Abb.: Asiya (dargestellt mit langen schwarzen Locken), nach islamischer Überlieferung die Frau des Pharao, und ihre Diener finden nach dem Baden das Baby Moses im Nil. Ihre Kleider hängen in den Bäumen, während die Wellen und Kämme des Flusses im chinesischen Stil gehalten sind. Illustration aus dem persischen Jami' al-tawarikh (Abb. aus https://gaz.wiki/wiki/de/Musa_(prophet)
Abb. oben: Heute ist die die Quelle Ain Musa eingefasst und von einem kleinen Kuppelbau umgeben (Abb. aus: www.tripadvisor.com.au/LocationPhotoDirectLink-g318895-d2079828-i115571283-Mosesquelle-Petra_Wadi_Musa_Ma_an_Governorate.html)
Abb. oben: Jacopo Robusti Tintoretto (1518 – 1594) : „Moses Wasserwunder aus dem Felsen“, 1575; Deckengemälde in der Sala Superiore der Scuola Grande di San Rocco/Venedig
4. September: Mose – Gedenktag (auch: Moses [1]; hebr.: מֹשֶׁה – Mosche; gr. Μωσῆς Mō(y)sēs;
ar. مُوسَى Mūsā; ital. Mosé; span. & port. Moisés; franz. Moïse;
russ. Моисей; poln. Mojżesz; tschech. Mojžíš; ungar. Mózes; alban. Mojžíš; türk: Musa;
armen. Մովսէս – Mowses; georg. მოსე - Mose; geez: ሙሴ - Mosé; vgl. Name Mose, Nebi Musa
und Botticelli )
„Und es ging hin ein Mann vom Hause Levi und nahm eine Tochter
Levi.
Und das Weib ward schwanger und gebar einen Sohn. Und da sie sah, dass es ein
feines Kind war, verbarg sie ihn drei Monate. Und da sie ihn nicht länger verbergen konnte, machte sie ein Kästlein von Rohr und verklebte es mit Erdharz und Pech und legte
das Kind darein und legte ihn in das Schilf am Ufer des Wassers. Aber seine
Schwester stand von ferne, daß sie erfahren wollte, wie es ihm gehen würde. Und die Tochter des Pharaos ging hernieder und wollte baden im Wasser;
und ihre Jungfrauen gingen am Rande des Wassers. Und als sie das Kästlein im Schilf sah, sandte sie ihre Magd hin und ließ es holen. Und da sie es auftat, sah sie das Kind; und siehe, das
Knäblein weinte. Da jammerte es sie, und sprach: Es ist der hebräischen Kindlein eins. Da sprach seine Schwester zu der Tochter Pharaos: Soll ich hingehen und der
hebräischen Weiber eine rufen, die da säugt, dass sie dir das Kindlein säuge? Die Tochter Pharaos sprach zu ihr: Gehe hin. Die Jungfrau ging hin und rief die Mutter des Kindes. Da sprach die Tochter Pharaos zu
ihr: Nimm hin das Kindlein und säuge mir‘s; ich will dir lohnen. Das Weib nahm das Kind und säugte es. Und als das Kind groß war, brachte sie es der Tochter Pharaos,
und es ward ihr Sohn [4], und sie hieß ihn Mose; denn sie sprach: Ich habe ihn aus dem Wasser gezogen“ (2. Mos 2,
1-10).
So soll Mose an dem Hofe des Pharao als ägyptischer Prinz erzogen.
Das Leben und die Taten des Mose sind charakterisiert von einer großen Zahl von Wundern, die in der christlichen Malerei vielfach thematisiert wurden.
Wadi Musa – das Tal des Mose – ist eine Ortschaft und ein Tal im südlichen Jordanien, der nächste Ort bei Petra.
Der traditionellen Überlieferung nach soll Mose dort (am biblischen Kades/Kadesch [3]) mit seinem Stab wunderbarerweise aus dem Felsen eine Quelle – Ain Musa - hervorsprudeln lassen (vgl. 4. Mose
20). Auch im Koran wird das Wasserwunder erwähnt. Dort heißt es: „Und als Moses Wasser für sein Volk verlangte, sprachen wir: ‚Schlag mit deinem Stab den Felsen‘. Und es entsprangen ihm zwölf
Quellen, so daß alles Volk seine Tränke kannte“ (Koran, 2, 57, S. 31, a.a.O.; nach anderer Zählung Abdullah Yusuf Ali 2, 60, S. 31/31,
a.a.O.).
In nabatäischer Zeit wurde Wasser der Quelle nach Petra geleitet-
(unveränderlich, nach dem Gregorianischen Kalender)
© Christian Meyer
[1] Die Namensform „Moses“ entstand durch eine dem Namen Mose angehängte griechisch-lateinische Nominativendung „s“. Seit der Bibelübersetzung Luthers bestand im Deutschen eine konfessionelle Namensspaltung: katholisch Moses, evangelisch Mose; heute gilt allgemein Mose. „Moses“ wird im Englischen bis heute verwendet.
[2] Auf dem Berge Nebo befinden sich umfangreiche Ruinen byzantinischer Klöster und Kirchen.
[3] In Kadesch starb der Bibel nach Miriam, die Schwester des Mose, und wurde daselbst auch begraben.
[4] In der
islamischen Tradition war die hochverehrte Ziehmutter Moses die Frau der Pharao und hieß Asiye.
Abb.: „Moses“ von Michelangelo Buonarroti, 1513/15 in Rom entstanden, aus weißen Carrara-Marmor gehauen, zählt zu den bekanntesten seiner Werke und den berühmtesten Statuen der Hochrenaissance. Sie befindet sich heute in der Kirche San Pietro in Vincoli (= St. Peter in den Ketten) in Rom, sie nimmt im Grabmal Papst Julius II. (della Rovere; Pont.: 1503 -13) eine zentrale Position ein (Abb. aus Knackfuß 1912, S.75, a.a.O.).
Die Statue Michelangelos zeigt Moses wohl in dem Augenblick, als er vom Berge Horeb kommend die Israeliten beim Tanz um das goldene Kalb findet. Romain Rolland (1866 - 1944) sah in der Skulptur eine „herrliche Vollkommenheit“ und setzte an zu einem wahren Lobgesang: „Eine übernatürliche und wilde Vision. Christlich? Heidnisch? Man weiß es nicht. Halb Tier, halb Gott ist er. Zwei Hörner durchbrechen seinen engen Schädel. Von seinem Gesicht strömt ein Bart nieder und fällt bis in seinen Schoß wie ein schmarotzendes Gewebe, das einen großen Baum überwuchert. Er erscheint ruhig; aber in seinen furchtbaren Kinnladen, in den zusammengepressten Zähnen und der vorragenden Unterlippe liegt zerstörender und malmender Zorn, wie in den ersten Akkorden des Vorspiels zum „Coriolan“. Eine mörderische und unerbittliche Gewalt. Ein Tumult der Wut und der Verachtung dröhnt durch das Schweigen dieses stolzen Wesens mit dem riesenhaften Leib, den gedunsenen Armen, mit den schönen und kräftigen Händen, weniger brutal als jene der übrigen Helden Michelangelos; das linke Bein ist zurückgebogen; er ist bereit aufzustehen, bereit zum Schlag. Die Tracht ist barbarisch. Kein Werk Michelangelos ist so ausgereift. Man fühlt dass er mehr als 30 Jahre mit ihm gelebt hat, ohne sich entschließen zu können, sich von ihm zu trennen. Er hat sich in ihm beschaut wie in einem herrlichen Spiegel, der ihm das vergöttlichten Bild seiner eigenen Seele widerstrahlte. Denn der „Moses“ ist nicht nur vollkommenster künstlerischer Ausdruck: der Genius Michelangelos hat in ihm auch seinen höchsten sittlichen Ausdruck gefunden. Nie wieder hat er so wie hier das herrliche Gleichgewicht einer stürmischen Seele, die von einem eisernen Willen beherrscht wird, auszudrücken vermocht. In seinen anderen Werken ist die Leidenschaft entfesselt, der Mensch ihr ausgeliefert: hier aber sind die wilden Elemente verhalten, bereit, durchzubrechen. Moses ist eine Sturmwolke, erfüllt von Blitzen“ (Rolland, S. 124/125, a.a.O.). .
Auffällig sind die beiden Hörner, die Michelangelo seinem Mose „aufsetzte“. Diese Darstellungsform ging zurück auf die Bibel (2 Mose 34, 29,30, 35), genauer auf einen Übersetzungsfehler.
Als Mose nach 40 Tagen und 40 Nächten mit den steinernen Gesetzestafeln vom Berge Sinai zurückkam, war sein Gesicht – durch den Anblick Gottes – verändert, es leuchtete, glänzte überirdisch. Das in der hebräischen Bibel benutzte Wort lautete „qāran“ קָרַן (strahlend), von der nicht-vokalisierten Wortwurzel „krn“ = „leuchten, strahlen“, bedeutete aber gleichzeitig auch „wachsen, von Hörnern“ (vgl. Dimont, S. 37. a.a.O.)
Als der Kirchenvater und Hl. Hieronymus (ca. 347- 420) das Alte Testament ins Lateinische übersetzte, benutzte er dabei griechische und – nach eigener Aussage – hebräische Quellen. Seine Übersetzung, die Vulgata (lat. = „volkstümlich“), blieb lange maßgeblich, der Todestag des Hieronymus, der 30. September, ist zugleich der Internationale Tag der Übersetzer.
Durch die oben angesprochene Wortähnlichkeit interpretierte Hieronymus die hebräische Wurzel „qrn“ im Sinne von »gehörnt sein« und übersetzte statt „facies coronata“ „facies cornuta“, gehörntes statt strahlendes/gekröntes Gesicht.
Bereits in der ca. 2 Jahrhunderte vor Hieronymus entstandenen, nur teilweise erhaltenen griechischen Übersetzung des Pentateuch durch Aquila [1] war Moses mit Hörnern zu finden. Weil Hieronymus diese Übersetzung nachweislich kannte, handle es sich vielleicht nicht um einen Übersetzungsfehler, sondern er übernahm den Fehler von Aquila, dessen Übersetzung ins Griechische Hieronymus sehr schätzte.
In Ps 69, 32 heißt es: „Das wird dem Herrn besser gefallen denn ein Farre (ein junger Stier, C.M.), der Hörner und Klauen hat“. Hier kommt die gleiche Wortwurzel im Sinn von »Hörner haben« vor, und „qæræn“ wurde wirklich mit »Horn« übersetzt[2].
Der Fehler wurde förmlich erst auf dem Konzil zu Trient korrigiert (vgl. Heinz-Mohr, S. 139, a.a.O.). Der Übersetzungsfehler führte zu Fehldarstellungen des Mose, deren berühmteste sicher die des Michelangelo ist. Es entstand die sonderbare Darstellung, dass aus dem Haupte Moses zwei (feurige) Strahlenbündel gleich Hörnern hervorbrachen.
[1] Aquila von Sinope war ein jüdischer Gelehrter aus dem 1./2. Jahrhundert n. Chr., der zum Judentum konvertiert war (Proselyt) und vielleicht ein Schüler von Rabbi Akiba.
[2] Auch im modernen Hebräisch bedeutet „keren“ gleichzeitig Strahl und Horn, auch das Instrument wird so bezeichnet.