22. Juni 1910: * Konrad Zuse, der bedeutende Computerpionier, als einer der Väter des Computers ein immer noch „weltberühmter Unbekannter“ (F. C. Delius) (vgl. auch Internet-Tag)
Konrad Zuse wurde am 22. Juni 1910 in Berlin geboren und starb 1995 in Hünfeld / Fulda.
Er absolvierte ein Bauingenieursstudium an der Technischen Hochschule Berlin – Charlottenburg (dem Vorläufer der TUB) und erhielt eine Stelle bei den Henschel - Flugzeugwerken in Berlin. Die dabei immer wieder anfallenden komplizierten aber langweiligen Rechnereien missfielen dem 25jährigen jedoch sehr. „Humorvoll pflegte er oft zu sagen: ‚Ich war zu faul zum Rechnen’“ (vgl. Horst Zuse, S.8, a.a.O.).
1935 kündigte er seine Stelle und begann er in dem Wohnzimmer seiner Eltern in der Kreuzberger Methfesselstraße 7 mit dem Bau einer „universellen Rechenmaschine“, des ersten Computers der Welt, den er Z1 (Zuse 1) nannte. Angetrieben wurde Z1 mit einer Handkurbel. Heute erinnert an dem im 2. Weltkrieg zerstörten Haus eine Gedenktafel an dieses Ereignis.
Am 12. Mai 1941 stellte Zuse mit seinem Z3 den weltweit ersten funktionstüchtigen, grogrammgesteuerten, in binärer Gleitpunktrechnung arbeitenden, betriebsfertigen Rechner mit ca. 2000 Relais in der Methfesselstraße einer kleinen Besuchergruppe vor. Z 3 war lochstreifengesteuert [1] und verfügte über Ein- und Ausgabemodule im Dezimalsystem (vgl. Horst Zuse, S.8 - 9, a.a.O.) [2] . Die Z3 schaffte etwa eine Addition pro Sekunde. Die Z 3 wurde durch den alliierten Bombenangriff zerstört.
In den folgenden Jahren entwickelte er die noch leistungsfähigere Z 4 – bestellt von den Henschel - Flugzeugwerken, die noch unfertig im Frühjahr 1945 auf einer gefährlichen zweiwöchigen Fahrt aus Berlin evakuiert wurde.
1945/46 entwickelte er – während der Evakuierung im Allgäu – mit „Plankalkül“ eine der ersten höheren Programmiersprachen. Zuse wollte dabei Maschinen konstruieren, die nicht nur Rechenaufgaben, sondern auch kombinatorische Probleme lösen könnten.
1949 gründete er die Zuse KG in Neukirchen, die erste deutsche Computerfirma. Als erstes wird die Z4 wieder instandgesetzt [3] und an die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich ausgeliefert. Zu dieser Zeit ist sie der einzige funktionsfähige Computer in ganz Europa. Die Zuse KG baute u.a. den ersten Plotter (Z64, vgl. TUintern, Nr. 4, April 2010, S. 16). Später zog die Zuse KG nach Bad Hersfeld.
Mit der Z11 begann die Zuse KG 1955 ihre Serienfertigung. Die Z11 wurde v.a. optische Industrieunternehmen und Universitäten verkauft. Die Z22 war 1957 der erste Rechner mit einem magnetischen Speicher.
Bis 1967 stellte die Zuse KG insgesamt 251 Computer her [4]. Dann wird die Firma wegen finanzieller Probleme an Siemens verkauft, der Firmenname Zuse verschwand.
Konrad Zuse veröffentlichte zudem 1967 die Schrift „Der Rechnende Raum“ und baute einen Windturm zur Ausnutzung der Windenergie. Nebenbei rekonstruierte Zuse die im 2. Weltkrieg zerstörten Rechner Z1 und Z3.
Im Jahre 1964 war Zuse „Ringträger“ der Stiftung Werner - von – Siemens – Ring.
Konrad Zuse starb am 18. Dezember 1995 in Hünfeld.
Eine Tragik überschattet Zuses Werk, denn er stritt nach 1945 fast drei Jahrzehnte lang mit Patentämtern und Gerichten - vergeblich. Noch 1967 entschied ein Gericht: „Eine patentwürdige Erfindung liegt nicht vor“.
Der deutsche Schriftsteller Friedrich Christian Delius (* 1943 in Rom ) thematisierte in seinem Roman „Die Frau, für die ich den Computer erfand“ (Rowohlt Verlag, 2. Auflage 2009) in Form eines fiktiven Monologs Zuses das Leben und die Arbeit Konrad Zuses.
Der Titel des Romans bezieht auch auf die (angebliche) heimliche Liebe / Verehrung Zuses für die fast hundert Jahre ältere britische Mathematikerin Ada Lovelace (1815-1852), eine Tochter von Lord Byron. Sie war eine enge Mitarbeiterin des englische Mathematikers, Philosophen und Erfinders Charles Babbage (1791 - 1871), dessen mechanische Rechenmaschinen („Difference Machine“, 1823 [5] und „Analytical Engine“, 1834) als Vorläufer des modernen Computers angesehen werden kann. Babbages Rechenmaschine wurde zu seinen Lebzeiten nicht gebaut, das britische Parlament verweigerte eine Finanzierung. Zudem mangelte es allerdings damals auch an der Präzision der Feinmechanik (vgl. Horst Zuse, S. 14, a.a.O.).
Ada Lovelace entwickelte einen Algorithmus für Charles Babbages Rechenmaschine und gilt von daher als die erste Programmiererin überhaupt. Die wohl auch heute noch eingesetzte Programmiersprache Ada wurde in den 1970er-Jahren nach ihr benannt.
Horst Zuse, der älteste Sohn Konrad Zuses, glaubt allerdings, dass sein Vater weit eher Charles Babbage selbst verehrte.
Konrad Zuse hat sich nie einen Computer gekauft, aber 1985 hat ihm Siemens einen geschenkt. Zuse soll nie eine Taste angerührt haben.
Oft wurde Konrad Zuse auf die Macht der Computer angesprochen, er pflegte darauf zu antworten: „Wenn die Computer zu mächtig werden, dann zieht den Stecker aus der Steckdose“ (vgl. Horst Zuse, S. 13, a.a.O.).
(unveränderlich nach dem Gregorianischen Kalender)
[1] Als Lochstreifen wurden Filmabfälle der Ufa benutzt.
[2] Horst Zuse regte 2008 den Nachbau der Z 3 in Originalgröße (mit modernen Industrierelais) an. Der endgültige Standort des unterdessen realisierten Nachbaus wird das Konrad – Zuse – Museum in Hünfeld sein.
[3] Später bekam das Deutsche Museum in München die Z4, wenn auch ohne die Software.
[4] 1964 übernahm kurzzeitig BBC die Zuse KG.
[5] Die „Difference Machine“ sollte mit ca. 4000 Einzelteilen wie Zahnräder, Nockenscheiben und Hebeln arbeiten, angetrieben von einer Handkurbel und wäre ca. 3 Tonnen schwer gewesen. Ca. 20 Jahre nach der Projektierung von Babbage und dank einer präziseren Werkzeugtechnik konnten die schwedischen Gebrüder Georg und Eduard Scheutz nach Babbages Vorlagen eine funktionierende Rechenmaschine bauen, die auf der Pariser Maschinenmesse 1855 eine Goldmedaille gewann. Die Maschine wurde für 5000 US - $ nach Amerika verkauft, um dort an einer Sternwarte Tabellen zur Bewegung des Planeten Mars zu errechnen.
© Christian Meyer
Abb.: Denkmal von Konrad Duden und Konrad Zuse vor der Stiftskirche
in Bad Hersfeld (Photo: Christian Meyer, Juli 2015)