..... 

Abb.: Glendabough: St. Kevin’s Church mit aufgesetztem Glockenturm und Rundturm auf dem nahegelegenen Friedhof (Abb. Irische Postkarte aus dem Jahre 1979) 

3. Juni: Gedenk- und Todestag des irischen Heiligen Kevin von Glendalough (z.T. auch am 6. Juni begangen); verehrt von der katholischen und orthodoxen Kirche

 

Kevin von Glendalough (auch Kevin von Wicklow bzw. Kevin von den Engeln) ist ein irischer Heiliger des 7. Jhdts.. Kevin" ist die englische Version des irischen Namens Caoimhín (Coemgen auf alt-irisch, latinisiert Coemgenus). Er soll insgesamt 120 Jahre gelebt haben, von ca. 498 bis 618.

Glendalough (gäl. Glen – Tal – der zwei Seen“) – die Landschaft, in der Kevin v.a. sein asketisches Eremiten-Leben führte - liegt südlich vom heutigen Dublin in der Grafschaft Wicklow. Es handelt sich um ein von Gletschern ausgehöhltes Hochtal mit zwei durch Moränen aufgestaute Seen (vgl. Ziegler, S. 71, a.a.O.).

Kevins Leben ist von Legenden überwuchert, es ist umstritten, ob er eine historische Person sei. Die ältesten schriftlichen Überlieferungen über Kevin sind erst 500 - 600 Jahre nach seinem Tod entstanden.

 

Kevin soll einer adligen Familie entstammen. Angeblich wurde noch vor der Geburt seiner Mutter Coemella von einem Engel im Traum verkündet, ihr Sohn würde „Vater vieler Mönche“ werden.

Eine der Legenden aus der mittelalterlichen Heiligen-Vita erzählt, dass eine weiße Kuh Kevins Mutter lange Zeit morgens und abends Milch für das Baby brachte.

 

Auch soll Kevin bereits als Jugendlicher wundersame Dinge bewirkt haben: Einst hütete der junge Kevin eine Schafherde. Dabei traf er auf eine Gruppe ärmlicher, halb verhungerter Männer, die ihn – um Gottes Lohn – um Nahrung baten. Zur höheren Ehre Gottes schlachtete Kevin daraufhin für sie acht seiner Tiere, ohne dass sich die Anzahl der Tiere verminderte.

Kein Wunder, dass die Eltern ihn für eine geistliche Laufbahn vorsahen. So sandten sie Kevin zur religiösen Ausbildung ins Kloster Kilnamanagh (irisch: „Cill na Manach“, „Kirche der Mönche“) beim heutigen Dublin.

Das dortige Kloster wurde später zerstört, erhalten ist einzig ein angeblich von Kevin gebauter Brunnen in einem kleinen Garten. Kilnamanagh ist heute ein Vorort von Dublin, die dortige 1978 errichtete Kirche heißt St. Kevin’s Church. 

Auch eine Wallfahrt nach Rom ist in der Heiligen-Vita überliefert. Nach seiner Ordination zog Kevin sich nach Glendalough zurück, wo er ein asketisches Eremiten-Leben im Wald und am Ufer des Sees, in Einsamkeit und Stille geführt haben soll. Die Fundamente der „Zelle“ im Wald (Saint Kevin’s Cell) und die Höhle, in der er angeblich schlief (Saint Kevin’s Bed) werden bis heute gezeigt. Als Gefährten soll er so sieben Jahre lang nur die Natur, die Tiere und besonders die Vögel gehabt haben. Er lief der Vita nach barfuß, trug nur Tierhäute und -felle als Kleidung, schlief auf den Steinen und aß nahezu nichts. Seine Zeit verbrachte Kevin im Gebet und geistlichen Übungen. 

Um 540 hatte sich sein Ruf als Heiliger und Lehrer in Nah und Fern, in der Region von Glendalough und in ganz Irland verbreitet und immer mehr Anhänger angezogen, die er im asketischen Leben unterwies. So wurde eine kleine ummauerte Niederlassung errichtet, nahe dem Seeufer. 

Um 549 wurde am oberen der beiden Seen eine schnell wachsende Abtei gegründet. Bis zu seinem Tode blieb Kevin Abt des Klosters. Unklar ist, ob Kevin auch Bischof war. Jedenfalls waren die nachfolgenden Äbte des Klosters immer auch zugleich Bischof der Diözese Glendalough, die bis Anfang des 13. Jhts. bestand (vgl. Barrow, a.a.O.).

 

Allerlei Wundererzählungen wurden von St. Kevin überliefert:

Als der Heilige einst am Seeufer in seinem Psalterbuch las, fiel es für ihn unerreichbar in den tiefen See. Auf Kevins Klagen hin, brachte ihm ein Fischotter das Buch vom Grunde des Sees zurück, das Buch war wunderbarerweise unversehrt.

Auch soll er zwei von Räubern enthauptete Frauen nicht nur wieder zum Leben erweckt, sondern sie auch noch zu benediktinischen Nonnen gemacht haben. 

Die Legende vom Seemonster erzählt, dass einst ein Untier im Unteren See Kevin beim Abend-Gebet störte. Darauf hin verbannte er das Monster mit Gottes Hilfe in den Oberen See und zähmte es angeblich durch seinen Glauben. Der Untere See heißt deshalb noch heute im Irischen Loch Na Péiste See des Monsters.

 

Schwierig erscheint das Verhältnis des zölibatär lebenden Kevin zu Frauen gewesen zu sein. Die Heiligen-Vita berichtet von „Verehrerinnen“, die sich ihm zu nähern versuchten. Zur Abwehr sündig-erotischer Versuchungen soll er sich nackt in einem Brennnesselgebüsch gewälzt und Frauen mit Nesselzweigen zurückgetrieben haben.

Eine als „aufdringlich“ geschilderte Frau, Kathleen, soll der Heilige sogar aus seiner Höhle über dem Oberen See gestoßen haben. Nach den verschiedenen Legenden ertrank Kathleen in dem See oder schwamm - gedemütigt - zurück ans Ufer. War vielleicht Kevins Angst vor der eigenen Sexualität größer, als die Angst vor „den Frauen“?

 

Die Legende von Kathleen – Kitty – thematisierte und popularisierte die 1962 gegründete irische Volksmusik-Gruppe  “The Dubliners” mit ihrem Song “The Glendalough Saint” von 1972:  "In Glendalough, there lived an auld saint, renowned for his learning and piety, his manners were curious and quaint, and he looked upon girls with disparity" (vgl. “The Best Of The Dubliners”, Vol. 1, Transatlantic Records)‎

 

Als charakteristisch galt Kevins Tierliebe, der Heilige wurde und wird oft mit Tieren, vor allem mit Vögeln dargestellt. Er soll sich unter Tieren wohler gefühlt haben als unter Menschen.

Eines der bekanntesten Gedichte des irischen Literatur-Nobelpreisträgers von 1995 Seamus Heaney (1939-2013) thematisiert die berühmteste Legende, Kevin mit der Amsel, “St Kevin and the Blackbird” (1996): In der Fastenzeit soll der Hl. Kevin einst mit ausgebreiteten Armen selbstvergessen („self-forgetful“) gebetet haben, wie die Querbalken („crossbeam“) eines Kreuzes. Während er also im trance-artigen Gebet versunken seine Hand ausstreckte, ließ sich der Vogel auf seiner geöffneten Handfläche („turned-up palm„) nieder, - er hielt in der Gebetshaltung still, und die Amsel  baute dort ihr Nest, legte dort ein Ei und brütete es aus („hatch“). Kevin aber – verbunden im Netzwerk des ewigen Lebens („the network of eternal life“) bewegte die Hand nicht mehr, für Wochen, ruhig wie ein Zweig in Sonne und Regen („like a branch out in the sun and rain for weeks“), bis das Küken ausgeschlüpft („fledged“) war und davon fliegen konnte. Der Dichter betonte schließlich das Mitleid, die Leidensbereitschaft des H eiligen, der so handelte, ohne göttlichen Lohn zu erwarten („to labour and not to seek reward“). So wurde Kevin ist auch Patron der Amseln.  Das Gedicht lautet:  

 

Seamus Heaney

 

And then there was St Kevin and the blackbird.
The saint is kneeling, arms stretched out, inside
His cell, but the cell is narrow, so

 

One turned-up palm is out the window, stiff
As a crossbeam, when a blackbird lands
And lays in it and settles down to nest.

 

Kevin feels the warm eggs, the small breast, the tucked
Neat head and claws and, finding himself linked
Into the network of eternal life,

 

Is moved to pity: now he must hold his hand
Like a branch out in the sun and rain for weeks
Until the young are hatched and fledged and flown.

*

And since the whole thing’s imagined anyhow,
Imagine being Kevin. Which is he?
Self-forgetful or in agony all the time

 

From the neck on out down through his hurting forearms?
Are his fingers sleeping? Does he still feel his knees?
Or has the shut-eyed blank of underearth

 

Crept up through him? Is there distance in his head?
Alone and mirrored clear in love’s deep river,
‘To labour and not to seek reward,’ he prays,

 

A prayer his body makes entirely
For he has forgotten self, forgotten bird
And on the riverbank forgotten the river’s name.

 

 

(vgl. Seamus Heaney, a.a.O.) 

 

Der Überlieferung nach starb Kevin am 3, Juni des Jahres 618 in Glendalough, angeblich im „biblischen“ Alter von 120 Jahren. Rasch wurde er als Heiliger verehrt und sein Grab und das Kloster wurden das Ziel von Wallfahrten.

Nahe dem unteren See entstand eine regelrechte Klosterstadt („monastic city“) mit einem typisch irischen, völlig intakten Rundturm (30 m), einigen Kirchen, insbesondere der „St. Kevins Kirche“ und Klostergebäuden.

1368 wurde das Kloster Glendalough im Krieg von englischen Soldaten zerstört, blieb aber bis 1539 noch bestehen. In diesem Jahr aber wurde es – wie alle katholischen Klöster – unter König Heinrich VIII. Tudor (seit 1541 auch formal König von Irland) aufgelöst und ihr Besitz konfisziert. 

 

Erhalten geblieben sind in Glendalough u.a. St. Kevin’s Church (genannt: St. Kevin’s kitchen) aus hartem Glimmerschiefer aus dem 11./12. Jhdt., die durch den „… auf das Dach aufgesetzten Glockenturm einzigartig ist“ (Ziegler, S. 73, a.a.O.). Die sonstigen Gebäude stammen wahrscheinlich aus dem 10. - 12. Jhdt.. Teilweise  wurden sie im  19. Jhdt. aus Original-Baumaterial rekonstruiert.

Es ist nicht überliefert, wo sich in Glendalough das Grab des Hl. Kevin befand. Die Legende besagt aber, abends, wenn  Glendalough wieder still und einsam geworden ist, flöge ein Schwarm Amseln auf und setze sich im Friedhof auf ein verwittertes, namenloses Grab.

Nahe den Ruinen und dem Friedhof befindet sich noch ein irisches Steinkreuz aus dem 7. Jhdt.

Die katholische Kirche erklärte Kevin 1903 durch Papst Pius X. zum Heiligen (Kultbestätigung,  das Recht der Verehrung der Reliquien und der kultischen Anrufung). Er gilt als Schutzpatron der irischen Hauptstadt Dublin, der gleichnamigen Erzdiözese und der Amseln.

 

 

 (unveränderlich, nach dem Gregorianischen Kalender)

 

 © Christian Meyer

 

Abb.: Irische 1 €-Gedenkbriefmarke zum zum 1400. Todestag des Hl. Kevin aus dem Jahre 2018: Man sieht den Heiligen unter einer Eiche sitzend, mit der Amsel auf der Hand; die Gebäude im Hintergrund sind wohl u.a. die St. Kevin’s Church.

 

 

 

 

Abb.: Alte irische Buchmalerei mit einer Darstellung von Kevin von Glendalough, in seiner Hand die Amsel, eines seiner Attribute.