ca. Anfang September
(In unseren Breiten) Beginn der Sichtbarkeit der Plejaden (vom gr. „peleiades“ ≙ Tauben; auch Atlantiden oder Atlantiaden, Atlastöchter, M 45) am Abendhimmel
Die Plejaden sind ein charakteristisches Wintersternbild. Die beste Sichtbarkeit der Plejaden am Abendhimmel besteht von ca. Mitte November bis Mitte März jährlich (vgl. Slawik, S. 24, a.a.O.). Anfang September geht M45 bereits gegen 22.00 Uhr [1] über dem Osthorizont auf und sind von da an den ganzen Winter über hervorragend zu beobachten. Von Anfang Mai bis Mitte August sind die Plejaden am Abendhimmel nicht sichtbar. Zu Weihnachten erreichen sie gegen 22.00 Uhr ihre größte Höhe über dem Horizont und bleiben uns, langsam mit einem immer niedrigeren Kulminationspunkt in den Westen sinkend, bis in den Frühling erhalten, bis sie Mitte/Ende April schließlich kurz nach der Sonne untergehen. Ende Mai/Anfang Juni gehen sie kurz vor der Sonne auf.
Im australischen Bundesstaat Victoria (ca. 35° bis 37° südlicher Breite) erscheinen die Plejaden ca. Anfang Juni über dem nordöstlichen Horizont und gehen ca. Ende Oktober am südwestlichen Horizont wieder unter. Auch auf der Südhalbkugel der Erde sind die Plejaden ein Wintersternbild.
Die Plejaden bedecken eine große Fläche am Nachthimmel, etwa viermal so groß wie der Mond. Der deutsche Name Siebengestirn rührt daher, das sieben seiner Sterne leicht mit bloßem Auge erkennbar sind. Der hellste davon ist Alkyone [2] (lat. Alcyone, Eta Tauri, ein Stern der 3. Größenordnung).
Ab einer 10fachen Vergrößerung werden die 3 Begleiter des Sterns Alkyone sichtbar (ein 4fach Sternsystem).
Schon immer wurde dieser Sternhaufen als "Augenprüfer" benutzt. Maestlin, ein Lehrer Keplers, gab vor, mit bloßem Auge elf Sterne erkennen zu können. Als Galilei sein Fernrohr auf die Plejaden richtete, zählte er bereits 36 Sterne.
Im Jahre 1995 haben Astronomen durch Beobachtung der Plejaden dort einige Kandidaten des Sterntyps der „Braunen Zwergen“ aufgefunden, die im infraroten Bereich des Spektrums sichtbar sind. Von diesen stellaren Objekten nimmt man an, dass ihre Masse zwischen der von Gasriesenplaneten (wie dem Jupiter oder dem Saturn) und kleinen Sterne liegt. Nach der gegenwärtigen Theorie des Sternaufbaus müssten die kleinsten Sterne zumindest ca. 6 - 7 % der Masse unserer Sonne haben. Das aber wäre das circa 60 - bis 70-fache der Jupitermasse. In diesem Sinne sollte die Masse Brauner Zwerge etwa das 10- bis 60-fache der Jupitermasse betragen.
Historiker vermuten, dass die große mythologische und astrologische Bedeutung des Sternbildes der Plejaden vornehmlich von einem Faktor herrührt: sie markierten im 3. Jahrtausend v. Chr. den Beginn des Frühlings (vgl. Chevalier, S. 764, a.a.O.). Die Plejaden wurden wegen ihres regelmäßigen Auf- und Untergangs im Frühjahr bzw. Herbst in vielen alten Kulturen als Kalendersterne [3] erwähnt.
Schon auf der ältesten Sternenkarte der Welt – der Himmelsscheibe von Nebra (Kalenderproblem) – waren die Plejaden dargestellt. Da sie ansonsten sternbildfrei ist, wird das einzige Sternbild der Himmelsscheibe, die Plejaden, die sich zwischen Sichel- und Vollmond befinden, umso stärker betont. Um den 9./10. März erschienen die Plejaden letztmalig am Abendhimmel, es begann die Zeit der Aussaat (interpretieren Archäoastronomen heute). Wenn dagegen Mitte Oktober die Plejaden erstmals am Nachthimmel wieder aufgingen, endete das landwirtschaftliche Jahr (vgl. Märtin, S. 44, a.a.O.).
In der frühen Bronzezeit (um 1600 v. Chr.) waren die Plejaden vom Mittelberg aus (dem Fundort der Nebraer Himmelsscheibe) um den 9./ 10. März in der Abendröte an der Seite des jungen Neumondes zum letzten Mal sichtbar.
Den Untergang der Plejaden am Morgenhimmel um den 17. Oktober begleitete damals auf der geographischen Breite des Fundortes der Vollmond. Deshalb wurden vermutlich auf der Himmelsscheibe nebeneinander der Vollmond, die Plejaden und der Sichelmond (von links nach rechts) dargestellt.
Wahrscheinlich nutzte die Himmelsscheibe von Nebra die Plejaden zur Bestimmung des Zeitraums des bäuerlichen Jahres von März bis Oktober.
Auch die Plejaden unterliegen den langfristigen Veränderungen durch die Präzession.
Unter Präzession versteht man die „taumelnde“ Kreisbewegung, die die Erdachse im Raum vollführt. Die Erdachse, die z. Zt. auf den Polarstern weist, beschreibt einen Kegelmantel mit einer Öffnung von 2 mal 23,5° (dem doppelten der Neigung der Erdachse gegenüber der Ekliptik). Der Nordpol des Himmels bewegt sich infolge der Präzession auf einer Kreisbahn um den nahezu festen Pol der Ekliptik. Ein voller Umlauf der Erdachse dauert rund 25 780 Jahre (ein sog. platonisches Jahr).
Dadurch verschiebt sich der Frühlingspunkt (der sog. Widderpunkt) auf der Ekliptik langsam, aber fortwährend in rückläufigem Sinn (Ost-West, entgegengesetzt der scheinbaren Sonnenbewegung) durch die gesamte Ekliptik, durch die 12 Tierkreis-Sternbilder, um jährlich 50,26 Bogensekunden. Noch bis etwa 2000 v. Chr. lag der (sich verschiebende) Frühlingspunkt, den man seit jeher mit dem Beginn von Wachstum und Fruchtbarkeit gleichsetzte, im Sternbild Stier. Ein Sternbild wird also in ca. 26000/12 oder 2160 Jahren durchlaufen. In der Antike lag der Frühlingspunkt an der Grenze der Sternbilder Fische und Widder und bewegte sich rückwärts. Heute - etwa 2000 Jahre später - liegt der Frühlingspunkt nahe der Grenze der Sternbilder Wassermann und Fische und bewegt sich langsam auf das Sternbild Wassermann [4] zu.
Auch der scheinbare Himmelsnordpol verschiebt sich von daher fortwährend. Der heutige Polarstern wird seine Funktion verlieren. Circa im Jahre 9000 n. Chr. werden Deneb im Schwan, etwa 13 000 n. Chr. Wega in der Leier als ungefährer Polarstern dienen können. Etwa 2000 v. Chr. war Thuban im Drachen Polarstern.
Hauptursachen der Präzession, der Verlagerung der Erdachse im Raum, sind die Anziehungskraft von Mond und Sonne auf den Äquatorwulst und die Polabplattungen des Rotationsellipsoiden Erde (Lunisolarpräzession).
In verschiedenen Regionen der Erde werden die Plejaden mit sehr unterschiedlichen Objekten assoziiert und entsprechend bezeichnet:
Akkadisch „Mulmul“ ≙ „viele Sterne“ oder „Haarbüschel“, „Bürstchen“
Arabisch: at-thurayya ≙ glänzender Edelstein; auch ein Mädchenname
Australien (Boorong): Larnankurrk - Frauen, die ihre Zeit auf einer Versammlung vergeuden
Australien (Pitjantjatjara & Yankunytjatjara) : Kungkarungkara - die Ahnin
Dänemark: Aften Hoehne - die Abendhenne
Hawaii: Makali'i – Das Königauge
Indien: Krittika - die sieben Jungfrauen; der Monatsname „Kartik“ im hinduistischen und bengalischen Kalender und „Katik“ im Nanakshahi – Kalender der Sikhs rühren daher
Island: Sjostirnith - Siebengestirn
Japan: Hoki hoshi - Farbtupfer am Himmel (Pinselstern)
Japan: Kozaru - das Sieb
Mexiko (Nahuatl): Tianquiztli - Marktplatz
Mittelamerika (Maya): Tz'ab - Schwanz der Klapperschlange
Neu Seeland: Matariki - Kleine Augen
Niederlande: het Zevengesternte - das Siebengestirn
Nordamerika (Lakota): Tayamni pa – der Tierkopf
Persien: Soraya – die Dauer (wie die persische Kaiserin, 1951 – 58)
Peru: Choque Chinchay - das Puma Lager
Russland: Nasedha - Sitzende Henne
Salomons Inseln: Togo Ni Samu - die Jungfrauen
Südafrika (Khoikhoi): Khuseti – Regensterne
Tschechien: Kuratka - Viele kleine Kücken
Tschuktschen (Nordostsibirien): Sternbild der einsamen Mädchen (vgl. Rytchëu, S. 442, a.a.O.).
Türkei: Süreyya ≙ die Dauer (von süre≙ Zeit, Zeitraum); außerdem werden zur Kennzeichnung der Plejaden benutzt: „Ülker“, "Peren" und „Pervin“, alle vier sind auch verbreitete männliche & weibliche Vornamen
Aus frühen englischen und deutschen Bezeichnungen der Plejaden wird deutlich, dass man diese Sternkonstellation einst mit einer „Gluckhenne“, "Henne mit Kücken" verglichen hat.
Die antiken Assyrer nannten die Sternansammlung „Kimtu“, d.h. „Familie“. Die Babylonier beobachteten bereits ein (dort) vierzigtägiges Verschwinden der Plejaden. Im alten Mesopotamien wie auch im heutigen Irak galten die heißen 40 Tage im Juli-August, an denen die Plejaden nicht sichtbar sind, als „Zeit der Prüfung“ (vgl. Schimmel, 2001, S. 16, a.a.O.).
Das vierzigtägige Verschwinden der Plejaden wurde als eine Zeit des Regens und Sturms, der Überschwemmungen und Gefahren gesehen, die Wiederkehr der Plejaden als eine Zeit der Freude. Am Ende der Sichtbarkeit der Plejaden wurde das babylonische Neujahrsfest (vgl. Akitu) gefeiert.
Auch die alten Ägypter verehrten die Plejaden vermutlich als ein göttliches Sternsystem, vor allem Alcyone, den hellsten Stern des Haufens.
Die antiken Hebräer und Araber nannten die Plejaden „Kimah“, d.h. „der Haufen“ bei den ersteren, „das Siegel“ bei den letzteren (vgl. Chevalier, S. 764, a.a.O.). In der Bibel [5] werden die Plejaden dreimal erwähnt, jeweils im Zusammenhang des Gotteslobes:
„Er macht den Wagen am Himmel und Orion und die Plejaden und die Sterne gegen Mittag“ (Hiob 9,9)
„Kannst du die Bande der Sieben Sterne zusammenbilden oder das Band des Orion auflösen?“ (Hiob 38, 31)
„Er macht die Plejaden und den Orion“ (Amos 5,8).
Die Plejaden waren auch in der griechischen Antike von großer Bedeutung. Die Plejaden fanden Eingang in Homers "Odyssee". Dort wird berichtet, wie der von der schönen Nymphe Kalypso [6] scheidende Odysseus sich auf seinem Floß orientierte:
„… Ihm schloss kein Schlummer die wachsamen Augen,
Auf die Plejaden gerichtet, und auf Bootes, der langsam
Untergeht, und den Bären, den andere den Wagen benennen,
Welcher im Kreise sich dreht, den Blick nach Orion gewendet,
Und allein von allen sich nimmer im Ozean badet“
(Homer, Odyssee, V, 271 – 275, S. 63, a.a.O.).
Bei Ptolemäus stellten die Plejaden sogar ein eigenes Sternbild dar. Hesiod (ca. 700 v. Chr. „Werke und Tage“, 382 f.) erwähnte die Bedeutung der Plejaden für die Bestimmung des Zeitpunkts von Pflügen / Aussaat und Erntebeginn.
„Wenn das Gestirn der Pleiaden, der Atlastöchter, emporsteigt,
dann beginne die Ernte, doch pflüge, wenn sie hinabgehen,
sie sind vierzig Nächte und vierzig Tage beisammen
eingehüllt, doch wenn sie wieder im kreisenden Jahre
leuchtend erscheinen, erst dann beginne die Sichel zu wetzen“
(Hesiod, zit. n. Mazal, S. 109, a.a.O.).
Die Plejaden waren auch für die Schifffahrt [7] in der europäischen Antike bedeutsam, denn mit ihrem Aufgang begann die Zeit der Stürme, mit ihrem Untergang die für die Mittelmeerschifffahrt günstige Zeit. Theokrit [8] erwähnt in seinem 13. Gedicht, dass die Argonauten ("die göttliche Blüte der Helden") sich " .... zur Zeit des Plejadenaufgangs..... zur Abfahrt" anschickten (vgl. Theokrit, XIII, 25, S. 103, a.a.O.). Der Aufgang der Plejaden (Ende April/Anfang Mai) zeigte in der Antike den Beginn der Zeit der Schifffahrt an, ihr Untergang (im November) das Ende ("Mare claustrum"[7a]).
Auch z.B. die nordostsibirischen Tschuktschen verwendeten das Sternbild der Plejaden kalendarisch, zur Zeitmarkierung. In seinem Roman „Traum im Polarnebel“, beschreibt Juri Rytchëu, wann es im Herbst für die See-Tschuktschen Zeit war, die Seefahrt einzustellen: „‘Das weiß doch jedes Kind‘, lachte der Alte. ‚Wenn das Sternbild der einsamen Mädchen schräg über dem Pestschannaja-Fluss steht‘“ (Rytchëu, S. 125, a.a.O.).
In den homerischen Hymnen war Maia eine schöne Nymphe, die am arkadischen Berg Kyllene in einer dunklen Höhle lebte. Dort empfing sie Zeus, entging der eifersüchtigen Wachsamkeit der Hera und gebar den Hermes. Wegen der Eifersucht Heras versetzte Zeus später die Maia mit ihren sechs Schwestern, den Töchtern des Atlas, als Gestirne, den Plejaden an den Himmel.
Nach einer böotischen Tradition verwandelte Zeus die Geschwister zuerst in Tauben (gr. „peleiades“), dann erst versetzte er sie an den Himmel, weil er sie vor dem Jäger Orion schützen wollte. Am Himmel werden die Plejaden noch immer vergeblich von (dem Sternbild) Orion gejagt.
Einer weiteren griechischen Legende nach waren die „Peleiades“ (dt. Plejaden) sieben Schwestern, Töchter des Atlas und der Pleione: Maia, Elektra, Taygete, Alkyone, Kelaino, Sterope und Merope. Lange wurden sie von dem wilden Jäger Orion verfolgt und von Zeus schließlich als Sternbild an den Himmel versetzt.
Der siebente Stern (Merope) ist mit bloßem Auge schlechter zu erkennen: mythologisch wird das damit „erklärt“, dass Merope die einzige Schwester gewesen sei, die sich einem Sterblichen „hingegeben“ habe: deshalb verhülle sie aus Scham ihr Gesicht…
Die Maori in Neuseeland (auf der Südhalbkugel) benutzten den heliakalen Aufgang der Plejaden (⇒„Matariki“) im Juni als Beginn ihres Jahres. Sie interpretierten Matariki auch als eine Mutter mit sechs Töchtern.
Im frühen Peru wie in Polynesien begann das Jahr, wenn die Plejaden Anfang Juni erstmals wieder über dem Horizont erschienen.
Wie für die antiken Griechen waren auch für die australischen Aborigines die Plejaden geweihte / heilige Mädchen, die auf einem corrobori, einer großen Stammesversammlung spielten. Einige Australier sahen sie - wie in Griechenland – in einer engen Verbindung mit dem Orion.
Für die sibirischen Jakuten befindet sich inmitten der Plejaden ein Loch, das auch das Himmelsgewölbe durchdringt: daher kommt nach ihrer Vorstellung die winterliche Kälte.
Für die Lappen wie für verschiedene zentralasiatische Turk–Völker kündigt das Erscheinen der Plejaden im Herbst den Winter an. Für die Lappen waren sie eine Gruppe von Jungfrauen, für einige nordamerikanische Indianer heilige Tänzerinnen.
Die Kiowa - Indianer in Wyoming erzählen eine Legende über die Entstehung der Plejaden. die im Zusammenhang mit dem Devil’s Tower (einem vulkanischen 1559 m hohen, exponierten Felsen, den die Indianer Mateo Tepe, Bären-Heim, nennen) steht. Sieben schöne Jungfrauen lebten einst in der Nähe eines Flusses, an dem auch viele Bären zu Hause waren. Einer der Bären begann, von ihrer Schönheit betört, die Jungfrauen zu verfolgen. Sie wussten schließlich nicht ein noch aus und beteten um Hilfe von den Göttern. Diese hoben den Boden, auf dem die Jungfrauen kniend beteten, in den Himmel hinauf. Vergeblich versuchte der Bär zu folgen; er schlug seine Krallen in die Seiten des sich anhebenden Felsens Devil's Tower. Die Spuren der Bärenkrallen – auffällige Trachyt- Lava-Säulen - seien noch am Felsen sichtbar. Und am Himmel sieht man bis heute noch die vom Großen Geist beschützten sieben Jungfrauen.
Der Devil‘s Tower wurde international durch den Spielfilm „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ von Steven Spielberg von 1977. Am Schluss des Films diente Devil‘s Tower als Landebasis für das Raumschiff der Außerirdischen.
Der deutsch-US-amerikanische Kulturanthropologe Franz Boas (1858-1942) überlieferte eine „Sterngeschichte“ der nordwestamerikanischen Kwakiutl, die von der Entstehung der Plejaden und des Sternbilds Orion erzählte. Eine Gruppe von Kwakiutl-Jägern ging einst auf zwei Kanus auf Seeotterjagd und verfolgten einen großen Seeotter: „Als die Speere ihn trafen, wandte sich der Seeotter seewärts und erhob sich dann zum Himmel. Hinter sich zog er die beiden kleinen Kanus, als er sich aufwärts wandte und an unserem Himmel stehenblieb. Aus dem Seeotter wurden die Plejaden, aus ... (den Jägern, C.M.) ... der Jäger am Himmel (der Orion)“ (Boas, S. 133/34, a.a.O.).
Die Azteken nannten die Plejaden Tianquiztli (Nahuatl: „Marktplatz“, ‘Versammlungsort’) oder „die Vielen“ und betrachteten sie als ein wichtiges Symbol für den Fortbestand des Lebens: alle 52 Jahre um Mitternacht kreuzten die Plejaden [9] den Meridian und versicherten den von zyklischen Zeitvorstellungen geprägten Mesoamerikanern (vgl. Christian Meyer, a.a.O.), dass die Welt weiter bestehen würde. Die Azteken führen alle 52 Jahre zur Wiedergeburt der Erde eine besondere religiöse Zeremonie durch, die Neufeuerzeremonie.
Bei diesem Ritual wurden 12 Tage vor dem Ablauf des alten „Jahrhunderts“ landesweit alle Haus- und Tempelfeuer gelöscht, Bildnisse der Götter und alte Haushaltsgeräte ins Wasser geworfen; man fastete und kasteite sich. Kinder dürften in der letzten Nacht nicht schlafen, sonst würden sie in Mäuse verwandelt. Schwangere Frauen wurden versteckt, damit sie nicht in reißende Raubtiere verwandelt würden (vgl. Christian Meyer, S. 51, a.a.O.). Priester stiegen auf die Tempelplattformen und beobachteten – wie Sahagun berichtete - die Bewegung der Plejaden und des „Feuerbohrers“ durch ihre Kulmination. In dieser Zeit war die Gefahr am größten, dass finstere Gottheiten die Erde zerstörten. Um das zu verhindern, wurde ein Mensch geopfert, man schnitt ihm bei lebendigem Leibe das Herz aus der Brust. In der Brusthöhle des (unglücklichen) Opfers wurde dann ein neues Feuer entzündet, einen neuer 52-jährigen Zyklus [10] begann. Das „neue“ Feuer wurde mit Fackeln in die alle Städte der Azteken gesandt und verteilt.
Die letzte Neufeuerzeremonie fand Ende Januar/Anfang Februar 1507 statt.
Auch die (toltekische) Sonnenpyramide bei Teotihuacan soll auf die Plejaden ausgerichtet sein: ihre Westseite und die umliegenden Straßen waren direkt auf die Plejaden zur Mitternacht der Nacht der Neufeuerzeremonie ausgerichtet.
Schon die (vor-aztekischen) Maya wiesen den Plejaden eine große Bedeutung zu. Berühmt ist das Schauspiel, wenn genau zur Zeit der Tagundnachtgleichen (dem Frühlingspunkt am 21. März und am 23. September) und nur dann in Chichen Itza die Sonne einen schlangenartigen Schatten auf den mit dem Relief einer gefiederten Schlange geschmückten Rand der Haupttreppe der Kukulcan – Pyramide [11] (dem „Castillo“) wirft: der Schatten der nachmittäglichen Sonne bildet ein Lichtband auf dem Leib der Federschlange, die wie belebt wirkt (vgl. Christian Meyer, S. 105, a.a.O.).
Etwa 60 Tage nach dem Erscheinen dieses Schattens, wenn die Sonne mittags ihre Kulmination erreicht (20. - 23. Mai), soll es zu einer weiteren direkten Ausrichtung auf die Plejaden kommen.
Eine besondere Rolle spielten die Plejaden auch bei den Inkas. Wegen ihren Bezugs zum Agrarzyklus galten sie als göttlich und wurden im Juni, zum Jahresbeginn der Inkas, der mit dem Auftauchen der Plejaden zusammenfiel, mit einem großen Fest mit u.a. Menschenopfern gefeiert. Freiwillige sollen sich dabei in einen Abgrund gestürzt haben. Die Plejaden wurden als Hüter von Fruchtbarkeit und Ernte betrachtet, sowie als göttliche Beschützer vor Krankheiten, insbesondere der Malaria.
Pater Francisco de Avila (unsichere Lebensdaten, 16./17. Jhdt.) bemerkte im alten Peru bei den u.a. den Yunca – Indios, dass diese den Aufgang der Plejaden sorgfältig beobachteten: erschien der Sternenhaufen groß am Himmel, galt das als Zeichen für ein reiches Jahr; wirkten die Plejaden klein, deutete das auf Missernten und Hungernöte hin [12] (vgl. Chevalier, S. 765, a.a.O.).
Der spanischstämmige Geistliche und Jesuit Francisco de Avila wurde für die Überlieferung der zeitgenössischen Indiokultur von unschätzbarer Bedeutung. Er wurde als Findling in Peru geboren. An der Universität von San Marcos in Lima erwarb er den Doktorgrad der Theologie und des Rechts. Er beherrschte das Quechua und katechisierte die Indios in ihrer eigenen Sprache. Er war als Geistlicher in mehreren Regionen tätig, er starb als Kanoniker in Sucre / Bolivien. Im Jahre 1608 schrieb er eine Abhandlung „Irrtümer, falsche Götter und anderer Aberglaube bei den Indios der Provinzen Huarochiri, Mama und Chaclla“ [13] von der leider nur sechs Kapitel erhalten blieben. 1611 folgte eine Schrift über die Indios von Huánaco im östlichen Peru. Das nicht publizierte Manuskript ist erhalten geblieben.
Die ethnographischen Aufzeichnungen Francisco de Avilas über die Vorstellungen, Mythen und Riten der Indios sind z.T. auf Quechua geschrieben, sie stellen die ältesten quechuasprachigen Schriftdokumente dar.
Jedoch können verdienstvolle Schriften dieser Art höchsten die Verluste mildern, die durch die tausendfache Zerstörung von Tempeln, Götterbildern, Fetischen u.a. durch Kleriker entstanden sind.
Die Plejaden werden bei den indigenen Taulipang und Arekuna in Guayana Tamarökang genannt und sind für sie von großer Bedeutung, zur Bestimmung der Jahreszeiten; denn die Regenzeit beginnt mit dem Verschwinden der Plejaden am Westhorizont. Dann herrscht in Guayana traditionell kein Nahrungsmangel; die Trockenzeit beginnt, wenn die Plejaden im Osten wieder sichtbar werden. Nun wird der Wald gerodet und die Pflanzungen bestellt. „Nach der indianischen Deutung sind die Plejaden der Kopf des Jilijoaibo [13a], während sein Körper von der Aldebaran-Gruppe und sein linkes Bein von einem Teil des Orion gebildet werden“ (vgl. Huppertz [13b], S. 200, a.a.O.).
Die Mondjias im östlichen Sudan sehen in den Plejaden den Aufenthaltsort schöner Frauen nach ihrem Tode. Nach einem anderen Aspekt ihrer Mythologie sind die Plejaden eine Gruppe schöner Jungfrauen, die von dem Kulturheros Seto heftig begehrt werden. Auch dort wurde der Verfolger durch das Sternbild des Orion repräsentiert (vgl. Chevalier, S. 765, a.a.O.).
In Indien galt traditionell der hinduistische Kriegsgott Skanda (oder Murukan) als Sohn Shivas. Erzogen wurde er von dem „Sechsergestirn“ der Plejaden (Krittikah) und erhielt deshalb den Namen Karttikeya. Krittikah spielt in der traditionellen indischen Astrologie eine bedeutende Rolle.
Bei den Khoi („Hottentotten“) im südafrikanischen Kapland wurde einst beim Erscheinen der Plejaden ein Regenfest gefeiert, verbunden mit Gebeten um Nahrung und Regen (vgl. Hermann Baumann, S. 13, a.a.O.).
Der Name der japanischen Automobilfirma Subaru bedeutet wörtlich "regieren" oder "sich zusammentun" bezeichnet aber auch die Plejaden [14] .
Das Logo der Firma Subaru zeigt auch das „Sechsgestirn“ der Plejaden, wohl auch eine Erinnerung daran dass Fuji Heavy Industries Ltd. (FHI), die Besitzerin von Subaru, aus dem Zusammenschluss von sechs Firmen entstand.
Die deutsche Bundespost gab 2011 innerhalb ihrer Astronomie-Serie eine Sonder-Briefmarke „Für die Jugend“ mit einer Abb. der Plejaden heraus (Wert: 145 + 55 Euro-Cent; Abb auch auf der September-Seite)
(unveränderlich nach dem Gregorianischen Kalender, abgesehen von der langsam verlaufenden Präzession)
[1] Bei den Zeitabgaben handelt es sich weder um die MEZ noch die MESZ, sondern um die Mittlere Ortszeit (MOZ), d.h. für Berlin - ca. 6 Minuten gegenüber der MEZ.
[2] Alkyone / Halkyone wurde von vielen antiken Astronomen als das Zentrum der Milchstraße angesehen. Die Babylonier nannten den Stern „Temennu“ (d.h. „Grundstein“), die Araber „Al Wasat“ (d.h. das Zentrum) und die Hindus „Amba“ (d.h. die „Mutter“).
Alkyone war in der griechischen Sage eine Tochter des Aiolos und die Ehefrau des Königs Keyx von Trachis. Beider treue Gattenliebe wurde in der Antike sprichwörtlich. Nachdem Keyx ertrunken war und sich Alkyone vor Gram ins Meer stürzte, wurden beide von den Göttern in Meereisvögel verwandelt. Die Meereisvögel brüten im Winter und während dieser Zeit herrscht oft 14 Tage lang windstilles Wetter. Diesen Zeitraum nannten die antiken Griechen „Alkyonische Tage“, d.h. Tage der glücklichen Ruhe.
[3] Der griechische Arzt Diokles von Karystos (Mitte des 4. Jhdts. v. Chr.) empfahl „wohlgenährten“ Menschen „mit feuchter Konstitution“ in dem Zeitraum vom Untergang bis zum Aufgang der Plejaden nur einmal am Tage warm zu essen (vgl. Kollesch, S. 155, a.a.O.).
[4] Sternbilder haben am Himmel jedoch keine klaren Abgrenzungen, so dass unsicher ist, wann der Frühlingspunkt von den Fischen zum Wassermann übergeht, wann das „Wassermannzeitalter“ beginnen wird: irgendwann zwischen dem Jahr 2100 und dem Jahr 2500.
[5] Im Koran werden die Plejaden namentlich nicht genannt, aber die 53. Sure heißt „Najm“, i.e. „Der Stern“. Der erste Vers lautet: „Bei dem Stern, da er sinkt….“ (53,1), und dieser Stern wird oft im engeren Sinne als das Gestirn der Plejaden interpretiert. Die 86. Sure heißt „Tariq“, „Der Nachtstern“, und die ersten Verse lauten: „Bei dem Himmel und dem Nachtstern! Und was lehrt dich wissen, was der Nachtstern ist? Er ist das mit seinem Strahl durchbohrende Gestirn“ (86, 1). Die Bedeutung der Verse ist umstritten, als der Nachtstern werden z.T. der Morgenstern, aber auch der Sirius, der Saturn und eben die Plejaden angesehen.
[6] John V. Luce schreibt zur Heimat der Kalypso: „.... Kalypsos Inselheimat Ogygia hat man abwechselnd auf Malta, Ustica, Madeira, bei Ceuta an der Straße von Gibraltar, ja sogar auf Island gesucht“ (Luce, S. 215/216, a.a.O.). In Malta, auf der Insel Gozo, zeigt man sich eine angebliche Grotte der Kalypso.
[7] Bis heute wird im Türkischen ein periodisch gegen Mitte des November auftretender Seesturm „Ülker dönümü fırtınası“ genannt, der mit den Plejaden (Ülker) wiederkehrende Sturm.
[7a] Im 2. Jhdt. n. Chr. fand Ende März in Ostia ein Fest für Isis und den ägyptischen Schutzgott auch der Seefahrt Serapis statt: Nun wurde die Schifffahrt wieder aufgenommen. Dazu stach auch die Kornflotte für Ägypten in See, begleitet von feierlichen Zeremonien und Gebeten um glückliches Gelingen (vgl. Kaiser, 1986, S. 17/18, a.a.O.).
Denn schon seit der späten Republik wurde die Stadt Rom zum großen Teil mit Getreide aus Ägypten versorgt.
Die Fahrt von Ostia nach Alexandria dauerte unter günstigsten Bedingungen vorbei an Kreta mindestens neun. Allerdings behinderten oft Stürme die Schifffahrt. Die Getreidelieferungen aus Ägypten waren auf Zwischenstationen angewiesen, eine lag in Puteoli (dem heutigen Pozzuoli).
Es ging bei den Getreidelieferungen um einige hundert Schiffsladungen, die meistens von privaten, staatlich privilegierten Schiffseignern, den navicularii, organisiert wurden. Der Hafen und die Lagerkapazitäten von Ostia wurden aufgrund ihrer Lage bei Rom unter Claudius und Trajan ausgebaut.
Vermutet wird, dass es auch bei der ersten Rückkehr der Gerteideflotte aus Alexandria an der Tibermündung im Serapeum in Ostia zu einem zeremoniellen Empfang kam (vgl. http://www.ostia-antica.org/regio3/17/17-4.htm ).[8] Theokrit spricht in seinem 7. Gedicht auch weitere beobachtete Zusammenhänge zwischen astronomischen und meteorologischen Erscheinungen an:
„... Peitscht auch der Südsturm bei westlichem Stande der Böckchen die Wogen
wild vor sich her und verhält am Okeanos rastend Orion..."
(vgl. Theokrit, VII, 53 ff., S. 74, a.a.O.).
Bei dem „Böckchen" handelte es sich um drei Sterne unterhalb der Ziege, beim Sternbild des Fuhrmanns Anfang Oktober sind die drei Böckchen - Sterne am westlichen Himmel zu sehen. Sie wurden in der Antike vielfach mit den zu dieser Zeit tobenden Stürmen in Verbindung gebracht (vgl. Theokrit, Anm., S. 242, a.a.O.).
Das Sternbild Orion (der „himmlische Jäger") geht im Mittelmeergebiet im November unter, dieses Ereignis wurde einst mit den gleichzeitigen Regen und Stürmen in Zusammenhang gebracht.
"Am Okeanos rastend ('die Füße anhaltend') nennt ihn der Dichter, weil man zu dieser Jahreszeit bei Tagesanbruch das untergehende Gestirn dicht über dem Horizont sehen konnte. Mit der Erwähnung der Böckchen und des Orion greift Theokrit zwei verschiedene Zeitpunkte des stürmischen Herbstes heraus" (vgl. Theokrit, Anm., S. 242, a.a.O.).
Das Sternbild Fuhrmann (lat. „Auriga“ ≙ der Wagenlenker) ist eine ausgedehntes
Sternbild am Nordhimmel, dessen Hauptstern die Capella (Ziegenstern) ist, ein Stern 1. Größe, der dritthellste Stern am Nordhimmel. Der Name Capella bedeutet im Lateinischen
„Zicklein“. Mythologisch wurde der Stern mit der Nymphe Amaltheia identifiziert. Sie soll den Säugling Zeus mit ihrer Ziege genährt haben und wurde zum Dank von ihm an den Himmel
versetzt.
In Sternbild-Darstellungen trug oft der Fuhrmann die Ziege samt Ziegenböckchen auf dem Rücken. Schon seit babylonischer Zeit wurde das Sternbild als Fuhrmann bezeichnet.
[9] Nach einer anderen Tradition erfolgte die Neufeuerzeremonie auch unter dem aztekischen Sternbild des Feuerbohrers (vermutlich einer Konstellation aus Teilen des Stiers mit dem Aldebaran).
[12] Anthropologen um Benjamin Orlove von der University of California in Davis beschäftigten sich vor kurzem mit den Wetterbeobachtungen und – voraussagen der heutigen Andenbauern. Das noch aus der Inka–Zeit stammende System der Vorhersage soll tatsächlich funktionieren. Dabei spielen die Plejaden immer noch eine zentrale Rolle. Im Juni erscheint das Siebengestirn circa zwei Stunden vor der Morgendämmerung im nordöstlichen Horizont. In manchen Jahren aber ist der flimmernde Sternenhaufen schlecht zu sehen. Dann rechnen die Indios mit wenig Regen: sie verschieben deshalb die Aussaat der (dürresensiblen) Kartoffeln um einige Wochen. Anhand von meteorologischen Aufzeichnungen, Satellitendaten etc. fanden die US – Wissenschaftler heraus: Wenn sich im Juni „faserige“ Cirruswolken am Andenhimmel befinden, deutet das erstens auf ein El - Nino Jahr. Die Regenfälle im Oktober, der üblichen Anbauzeit, bleiben dann oftmals aus und die Ernte wird schlecht. Zweitens trüben hohe, mit dem Auge gar nicht sichtbare Cirruswolken, den Blick auf die Plejaden (vgl. „ Spiegel“, 12.6.2000, S. 222).
[13] Diese Schriften wurde durch den peruanischen Schriftsteller und Ethnologen José-Maria Arguedas (1911 – 1969) bekannt, der 1950 eine Kompilation unter dem Titel „Hombres y Dioses de Huarochiri“ veröffentlichte.
[13b] Die Sammlungen in Huppertz sind ein Ergebnis mehrerer Forschungsreisen des deutschen Ethnologen Theodor Koch-Grünberg (1872 – 1924) nach Venezuela, Guayana und Nordbrasilien. Die gesammelten Überlieferungen stammen jedoch nicht von den Yanumami, sondern von den Arekuna und Taulipang in Venezuela, Guayana und Nordbrasilien.
Der Devil's Tower in Wyoming - ein US-amerikanisches National Monument
Abb. Der Devil’s Tower (Photo: Axel Matusch, Oktober 1973)