Abb.: „Hl. Margarete von Antiochia mit einer Gruppe heiliger Jungfrauen“, ca. 1489/1497, Werkstatt des Ulmer Meisters Bartholomäus Zeitblom; ursprünglich in der Ulmer Klosterkirche zu den Wengen, 1802 säkularisiert, im 2. Weltkrieg zerstört; heute befindet sich die Tafel in der Neithart-Kapelle im Erdgeschoss des nördlichen Chorturmes des Ulmer Münsters. In dieser Darstellung steht die Heilige auf dem Drachen, hält Kreuz und Buch.
Der weibliche Vorname „Margarete“ ist abgeleitet vom altgriechischen margarites (μαργαρίτης [1]) und bedeutet „die Perle“ [2]. Der griechische Begriff wurde sehr wahrscheinlich aus einer orientalischen Sprache entlehnt, u.U. vom Persischen „mervarîd“ ≙ Perle (und davon abgeleitet osmanisch: „mervarit“ ≙ Perle) oder vom aind. „manjarī“ ≙ „Perle, Blütenköpfchen“.
Neben dem Griechischen gibt es verwandte Wörter mit der Bedeutung „Perle“ in einer Reihe anderer Sprachen (z.B. im Georgischen und Sanskrit)
Über das gleichbedeutende lateinische "margarita" kam der Name in den deutschen Sprachraum. Im Althochdeutschen wurden für „Perle“ das Wort „merigrioz“ (8. Jhdt.) verwendet, im Mittelhochdeutschen „mergriez“ [3], aber auch bereits „margarit, margarite“ (vgl. Lexer, S. 138 & 134, a.a.O.); beide wurden zu verschiedenen Zeiten dem Lateinischen entlehnt.
Im Althochdeutschen war das Wort „Perle“ noch unbekannt, entlehnt wurde es ins Mittelhochdeutsche von ital./span./provenz. „perla“, das seinerseits unklarer Herkunft ist (vgl. Pfeifer, Bd. II, S. 1253, a.a.O.). .
Die Perle ist ein weit verbreitetes (ubiquitäres??) lunares Symbol, verbunden mit dem Wasser, mit Weiblichkeit, Reinheit und Schönheit (vgl. Chevalier, S. 741, a.a.O.). In Europa galten Perlen lange Zeit als heilsam gegen Melancholie, Epilepsie und Demenz. Auch im modernen Indien noch gilt Perlenpulver als Aphrodisiakum.
Im Christentum wird die Perle oft als Symbol für die „unbefleckte Empfängnis“ Marias (vgl. Chevalier, S. 742, a.a.O.) oder auch als Symbol Christi (vgl. Mohr, S. 236, a.a.O.).
Im Koran werden die paradiesischen Huris beschrieben als „… züchtig blickende großäugige (Mädchen), gleich einem versteckten Ei“ (Koran, 37, 47), als „… liebesvolle Altersgenossinnen“ (Koran 56, 36) „… mit schwellenden Brüsten“ (Koran, 78, 33) „… gleich verborgenen Perlen“ (Koran, 56, 22).
In einer Hadith berichtet der Prophet Muhammad, dass Gott besondere, für den Regen zuständige Diener habe. Manche der Regentropfen, die aufs Land fielen, würden zu Korn, die aufs Meer fallen, würden zu Perlen (Chevalier, S. 743, a.a.O.).
Besonders in Persien hatten Perlen eine nahezu sakralen Charakter, sie verzierten die Krone des Schahs (vgl. Chevalier, S. 744, a.a.O.). Die Perlenkette wurde vielfach als Symbol der Integration verschiedener Elemente gedeutet (vgl. Mohr, S. 236, a.a.O.).
Bereits in der Spätantike wurde „Margareta“ als weiblicher Vorname verwendet, aufgrund seiner Häufigkeit erhielt er in Frankreich und Deutschland die Nebenbedeutung „Bauerndirne“ (vgl. Pfeifer, Bd. II, S. 1062, a.a.O.).
Der Name in seinen Varianten war einer der ersten „fremden“ Heiligennamen, die im Mittelalter die einheimischen Namen zu verdrängen begannen.
Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts war Margarete samt seinen Nebenformen einer der beliebtesten und häufigsten weiblichen Vornamen im christlichen Kulturraum.
Es gibt eine Fülle von Neben, - Kose und Kurzformen sowie sprachliche Varianten des Namens:
Margret, Margrit, Margit, Marga, Grete, Grit, Greet, Margaretha, Margarethe, Margareta, Margarete, Margot, Greta, Meta, Meret, Metta, Marita, Marina, Peggy, Märget, Gretchen, Gretel, Retchen, Margitta, Margitte, Marret (Nordfriesland), Marjorie, Greetje.
Anderssprachige Formen:
französisch: Margot, Marielle
englisch: Margaret, Margaretta, Margery, Marjorie, Marjory, Peggy
spanisch: Marita, Marietta, Margarita
polnisch: Malgorzata
ungarisch: Margit, Marika, Margaréta, Margita
dänisch: Margrethe, Merete, Maretha, Marethe, Margarit, Margreta, Margrete, Margueritha, Marguerithe, Marrit, Mereta, Meretha, Merethe
färöisch: Marið
finnisch: Maritta, Marketta, Maaret, Maarit, Margareeta, Marjetta, Marketta, Markitta
galicisch: Margarida
grönländisch: Makkak
isländisch: Margrét
italienisch: Margherita
niederländisch: Margriet
sami: Mágredá, Márgrehtá, Márgreittá
irisch-schottisch-gälisch-walisisch: Marged, Mererid, Maighread, Mairead
schwedisch: Maret, Mareta, Marit, Marita, Mait, Majt
slowenisch: Marjeta
tschechisch: Markéta
Eine beliebte deutsche Kurzform für Margarete lautet Grete oder Greta. In der Nachkriegszeit wurde der Name im deutschsprachigen Raum zunehmend als unmodern empfunden und weitaus seltener als früher vergeben. In anderssprachigen Ländern, beispielsweise in Dänemark, den USA oder Polen, ist er weiterhin sehr populär.
In den christlichen Legenden gibt es Überlieferungen von mehreren Heiligen namens Margarete. Die bekannteste von ihnen ist die Hl. Margarete von Antochia (+ um 305/07) – die „Märtyrerin mit dem Wurm“.
Margaretha (Margarete, in der griechischen Kirche: Marina), „Jungfrau und Märtyrin“ in Antiochia (dem heutigen Antakya). Sie war lange Zeit eine der populärsten Heiligen, wahrscheinlich deswegen ist ihre Lebensgeschichte von einer Fülle von Legenden umrankt. Sie soll die Tochter vornehmer heidnischer Eltern gewesen sein, wurde aber von der Amme heimlich als Christin erzogen. Da sie sich später nicht vom christlichen Glauben abwenden wollte, wurde sie durch ihren Vater verstoßen und sie musste Schafe hüten.
Als der römische Stadtpräfekt Olybrius das außergewöhnlich schöne Mädchen Margarete Schafe hütend zum ersten Mal sah, soll er zu seinen Dienern gesagt haben: „Geht und holt mir die schöne Jungfrau! Ist sie von edler Geburt, so will ich sie zur Ehe nehmen, ist sie eine Magd, so soll sie meine Beischläferin sein."
Margarete aber weigerte sich, einen Heiden zum Mann zu nehmen. In der Folge wurde sie verhaftet und grausamen Folterungen unterworfen – sie wurde u.a. mit eisernen Kämmen gerissen und mit Fackeln gebrannt. Im Gefängnis erschien ihr ein riesiger Drache als Versucher; angesichts des Kreuzeszeichens aber wurde er gezähmt, Margarete entstieg unverletzt seinen Krallen (vgl. Keller, S. 395 f., a.a.O.). Da Margarete sich standhaft weiter weigerte, dem Christentum zu entsagen, wurde sie schließlich mit dem Schwert hingerichtet - zur Zeit der Diokletianischen Verfolgungen.
Margaretes Attribut ist ein Drache („Wurm"), als Symbol des Bösen, des Teufels, dessen Versuchungen sie widerstanden hatte, und den sie nun zuweilen an der Leine führt. Weitere Attribute sind Kamm, Fackel, Kreuz, Palme und Buch.
Jeanne d‘Arc gab während
ihres Prozesses Margarete als eine der Stimme an, von denen sie geleitet würde.
Margarete von Antiochia gilt als Patronin der Bauern, der jungen Mädchen, aber auch der Ehefrauen und Ammen. Angerufen wurde sie bei einer schweren Geburt wie bei Unfruchtbarkeit.
Margarete galt, wie Katharina und Barbara, eine der drei weiblichen Fürbitterinnen unter den 14 Nothelfern („Vierzehnheilige“).
Alte Spruchweisheiten lauten: „Die Gretl mit dem Wurm, die Bärbl mit dem Turm, die Kathl mit dem Radl - das sind die drei heiligen Madl." Von den „drei heiligen Madln" ist Margarete die Beschützerin des „Nährstandes“, Katharina Beschützerin des „Lehrstandes“ und Barbara Beschützerin des „Wehrstandes“.
Andere verehrte Margareten (auch Margareta, Margarita, Margret, Margaretha, Margarethe) sind …
Weitere bekannte Namensträgerinnen sind:
· Marguerite Duras (1914 - 1996), französische Schriftstellerin (« La Maladie de la mort », dtsch. von Peter Handke: „Die Krankheit Tod“), Filmregisseurin und Drehbuchautorin („Hiroshima, mon amour“)
· Greta Garbo (1905 – 1990), schwedisch-US-amerikanische Schauspielerin (1935: Anna Karenina;
1936: Die Kameliendame)
Berühmt wurde der Name u. a. auch durch Margarete – bzw. das „Gretchen“ – in Goethes „Faust“ und das Gretel im Grimms Märchen „Hänsel und Gretel“, deswegen galt er zuweilen als sehr deutscher Frauenname.
Gretel oder Gretchen lautet oft auch der Name der weiblichen Hauptfigur im traditionellen Kasper-Theater.
In Paul Celans 1944/45 entstandenes Gedicht „Todesfuge“ wird die blonde, „deutsche“ Margarete der nach dem Völkermord aschenhaarigen Jüdin Sulamith gegenübergestellt, der biblischen Braut des „Hohen Liedes“:
„… dein goldenes Haar Margarete
dein aschenes Haar Sulamith“
Die Pflanzengattung Leucanthemum aus der Familie der Korbblütler (u.a. Maßliebchen, Gänseblume) heißt umgangssprachlich auf Deutsch Margerite und leitet sich über französisch "marguerite" ebenfalls vom altgriechischen „margarîtes“ für ‚Perle‘ ab. Schon im 16. Jhdt. wurde der Name ins Deutsche entlehnt, „Margeritenblum“ (vgl. Pfeifer, B. II. S. 1062, a.a.O.).
Zudem ist "Margarita" ist ein Cocktail auf der Basis von Tequila.
Alte Bauernregeln zum Margaretentag lauten:
„Margarete Regen und kein Sonnenschein,
kommt selten das Heu trocken rein“
„Bringt Margareta Regen statt Sonnenschein,
kommt die Ernte schlecht herein“
„Wenn es an Margaretha regnet,
kommt das Heu schlecht rein“
"Margarete bringt den Flachs auf die Beete."
(Der Gedenktag Margarete von Antiochias ist kathol. der 13. Juli, evang. und anglik. der 20. Juli, orthod. der 17. Juli , der Tag, an dem früher die Bauern mit der Ernte begannen, unveränderlich, nach dem Gregorianischen Kalender)
[1] Von der griechischen Nebenform „márgaron“ (μαργαρον) ≙ „Perle“ wurde auch der Begriff „Margarine“ abgeleitet (vgl. Pfeifer, Bd. II, S. 1062, a.a.O.).
[2] Nicht sehr überraschend ist, dass weltweit eine Fülle weiblicher Vornamen von dem jeweiligen Begriff für „Perle“ abgeleitet sind. Im Türkischen gibt es den Begriff „Inci“ ≙ Perle als beliebten weiblichen Vornamen (vgl. Çalik, S. 126, a.a.O.). Auf Hindi bedeutet der Vorname „Bindu“ ≙ Perle, im Arabischen die Namen „Farida“ (trk. „Feride“, (vgl. Çalik, S. 94, a.a.O.), „Lulu“ und „Jumana“; der Name „Sadaf“ bedeutet auf Arabisch „Perlmett“, „Dar“ auf Hebräisch „Perlmutt“. Der Vorname „Mariel“ hat im Hebräischen die Bedeutungen „Meeresperle, die Beliebte, Schöne, Bittere, von Gott Geliebte“. Der Vorname „Tamina“ bedeutet in Afghanistan „Perle in der Muschel“. Im südslawischen Sprachbereich rührt der Name „Bisera“, von „biser“ ≙ Perle her. Im Chinesischen bedeutet der weibliche Vorname „zhēnzhū“, im Sino-Vietnamesischen „Chau“ ≙ Perle / Edelstein, im Japanischen „Shinju“ ≙ Perle. Im Finnischen bedeutet der weibliche Vorname „Helmi“ ≙ „Perle“, im Ungarischen wird der Name„Gyöngyi“ von „Gyöngy“ ≙ „Perle“ abgeleitet.
[3] Volksetymologisch wurde der Begriff als „Meergrieß“ gedeutet (vgl. Pfeifer, Bd. II, S. 1062, a.a.O.).