Abb: Masaccio: Der Hl. Petrus, Detail aus dem Fresken – Zyklus in der Brancacci – Kapelle (Abb. Ausschnitt der Titelseite von Procacci, a.a.O.).
Die alte konstantinischen Peterskirche in Rom (Abb. aus Doerries, Anhang, S. 14, a.a.O.).
Apsis der konstantinischen Peterskirche (Abb. aus Doerries, S. 125, a.a.O.)
29. Juni: Tag der Apostel und Märtyrer Petrus und Paulus („Peter und Paul“),
Dieser Feiertag bezieht sich nicht auf das Martyriums der beiden Apostel in Rom, sondern auf die (vermutete) Übertragung ihrer sterblichen Überreste in die Katakomben nahe der Kirche San Sebastiano (an der Via Appia). Zum ersten Mal wurde das Fest im römischen Staatskalender im Jahre 354 erwähnt.
Um das Ende Petri ranken sich einige Legenden. So soll Petrus angesichts der Christenverfolgungern in Rom auf Drängen der römischen Christen die Stadt verlassen haben. Unterwegs erschien dem flüchtenden Apostel Jesus, der Rom zustrebte. Der legendären Überlieferung nach fragte Petrus nun: „Domine, quo vadis?“ woraufhin Jesus erwiderte: „Romam venia iterum crucifigi“, nach Rom, um mich nochmals kreuzigen zu lassen! Der Apostel kehrte daraufhin – beschämt – zurück, dem Martyrium entgegen.
Der Roman „Quo vadis?“ des polnischen Literaturnobelpreisträgers Henryk Sinkiewicz (1896) und der gleichnamige Film von 1951 thematisieren und popularisieren u.a. diese Legende.
Das legendäre Treffen soll an der Via Appia, außerhalb der Porta San Sebastiano stattgefunden haben. An dem Ort befindet sich heute die Kirche „Domine, quo vadis”. Neben der Kopie eines angeblichen Fußabdrucks Jesu zeigt man hier auch eine Büste Sienkiewicz'.
Der Apostel Petrus wurde – nach der Tradition – ca. 65 n. Chr. in dem Circus des Caligula [1] gekreuzigt, auf eigenen Wunsch mit dem Kopfe nach unten – weil er nicht würdig sei, denselben Tod wie Jesus zu erleiden.
Wahrscheinlich schon im 2. Jhdt. befand sich am Hang des römischen Hügels Vatikan ein kleines Denkmal, „tropäum“ = Siegesmal genannt. Zur Zeit Konstantins wurde vielfach angenommen, dass es das Grab des Apostels markiere, die „… Gebeine des Apostelfürsten … unter dem Tropäum“ ruhten (vgl. Doerries, S. 124, a.a.O.). Über diesem Denkmal wurde die erste, konstantinische Peterskirche errichtet.
Wann der erste Bau des Petersdomes in Rom erfolgte, ist ungesichert. Der Legende nach geschah dies unter Kaiser Konstantin um 324 und zwar im vormaligen, nur legendär bekannten Tempel des ð Apollo [2] im Vatikan. Überliefert wurde, „… dass Constantin selbst den Spaten in die Hand genommen, um den ersten Stich beim Graben der Fundamente zu tun, und dass er zu Ehren der zwölf Apostel zwölf Körbe voll Erde herbei getragen habe“ (Gregorovius, S. 66, a.a.O.).
Auf Bitten desPapstes Silvester soll Constantin zudem die sterblichen Überreste des Apostels Petrus in einem unbeweglichen Sarg aus zyprischem Erz haben einschließen lassen.
Die konstantinische Peterskirche war ein großes Bau, über 110m lang und 27m hoch, mit fünf Schiffen, einem Querschiff und einer abschließenden runden Apsis. Vor dem Eingang dieser Kirche „… lag ein 57m langes und 55m breites Atrium oder Paradisus, welches innen von Säulenhallen umgeben war. Eine breite Marmortreppe führte zum Atrium empor. Auf ihrer Plattform war es, wo die späteren Nachfolger S. Peters die Nachfolger Constantins empfingen, wenn sie am Grab des Apostels zu beten oder aus den Händen des Papstes die Kaiserkrone zu nehmen kamen“ (Gregorovius, S. 66/67, a.a.O.).
Für den Bau der konstantinischen Basilika [3] St. Peter wurden allerlei Spolien verwendet, die 96 antiken Marmor- bzw. Granitsäulen hatten daher ungleiche Kapitelle und Basen, als „… Schwellen mussten Marmorplatten aus dem Circus dienen, worauf man noch Reste ursprünglicher Inschriften oder heidnische Skulpturen sah“ (Gregorovius, S. 67, a.a.O.).
Unter der Apsis mit dem Hauptaltar befand sich der Überlieferung nach das Grab des Apostels: „Die Leiche selbst lag in einer Gruftkammer zwischen ewigen Lampen in jenem Bronzesarg, in welchen sie Constantin eingeschlossen haben sollte“ (Gregorovius, S. 67, a.a.O.).
Über dem Grab wurde ein großes massives Goldkreuz aufgerichtet, mit der Inschrift:
„Constantinus der Kaiser und Helena die Kaiserin.
Dieses königliche Haus umgibt eine Halle, die von gleichem Glanze funkelt“ (zit. n. Gregorovius, S. 68, a.a.O.).
In der Apsis, über dem (angeblichen) Grab errichtete man „… einen Baldachin auf vier gewundenen Marmorsäulen. Um … einen Altar darüber errichten zu können hat Papst Gregor der Große (vgl. 12. März, Gregoriustag, C.M.) am Ausgang des 6. Jahrhunderts in diesem Teil der Kirche den Boden höher gelegt. Unter dem Altar entstand so ein niedriger Raum, der nur gebückt zu betreten: die Confessio Petri. Von ihr führte ein schmaler Schacht in die Tiefe, näher heran an das dort vorausgesetzte Grab. In der Confessio legte man Gaben und Bittschriften nieder, damit der Apostel sie empfange und erhöre. Auf das Petrusgrab, als die Hauptreliquie Roms … haben sich im ganzen Mittelalter Andacht und Scheu des Abendlandes gerichtet“ (vgl. Doerries, S. 124, S. 124, a.a.O.).
Die Apsis der konstantinischen Peterskirche war mit Mosaiken geschmückt. Dargestellt war Konstantin, der Jesus und Petrus ein Abbild der Kirche zeigte. Darunter war zu lesen: „Quod duce te mundus surrexit in astra triumphans, Hanc Constantinus Victor tibi condidit aulam“ (= Da unter deiner Führung die Welt in Triumph zu den Sternen aufgestiegen, stiftete der Sieger Konstantin diese Halle“) [4].
Die konstantinische Peterskirche wurde im Mittelalter mehrfach erweitert, vom Grund an umgebaut wurde sie erst im 16. Jhdt., seit Papst Julius II.
Politisch bedeutsam wurde die zweifelhafte, nicht nachweisebare Stiftung der römischen Kirche durch den Apostel Petrus.
Insbesondere die Aussage (nur bei Matthäus, 16, 18-19) „Tu es Petrus et super hanc petram aedificabo ecclesiam meam et tibi davo claves regni coelorum“ = „Du bis Petrus, und auf diesem Fels will ich meine Kirche bauen…und ich will dir des Himmelreiches Schlüssel geben“ zog den Suprematie – Anspruch der römischen Bischöfe nach, der schließlich in der dominierenden Stellung des Papstes, des (angeblichen) Nachfolger Petri mündete (vgl. Gregorovius, S. 17, a.a.O.).
Im Fries der hohen Kuppel in dem heutigen römischen Petersdom findet sich das Matthäus – Zitat in riesigen Lettern wieder. Dabei wurde der Überlieferung nach z.B. auch die christliche Gemeinde in Antiochia von Petrus gegründet, sogar früher als die Gemeinde in Rom.
Auch im heutigen Petersdom gelangt man hinter dem Barockbaldachin über einige Treppenstufen zur Tribuna oder Apsis. Dort steht im Hintergrund die „Cathedra Petri“ („Thron des Petrus“), ein barocker Thron von Bernini (1656): Getragen wird er von Statuen der vier Kirchenlehrer Augustinus (28. August) , Ambrosius (7. Dezember), Athanasius und Johannes Chrysostomos (30. Januar). Im Inneren des Throns befindet sich ein alter Holzstuhl mit Elfenbeinintarsien, den schon Petrus selbst benutzt haben soll.
In Dantes „Divina Commedia“ fragt Vergil den zum Christentum bekehrten römischen Dichter Statius nach dem Anlass für seine Bekehrung und fragt:
„Sprich, welche Sonne, welcher Kerze Kegel
Entdüsterten dich so, dass du gewandt
Sodann der Spur des Fischers nach die Segel?“
(Dante, Läuterungsberg, XXII, S. 254, a.a.O.)
Die Spur des Fischers Petrus wird angeführt als Weg zum Christentum, ein Indiz für die immense Hochachtung vor dem Apostel im Mittelalter.
Einer Überlieferung nach soll Petrarca nach seiner Dichterkrönung „… den Kranz der Unsterblichkeit“ am Apostelgrabe in Sankt Peter niedergelegt haben (vgl. Roß, 1912, Bd. I, S. 91, a.a.O.).
Das (angebliche) Grab des Hl. Petrus soll sich unter dem Hauptschiff des heutigen Petersdomes befinden, unterhalb des Päpstlichen Altars, an dem nur der Papst selbst die Messe lesen darf. Zugänglich ist der Bereich von den Grotte Vaticane aus.
Die (angeblichen) Gräber der „Apostelfürsten“ Petrus und Paulus in Rom genießen bis heute großes Ansehen bei den Gläubigen.
Masaccio, Masolino und Filippino Lippi malten in der Brancacci – Kapelle von Santa Maria del Carmine u.a. einen Fresken -Zyklus zum Leben des Hl. Petrus.
Nach Jesus ist Paulus (vgl. Pauli Bekehrung, 25. Januar und St. Pauli Schiffbruch, 10. Februar) die wohl wichtigste Figur des entstehenden Christentums, denn er stieß das Tor zur „heidnischen“ Welt der Griechen und Römer auf.
Attribute des Apostels Paulus in den häufigen Darstellungen innnerhalb der christlichen Kunst sind das Buch und das Schwert.
In den Alpen sagt man: „Peter und Paul lecken den Schnee fort“.
Bauernregeln zu Peter und Paul:
„Schön Wetter zu Peter und Paul,
füllt und Taschen und das Maul“
(unveränderlich, nach dem Gregorianischen Kalender)
[1] In dem vatikanischen Circus soll Kaiser Caligula im Jahre 39 n. Chr. den 25m hohen Obelisken aus Heliopolis haben aufrichten lassen. Papst Sixtus V. ließ diesen Obelisken dann 1586 unter der Leitung von Fontana auf den Petersplatz bringen.
[2] Grabungen haben jedoch bereits im 19. Jhdt. ergeben, dass der Petersdom in den ehemaligen Gärten der Agrippina errichtet wurde, neben einem Heiligtum der Kybele (vgl. Gregorovius, S. 66, a.a.O.).
[3] Die Vorläufer der christlichen waren die „bürgerlichen“ Basiliken des antiken, „heidnischen“ Roms. In der Apsis dieser Bauten befand sich der Stuhl des Prätors und die Sitze der Richter.
[4] Später wurde diese Inschrift uminterpretiert: Angesprochen wurde in dieser Lesung nun nicht mehr Christus, sondern Papst Silvester. Die geschichtswirkame mittelalterliche Legende las man „mundus“ mit der Bedeutung „rein“, „aula“ wurde nicht als „Halle, Saal“ oder „Hofburg“ sondern als Bezeichnung des Kaiserhauses interpretiert. Silvester habe den unheilbar erkrankten Konstantin getauft und damit gereinigt, vom Aussatz befreit. Der dankbare Kaiser habe daraufhin die Herrschaft über den Westen des Reiches dem Papst übertragen und sich im Osten eine neue Hauptstadt, Konstantinopel, gegründet (vgl. Doerries, S. 126, a.a.O.). Die Inschrift wurde so zur Rechtfertigung der Legende von der „konstantinischen Schenkung“ herangezogen.
„Der Hl. Paulus“, aus der Großen Apostelfolge des Hans Baldung Grien (Monogramm!), um 1519
Abbn.: Die Apostel Petrus (unten) und Paulus (oben) mit ihren jeweiligen Attributen Schlüssel und Schwert; Details aus dem Kreuzigungsfresko in der 3. rechten Seitenkapelle der St. Nikolai-Kirche zu Stralsund, der ältesten Kirche der Stadt; um 1340, anonymer Künstler (Photos: Christian Meyer, Juli 2022)