Im Jahre 1969 gab die sowjetische Post eine 6-Kopken-Gedenkbriefmarke an Komitas heraus.
22. Oktober 1935: Tod des armenischen Komponisten Komitas Vardapets in Paris
Im Jahre 1869 wurde Soghomon Gevorki Soghomonian (genannt Komitas Vardapet [1]) in Kütahya (in der heutigen Türkei). Die armenische Minderheit in Kütahya war zu dieser Zeit durch die osmanische Sprachpolitik bereits weitgehend türkisiert, das osmanische Türkisch war von daher seine Muttersprache. Erst während seiner Ausbildung lernte er (West-)Armenisch.
Er wird armenischer Mönch, Priester, Sänger, Komponist, Musikwissenschaftler und Musikethnologe. Seine Ausbildung erfuhr Komitas in Etschmiadsin, Tiflis, St. Petersburg und Berlin. Komitas gilt als Begründer der modernen klassischen Musik Armeniens (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Komitas_Vardapet).
Komitas begann 1896 sein Studium in Berlin, am privaten Konservatorium von Prof. Richard Schmidt und an der Friedrich-Wilhelm-Universität, an der er u.a. bei Prof. Oskar Fleischer Ästhetik und Musik studierte. Finanziert wurde sein Studium von einem armenischen Ölmagnaten. Als dieser 1899 in Berlin die „Internationale Musikgesellschaft“ gründete, war Komitas das erste nicht-europäische Mitglied. Er trat sowohl während seiner Studienzeit als später in Berlin öffentlich auf, hielt Vorträge zur armenischen, kurdischen und türkischen Musik.
1899 erwarb Komitas ein Diplom der Musikwissenschaft zum Thema Kurdische Volkslieder und kehrt nach Etschmiadsin zurück.
Claude Debussy urteilte 1906 nach einem Konzert: „Brillant, Vater Komitas! Ich verneige mich vor Ihrem musikalischen Genie!" (vgl. www.exilarchiv.de/DE/index.php?option...660%3Akomitas)
Komitas‘ starkes Interesse auch an weltlicher Musik brachte ihn 1910 zu Konflikten mit der gregorianischen Kirchenleitung. Deshalb verließ er Etschmiadsin und ging nach Istanbul/Konstantinopel, wo er auf bessere musikalische Möglichkeiten hoffte. Er gründete dort einen gemischten Chor von 300 Männern und Frauen und komponierte hier einige seiner wichtigsten Werke. Ähnlich wie gleichzeitig Belá Bartok sammelte Komitas auf Reisen durch die Provinzen und Dörfer Volksweisen und Tänze [2] der verschiedenen Völker des Osmanischen Reiches und dokumentierte sie. Auch schrieb er über dreitausend Lieder in Armenisch, Arabisch, Osmanisch, Kurdisch und Persisch.
Aber Komitas beschäftigte sich zudem intensiv mit der sakral-liturgischen Musik der armenisch-gregorianischen Kirche und bearbeitet er die gesamte Liturgie („Badarak") für Männerstimmen.
Mit türkischen Künstlern pflegte Komitas enge Beziehungen. Noch am 2. und 3. April 1915, kurz vor seiner Verhaftung, hielt er Vorträge in einem türkischen Kulturzentrum von Beyazit/Istanbul.
Am 24. April 1915 ließ die osmanische Regierung 235 (nach anderen Angaben ca. 600) oberste armenische Repräsentanten von Wirtschaft, Politik, Kultur und Kirchen in Istanbul unter dem Vorwurf von „Vaterlandsverrat“ und „Spionage für Russland“ nächtlich verhaften, und vom Bahnhof Haydarpaşa nach Çankırı (östlich von Ankara)deportieren und – um angebliche Aufstandspläne und Waffenverstecke zu erpressen – foltern, meist mit der Bastonade. „Nach Hunderten Stockhieben mussten oft die Füße amputiert werden“ (Spiegel, 14/1992, S. 154). Die Deportierten wurden später großenteils umgebracht, nur 15 von ihnen überlebten. Die geistige und politische Führung der Armenier ist ausgeschaltet, systematisch staatlich geplant, kein etwa spontan lobrechender Pogrom.
Dieser Ereignisse wegen wird der 24. April international als Trauertag zur Erinnerung an den beginnenden Völkermord begangen. Zu den an diesem Tage Deportierten gehören u.a. der Publizist Aram Andonian und der schon damals berühmte Komponist Komitas.
Durch ein persönliches Telegramm des Innenministers Talaat Paşa wurden am 7. Mai 1915 acht der deportierten Istanbuler Intellektuellen – auch Komitas – frei gelassen, vermutlich durch eine Intervention des US-amerikanischen Botschafters Henry Morgenthau, der Schriftstellerin Halide Edip (1884 – 1964) und des nationalistischen Dichters und Politikers Mehmet Emin Yurdakul (1869 – 1944). Nach Istanbul zurückgekehrt fand Komitas seine persönlichen Arbeitsunterlagen, große Teile seines Archivs undseine wissenschaftlichen Aufzeichnungen und Forschungsarbeiten, Teile seiner wertvollen Liedersammlungen verwüstet und zerstört vor. Auch konnte er sich von den Schrecken der Internierung und Folter, dem Verlust seiner ermordeten Schüler, nie mehr gänzlich erholen. Freunde lieferten den traumatierten Komitas 1916 wegen seines sich verschlechternden psychischen Zustandes in ein türkisches Hospital ein. Seine Schaffenskraft erlangt Komitas nie wieder.
Am 22. Oktober 1935 starb Komitas Vardapets in Paris. Er lebte seit 1919 in Paris und erholte sich nie mehr von den Erlebnissen der Deportation. Von 1922 bis zu seinem Tod lebte er völlig in sich zurückgezogen in einer psychiatrischen Klinik, ohne sich noch musikalisch betätigen zu können. Seine letzten 18 Lebensjahre soll Komitas weder Klavier gespielt, noch Lieder gesungen oder gesprochen haben.
1936 wurden Komitas sterbliche Überreste nach Eriwan gebracht und dort im dortigen Pantheon bestattet (dort wurden ebenfalls Aram Chatchaturian und William Saroyan bestattet).
In der Völkermords-Gedenkstätte Zizernakaberd (armen. etwa „Schwalbenfestung“) in Eriwan wurde 1995 ein Museum des Völkermordes eingeweiht, in dem sich u.a. ein Konzertsaal mit 170 Plätzen befindet, der den Namen Komitas trägt..
Am 20. Juli 2005 kam es zur ersten repräsentativen Aufführung der „Neun deutschen Lieder“ für Gesang und Klavier von Komitas (auf Gedichte u.a. von Goethe, Lenau, Storm und Uhland) im Aram-Chatchaturian-Saal der Philharmonie zu Eriwan. Komitas hatte sie während seines Studiums größtenteils 1897 in Berlin komponiert (vgl. Sargsian, S. 28 f., a.a.O.). .
Am 5. September 2012 wurde die Gedenktafel für Komitas Vardapet in Berlin-Mitte, Am Kupfergraben 5, gegenüber dem Pergamon-Museum, feierlich eingeweiht (vgl. Abb. unten).
Am 6. August 2017 findet im barocken Schloß Prötzel (bei Freienwalde, im Kreis Märkisch-Oderland /Brandenburg) zum fünften Male ein Internationales Komitas-Festival statt, mit Konzerten (Komitas und J.S. Bach) und Klavier- und Gesangswettbewerb.
Das Schloß ist seit im Besitz einer armenischstämmigen Familie, das Festival wird alle 2 bis 3 Jahre durchgeführt und soll die Werke von Komitas auch in Brandenburg bekannter machen.
[1] Den Namen „Komitas“ erhielt er als er zum Mönch geweiht wurde. Komitas war ein berühmter armenischer Katholikos des 7. Jhdts., der auch Hymnen verfasste und vertonte. Als Komitas Priester wurde erhielt er den Ehrentitel Vardapet (oder Vartabet; armen. „Doktor“ oder „Gelehrter“); der Titel war aber schon seit Jahrhunderten den Priestern vorbehalten.