), die slowenische klobasa.
Würstchen werden in verschiedenen Regionen des Balkans auch „virštle“ (gesprochen: „wirschtle“) genannt, was natürlich aus dem Deutschen kommt. Ebenso wird die Bezeichnung „hrenovke“ gebraucht für nichts anderes als die „Krenwürstel“, die besonders in Österreich, Bayern und Tschechien zuhause sind.
Die slawische Benennung ist auch ins Deutsche eingegangen ist. Ursprünglich vermutlich über Oberschlesien aus Polen kam die „Kiolbasse“ auch auf deutsche Tische, eine kräftige Wurst aus rohem Schinken, die roh und gekocht gegessen wird.
Würste galten lange Zeit als „typisch deutsch“, so wie Sauerkraut und Bier. Vorwissenschaftliche Völkerpsychologen meinten, „Was der Mensch isst, das ist er“ [27].
In Deutschland war und ist die Wurst besonders populär. Erwähnt wird sie erstmals im elften oder zwölften Jahrhundert, da kannte man schon die „lebarwurst“ und „pratwurst“. Im Mittelalter tauchten die ersten Metzger auf, die für Gastwirte arbeiteten. Damit wurden auch die Herstellungsverfahren immer mehr verfeinert.
In Deutschland lässt sich die Wurst historisch bis ins 11. Jahrhundert zurückverfolgen. Bald darauf entstand auch das zünftige Fleischerhandwerk.
Sicher gab es Würste in Deutschland schon früher, aber deutsche Wort „Wurst“ taucht nachweislich erst im 11./12. Jhdt. auf als Übersetzung der lateinischen Wörter salcicia, farcimen, lucarnica. Gleichzeitig gibt es schon die Zusammensetzung „lebarwurst“ und „pratwurst“.
Im Fleischerhandwerk erfolgte früh eine Differenzierung, da schon im 13. Jhdt. städtische Schlachthäuser eingerichtet wurden. So kam es v.a. in Norddeutschland zu verschiedenen Handwerkszweigen, der Schlachter neben dem weiterverarbeitenden Fleischer, Wurster / Wurstler oder dem Metzger [28] .
„Fleischer“ ist zwar heute das offizielle Wort des Handwerks, in der Praxis aber sind neben dem Fleischer im ehem. deutschen Sprachgebiet verschiedene Bezeichnungen üblich, wie die folgende Karte zeigt:
Abb. KarteFleischer-Metzger (Abb.- aus König, S. 196, a.a.O.).
Überliefert sind auch aus Deutschland mittelalterliche Wurstkämpfe, die von Metzgern ausgerichtet wurden: Man wetteiferte darum, wer die schwerste oder längste Bratwurst herstellen konnte, und führten diese bei Festen den Menschen vor.
Im europäischen Mittelalter entstand zeitweise ein wahrer Wurstkultus. Zur Verherrlichung festlicher Tage wurden Riesenwürste hergestellt und in feierlichen Prozessionen durch die Städte getragen. So z.B. 1601 in Königsberg
eine Riesenwurst von 2000 Fuß Länge. Die Wurst soll 885 Pfund gewogen haben. Zur Herstellung der Wurst wurden 81 Schweineschinken verwendet, 1,5 Tonnen Salz und 18,5 Pfund Pfeffer. 90 Personen
arbeiteten an der Wurst und sie tranken dabei 40 Fass Bier aus: „Wurst macht Durst“ (vgl. Wander, Bd. 5, S. 469, a.a.O.). Im Zusammenhang dieser langen Wurst entstand das Sprichwort: „Das geht
über die lange Wurst“ (vgl. Wander, Bd. 5, S. 470, a.a.O.).
In dem „Kleinen Lexikon der Superlative“ heißt es unter dem Stichwort „Längste und schwerste Würste“: Diese gehörten „… zu den laufend wechselnden Spitzenreitern der Superlativ – Listen. Im Jahre 1960 galt noch eine im ostwestfälischen Gütersloh hergestellte, 125 kg schwere, 220 cm lange Wurst mit einem Durchmesser von 40 cm als deutscher Rekord… Inzwischen wurde sie von vielen weiteren ‚Riesenwürsten’ berichtet, die u.a. mit einer Länge über 3 Kilometern die des Westberliner ‚Ku’damm’ erreichten bzw. übertrafen. Der jüngste Wurstrekord wurde 1982 aus Basel in der Schweiz gemeldet. Diese neue längste Wurst der Welt war immerhin 5,2 km lang“ (vgl. Lenz, S. 177, a.a.O.). Man kann sicher sein, dass auch dieser Rekord unterdessen überboten wurde.
Würste waren damals für die Menschen viel wert; in Wurstkammern lagerten die Schätze, die vor Langfingern besonders geschützt werden mussten. Die Beliebtheit der Würste brachte auch Verordnungen mit sich: Ratsherren legten fest, wie die Würste herzustellen seien und bestimmten, welches Fleisch in den Darm durfte.
Über den Wurstliebhaber Martin Luther gibt es eine Legende: Er soll in einem Wirtshaus bei Erfurt eine Bratwurst gegessen haben, dann aber – warum auch immer - ohne zu zahlen die Schenke verlassen haben. An der Tür des Gasthauses wurde daraufhin mit Kreide vermerkt, dass Luther seine Bratwurst schuldig geblieben sei. Daher komme – dieser Überlieferung nach - die Redensart „jemandem etwas ankreiden“.
In manchen katholischen Regionen Deutschlands gibt es – wohl bis heute – den Brauch, das (zu bezahlende) Ritual der „Fleischweihe“, auch von Würsten durch katholische Priester.
Ein deutliches Indiz für die Popularität der Würste in Deutschland ist die Zahl von insgesamt 129 Sprichwörtern, Redensarten etc., die das „Deutsche Sprichwörterlexikon“ zum Stichwort „Wurst“ anführt (vgl. Wander, Bd. 5, S. 466 ff., a.a.O.).
Eine ganze Reihe von Sprichwörtern zweifelt allerdings auch an der Redlichkeit der Fleischer, so z.B.:
Otto von Bismarck soll einmal die Wurstherstellung mit dem Gesetzgebungsverfahren verglichen haben: „Je weniger die Leute wissen, wie Würste und Gesetze gemacht werden, desto besser schlafen sie!“
Einige Redensarten um die Wurst zeigen allerdings auch eine gewisse abwertende Tendenz, so….
In den oberen Gesellschaftssphären und bei verfeinertem Lebensanspruch wurde die Wurst als gewöhnliche, grobe, unfeine Kost abgewertet, steht die Wurst oft sogar in einem ausdrücklichem Gegensatz zu erlesenen Speisen [30] .
In Deutschland bezeichnet eine Wurst sogar eine (angebliche) Kulturgrenze. „Weißwurstäquator“ ist die scherzhafte Bezeichnung für die erdachte Grenze zwischen Altbayern und dem übrigen Deutschland. Südlich des Weißwurstäquators sei die Münchener Weißwurst verbreitet, das (angebliche) Charakteristikum wahrer „bairischer Kultur“.
Allerdings schwanken die Angaben zum Verlauf des Weißwurstäquators, an der Donau, am Main oder umfasst das Gebiet nur einen Umkreis von 100 km um München?
Die Herkunft des Begriffs „Weißwurstäquator“ ist unklar, ob von Bayern oder Nicht – Bayern geprägt. Auch über das Alter der Wortbildung ist man sich uneins, vielleicht stammt der Begriff aus der satirischen Zeitschrift „Kladderadatsch“ um 1910 (vgl. Küpper, Bd. II, S. 458, a.a.O.).
Zu der klassischen sehr beliebten Berliner Küche gehören „Blut- und Leberwurst“, gebrüht mit Salzkartoffeln und Sauerkraut als typische Beilagen.
Blutwurst [31] – die vielleicht älteste Wurstsorte überhaupt – wird hergestellt aus frischem Schweineblut, Fleisch und Schwarte, mit zerteilten Brötchen oder Grütze gebunden und mit Gewürzen (z.B. Salz, Pfeffer und Majoran) abgeschmeckt.
Schon zu Zeiten Heinrich Zilles war die Blutwurst in Berlin unter der ärmeren Bevölkerung v.a. weit verbreitet.
Auch die Leberwurst [32] ist ein sehr alter Wursttyp, schon im ……Jhdt. ist sie in Deutschland belegt.
Als Folge der früher üblichen Hausschlachtungen musste man versuchen alle Teile des geschlachteten Tiers, also auch die Leber, haltbar zu machen, denn es sollte und konnte natürlich nicht alles Fleisch sofort verzehrt werden.
Es gibt viele verschiedene regionale Varianten der Leberwurst hinsichtlich ihrer Würzung (z.B. Pfeffer, Zwiebeln, Nelken, Muskat, Majoran, Ingwer, Vanille, Thymian, Trüffel, Piment oder Kardamom) und der Zusammensetzung der Fleischfüllung (Muskelfleisch, Speck, Leber und auch andere Innereien). Schweineleber ist in allen Sorten – auch der Kalbs- und Geflügelleberwurst - zu mindestens 10 % bis zu 30 % enthalten. Leberanteile über 35 % führen zu einem nicht erwünschten bitteren Nachgeschmack der Leberwurst.
Auch die Konsistenz der Leberwürste ist sehr variabel, sie kann streichfähig, aber schnittfest oder eine Kochwurst sein.
Bei der Berliner (Koch –) Leberwurst wird die Leber wird im Fleischwolf zu einem Brei zerkleinert und dann mit anderen bereits vorgebrühten Fleischsorten vermengt Die gewürzte Masse wird schließlich in einen Naturdarm abgefüllt. Die beideb Enden werden aneinander zu einem Ring gebunden und nochmals abgebrüht.
Abb. Berliner Blut- und Leberwurst
Durch das Bild „Der Budiker“ [33] des Berliner Graphikers, Lithographen, Malers und Zeichners Heinrich Zille (1858 - 1929) wurde das Blutwurst - Rezept überregional bekannt. Zille bezog sich bei der 1916 entstandenen Lithographie auf einen überlieferten Werbespruch aus dem Berlin des 18. Jhdts. zurück:
„Meine Wurscht is jut,
wo keen Fleesch is, da is Blut,
wo keen Blut is, da sind Schrippen,
an meine Wurscht is nich zu tippen“.
Der Überlieferung nach geht der Werbespruch auf einen Budiker Friebel zurück, der sein Geschäft um 1780 am Molkenmarkt 11 hatte. Er pflegte jeden Freitag ein Schwein zu schlachten, wechselte dann seine blutige Schürze gegen eine weiße aus und stellte sich werbend vor die Ladentür. Nach seinem Tode hängte die Witwe die weiße Schürze über den leeren Stuhl an der Ladentür.
Abb , ZilleBlutwurst
Abb. Heinrich Zille: „Der Wurstmaxe“
Neben den Würsten gab es zwei weitere Voraussetzungen für die „Entdeckung“ der Currywurst, nämlich erstens die billige Verfügbarkeit von Curry und die Kenntnis / Verfügbarkeit von (Tomaten-) Ketchup.
Der Begriff Curry wird in drei verschiedenen Bedeutungen verwendet, ….
Die erste Bedeutung ist die ursprüngliche Bedeutung, auch in England wird unter Curry bis heute in der Regel – wie in Indien - das eintopfartige Gericht verstanden, wenn man die Gewürzmischung meint, spricht man von „currypowder“
In den meisten indischen Regionen und Sprachen versteht man unter „Curry“ ein Hauptgericht auf der Basis einer sämigen gewürzten Sauce und Zugaben von Fleisch, Fisch und/oder Gemüse, zu dem Reis oder Brot serviert wird. Currygerichte haben sich auch außerhalb des Indiens durchgesetzt und sind z.B. in der thailändischen, japanischen und englischen Küche sehr beliebt. .
Das Wort Curry stammt von dem tamilischen Wort „khari“ her und bedeutet wörtlich „Sauce“ oder „Sud“.
Die Gewürzmischung zur Zubereitung u.a. der Currygerichte, also unsere Bedeutung von Curry, heißt in Indien Masala (hindi: „Gewürz“). Masalas werden aus etwa dreizehn verschiedenen Komponenten in jeder indischen Region, jedem Ort, jedem Dorf, ja jedem Haushalt anders gemischt – von süßlich über mild bis scharf.
Zu den wichtigsten Zutaten von Masalas gehören Chili, Koriander, Minze, Knoblauch, Cumin, schwarzer Pfeffer, Ingwer, Kurkuma, Muskatnuss, Muskatblüte, Fenchel, Zimt, Nelken, grüner Kardamom, schwarzer Kardamom, Senfkörner, Paprikapulver, Cayennepfeffer und Salz. Kurkuma findet sich jedoch in den allermeisten Currymischungen wieder, es gibt dem Curry seine typische Farbe.
In Nordindien gibt es die Masalas meist als haltbares Pulver, im Süden oft als Paste. Die wohl bekannteste Mischung ist das „Garam masala“.
„Masala Chai“ ist ein indischer Gewürztee aus Milch, schwarzem Tee und Gewürzen, vor allem Kardamom, der gesüßt mit vielen Variationsmöglichkeiten getrunken wird, ohne festes Rezept oder eine bestimmte Zubereitungsmethode.
Das Wort „Curry“ wurde in der 2. Hälfte des 19. Jhdts. ins Deutsche entlehnt. In „Meyers Konversationslexikon“ von 1890 wurde Curry noch unter der englischen Bezeichnung „Currypowder“ angeführt (Meyers Konversationslexikon, Bd. 4, S. 372, a.a.O.).
Überraschenderweise gab es in dem sehr angesehenen „Meyers Konversationslexikon“ der Ausgabe von 1890 noch kein Stichwort „Tomate“ [34], vielmehr wurde dort verwiesen auf den Eintrag „Lycopersicum“ [35] oder „Liebesapfel“: Den Namen Liebesapfel verdankt die Frucht dem Glauben, dass sie zärtliche Gefühle wecke“ (vgl. Meyers Konversationslexikon, Bd. 11, S. 2, a.a.O.).
In Österreich ist bis heute der Begriff „Paradaiser / Paradeiser“ für die Tomate gängig (vgl. König, S. 224/225, a.a.O.).
Meine Mutter (* 1907) erzählte oft, dass sie als Kind in Ostpreußen auf dem Lande nie eine Tomate gesehen hatte. Als sie in Königsberg kurz vor dem 1. Weltkrieg [36] erstmals eine Tomate sah und kosten durfte, war sie enttäuscht, denn sie erwartete bei der unbekannten Frucht eine süße Frucht, wie eine Erdbeere.
Wirklich bekannt wurde die Tomate als Gemüsefrucht in Deutschland erst nach dem 1. Weltkrieg. Zuvor waren Tomaten v.a. als Zierfrucht und als Delikatesse bekannt.
Der Begriff „Ketchup“ scheint aus dem Indonesischen / Malaischen herzurühren. Dort bedeutete „kecap“ Sauce, wurde aber in der Regel für eine Sauce aus schwarzen Sojabohnen benutzt. Von daher hatte Ketchup ursprünglich mit Tomaten nichts zu tun. So wird auch die Bezeichnung „Tomatenketchup“ sinnvoller.
Im englischen Sprachraum wurde das Wort Ketchup – in der Schreibweise „catchup“ – zum ersten Mal in einem Wörterbuch Ende des 17. Jhdts. aufgeführt. Beschrieben wurde er als „high East - India Sauce“ (= „feine ostindische Sauce“) wobei „East India“ – im Gegensatz zu Westindien“ - generell Süd- und Südostasien bezeichnete, nicht speziell Indonesien. Das erste Rezept für „englischen Ketchup“ wurde 1727 in einem „Ratgeber für Hausfrauen“ veröffentlicht. Als Zutaten wurden Sardellen, Schalotten, Essig, Weißwein und verschiedene Gewürze angeführt – von Tomaten war keine Rede.. Das Rezept ähnelte am ehesten einer Fischsauce.
Diese neue Würzsauce „Ketchup“ verbreitete sich in England rasch, in vielen Kochbüchern wurden verschiedene Rezepte veröffentlicht. Mitte des 18. Jhdts. wurde dieser Ketchup schon als Fertigsauce verkauft, meist auf der Grundlage von Fisch, Pilzen oder Walnüssen. Varianten mit Muscheln und Austern sind auch nachgewiesen.
Durch britische Auswanderer und britischen Kochbücher wurde Ketchup auch in den USA populär.
1812 wurde in den USA dann das erste Rezept für eine Ketchup - Variante auf der Basis von pürierten Tomaten veröffentlicht. Angeregt wurde es vielleicht von Rezepten für italienische Tomatensauce, wie sie zuerst 1804 in Großbritannien erschienen war.
Allerdings wurde die Haltbarkeit dieses ersten Tomatenketchups durch den zugesetzten Essig deutlich erhöht.
Bis zur Mitte des 19. Jhdts. war Tomatenketchup in den USA zwar verbreitet, aber er wurde ganz überwiegend in den Haushalten für den Eigenbedarf selbst hergestellt. Das änderte sich erst um 1850, als bei der industriellen Herstellung von Tomatenkonserven Ketchup als Nebenprodukt zunehmend anfiel und vertrieben wurde.
Der heutige Marktführer Heinz war zunächst nur einer von vielen Herstellern in den USA. Eines seiner frühen Rezepturen für Ketchup (aus dem Jahr 1883) enthielt neben Tomaten und Essig Gewürznelken, Cayennepfeffer, Muskatnuss, Zimt und Piment. Ein weiteres Rezept führte als Zutaten Ingwer, Senfkörner, Sellerie, Meerrettich und braunen Zucker an.
Ab circa 1900 war die Firma Heinz dann Marktführer in den USA, im Jahre 1905 stellte sie schon fünf Millionen Flaschen Ketchup her.
Im 19. Jhdt. wurde das Wort „Ketchup“ vom Englischen ins Deutsche übernommen, die Gewürzsauce selbst aber blieb weitgehend unbekannt.
Auch in dem 17-bändigen „Meyers Konversationslexikon“ des Jahres 1890 gab es kein Stichwort „Ketchup“.
In Deutschland gab es von der Wende ins 20. Jahrhundert an Ketchup, aber nur in Spezialitäten- und Delikatessengeschäften.
In dem (anglophoben) NS – Duden des Jahres 1942 gab es das Stichwort „Ketchup“ noch nicht (auch nicht mit „C“ geschrieben).
In meiner Kindheit gab es noch keinen Ketchup, zumindest nicht in den Neuköllner Geschäften, in denen wir einkauften.
Ketchup wurde erst nach 1945 durch die britischen und amerikanischen Besatzungssoldaten langsam in West - Deutschland breiter bekannt und ist seit den 50er Jahren auch weit verbreitet.
Zur „Entdeckung“ der Currywurst
Ort und Zeitpunkt der „Entdeckung“ der Currywurst ist bis heute umstritten, insbesondere zwischen Hamburg und Berlin. In beiden Städten wurden im Jahre 2003 für die jeweiligen „Erfinderinnen“ Gedenktafeln aufgehängt. In Hamburg am Großneumarkt wurde zu Ehren von Lena Brücker 2003 (durch den damaligen Innensenator Ronald Schill) eine Gedenktafel angebracht.
Der Romancier Uwe Timm (* 1940 in Hamburg) beschreibt in seiner viel beachteten und verfilmten Novelle „Die Entdeckung der Currywurst“ (1993) [37] seine Variante der Geschichte der Currywurst. Die Hauptfigur, Lena Brücker, seine Currywurst-Erfinderin, ist – wie Uwe Timm einräumt, eine fiktive, erdachte Figur, wie auch die dazugehörige (Liebes-) Geschichte. Für real aber hält er seine Erinnerung, dass er bereits 1947 als Kind an einem Imbissstand am Hamburger Großneumarkt seine erste Currywurst gegessen habe. Und die (anonym gebliebene) Betreiberin sei die Erfinderin der Currywurst,
In der Berliner Variante der Geschichte ist Herta Heuwer (1913 – 1999) die Hauptfigur.
Herta Heuwer soll auf den Gedanken einer Kombination von Wurst und gewürzter Ketchup – Sauce über ihren Mann gekommen sein, der damals für die US – amerikanische Besatzungsmacht arbeitete. Er erlebte dort, wie sich Amerikaner über ihre T-Bone- Steaks Unmengen Ketchup gossen und das Ganze offensichtlich genossen.
T-Bone-Steaks waren – natürlich – im Nachkriegsberlin unvorstellbar teuer, aber mit Würsten war s finanzierbar.
Nach Herta Heuwers eigenen Aussage bot sie erstmals am 4. September 1949 an ihrem Imbissstand an der Ecke Kant-/Kaiser-Friedrich-Straße in Berlin-Charlottenburg nach einem von ihr erfundenen Rezept eine Currywurst zum Verkauf an: es handelte sich um eine gebratene Brühwurst mit einer Sauce aus Tomatenmark, Currypulver, Worcestershiresauce und weiteren Zutaten.
Die neue Currywurst wurde rasch auch ein geschäftlicher Erfolg: Hertha Heuwer konnte in einen Laden (mit Garküche) in der Kaiser-Friedrich-Straße 59 umziehen. Der Laden lag ganz in der Nähe des damaligen West – Berliner Busbahnhofs am Stuttgarter Platz („Stutti“), wo zudem einige Jahre lang das „Rotlichtviertel“ befand. Der Tag und Nacht geöffnete Laden wurde zu einer festen regionalen Institution. Heuwer beschäftigte in ihren besten Zeiten bis zu 19 Verkäuferinnen.
Im Januar 1959 schließlich ließ Herta Heuwer den Namen ihrer Sauce, Chillup, als Marke [38] (Münchener Patentamt Nummer 721319) schützen.
Abb. Gedenktafel für Herta Heuwer seit 2003, am ehemaligen Standort, Kantstr. 101 eingeweiht im Beisein u.a. ehemaliger Stammkunden und Politikern.
Die Berliner Imbisskette (und Fleischereibetrieb) „Maximilian“ wirbt seit langem damit, dass sie die erste Produktionsstätte „der echten und originalen Berliner Currywurst“ sei, „seit ca. 60 Jahren der Produktionsbetrieb, wenn es um die Currywurst“ geht (vgl. http://www.maximilian.de/).
Anfang der 50er Jahre kam Max Brückner (aus Johanngeorgenstadt/ Sachsen) nach West- Berlin und gründete dort mit seinem Partner Frank Friedrich den Fleischereibetrieb „Maximilian“. Der Betrieb spezialisierte sich angesichts des damals knappen Naturdarms auf die Herstellung einer Wurst ohne Darm, der „Spandauer ohne Pelle“.
Nach der Selbstdarstellung von „Maximilian“ waren die Familien von Frank Friedrich und Hertha Heuwer befreundet. Heuwer hätte auch Würste von „Maximilian“ bezogen, Frank Friedrich sei sogar an der Kreation und Verbesserung der klassischen Würzsauce beteiligt gewesen.
Diese Sauce wird in einer nachempfundenen Rezeptur heute wieder von „Maximilian“ produziert und unter dem Namen „Chil-MAX“ vertrieben (vgl. http://www.maximilian.de/).
Bei der Berliner Currywurst – die im Jahre 2009 ihren 60. Geburtstag feierte - gibt es zwei grundlegende Varianten: mit und ohne Darm. Bei beiden werden Brühwürste aus fein gemahlenem Schweine- und teilweise auch Rindfleisch verwendet. Die gelegentlich auch benutzte Dampfwurst wird von Currywurst – Kennern als minderwertig betrachtet. Bratwürste werden nicht verwendet. Beide Currywurst - Varianten werden zuerst als Ganze meist in einer Fettwanne - etwa zur Hälfte mit heißem Fett bedeckt - gebraten. Dann wird die Wurst in Stücke geschnitten und mit der Sauce übergossen und reichlich mit Currypulver bestreut (oder umgekehrt). Mit einem Holzpieker oder einer Gabel wird die Currywurst dann verspeist.
In der DDR, insbesondere in Ost-Berlin wurde die Currywurst in den 60er-Jahren bekannt – u. a. durch „Konnopke’s Imbiss“ in Prenzlauer Berg. Der noch heute existierende, immer privat geführte Imbiss liegt – äußerst günstig - unter dem Viadukt der U2 in der Schönhauser Allee direkt südlich des U-Bahnhofs Eberswalder Straße.
Er gilt als der Imbiss, an dem in Ost-Berlin 1960 die erste Currywurst (ohne Darm) angeboten wurde. Seither wird die Konnopke - Currywurst mit einem Ketchup nach geheimem Familienrezept verkauft. Diese Eigenentwicklung hatte ihren Grund darin, dass in DDR nach dem Mauerbau 1961 zunächst kein Ketchup produziert wurde.
Konnopke‘s Imbiss ist nicht nur bei den Anwohnern beliebt, sondern auch bei Touristen. Einige Stadtführer (z.B. das Reisemagazin des ADAC-Verlags)
und Stadtführungen beziehen den Imbiss in ihr Programm mit ein.
Im Februar 2001 wurde „Konnopke“ über Berlin hinaus bekannt, da der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder, der eine Vorliebe für Currywurst haben soll, die dortige berühmte Currywurst probierte.
Herbert Grönemeyer sang der Currywurst eine Hymne: „Kommse vonne Schicht, wat Schönret gibt et nich als wie Currywurst.“
Am 24. 11. 2008 wurde durch die Berliner Firma „Maximilian“ ein neuer Currywurst - Rekord aufgestellt - die längste Currywurst der Welt hatte eine Länge von ca. 40 m.
Am 15. August 2009 wurde in Berlin – Mitte (Schützenstr. 70, nahe dem Checkpoint Charly) das „Deutsche Currywurst-Museum“ eröffnet.
Seit Jahren schon streiten die Finanzämter mit den Imbissgastronomen um die Currywurst sowie alle anderen Imbisswaren und ihre Besteuerung.
Die Rechtslage nach muss derjenige, der Lebensmittel im Supermarkt kauft und mit nach Hause nimmt nur den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 % zahlen. Wer hingegen im Restaurant isst („Verzehr an Ort und Stelle“, in der Steuerterminologie) bezahlt mit der Rechnung 19 % Mehrwertsteuer, - mehr als doppelt soviel! Viele Fälle, bei denen sich Imbissbetreiber etc. gegen Steuerbescheide [39] wehren, sammeln sich bei den Steuerberatern (vgl. Financial Times Deutschland 12.08.2009).
Die Currywurst u.a. führt seit Jahren zu einem Streit im Steuerrecht zwischen Imbiss – Gastronomen und den Finanzämtern.
Der „Sternekoch“ Axel Kammerl (Küchenchef der „Forellenstube“, Ilsenburg) urteilte über die gesundheitlichen Risiken der Currywurst: Sie „….ist definitiv alles andere als gesund. Ein Gericht mit sehr hoher Energiedichte, praktisch vitamin- und ballaststofffrei und zudem sehr stark kochsalzhaltig.“ Dazu kommen noch die gesundheitsschädlichen Nitrosamine, die beim Braten frei werden (vgl. „Focus“, 04.09.2009).
Seit den 80er-Jahren bekam die Currywurst zunehmend Konkurrenz durch den türkischen Döner und den US-amerikanischen Hamburger. Bis dahin hatte sich die Currywurst in West - Deutschland zu dem am häufigsten verkauften Gerichte entwickelt. Besonders verbreitet blieb sie bis heute in Berlin, Hamburg, im Ruhrgebiet und in vielen Betriebskantinen [40].
Allein in Berlin sollen zurzeit jährlich ca. 70 Mio. Currywürste verzehrt werden (vgl. SZ, 12.08.2009), sie gehört auch 60 Jahre nach ihrer Erfindung zu den fünf beliebtesten Gerichten der Deutschen. In Berlin sind sonstige Würstchen für die Imbisskultur nicht so typisch, eher die Boulette – traditionell die Konkurrenz für die Currywurst - , sehr beliebt sind natürlich auch die Hamburger in den verschiedensten Varianten (z.B. die „Döner – Burger“) und das Falafel.
Das zurzeit am häufigsten gegessene Gericht in Berlin wie in ganz Deutschland ist allerdings nun schon seit Jahren das Döner Kebab. Das aber ist eine andere Geschichte ….
© Christian Meyer
(unveränderlich, nach dem Gregorianischen Kalender)
[1] Die „Harzreise“ Heinrich Heines erschien 1826 als erster Teil der mehrbändigen „Reisebilder“.
[2] Der Begriff "Brat-" hängt mit einem alten germanischen Wortstamm zusammen, der "erhitzen", "brennen" bedeutet. Etymologisch aus der gleichen Wurzel stammt auch die "Brust" - in der sozusagen die Lebensflamme brennt - oder das „Brot", als etwas "gebranntes".
[3] Der Name Grützwurst bezeichnet verschiedene Wurstsorten, in denen neben Fleisch auch unterschiedliche Grützen enthalten sind (z.B. die Graupenwurst).
[4] Woher die Bezeichnung „Hot Dog“ rührt, ist ungeklärt. Sicher ist, dass es diesen Fast – Food - Typ in den USA schon gab, bevor der Name Hot Dog benutzt wurde. Bereits 1871 existierte ein Imbiss auf Coney Island, in der Frankfurter bzw. Wiener Würstchen im Brötchen mit Sauerkraut verkauft wurden. Seit 1895 ist für dieses Gericht in den USA die Bezeichnung Hot Dog belegt.
Jedes Jahr am 4. Juli wird seit 1916 in der Stadt New York ein „Internationales Hot-Dog-Wettessen“ ausgetragen.
[5] Die Ketwurst ist der DDR - Hot Dogs. Der Name ist eine Zusammensetzung aus Ketchup und Wurst – Anglizismen wie „Hot Dog“ waren zeitweise in der DDR unerwünscht. Eine besonders große Bockwurst wurde im Wasserbad erhitzt. Dann wird auf einen heißen Metallzylinder ein Brötchen gesteckt und erhitzt. Die warme Wurst wird schließlich in einen speziell gewürzten Ketchup getaucht und in das Brötchen gesteckt.
Ketwurst – wie Grilletta, die ostdeutsche Variante des Hamburgers – wurde von Mitarbeitern des Rationalisierungs- und Forschungszentrums Gaststätten in Berlin 1977 oder 1978 erfunden und seit 1979 angeboten. So sollten die Touristen am Alexanderplatz besser versorgt werden.
[6] Knoblauchwurst (engl. „garlic salami“, franz. „salami d'ail“, ital. „salame dell'aglio“, span. „salami del ajo“) bezeichnet generell eine Salami, die mit Knoblauch gewürzt ist. Hergestellt wird sie aus Rind- und / oder Schweinefleisch, die oft dunkelrote Farbe entsteht bei höherem Rindfleisch - Anteil.
[7] „Kren“ bedeutet im Österreichischen „Meerrettich“, Krenwürstchen werden mit Meerrettich gereicht. Den Begriff „Krenwurst“ gibt es gleichbedeutend z.B. bis im Rumänischen.
[8] Eine Weißwurst - die wohl bekannteste Münchner Spezialität - ist eine Brühwurst aus fein gemahlenem Kalbfleisch (heute auch Schweinefleisch), Schweinerückenspeck, Petersilie und verschiedenen Gewürzen. Die helle grau-weiße Farbe der Weißwurst rührt daher, dass das Fleisch nicht gepökelt wurde.
Eng verwandt mit der Weißwurst sind die Wollwurst (praktisch eine Weißwurst ohne Darm) und die Stockwurst (eine kurze und besonders dicke Weißwurst).
Die Münchener Weißwurst wird traditionell morgens hergestellt und schon vormittags als Imbiss mit süßem Senf, Brezn und Weißbier angeboten.
[9] Der deutsche Name „Zervelatwurst“ geht ursprünglich zurück auf das lateinische Wort für „Hirn“, cerebellum, und gelangte über das italienische „cervellata“ und das altfranzösische „cervelat“ ins Deutsche. In der heutigen Zervelatwurst ist aber in der Regel kein Hirn enthalten.
[10] Kabanosy sind dünne, luftgetrocknete mit Kümmelsamen gewürzte Würste; ursprünglich wurden sie aus Pferdefleisch hergestellt, heute in der Regel aus Schweine- oder Truthahnfleisch.
[11] Die "Alheira" ist eine nordportugiesische Bratwurstsorte aus Kaninchen- oder Hähnchenfleisch, mit ein wenig Fett, Salz, Pfeffer und Gewürzen.
[12] im spanischen Sprachgebrauch bedeutet „chorizo“ - im übertragenen Sinne als Schimpfwort - auch „kleiner Dieb, Betrüger“.
[13] Naem ist eine in Thailand sehr beliebte sauer eingelegte Wurst. Dort kann man Naem auf vielen Märkten oder Lebensmittelgeschäften in Plastik eingeschweißt oder frisch kaufen.
[14] Die „Fette Knobländer“ war eine dicke Schweinssiedewurst mit großen Fettstücken, die seit 1820 in Berlin verbreitet war. Auch heute noch wird sie ähnlich hergestellt, z.B. in Halberstadt.
[15] Bockwürste wurden in Berlin jahrzehntelang mit Bratkartoffeln und brauner Bratensauce angeboten. Erst um 1900 kam - aus England importiert - Senf in Mode. Bald wurde Senf - mit Meerrettich scharf und pikant gemacht - im Spreewald und in Bautzen hergestellt.
[16] Ein Kutter ist eine Maschine in der Lebensmittelindustrie, in Fleischereien etc. mit der Fleisch und andere Lebensmittel zerkleinert und vermischt werden. Ein Kutter zerkleinert deutlich feiner als ein Fleischwolf.
[17] Im Juni 2010 führte die EU – nach langjährigem Druck u.a. von greenpeace, der Linken und den Grünen – verschärfte Grenzwerte für Pestizide in Lebensmitteln ein. Allerdings bleibt dabei ein Problem bestehen: „Oft werden verschiedene Spritzmittel eingesetzt, bei denen die Grenzwerte für die einzelnen Stoffe eingehalten werden. Das zeigt auch der jüngste Greenpeace – test von Johannisbeeren. In einigen Proben fanden sich bis zu neun unterschiedliche Pestizide. Für diese Gift – Cocktails gibt es immer noch keine Höchstwerte“ (vgl. „Greenpeace – Nachrichten“, 3/10, S. 2).
[18] Innerhalb der EU gibt es ca. 150 zugelassene Nahrungszusatzstoffe, die mit einem „E“ gekennzeichnet werden (vgl. Heinrich / Hergt, S. 216, a.a.O.). Dabei steht das „E“ für „Europa“ bzw.„edible“ (engl. „essbar“).
[19] E 120 ist der organische rote Farbstoff. Karmin, chemisch handelt es sich um Calcium- und Aluminiumsalze der Karminsäure. Der Begriff Karmin wurde von dem arabisch-persischen Wort „kermes“ = Scharlachbeere abgeleitet. Der mit diesem Farbstoff erzielte Farbton wird auch als Scharlachrot bezeichnet. Auch das türkische Wort für „rot“ = „kırmızı“ hat hier seine etymologische Wurzel.
Gewonnen wird echtes Karmin oder Cochenille aus den Panzern der befruchteten, getrockneten Weibchen Scharlachschildlaus (Dactylopius coccus Costa oder Coccus cacti L.), die auf Kaktuspflanzen in Mittel- und Südamerika leben. Ein Kilogramm Cochenille ergibt ca. 50 Gramm Karmin. Die getrockneten Schildläuse enthalten etwa 14 % Karmin.
Das Echte Karmin ist unter den Lebensmittelzusatzstoffen der einzige Farbstoff tierischer Herkunft.
Der Farbstoff Cochenillerot A steht im Verdacht Allergien zu verursachen. Deshalb war der Handel mit damit gefärbten Pølser zeitweise in Norwegen und Schweden verboten. Ähnlich aussehende Würstchen sind jedoch heute auch in Schweden und Norwegen unter der Bezeichnung „Röde oder Danske Pölser“ weit verbreitet (vgl. „http://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B8d_p%C3%B8lse“)
Der rote Farbstoff Karmin (E 120) kann bei Allergikern Symptome wie Schwindel und Atemnot, aber auch eine Anaphylaxie hervorrufen, d.h. leichte Hautreaktionen, Störungen von Organfunktionen, Kreislaufschock mit Organversagen bis zum tödlichen Kreislaufversagen, dem anaphylaktischen Schock.
Auf Empfehlung des Wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses der Europäischen Kommission wird Echtes Karmin heute nur noch selten, v. a. in alkoholischen Getränken benutzt. In der Kosmetik-Industrie aber findet der Farbstoff weiterhin Anwendung, z.B. in Lippenstiften. Auch färbt Karmin z.B. Textilien und ist ein bedeutsames Pigment für die Herstellung von Malerei - Farben.
Der natürliche, orange Farbstoff E 160b (Bixin, nach dem botanische Namen der Pflanze, Bixa orellana) wird aus aus Brasilien stammenden Annatto - Früchten gewonnen. Die Samen der Pflanze werden auch als Gewürz verwendet. Schon die antiken Maya benutzten Bixin als Würz- und Färbemittel (als Textil- und Körperfarbe), und auch bei religiösen Riten, die mit dem Regen verbunden waren. Der englische Name „lipstick tree“ Lippenstift-Baum rührt her von der Verwendung des Farbstoffes für kosmetische Zwecke.
In Europa wird Annatto u. a. zur Färbung von Käse eingesetzt, z.B. bei dem französischen Fol Epi, dem dänischen Blue Note, bei Cheddar und auch zuweilen bei deutschem Gouda.
Der rote Farbstoff E 172, Eisenoxide (Rost), Eisenhydroxide ist ein synthetischer Nahrungsmittelzusatzstoff.
Immer wieder zu Verwirrungen führten die von der Europäischen Union verwalteten E-Nummern für Lebensmittelzusatzstoffe wegen des Kontaktgiftes E 605. Die hochgiftige Substanz Parathion („Schwiegermuttergift“) wurde 1944 von dem deutschen Chemiker Gerhard Schrader (1903 – 1990) entwickelt. Parathion wurde als Insektizid unter dem Namen „E 605“ vermarktet.
Die europäischen E-Nummern wurden später eingeführt, auch gibt es keinen Lebensmittelzusatzstoff „E 605“. Das „E“ von „E 605“ stand für „Entwicklungsnummer“ und entstammt einem seit langem veralteten System zur Bezeichnung neu entwickelter Chemikalien.
[20] Das Silphium (Ferula historica, vermutlich eine Art Riesenfenchel), griechisch „Sylphion“ (σίλφιον), wurde bei den Römern auch „Laserpicium“ genannt. Es war eine bei Griechen und Römern äußerst beliebte und extrem begehrte Gewürz- und Allheilpflanze. Wahrscheinlich war es eine Art Harz, das man durch Anritzen aus der Wurzel oder dem Stängel gewann. Daneben wurden Blätter und Wurzel auch gelegentlich als Gemüse gegessen.
Es gab vier Arten des Silphium, die sich in Güte und Preis massiv unterschieden. Begehrt war die Pflanze auch, weil sie als pflanzliches Empfängnisverhütungsmittel galt.
Der Legende nach war Silphium ein Geschenk des Gottes Apollo. In vielen frühen Mittelmeerkulturen wurde es verwendet. Die Römer sollen sein Gewicht in Denaren aufgewogen haben.
Die verwandte im Mittelmeergebiet heimische Pflanze Ferula vulgaris wurde in der griechischen Mythologie als die Pflanze angesehen, in deren hohlem Stängel Prometheus das (geraubte) Sonnenfeuer zur Erde trug.
Die heute (vermutlich) ausgestorbene Pflanze gehörte botanisch wahrscheinlich zur Gattung der Steckenkräuter (Ferula = lat. „Trägerin“) und zur Familie der Doldenblütler.
Silphium wuchs ausschließlich in der Region um Kyrene (der Kyrenaika, im heutigen Libyen). Silphion scheint erst mit der Gründung Kyrenes (7. Jhdt. v. Chr.) für die griechische Küche entdeckt worden zu sein. Abbildungen der Pflanze finden sich auf antiken griechischen Münzen aus Kyrene.
Anscheinend trugen vor allem drei Faktoren zum Aussterben der Pflanze um etwa 50 n. Chr. bei:
Das letzte aufgefundene Silphium soll – nach Plinius (Naturgeschichte, XIX & XII) - an Kaiser Nero geschickt worden sein.
[21] Marcus Gavius Apicius Caelius war ein reicher römischer Feinschmecker und Schlemmer zur Zeit des Kaisers Tiberius (Reg. 14 – 37). Er soll einen großen Teil seines großen Vermögens verprasst haben. Eine der von ihm besonders gepriesenen Delikatessen waren Flamingozungen (vgl. Plinius der Ältere Nat. Hist. X, 133). Dann – aus Angst, nun nicht mehr „standesgemäß“ leben zu können – soll er Selbstmord verübt haben. Es könnte allerdings auch sein, dass Apicius in die politische Affäre Seianus (Mitte der 30er Jahre) verwickelt war.
Seneca berichtet in „De consolatione“, dass Apicius sein Leben mit Gift beendete, nachdem er bereits 100 Millionen Sesterzen für die Küche verschwendet und ausgerechnet hatte, dass ihm „nur“ 10 Millionen Sesterzen zum Leben geblieben waren. Dieser Text stammt allerdings aus den 40er Jahren, Apicius war also bereits tot.
Nach dem Apicius wurden mehrere altrömische Speisen benannt.
Unter dem Autorennamen Apicius Caelius wurde das berühmteste antike Kochbuch „De Re coquinaria“ (11 Bde., Über die Kochkunst) verfasst und überliefert (a.a.O.). Tatsächlich aber scheint das Buch nicht von dem berühmten Schlemmer verfasst worden zu sein, es scheint erst aus dem 3./4. Jhdt. zu stammen.
[22] „Garum“ (oder Liquamen) kann als das Standardgewürz in der antiken römischen Küche angesehen werden. Diese fermentierte Fisch-Würzsoße wurde in großen Mengen für salzige wie auch süße Speisen verwendet, wahrscheinlich ähnlich häufig, wie man heute Fischsoßen in der ostasiatischen Küche verwendet. Berühmt war z.B. das Garum aus Chersones auf der Krim.
[23] Kaiser Diokletian setzte im Kampf gegen die damalige Inflation Höchstpreise für über tausend Produkte, und ebenso maximale Löhne für vielerlei Dienstleistungen fest. Die Überschreitung der Höchstpreise konnte sogar mit der Todesstrafe geahndet werden. Dennoch hatte das Edikt nur mäßigen Erfolg, z.T. gab es einen regen schwarzen Markt, zum Teil wurde zum Tauschhandel übergegangen.
[24] Mit dieser Wurzel hängen auch zusammen lateinisch „vertere“ = drehen, wenden, sanskrit „vrt“, gotisch „varP“ und althochdeutsch „ward“.
[25] „Salsicius“ seinerseits setzt sich vermutlich zusammen aus salsus = gesalzen und isicium = Sülze, Wurst. Auf „salsicia“ geht auch das französische „sauce“ und die eingedeutsche „Soße“ zurück.
[26] Das französische „saucisson“, die "große Wurst", nicht direkt von „saucisse“ abgeleitet wäre, sondern von dem italienischen „salsiccione“. Das französische Suffix „-on“ hat ein verkleinernde Bedeutung, dagegen bezeichnet die italienische Nachsilbe „-one“, im Gegensatz dazu, eine Vergrößerung.
[27] In diesem Sinne wurde die angebliche Leichtlebigkeit der Franzosen auf deren (vermeintliche) Vorliebe für Froschschenkel zurückgeführt.
[28] Das Wort „Metzger“ rührt vermutlich vom lat. „macellum“ = Fleischmarkt her, oder aber vom spätlat. „mattiarius“ = Wursthersteller, – händler. Die Bezeichnung „Metzgerei“ ist seit dem 17. Jhdt. belegt (vgl. Pfeifer, Bd. II, S. 1100, a.a.O.).
[29] Hauschlachtungen sind in Deutschland heute nicht gestattet- außer zum eigenen Bedarf, durch einen qualifizierten Schlachter und unter Beteiligung einer professionellen Fleischbeschau. Auch ausgebildete Metzger schlachten heute in der Regel im Schlachthaus.
[30] In Notzeiten sieht die Sache allerdings anders aus: »Früher war mir alles Wurst, jetzt ist mir Wurst alles.«
[31] Wegen ihres Namens und Aussehens wird die Blutwurst regional auch „Tote Oma“, „Verkehrsunfall“ (bzw. einfach „Unfall“) genannt.
[32] Sehr weit verbreitet ist im Deutschen die Redewendung von der „beleidigten Leberwurst“. Vermutlich rührt der Ausdruck daher, dass man einst – in der Antike, im Mittelalter, aber auch im alten China - die Leber – nach der Haut das immerhin zweitgrößte Organ des Menschen - als Sitz der Gefühle, der Lebenssäfte und des Temperaments ansah, Zorn und Liebe wurden traditionell in der Leber verortet.
Auch viele Redewendungen, wie z. B die von „der Laus, die einem über die Leber läuft“, oder „frei von der Leber weg“ zu sprechen, sich „etwas von der Leber“ zu schreiben sind aus diesem Zusammenhang erklärbar.
Der deutsche Arzt und Dichter Paul Fleming (1609 – 49) dichtete noch im Barock in seinem „Früelings -Hochzeitsgedicht“:
“Vergebens ist uns nicht die Leber einverleibet.
Sie, sie ist unser Gott, der uns zum Lieben treibet,
Wer gar nicht lieben kann, der wisse, dass anstatt
Der Leber er faul Holz und einen Bovist hat“.
Die Leberwurst in der Redensart ist vermutlich eine relativ junge spöttelnde Ergänzung, Eine nachträglich (als der geistesgeschichtliche Hintergrund nicht mehr bewusst war) erfundene Entstehungsgeschichte besagt, die Leberwurst habe sich geärgert, als die Blutwurst vor ihr aus dem Topf geholt wurde.
[33] Die Berlinischen Begriffe „Budike“ und „Budiker“ (für Kneipe und Kneipier) rühren her vom verballhornten französischen „Boutique“.
[34] Die Bezeichnung „Tomate“ stammt aus dem mexikanischen Nahuatl und bedeutet soviel wie „anschwellen“.
[35] Der Name „Lycopersicum“ („λνκοπεροτον“ = „Wolfspfirsich“) geht auf den antiken Arzt Galenos von Pergamon zurück , der eine unbekannte Pflanze so bezeichnete. Nach der Entdeckung Amerikas setzte der den Italiener Luigi Anguillara die Tomate gleich der Pflanze Galens und belegte sie mit dem antiken Namen.
[36] Die Redensart "Du treulose Tomate" mit dem Vorwurf der Unzuverlässigkeit. soll ihren Ursprung im ersten Weltkrieg haben. Italien, im Dreibund mit Deutschland und Österreich – Ungarn verbündet, blieb zunächst neutral, trat dann aber 1915 – vertragsbrüchig - auf Seiten der Alliierten in den Krieg ein. In Italien wurden damals bereits Tomaten häufig angebaut und ihre Früchte gern verzehrt. In Deutschland waren Tomaten noch ungewöhnlich und selten, ihre Kultivierung eine unsichere Angelegenheit. So setzte man die treubrüchigen, tomatenessenden Italiener mit den (angeblich) unzuverlässigen - da problematisch kultivierbaren - Tomaten gleich. Die Redensart von der „treulosen Tomate“ war entstanden.
[37] Die Novelle „Die Entdeckung der Currywurst“ wurde in mehr als 20 Sprachen übersetzt. Im Jahre 2008 wurde sie von Ulla Wagner verfilmt, mit Barbara Sukowa und Alexander Khuon in den Hauptrollen.
[38] Die US - Firma Kraft bemühte sich nachweislich um das Rezept und das Markenrecht, was Herta Heuwer jedoch ablehnte.
[39] Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz soll aus sozialpolitischen Gründen Produkte des alltäglichen Bedarfs (wie Lebensmittel oder den öffentlichen Nahverkehr) und Aufwendungen für Kultur und Unterhaltung verbilligen, Allerdings gilt der ermäßigte Satz auch z.B. für Reit- oder Rennpferde, was den Steuerzahler immerhin ca. 200 Mio. € pro Jahr kostet.
[40] Allein die Volkswagen-Kantine in Wolfsburg verkauft pro Jahr werden mehrere Millionen verkauft Currywürste, Currywürste die über die Werksgrenzen hinaus bekannt sind.
Ironisch kommentiert der Berliner Karikaturist Klaus Stuttmann (* 1949, „KS“) den angeblichen Zusammenhang von Ernährung und Intelligenz (Abb. aus „Tagesspiegel“, 22. August 2010, S. 8)