„Mariä Empfängnis“ ; Österreich, 18. Jhdt., eine Abb. die auch als Amulett gegen das „Beschreien" von Kindern (gegen den „Bösen Blick“ oder Dämonenzauber) verwendet wurde
8. Dezember: Mariä Empfängnis / „Hochfest Mariä Erwählung“; Feiertag u.a. in Italien, Österreich, Portugal, der Schweiz (teilweise) und Spanien.
Das Fest bezieht sich auf die Empfängnis Marias im „Schoße“ ihrer Mutter, neun Monate später wird dann das Geburtsfest Marias gefeiert (am 12. September, in der östlichen Kirche am 8. September). Die unbefleckte Empfängnis meint nicht etwa die Empfängnis Jesu in seiner (angeblich) jungfräulichen Mutter, sondern auf Maria selbst. Die Eltern Marias, Joachim und Anna (Namenstag 26. Juli), sollen wohlhabend, angesehen und fromm gewesen sein, - zu ihrem Glück fehlte jedoch die Elternschaft. Da jedoch Kindersegen auch bei den damaligen Juden als sichtbare Folge von Frömmigkeit und göttlicher Huld angesehen wurde, begannen viele Nachbarn an der Frömmigkeit von Joachim und Anna zu zweifeln. Die Legende erzählt, dass Joachim wegen seiner scheinbaren Sündhaftigkeit sogar bei einem Opfer des Tempels verweisen worden sein soll. Obwohl Joachim und Anna jahrzehntelang kinderlos geblieben waren und nun hochbetagt waren, wurde Anna nun doch schwanger, - durch göttlichen Eingriff. Neun Monate später wurde Maria geboren.
Die Verehrung Marias begann vor allem im orientalischen Christentum recht früh. Wahrscheinlich war allein schon der Bedarf an einer weiblichen Identifikationsfigur groß. Schon Gregor von Nazianz (330 – 390) erwähnt eine Anrufung Marias (vgl. Bieritz, S. 233, a.a.O.).
Im 5. Jhdt. begann ein theologischer Streit um die Bedeutung und Benennung Mariä. Der (kurzzeitige) Patriarch von Konstantinopel, Nestorios (+ 450) [1] , lehnte die Bezeichnung „Gottesmutter“ [2] (oder „Gottesgebärerin“) als lächerlich und unschicklich ab, er sah Maria als „Mutter Christi“ oder „Christusgebärerin“ (vgl. Corvin, S. 93, a.a.O.). Der Patriarch Cyrill von Alexandria warf Nestorios vor, er mache die beiden Naturen Christi zu zwei Personen.
Auf dem 3. Konzil von Ephesus (in der heutigen Türkei: Efes) im Jahre 430/31 wurde jedoch die Lehre von der Gottesmutterschaft Marias verkündet, Nestorios wurde abgesetzt, verdammt und verbannt.
Seit dem 7. Jhdt. wird das Fest bei den orientalischen Christen als „Fest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria“ gefeiert. 1166 bereits galt der Tag im Byzantinischen Reich als bürgerlicher Feiertag, mit Arbeitsruhe (vgl. Melchers, S. 792, a.a.O.).
Jahrhundertelang gab es im abendländischen Christentum einen Streit um die „befleckte“ oder „unbefleckte“ Empfängnis der Jungfrau Maria. Dabei ging es weniger um die Frage, ob Maria Jesus ohne Verlust ihrer physischen Jungfrauschaft empfangen habe, - darüber war man sich weitgehend einig.
Vielmehr war der Streitpunkt die Frage, ob Maria von ihrer Mutter Anna mit Erbsünde empfangen worden sei (wie es die Dominikaner lehrten) oder ohne Erbsünde (wie es die Franziskaner predigten).
Im Jahre 1476 erhielt das Fest unter Papst Sixtus IV. auch in der abendländischen Kirche offiziellen Rang. Unter Clemens IX. wurde es 1708 für die ganze (katholische) Kirche verordnet.
Vor allem seit der feierlichen Verkündung des Dogmas von der unbefleckten Empfängnis Marias durch Papst Pius IX. (Pont. 1846 – 78) – umgeben von 200 Bischöfen - am 8. Dezember 1854 stieg die Bedeutung des Festes für katholische Christen an. In der Bulle „Ineffabilis Deus“ des Papstes hieß es, „... dass Maria durch ein einzigartiges Gnadenprivileg des allmächtigen Gottes ... von jedem Makel der Erbsünde bewahrt worden ist“ (zit. n. Bieritz, S. 186, a.a.O.).
Im dem (katholischen) Tagesgebet heißt es: „Großer und heiliger Gott, im Hinblick auf den Erlösertod Christi hast Du die selige Jungfrau Maria schon im ersten Augenblick ihres Daseins vor jeder Sünde bewahrt...“.
Im Jahre 1950 erfolgte der – bislang – letzte dogmatische Schritt, die Verkündigung der Lehre von der leiblichen Aufnahme Marias in den Himmel.
Von großer wirkungsgeschichtlicher Bedeutung für die Vorstellung „unbefleckte Empfängnis“ ist das um 150 entstandene, griechisch – sprachige (apokryphe) Protevangelium [3] des Jakobus. In ihm sind bereits alle wesentlichen Elemente der Marienlegenden (ihre Eltern Anna und Joachim, die wundersame Geburt, ihr Heranwachsen im Tempel, ihre immerwährende Jungfrauenschaft) enthalten. In diesem Evangelium wird die fortdauernde Jungfrauenschaft Marias auch nach der Geburt Jesu sogar durch zwei Hebammen festgestellt. Es heißt dort: „Und Salome (die 2. Hebamme, C.M.) untersuchte unter Anlegen ihres Fingers ihren (Marias) Zustand“ (zit. n. Weidinger, S. 433, a.a.O.).
„Das Protoevangelium des Jakobus genoss im Osten schon immer hohes Ansehen; im Westen wurde es zwar verurteilt und nie als kanonisch angesehen, trotzdem hatte es große Bedeutung für die dogmengeschichtliche Entwicklung des Katholizismus“ (vgl. Weidinger, S. 428, a.a.O.).
Kurt Koch, der katholische Dogmatiker und Liturgiewissenschaftler, sieht heute den Mittelpunkt des Festes allerdings in der „Vorbereitung auf Weihnachten“ (Koch, 1992, S. 46, a.a.O.): auch die Empfängnis Marias in ihrer Mutter Anna ist eine Vorbereitung auf die Geburt Jesu. „Gleichsam schon bei der Konzeption wollte Gott sein Konzept des erwählten adventlichen Menschen an Maria verwirklicht sehen.... (So) hat Gott sie von allem Anfang ihres Lebens an aus dem von der Erbsünde stigmatisierten Unheilszusammmenhang des Menschengeschlechtes herausgelöst“ (Koch 1992, S. 48, a.a.O.).
In Mk 3, 31 und Mk 6, 3 ist von „Brüdern Jesu“ die Rede, u.a von Jakobus und Judas, den späteren Aposteln. Die katholische Dogmatik lehrt jedoch bis heute die bleibende Jungfrauenschaft Marias, sie erklärt die „Brüder Jesu“ als Vettern oder Stiefsöhne Marias.
In der Tradition der ägyptischen Kopten vollzog sich die Empfängnis Marias auf wunderbare Weise durch die Ohren Marias. So sei sie vor, während und auch nach der Geburt Jesu Jungfrau geblieben. Schon die ägyptischen Kirchenväter Klemens von Alexandria, Athanasius und Didymus der Blinde bezeichneten Maria als "Gottesmutter" und "immerwährende Jungfrau". Scharf wiesen sie die Auffassung zurück, Maria sei durch die Geburt Jesu zur Frau geworden.
In der koptischen Kunst finden sich eine Reihe von Darstellungen der Verkündigung, bei der der Engel Gabriel oder die Jungfrau Maria selbst mit dem Finger auf ihr Ohr weist, als symbolische Darstellung der Ohrenempfängnis Mariens (vgl. Meinardus, S. 40 / 41, a.a.O.).
Seit dem 7. Jhdt. wird das Fest bei den orientalischen Christen als „Fest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria" gefeiert. Vor allem seit der Verkündung des Dogmas von der unbefleckten Empfängnis Marias durch Papst Pius IX. im Jahre 1854 stieg die Bedeutung des Festes für katholische Christen an. Im Tagesgebet heißt es: „Großer und heiliger Gott, im Hinblick auf den Erlösertod Christi hast Du die selige Jungfrau Maria schon im ersten Augenblick ihres Daseins vor jeder Sünde bewahrt...".
In der christlichen Kunst symbolisiert Maria als Himmelkönigin auf einer Mondsichel sitzend die unbefleckte Empfängnis (Conceptio immaculata), z.B. bei Ribera und Murillo.
Domenico Ghirlandaio malte nach 1486 in der Kapelle Tornabuoni der Kirche Santa Maria Novella zu Florenz „Legenden aus dem Marienleben“, u.a. stellt eine Szene die Vertreibung Joachims aus dem Tempel dar (vgl. Micheletti, S. 38 f., a.a.O.).
Der Legende nach sollen, während Maria das Jesuskind stillte, einige Tropfen ihrer Muttermilch auf die Blätter einer Diestel gefallen sein. Seither hätten die Blätter dieser Diestel weiße Flecken und die Pflanze trägt den Namen Mariendiestel (bot. Silybum marianum, aus der Familie der Korbblütler; auch Frauendiestel, Heilandsdiestel, Milchdiestel, Christi Krone, Donnerdiestel; vgl. auch in „alverde“, Heft August 2014, S. 43).
Die unter Naturschutz stehende Mariendiestel ist eine Heilpflanze und wird als solche auch in Deutschland angebaut. Ihr Wirkstoff Silymarin (in der Schale der Frucht) soll eine wohltuende Wirkung bei Völlegefühl und Verdauungsbeschwerden haben. Die Mariendistel (vgl. Abb. unten) gilt als das wirksamste natürliche Leberheilmittel.
In der islamischen Tradition ist Maria (Meryem) die bedeutendste aller Frauen, sie wird insgesamt 34 Mal in 7 Suren erwähnt (der 3. , 4., 5., 19., 21., 23., und 66. Sure [4]), die 19. Sure ist „Maria“ betitelt. Maria ist die einzige Frau die überhaupt namentlich im Koran erscheint.
Geschildert wird Maria im Koran als eine gläbige, standhafte, keineswegs passiv-fatalistische Frau mitten im Leben (vgl. Karimi, a.a.O.). Sie entstammte der Familie Davids und Salomos und wurde in Jerusalem geboren. Ihr Vater war Imran [5], ihre Mutter hieß Hanne (oder „Imrans Weib“). Schon die Geburt Marias ist von Legenden umrankt: ihre Mutter habe sie noch während der Schwangerschaft Gott geweiht.
Nach muslimischer Vorstellung wurde Maria bereits in ihrer Kindheit in die Al – Aksa –Moschee (.e. der Tempel in Jerusalem) geschickt, zur Ausbildung und Erziehung u.a. durch Zacharias (Hz. Zekeriya oder Zakariya [6]). Maria galt als rein, unschuldig und sehr fromm, sie verbrachte ihre Tage im Gebet und durch Gott ernährt und am Leben erhalten. Nach Gottes Ratschluss sollte Maria als Jungfrau einen Sohn gebären, so wie Adam ohne Vater und Mutter geschaffen wurde. Gott sandte Gabriel (Cebrail) zu ihr, um ihr anzukündigen, dass sie schwanger werden und einen Sohn gebären würde. Maria merkte daraufhin an, dass sie keinen Mann habe/kenne und ihre Ehre bewahrt habe. Gabriel aber wies darauf hin, dass Gott nur „Sei“ sagen müsse und so würde es geschehen: Maria... „sprach:’Mein Herr, woher soll mir ein Sohn werden, wo mich kein Mann berührte?’ Er sprach:’Also schafft Allah, was er will; wenn er ein Ding beschlossen hat, spricht er nur zu ihm:’Sei!’ und es ist’“ (3. Sure, 42, ähnlich 19. Sure, 20 ).
So wurde Maria ohne Beteiligung eines Mannes schwanger und gebar Jesus an einem „stillen Ort“ unter einer Dattelpalme. Viele Juden aber glaubten das nicht und verleumdeten sie, sie habe mit einem anderen Mann geschlafen. Darauf soll das Jesus – Kind geantwortet haben, seine Mutter sei eine ehrsame Frau und er selbst ein Knecht Gottes (arab. „abdullah“).
Als ihr Vater Zacharias sie später besuchte, soll er der Legende nach oft bei Maria Nahrung vorgefunden haben, von der diese meinte, sie käme von Gott.
In dem angeblichen Haus Marias (Meryem ana evi) bei Efes (Ephesus) soll Maria ihre letzten Lebensjahr verbracht haben.
Tatsächlich aber wurde das Haus erst im 19. Jahrhundert (durch ein Wunder) aufgefunden. Die katholische „Visionärin“ (ð) Anna Katharina Emmerick sah das Gebäude in einer Vision, daraufhin wurde er gesucht und aufgefunden.
Die Fundamente des Gelübdes sind vielleicht aus dem 1. Jhdt., der sonstige Baukörper aus dem 6./7. Jhdt.. Seit dem 19. Jhdt. finden dort am 15. August Feiern statt.
Das Meryem ana evi wurde 1967 durch Papst Paul VI., 1979 durch Johannes Paul II. besucht.
(unveränderlich, nach dem Gregorianischen Kalender; die armenisch-apostolische Kirche feiert den Tag jeweils am 9. Dezember)
© Christian Meyer
[1] Nach der Lehre des Nestorios habe das Göttliche und das Menschliche in Jesus auch nach der Vereinigung zu einer Person sein jeweils eigenständiges Wesen bewahrt. Deshalb sei Maria auch nicht die Gottesgebärerin. Die Anhänger Nestorios konstituierten sich außerhalb der Reichsgrenzen als Nestorianische Kirche, von denen sich bis heute die indischen „Thomaschristen“ sowie die chaldäischen und assyrischen Christen erhalten blieben, von denen es auch eine Gemeinde in Berlin gibt.
[2] Noch im „Domostroi“, dem altrussischen Hausbuch, wird als unabdingbarer Bestandteil des gottgefälligen rechten christlichen Glaubens gefordert: „Die Mutter, die ihn (Jesus Christus, C.M.) gebar, heiße Gottesmutter“ (Domostroi, S. 14, a.a.O.).
[3] Der Begriff „Protevangelium“ (gr. „erstes Evangelium“) wird in der christlichen Theologie benutzt, 1. für die alttestamentarische Aussage in 1. Mose 3, 15, die seit den Kirchenvätern als Verheißung des Sieges Jesu über den Teufel interpretiert wird, sowie 2. für das angeblich auf Jakobus zurückgehende Evangelium.
[4] Jesus (Isa) wird sogar an 13 Stellen des Korans erwähnt, in der 2., 3., 4., 5., 6., 9., 19., 21., 23., 33., 42., 57. und 61. Sure.
(Abb aus „alverde“, Heft August 2014, S. 43).
Abb.: Maria Kalligraphie (aus: „Publik-Forum“, Nr. 5/2022, S. 37)
Die Verse lauten in der Übersetzung von Max Henning, "sie" ist Maria, "er" der Engel Gabriel.
„Sie sprach: ‚Woher soll mir ein Knabe werden, wo mich kein Mann berührt hat und ich keine Dirne bin?‘
Er sprach: ‚Also sei’s! Gesprochen hat dein Herr: Das ist mir ein Leichtes; und wir wollen ihn zu einem Zeichen für die Menschen machen und einer Barmherzigkeit von uns. Und es ist eine beschlossene Sache‘.
Und so empfing sie ihn und zog sich mit ihm an einen entlegenen Ort zurück.
Und es überkamen sie die Wehen an dem Stamm einer Palme. Sie sprach: ‚O, dass ich doch zuvor gestorben und vergessen und verschollen wäre!‘
Und es rief jemand unter ihr: ‚Bekümmere dich nicht; dein Herr hat unter dir ein Bächlein fließen lassen;
Und schüttele nur den Stamm des Palmbaums zu dir, so werden frische reife Datteln auf dich fallen‘“ (Koran 19, 20-25, S. 288, a.a.O.).
Der Koran lässt offen, wessen Stimme Maria „von unten“ hört, entweder die Stimme des Engels Gabriel oder aber der neugeborene Jesus selbst (vgl. Karimi, S, 36, a.a.O.).