Anklage, Feuerprobe und Rettung Sitas
Anklage, Feuerprobe und Rettung Sitas

Indische Miniatur (18./19. Jhdt.): Die Miniatur zeigt (von rechts nach links, unten und oben Mitte) die Anklage, Feuerprobe und Rettung Sitas (Valmiki, S. 160, V, a.a.O.).

 Divali

 

Hinduistisch – jainistisch- sikhistisches  Divali- / Diwali / Deepawali-Fest, in Indien gesetzlicher Feiertag: Ein Lichterfest ("diwa" = Öllampen) mit unterschiedlichen Interpretationen in verschiedenen Regionen Indiens. Zum einen wird das Fest als eng verbunden mit der Geschichte des Gottes Rama (vgl. ð auch „Ramanavami, der Geburtstag Ramas) gesehen, die in Valmikis Sanskrit – Epos „Ramayana“ (vgl. Valmiki, a.a.O.) und dem Hindi – Epos „Ramayana von Tulsidas“ aus dem 15. Jhdt. dargestellt wurde.

Das „Ramayana“ erzählt in 24 000 Doppelversen eine Geschichte von verfolgter Unschuld und bestrafter Bosheit.

Rama gilt als Inkarnation Vischnus, kam als solcher auf die Erde und wuchs als Prinz auf. „Rama’s (!) Erscheinung wird nach der indischen Sage als die siebente Menschwerdung des Vischnu betrachtet. Sie ward durch die Klagen veranlasst, welche vor den Brahma kamen, über die Unthaten des Riesen Ravana, König zu Lanka und seiner Genossen…. Um ihn zu bekämpfen, entschließt sich Vischnu, menschliche Gestalt anzunehmen, als Sohn des Dasharatha, Königs von Ayodhya“ (Friedrich Schlegel, in Valmiki, S. 303, a.a.O.). 

Als junger Mann kämpfte Rama tapfer mit Dämonen und heiratete die „mondäugige“ Sita, die als schönste und treueste Frau der Welt galt. Sie entsprang einer Ackerfurche und gilt als Vegetationsgöttin.   

Sita wurde jedoch von dem Dämonen Ravana entführt und in einem Ashokahain [1] in Lanka versteckt und gefangen gehalten. Rama zog zusammen mit Freunden und Bundesgenossen, insbesondere dem tapferen und listigen Affen Hanuman, nach Lanka, bekämpfte die Dämonen, tötete Ravana und befreite Sita.

Allerdings verstieß Rama nach dem Sieg über Ravana seine Frau Sita. Denn: „Welcher Ehrenmann würde sich seiner Leidenschaft so unterwerfen und eine Frau zurücknehmen, die im hause eines anderen gelebt hat? …. Unmöglich konnte Ravana beim Anblick deiner entzückenden, himmlischen Schönheit dich unberührt bei sich wohnen lassen“ (Valmiki, S. 280, a.a.O.).

Als Motiv für den Krieg und die Befreiung Sitas führte Rama aus, dass sie „…. nicht gänzlich um deinetwillen geschah. Tilgen wollte ich nur die Schande und rächen die Beleidigung an meinem berühmten Haus“ (Vamiki, S. 280, a.a.O.).

 

Als Beweis für ihre Unschuld unterzog sich nun Sita einer Feuerprobe: ein Scheiterhaufen wurde errichtet, entzündet und Sita betrat den brennenden Scheiterhaufen. Agni, der Feuergott, rettete Sita jedoch aus den Flammen, barchte sie zu Rama zurück und versicherte ihm, Sita sei völlig tadellos und unschuldig. Rama nahm „… seine Geliebte zurück und empfand die verdiente Beglückung“ (Valmiki, S. 285, a.a.O.).  

Nach der Rückkehr Ramas nach Ayudhya begann ein goldenes Zeitalter, in dem die Menschen glücklich lebten.

Das „Ramayana“ – die „Ilias der Inder“ – ist bis heute in ganz Südostasien sehr populär, viel populärer als die Ilias heute in Europa.

 

Zu Divali gedenkt man der Rückkehr des mythischen Königs Rama in seine Stadt Ayudhya, die Bevölkerung begrüßt ihn mit Lichterketten. Für viele Geschäftsleute steht Lakshmi, die Göttin des Wohlstandes, im Mittelpunkt: man tauscht Geschenke und Karten.

Für seine religiöse Toleranz, Neugier und Offenheit war der Mogul – Kaiser Akbar (d. Große) berühmt. Eines Tages erschien er der Überlieferung nach im „….. Staatsrat mit dem hinduistischen Tilak  - Zeichen [2] auf der Stirn und feierte den brahmanischen Feiertag des Dewali mit der Inbrunst eines Brahmanen“ (vgl. Carroll, S. 40, a.a.O.).   

 

(variabel nach dem hinduistischen Mondkalender, bei Neumond im Mondmonat Kartik)

 

 

© Christian Meyer

 


[1] Ashoka (Saraca India) ist ein kleiner immergrüner Baum, der im Januar / Februar viele orangene und scharlachrote Blüten trägt. In Indien glaubte man, der Ashokabaum blühe auf, wenn eine Frau ihn mit dem Fuß berührt. Hindus und Buddhisten betrachten ihn als heiligen Baum, Shakyamuni Buddha soll unter einem Ashokabaum geboren worden sein. 

[2] Das Tilak – Zeichen ist ein Zeichen des Gottes Shiwa.  Es besteht aus drei horizontalen Streifen (sanskr. „tripundra“ = drei Bänder) auf der Stirn, gemalt mit Sandelholzpaste oder Asche. Die als heilig angesehene Asche stammt von verbrannten Kuhfladen (vgl. Abb. unten).  

Auch dem Papst Johannes Paul II  wurde bei einem Besuch in Neu Dehli 1986 das Tilak-Zeichen auf die Stirne gezeichnet. Dabei soll der Papst geäußert haben:  „Alle Religionen sind von Gott gewollte Wege zum Heil“.

Sitas Feuerprobe
Sitas Feuerprobe

Die Abb. zeigt Sita auf dem Scheiterhaufen, der Text der Sprechblase lautet: „O Agni, ich wollte nicht meine Tugend vor der Welt preisen. Aber da Rama es verlangt, zeige ihnen, dass ich schuldlos bin" (Abb. "Sitas Feuerprobe“, aus einem indischen Göttercomic).

Tilak-Zeichen
Tilak-Zeichen