Sprachen / Ethnien in Nigeria (Karte aus https://de.wikipedia.org/wiki/Ijaw

 

Karte: Südost-Nigeria  (Karten-Ausschnitt aus Gresh, S. 181, a.a.O.)

 

Legende: Rot gestrichelte Linie: gefährliches oder unzugängliches Gebiet

                  Schwarz gestrichelte Linie: Eisenbahn

  Rote Doppellinie: Überlandstraßen

                  Hellblau: Erdöl oder Erdgasvorkommen

                  Gelb: Regenwald

                  Hellgelb: Baumsavanne

  Roter Punkt: Gewaltsame politische oder ethnische Auseinandersetzungen

 

                  Lila Punkt: Größere Bevölkerungsbewegungen

 

4. Januar: Ogoni - Tag in Nigeria

 

Protesttag der Volksgruppe der Ogoni im Südwesten Nigerias, im Niger-Delta, gegen die Unterdrückung und Ausbeutung sowie gegen die Zerstörung ihres Landes durch den ökologischen Raubbau v.a. durch den Shell – Konzern. Das Datum wurde in Erinnerung an den 4. Januar 1993 gewählt, dem Tag, an dem sich bis zu 300 000 Ogoni in Massenprotesten gegen die Ölpolitik von Shell und der nigerianischen Bundesregierung wandten.

Seit 1956 wird in Nigeria Erdöl gefördert ganz überwiegend im Niger-Delta, einem ökologisch bedeutsamen irdischen Feuchtgebiet.

Shell, der  britisch-niederländische Konzern, ist nicht nur  am längsten im Niger-Delta tätig, sondern hat auch den höchsten Förderanteil der in Nigeria aktiven Ölfirmen. Die Erdölindustrie ist die wichtigste Devisenquelle des nigerianischen Staates,

 

Mit ca. 186 Mio. Einwohnern (Schätzung von 2017) ist Nigeria das bevölkerungsreichste Land Afrikas. In Nigeria leben 250 ethnischen Gruppen, von denen die drei größten die Hausa (im Norden), die Igbo (veralt. Ibo, im Südosten) und Yoruba (im Südwesten) sind; die ethnischen Gruppen sprechen über 250 verschiedene Sprachen mit einer Vielzahl von regionalen Dialekten. Die nigerianische Amtssprache ist Englisch . 

 

Zur Geographie des Deltas 

 

An der Mündung des Nigers verzweigt er sich in viele kleinere und größere Mündungsflüsse, so dem Brass oder dem Bonny. Durchschnittlich fließen durch sie pro Sekunde ca. 30.000 m³ Wasser in den Atlantik, in die Bucht von Biafra.

Die Küste im Golf von Guinea wie im Golf von Biafra ist gekennzeichnet durch starke Küstenströmungen und eine Ausgleichsküste mit vielen Nehrungen. So hat die Deltaküste nur wenige größere Küstenausbuchtungen, sie ist in etwa geformt wie ein Drittelkreis.

Die größten afrikanischen Mangrovenwälder mit einer Fläche von ca. 11.100 km² befinden sich im Niger-Delta, entlang der Küstensaums und bis zu 300 km weit ins Hinterland (vgl. Neef, S. 346, a.a.O.).

 

Auch in Teilen des Delta-Hinterlandes wurde im Regenwald-Bereich der Boden ohne Düngung landwirtschaftlich genutzt, so dass dort regional ein „niedriger, artenarmer Sekundärwald oder Hochgrasflur“ entstanden ist (Neef, S. 244, a.a.O.).   

 

Die einst florierende Agrarwirtschaft und Fischerei im Niger-Delta wurde durch die unangemessene und vernachlässigte Ölförderung und –transport v.a. seit den 70er Jahren weitgehend zerstört.

Die lokalen Gemeinschaften - die Ogoni sind eine der zwölf größeren ethnischen Gruppen im Niger-Delta - wurden durch die katastrophale Umweltvergiftung ihrer Lebensgrundlage beraubt.

 

 

Nach Berechnungen des Jahres 2010 durchkreuzen mehr als 7000 km  zum Teil völlig veraltete Öl-Rohrleitungen das Niger-Delta. Durch eine Unzahl von Lecks und häufige Öldiebstähle läuft nahezu immer Öl aus und vergiftet Land und Wasser.

 

Der nigerianische Literaturnobelpreisträger des Jahres 1986  Wole Soyinka ( * 1934) hielt  im Jahre 2006 das Niger-Delta für eine „Region mit einer tickenden ökologischen Zeitbombe….Man brauchte nur mit einem kleinen Flugzeug über diese Region Nigerias zu fliegen, am besten nachts mit einem Passagierjet, um zu beobachten, wie die brennenden Gasfackeln der Ölquellen die Dunkelheit am Boden durchschossen, wie Gasflammen das ganze Land beleckten. Und dann wusste man, dass die Landschaft unausweichlich mit Narben versehen, die Luft verpestet und sowohl Fauna wie Flora für immer und ewig vernichtet wurden. Konnte irgendein Lebewesen mit Flügeln eine derart vergiftete Atmosphäre überleben oder waren sie alle einfach – tot – aus dem Himmel gefallen?“ (Soyinka, S. 343, a.a.O.).   

 

 

Internationale Aufmerksamkeit erhielt der Konflikt u.a. durch die Proteste des Schriftstellers, Menschenrechtlers und Trägers des alternativen Nobelpreises Ken Saro-Wiwas (1941-1995) gründete gemeinsam mit Freunden das „Movement for the Survival of the Ogoni People“ (MOSAP). Es organisierte friedlichen Widerstand gegen die Zerstörung des Niger-Deltas durch die internationalen Ölkonzerne, durch die die Ogoni ihre Lebensgrundlage zu verlieren drohten (vgl. ND, 22. Januar 2020, S. 7).

Im Mai 1994 wurden vier Ogoni-Chiefs ermordet, der verhaftete Saro-Wiwas wurde wegen Anstiftung zum Mord vor einem Militärtribunal  angeklagt. Saro-Wiwas Verhaftung, das Todesurteil gegen ihn sowie acht seiner Mitstreiter - bekannt als die „Ogoni Nine“ – schließlich ihre Hinrichtung am Galgen in Port Harcourt  am 10. November 1995 führten zu einer breiten Protestbewegung.

Nelson Mandela z.B. verurteilte die Hinrichtungen als Justizmord und forderte scharfe Sanktionen und ein Handelsembargo gegen Nigeria. In  einem Telefonat forderte Mandela den damaligen britische Premierminister John Major zu einem Handelsembargo auf. Major aber vergoss „lediglich Krokodilstränen“. Wahrheitswidrig behauptete er Mandela gegenüber, seine Regierung erwäge des Justizmordes wegen Wirtschaftssanktionen gegen Nigeria. Neuerdings veröffentlichte britische Dokumente belegen aber Majors Lüge. Das britische Außenministerium hatte zuvor schon geurteilt, Wirtschaftssanktionen sollten „… bis auf weiteres zurückgehalten“ werden, da sie „Großbritannien aufgrund unserer engen Verbindungen  mit Nigeria unverhältnismäßig belasten würden.“ Major hatte sich dieser Auffassung angeschlossen, „… gaukelte aber Mandela das Gegenteil vor“ (zit. n. ND, 22. Januar 2020, S. 7).

 

Am 15. 11. 1995 verabschiedeten die Botschafter der EU in Brüssel eine Empfehlung an den Ministerrat für ein Waffenembargo gegen Nigeria. Eine weitere Empfehlung, die einen Boykott des nigerianischen Erdöls vorsah, fand keine Mehrheit (vgl. Blätter für deutsche und internationale Politik, H. 1/1996,   S. 5). Zu Sanktionen kam es nie.

 

Zu dieser Zeit war der General Mohamedu Buhari Vorsitzender des „Petroleum Trust Fonds“ in Nigeria, - heute ist er Präsident des Landes. 

 

Am 4. Januar 1999 - dem damaligen Ogoni-Tag - wurden mehr  als 26 Ogonis durch das nigerianische Militär getötet, als dieses eine dreimonatige Blockade von einem Drittel der nigerianischen Erdölförderung gewaltsam auflöste.  

Für das Niger-Delta erließ die nigerianische Regierung im Juni 2009 eine Amnestie. In der Folge wurden viele Aktivisten und Rebellen zu Milizionären, die im Auftrag der Zentralregierung (und mit Billigung von z.B. Shell) die Erdölleitungen zu bewachen und Vandalismus zu verhindern (vgl. Montclos, S. 7, a.a.O.).

Jedoch haben seither weder die Angriffe auf Pipelines noch der Diebstahl von Öl (sei es aus Fürderanlagen oder von Tankern) aufgehört – die Krise im Niger-Delta blieb erhalten.

Es entstand vielmehr eine „mafiöse Struktur“ aus Sabotage, Erpressung und Diebstahl von Legalen und illegalen Milizen un Kooperation mit lokalen Verwaltungen. Es werden „… durch den Verkauf von geschmuggeltem Öl weitere Waffenkäufe finanziert“ (vgl. Montclos, S. 7, a.a.O.). 

Shell fördert bis heute Öl im Niger-Delta.

Die Umwelt im Niger-Delta verkommt wohl immer mehr!

 

 

Nigeria gilt als eines der korruptesten Länder der Welt. Transparency International gab Nigeria den 144. Platz auf seiner 180 Länder umfassenden Korruptionsliste (vgl. ND, 22. Januar 2020, S. 7).

 

 

 

(unveränderlich, nach dem Gregorianischen Kalender)

 

© Christian Meyer

 

Abb.: Die Luftbrücke nach Biafra (Abb. aus „Spiegel“, Nr. 24/1969, S. 110)

 

Biafra war nahezu seit Kriegsbeginn eingekreist, die nigerianische Armee verhängte in der Folge eine „Hungerblockade“ über das belagerte Land. der viele Tausend Biafraner zum Opfer fielen. Weitgehend unabhängig von staatlichen Institutionen organisierten und finanzierten das IRK und internationale christlich-jüdische Hilfsorganisationen („Joint Church Aid“) eine Luftbrücke, die Biafra mit Nahrungsmitteln, Treibstoffen und Medikamenten versorgte. Die Luftbrücke war auch eine logistische Meisterleistung, denn zeitweise starteten die Hilfsflugzeuge im Abstand von 15 min, die Piloten absolvierten bis zu drei Flüge pro Nacht. Der Konzern Shell verdiente dabei auch an dem benötigten Flugbenzin „immer nach genug“ (vgl. „Spiegel“, Nr. 24/1069, S. 111). Andere Flugzeuge brachten auch Waffen und Munition nach Biafra.   

Abb.: Ölproduktion im Niger-Delta (Abb. aus FWA 2008, S. 357, a.a.O.) 

 

Im „Atlas der Umweltmigration“ ist das Niger-Delta als stark vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen vermerkt (vgl. Ionesco, S. 54, a.a.O.). Die gesamte nigerianische Küste einschließlich der Megastadt Lagos (2017: ca. 22 Mio. Ew.) und dem Nigerdelta gelten als ein „Hotspot des Klimawandels“ (Ionesco, S. 81, a.a.O.). 

In dem „Atlas der Migration“ von 2019 gilt ganz Nigeria als „stark degradiert[1] , wegen seiner gefährdeten Agrarsystemen (z.B. der Bodenverschlechterung) und dem Anstieg des Meeresspiegels (vgl. Jakob, S. 15, a.a.O.).


[1] Auch ganz Deutschland gilt dem „Atlas der Migration“ als „degradiert“ (vgl. Jakob, S. 15, a.a.O.).