24. März

 

Christl. - katholischer Tag des Erzengels Gabriel (hebr. „Kraft Gottes“; ar. „Ğibril“, türk. „Cebrail“)

 

Nach der traditionellen katholischen Lehrauffassung erschuf Gott vor der Grundlegung der Welt unzählige Engel [1]( = Boten), die Clemens von Alexandria als die „Erstgeborenen Gottes“ bezeichnete. Im - apokryphen - Buch Tobias wird angeführt, dass sieben Geister, die „Erzengel“ (= erste Engel) zunächst am Throne Gottes stünden. Drei davon werden namentlich in der Bibel erwähnt, Gabriel, Raphael und Michael.

Nach der christlichen Überlieferung (Lk 1, 26 - 38)war es der Engel Gabriel, der Maria die Geburt eines Sohnes ankündigte.

Im Koran kommen nur zwei Erzengel namentlich vor, Gabriel (Cibril) und Michael (Mikâil):“Wer ein Feind ist Allahs und seiner Engel und seiner Gesandten und Gabriels und Michaels, den trifft Allahs Zorn....“ (2, 92).

In der islamischen Überlieferung spielt der Engel Gabriel an verschiedensten Stellen eine hervorragende Rolle. Als Hagar nach ihrer Verstoßung verzweifelt nach Wasser suchte, um ihren eigenen und Ismails Durst zu stillen, und siebenmal (im heutigen Mekka) zwischen den Bergen Safa und Marwa auf der Suche nach einer Quelle hin und her lief, füllte schließlich der Engel Gabriel - durch Gottes Gnade - eine versiegte Quelle zu Füßen Ismails mit frischem, klarem Wasser - die Quelle Zamzam.

Bei der Geburt des Propheten Muhammad habe - heißt es - der Engel Gabriel seiner Mutter Amina Hebammenhilfe geleistet.

Später hatte Muhammad schlafend jahrelang Visionen, in denen ihm der Engel Gabriel abschnittweise den Koran übermittelte und ihn aufforderte, die Botschaft Gottes den Menschen vorzutragen.

Bei der nächtliche Himmelsreise (trk. miraç) des Propheten Muhammad (am 17. Tag des Monats Rabi al-awwal im Jahre vor der Auswanderung nach Medina, 622) soll er nachts von dem Engel Gabriel und einem besonderen Reittier (Buraq, Burak) nach Jerusalem und dann in die sieben Himmel gebracht worden sein.

Zainab bint Ali, die Schwester Husseins (des 3. Imams) und Tochter Alis und Fatimas wurde im Jahre 5 (oder 6) nach der Hedschra in Medina geboren. Der Name wurde ihr von ihrem Großvater, dem Propheten Muhammad gegeben, der ihn seinerseits der Legende nach durch den Engel Gabriel erfahren hatte.

 

Nach islamischer Vorstellung überbringt der Erzengel (ar. karūb) Gabriel am Auferstehungstag Gott die Bücher der Menschen mit ihren darin aufgezeichneten guten und bösen Taten. Nach eschatologisch – islamischer Vorstellung hat jeder Mensch zeit Lebens zwei Engel zu seinen Seiten, die seine Gedanken, Worte und Taten aufzeichnen. Der Engel der guten Taten steht zur Rechten, der für die schlechten Taten zur Linken.

Am Auferstehungstag wird Gabriel die „Bücher“ auf die Waage der Gerechtigkeit legen.

 

In aufgeklärten christlichen Kreisen war der Glaube an Reliquien bereits im hohen Mittelalter äußerst brüchig. In der Novelle „Die Feder des Engels Gabriel“ im Dekamerone [2] (6. Tag, 10. Novelle) erzählt Giovanni Boccaccio wie ein Mönch den Gläubigen in einem italienischen Dorf gegen eine Spende eine Feder des Erzengels Gabriel zeigen wollte, die der Engel beim Besuch der Jungfrau Maria in Nazareth verloren hatte. Zwei Schelme entwenden dem Mönch jedoch heimlich die Papageienfeder und füllen in den Reliquienbehälter Kohlenstücke. Bei der feierlichen Präsentation der Feder behauptet der geschickte Mönch jedoch, ihm sei eine Verwechselung seiner Reliquiare unterlaufen; bei der Kohle handele es sich um eine andere Reliquie, nämlich um Kohlestücke, die durch den Schweiß des Hl. Laurentius bei dessen Röstung nicht verbrannt wurden (vgl. Boccaccio, S. 594 f., a.a.O.).

 

(unveränderlich, nach dem Gregorianischen Kalender)

 

© Christian Meyer



[1] Nach einer alten volksislamisch – osmanischen Tardition soll die ganze Welt auf den Flügeln eines Engels stehen, der Engel seinerseits steht auf einem Fisch, der im unendlichen Ozean schwimmt.

[2] Das Dekamerone Giovanni Boccaccios (1312-1375) entstand zwischen 1349 und 1353, nach der Pestepidemie von 1348.