12. März: christlich – katholischer Gregoriustag, Gregori
An diesem Tag (dem Todestag am 12. März 604) wird des heilig gesprochenen Papstes Gregor I. („des Großen“, * 540 Pontifikat: 590 - 604) gedacht, des Patrons der Schüler und Lehrer, der Sänger und Musiker.
Da Gregor selbst gichtleidend war, soll seine Fürbitte bei der Gicht wirksam sein.
Gregor [1] entstammte einem alten wohlhabenden römischen Adelsgeschlecht [2] und wurde Jurist. Mit 25 Jahren war er bereits Stadtpräfekt von Rom. Aber statt einer glänzenden Karriere wurde er Benediktiner–Mönch und gründete selbst das noch heute bestehende Kloster St. Andreas zu Rom. Nach dem Tode seiner Eltern (Gordianus und Sylvia) verkaufte Gregor all sein Hab und Gut, schenkte es den Armen bzw. gründete einige Klöster.
Papst Pelagius II. weihte Gregor zum Diakon und verwendete ihn als Berater und als Diplomaten in Byzanz [3].
Nach Pelagius Tod (an der Pest) wurde Gregor dessen Nachfolger. Die Legende berichtet, dass sich Gregor seiner Wahl zum Papst widersetzte: So soll er sich verkleidet haben und in einem Fass aus der Stadt Rom gebracht worden sein. In einer nahe gelegenen Höhle wollte er als Eremit leben. Aber eine wundersame Lichtsäule, an der Engel auf- und abstiegen, führte zu seiner Entdeckung.
Gregors Pontifikat wurde von den Langobardenkriegen überschattet, die Gregor durch einen Sonderfrieden 593 zu beenden versuchte. Dies brachte ihn allerdings in politischen Gegensatz zum Kaiserhof in Byzanz.
Gregor ordnete den päpstlichen Landbesitz in Italien neu.
Der Überlieferung nach ließ Papst Gregor als eine Seuche die Stadt bedrohte „… ein vom hl. Lukas gemaltes Marienbild einer Prozession voran tragen, hört Engel das ‚Regina coeli’ singen, fügt eine Strophe hinein und sieht einen Engel auf dem Hadriansgrabmal das blutige Schwert in die Scheide stecken – als Zeichen der beendeten Seuche. Von da an soll man das Grabmal ‚Engelsburg’ genannt haben“ (vgl. Keller, 1996, S. 268, a.a.O.). Der Engel soll der Erzengel Michael gewesen sein.
Relativ geringe Erfolge hatte Papst Gregor bei der Missionierung der Langobarden und Angelsachsen, nur zögernd begannen sie das katholische Christentum zu übernehmen. Bei der Missionierung widerstrebender Juden oder „Heiden“ empfahl Papst Gregor allerdings auch Prügel, Folter und Kerker, oder den Einsatz der Steuerschraube (vgl. Haller, Bd. 1, S. 283, a.a.O.).
In der „Legenda Aurea“ wird die Episode erzählt, die zur Missionierung der Angelsachsen geführt haben soll: „Sanct Gregorius ging einstmals über den Markt zu Rom; da sah er … gar stolze Jünglinge, von herrlicher Gestalt, schönem Angesicht und lichten Haaren. Er fragte den Kaufmann, aus welchem Land er sie hätte hergeführt. Der antwortete, er brächte sie her von Britannien, da wären alle Menschen so licht und schön. Gregorius fragte, ob sie Christen wären. Der Kaufmann antwortete ‚Nein, sie sind noch umfangen vom heidnischen Irrglauben’. Da erseufzte Sanct Gregorius gar tief und sprach ‚Ach weh, wie besitzet der Fürst der Finsternis so klare Angesichter an diesen Menschen’. Darnach fragte er, wie das Volk des Landes wäre genannt. Der Kaufmann antwortete ‚Sie heißen Engelische’. Da sprach Gregorius ‚Sie heißen billig Engelische, denn sie haben engelsgleiche Angesichte’“ (vgl. Voragine, S. 223, a.a.O.).
Gregor ließ die Liturgie neu ordnen und beleben, er gilt als einer der vier lateinischen Kirchenväter (mit Ambrosius, Augustinus und Hieronymus). Unter seinen zahlreich erhaltenen Schriften (und Briefen) wurden der „Hiob–Kommentar“ und die „Regulae pastoralis“ (Von der Hirtensorge) berühmt. Heute erscheinen seine Schriften jedoch als voller Aberglauben, konventionellen Allgemeinplätzen im zeitgenössischen Mönchsstil; auch umfassen sie eine Vielzahl von Wundergeschichten v.a. um Reliquien. Der Reliquienkult wurde unter seinem Pontifikat gefördert. Als Zeichen seiner besonderen Gunst versandte der Papst mehrfach Nachbildungen von den Schlüsseln des Apostelgrabes, in denen Splitter von den Ketten Petri eingeschlossen wurden. Um den Hals getragen sollten sie Wunder tun und Kranke heilen.
Als die Kaiserin aus Byzanz ihn um die Überlassung des Kopfes des Apostels Paulus bat, erteilte Gregor ihr eine abschlägige Antwort: „Den Leibern der Märtyrer zu nahe zu kommen, sei gefährlich, meint Gregor. Sogar das Abfeilen der Späne von den Ketten der Apostel misslinge manchmal auf wundersame Weise“ (vgl. Haller, Bd. 1, S. 283, a.a.O.).
Gregor verfügte – nach den Wirren der Gotenkriege und den Kämpfen mit den Langobarden – nicht mehr über eine antike Bildung und lehnte eine solche ausdrücklich als heidnisch ab. „Sogar die (lateinische) Sprache richtig zu handhaben verschmähte Gregor: der Heilige Geist sei an die Regeln der Grammatik nicht gebunden“ (vgl. Haller, Bd. 1, S. 276, a.a.O.).
Im Mittelalter erzählte man, dass Papst Gregor I. die kaiserliche Bibliothek auf dem Palatin habe vernichten lassen, eine Tat, die nach Haller „… nicht aller Wahrscheinlichkeit“ entbehrt (vgl. Haller, Bd. 1, S. 276, a.a.O.).
Durch die Initiative Gregors wurde allerdings die Musikpflege der römischen Schola cantorum verbessert, was schließlich zu Neufassungen von Melodien (Gregorianische Choräle) führte.
Sein Grabstein bezeichnete Gregor als Konsul Gottes. Gregors Grab befindet sich heute in der Peterskirche zu Rom, sein Fest feiert die Kirche seit dem 8. Jhdt.
Nahe dem Circus Maximus in Rom liegt die Kirche S. Gregorio Magno, die der Papst an der Stelle seines Gebetshauses errichten ließ und zuerst dem Hl. Andreas (ð 30. November) weihen ließ. Die Kirche wurde mehrfach restauriert und umgebaut. Vorn im rechten Kirchenschiff befindet sich die St. Gregoriuskapelle. Im linken Schiff befindet sich die Salvati . Kapelle mit einer sehr alten Madonna, die der Überlieferung nach zu dem Papst gesprochen haben soll.
Die der Kirche S. Gregorio Magno benachbarte St. Sylvia – Kapelle ist der Mutter des Hl. Gregorius geweiht. Die ebenfalls am Hof der S. Gregorio Magno – Kirche gelegene St. Barbara – Kapelle birgt ein Standbild des Papstes Gregor I. und den steinernen Tisch, an dem der Papst angeblich täglich 12 Arme speiste.
Generell soll der Papst die Armenpflege gefördert haben. Manche katholische Theologen sehen darin eine frühe Form des Sozialstaats.
Johannes Haller meinte in seiner Geschichte der Päpste, Gregor verdiene den Beinamen „der Große“ nicht, auch Mommsen nannte ihn einen recht kleinen großen Mann (vgl. Haller, Bd. 1, S. 275, a.a.O.).
Dennoch ist Gregor der einzige Papst, der eine volkstümliche Gestalt wurde, Legenden und Dichtungen bemächtigten sich seiner.
Der Legende nach geschah es einst, „… dass der hl. Gregor über den Trajansmarkt … ging und darüber nachdachte, dass dieser Kaiser doch milde und gerecht gewesen sei. Je mehr er dies bedachte, um so trauriger wurde er und ging in die Kirche des hl. Petrus und weinte dort bitterlich über des Kaisers Unglauben. Und siehe, eine Stimme vom Himmel sprach: ‚Dein Gebet ist erhört, ich habe Trajan die ewige Pein erlassen. Aber hüte dich, dass du hinfort für keinen anderen Verdammten mehr bittest’“ (vgl. Melchers, S. 157, a.a.O.).
Seit spätestens dem 16. Jhdt. beging man in katholischen und protestantischen Regionen Deutschlands gleichermaßen den Gregoriustag als einen Festtag der Schüler, zuweilen mit karnevalesken Anklängen.
König des Festes war der „Knabenbischof“ (bzw. in protestantischen Regionen der Knabenrektor, mit Schulschlüssel, Zepter und Rute als Insignien).
Da die Feste oft in ausgelassene Gelage mündeten, gerieten sie in die Kritik der Öffentlichkeit bzw. der Obrigkeit.
In vielen Regionen begannen am Gregoriustag die landwirtschaftlichen Arbeiten auf den Äckern: „Gregor steckt den Brand in Boden“. So hatte das Gregoriusfest oft auch den Charakter eines Frühlingsfestes mit Umzügen und speziellem Gebäck.
Später gab es außerdem in vielen fränkischen und thüringischen Städten an diesem Tag „….bettelhafte Umzüge des ‚Gregorius–Singens’, die dem Lehrer Einkünfte verschaffen sollten“ (vgl. Brandt u.a. 1998, S. 114, a.a.O.).
In der Mitte des 19. Jhdts. wurden diese Umzüge abgeschafft. Noch heute wird das Gregoriusfest in einigen oberfränkischen Städten gefeiert, so in Neustadt bei Coburg, In Kulmbach oder in Creußen, heute v.a. aber als Kinder- und Volksfest.
In der christlich motivierten Bildenden Kunst wurde häufig die „Gregorsmesse“ dargestellt: Über dem Altar erschienen Papst Gregor und den rings um ihn knienden Bischöfen und Kardinälen der „Schmerzensmann“, umgeben von den Leidenswerkzeugen. 1511 wurde die Gregorsmesse z.B. von Albrecht Dürer gestochen.
Die Attribute des Heiligen sind Buch und Federkiel sowie die Taube auf der Schulter.
Deutsche Bauernregeln lauten:
„Ist Gregor hell und klar,
gibt es ein fruchtbar‘ Obstjahr“.
„Wenn sich Gregori stellt,
muss der Bauer mit der Saat ins Feld“
(unveränderlich, nach dem Gregorianischen Kalender)
[1] Der Name Gregorius ist griechischen Ursprungs, „Gregorios“, von „ergégoros“ ≙ „wach, wachsam, rege“, „gregoreo“ ≙ „ich bin wachsam, passe auf“. Im Mittelalter war Gregor ein beliebter Papstname, Gregor I. bis zu Gregor XIII., dem Kalenderreformer. Eine bedeutsame literarisch–legendäre Figur ist Papst Gregorius vom Steine, so in der mittelhochdeutschen Dichtung „Gregorius“ von Hartmann von der Aue (1187/89) oder von Thomas Mann („Der Erwählte“, 1951): die christianisierte Fassung des Inzest – Motivs, an dessen Ende die Verzeihung Gottes steht.
Andere bedeutende Namensträger sind: der Hl. Gregor der Wundertäter (griech. Kirchenlehrer und Bischof von Neocaesarea, 3. Jhdt.; Namenstag: 17. November); der armenische Hl. Gregor Illuminator, der Erleuchter; der Hl. Gregor von Nazianz, der Theologe (griech. Kirchenlehrer, 4. Jhdt.; Namenstag: 9. Mai; der Hl. Gregor von Tours (Bischof von Tours und Geschichtsschreiber der Franken, 6. Jhdt.; der Hl. Papst Gregor VII. (11. Jhdt, Namenstag 25. Mai); Gregor von Rezzori (österreichischer Schriftsteller); Gregor Gysi (deutscher Politiker der PDS / Linkspartei)
Die englische Fassung des Namens ist Gregory, die russische Grigori.
[2] Auch die Päpste Felix III. und Agapetus stammten aus seiner Familie.
[3] Von 579 bis 585 lebte Gregor als Sondergesandter („Apokrisiar – Nuntius“) des Papstes am Kaiserhof in Konstantinopel.
Gregorius-Messe; Stich von Albrecht Dürer auch dem Jahre 1511