Der Nanakshahi – Kalender der Sikhs
Bis 1998 benutzten die Sikhs überwiegend einen Mondkalender, die Gregorianischen Daten der Feiertage veränderten sich deshalb von Jahr zu Jahr. Ähnlich den Hindus
(oder den Juden) verwendeten die Sikhs einen Lunisolarkalender, d.h. die Monate waren echte Monate nach dem Mondzyklus. Jeder Monat umfasste 29 oder 30 Tage und begann gewöhnlich mit dem
Neumond
Zum Ausgleich zum Sonnenjahr wurde alle zwei bzw. drei Jahre ein zusätzlicher 13. Schaltmonat („Adhikamasa“) eingefügt. Ein solches Jahr hat dann 384 Tage. In den Schaltmonaten wurden keine der Feste gefeiert, was eigentlich der Grundauffassung der Sikhs widersprach, kein Monat, kein Zeitabschnitt generell sei an sich besser oder schlechter als andere.
Der traditionelle Sikh – Kalender kannte sechs Jahreszeiten:
Vasanta (Frühling) |
ca. März und April |
Grishma (Sommer) |
ca. Mai und Juni |
Varsha (Regenzeit) |
ca. Juli und August |
Sharad (Herbst) |
ca. September und Oktober |
Hemanta (Winter) |
ca. November und Dezember |
Shichira (kalte Jahreszeit) |
ca. Januar und Februar |
Da viele Sikhs traditionell eng mit der Landwirtschaft verbunden waren, hatte die Erntezeit eine große Bedeutung. Zwei der wichtigsten Sikh – Feste, Baisakhi (vgl. 14. April) und Lohri (vgl. 13. Januar), waren mit der Landwirtschaft verknüpft. Beide wurden deshalb nach dem Sonnenkalender und immer zum gleichen Datum gefeiert.
Da das Jahr des hinduistischen Lunisolar – Kalenders von der wahren Länge des tropischen Sonnenjahres (von Märzäquinoktium zur nächsten Märzäquinoktium) um ca. 20 min abweicht, verschoben sich die Festtage innerhalb der Jahreszeiten: Das Baisakhi – Datum verschob seit dem Jahre 1469 n. Chr. bis heute um 8 – 9 Tage:
Jahr Baisakhi-Datum
1000 22. März
1469 27. März
1699 29. März
1752 29. März
1753 9. April (wegen der Umstellung vom Julianischen zum Gregorianischen Kalender)
1799 10. April
1899 12. April
1999 14. April
2100 15. April
In den letzten Jahrzehnten entstand allerdings bei Teilen der gläubigen Sikhs ein Wunsch nach stärkerer Abgrenzung v.a. von den Hindus, auch ein größeres Selbstbewusstsein hinsichtlich der Eigenständigkeit des Sikhismus – unabhängig vom Hinduismus und Islam. Ein Indiz dafür die Schaffung eines eigenen Kalenders als Symbol der Identitätsfindung. Entwickelt wurde der neue Sikh - Kalender seit den 60er-Jahren des 20. Jhdts. von einem in Kanada lebenden Computer-Ingenieur, Pal Singh Purewal.
Nach langen Planungen und Diskussionen wurde schließlich von dem „Institute of Sikh Studies Chandigarh“ und dem „Shiromani Gurdwara Parbandhak Committee“ (SGPC) ein neuer auf der Sikh – Geschichte und den Festtagen basierender Sonnenkalender eingeführt.
Der im Jahre 1999 von vielen Sikhs als verbindlich erklärte Nanakshahi – Kalender ist ein Sonnenkalender, seine Daten verändern sich von daher gegenüber dem Gregorianischen Kalender außer in Schaltjahren nicht mehr von Jahr zu Jahr.
Die Jahreszählung des Nanakshahi – Kalenders der Sikhs beginnt mit der Geburt des Guru Nanak im Jahre 1469. Das Gregorianische Jahr 1998 war von daher das Nanakshahi Jahr 530. Am 14. März 1999 begann das Sikh – Jahr 531, 2008 entspricht dem Sikh - Jahre 540.
Das Sikh – Nanakshahi - Jahr beginnt mit dem Neujahrstag Chet 1, das entspricht dem Gregorianischen 14. März.
Der Nanakshahi – Kalender hat 12 Monate:
Sikh - Monat |
Beginn nach dem Gregoria- nischen Kalender |
Chet 31 Tage |
14. März |
Vaisakh 31 Tage |
14. April |
Jeth 31 Tage |
15. Mai |
Harh 31 Tage |
15. Juni |
Sawan 31 Tage |
16. Juli |
Bhadon 30 Tage |
16. August |
Asu 30 Tage |
15. September |
Katik 30 Tage |
15. Oktober |
Maghar 30 Tage |
14. November |
Poh 30 Tage |
14. Dezember |
Magh 30 Tage |
13. Januar |
Phagan 30 / 31 Tage |
12. Februar |
Hinsichtlich der Schaltungen folgt der Nanakshahi-Kalender den gregorianischen Schaltjahren. In einem Schaltjahr hat der letzte Monat, Phagan, einen 31. Tag.
Viele Feste wie Holi oder Diwali feiern Sikhs gemeinsam mit den Hindus. Die Feste, die exklusiv von den Sikhs begangen werden, beziehen sich v.a. auf das Leben (ihre Geburtstage - Prakash, Parkash - den Beginn ihrer Guruschaft - Gurgadi, Gur Gadhi - und ihr Tod - Joti Jod, Jyoti Jot) der 10 Gurus (i.e. „Lehrer“). Hier eine Liste Guru - Feiertage („Gurpurabs“) nach dem Nanakshahi- und dem Gregorianischen Kalender:
Guru |
Geburtstag (Parkash) |
Guruschaft - Datum (Gur Ghadhi) |
Todesdatum (Jyoti Jot) |
Guru Nanak Dev |
1. Vaisakh 14. April |
von Geburt an |
8. Asu 22. September |
Guru Angad Dev |
5. Vaisakh |
4. Asu |
3. Vaisakh |
Guru Amar Das |
9. Jeth 23. Mai |
3. Vaisakh 16. April |
2. Asu 16. September |
Guru Ram Das |
25. Asu 9. Oktober |
2. Asu 16. September |
2. Asu 16. September |
Guru Arjan Dev |
19. Vaisakh 2. Mai |
2. Asu 16. September |
2. Harh 16. Juni |
Guru Hargobind |
21. Harh 5. Juli |
28. Jeth 11. Juni |
6. Chet 19. März |
Guru Har Rai |
19. Maghar 31. Januar |
29. Phagan (12/11Mar) |
6. Katik 20. Oktober |
Guru Har Krishan |
8. Savan 23. Juli |
6. Katik 20. Oktober |
3. Vaisakh 16. April |
Guru Tegh Bahadur |
5. Vaisakh 18. April |
3. Vaisakh 16. April |
11. Maghar 24. November |
Guru Gobind Singh |
23. Poh 5. Januar |
11. Maghar 24. November |
7. Katik 21. Oktober |
Guru Granth Sahib |
17. Bhadon
1. September |
6. Katik Deklaration der Guruschaft |
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Generell erscheint es problematisch, dass der Nanakshahi - Kalender Gedenktage enthält, die politischen Zündstoff enthalten und gerade nicht des friedlichen Nebeneinanders der Religionen gedacht wird. Es handelt sich um….
Die Jahreszählung beginnt mit Guru Nanak 1468/69. Die Umrechnung erfolgt nach folgender Regel:
Sikh – Jahr = AD -1468 (für den Zeitraum vom 14. März, dem Sikh-Neujahrstag, bis zum 31. Dezember)
Sikh – Jahr = AD – 1469 (für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 13. März)
Das Gregorianische Jahr 2012 entspricht dem Sikh – Jahr 543/44.
Der Nanakshahi - Kalender ist sehr jung und erst die Zukunft wird zeigen, ob er von der Mehrheit der (eher konservativen) Sikhs wirklich akzeptiert werden wird.
© Christian Meyer