Abb.: Iranische 50 Rial-Münze  (Al/Ni/Br) von 2006: Sie zeigt das Mausoleum mit Doppelminarett von Hazrat–e Masumeh (Fatima al-Masuma), der Tochter des  Imams  Musa ibn-e Jafar und Schwester des Imams Reza in Ghom. Ihr Grab ist ein wichtiges schiitisches Wallfahrtszentrum; es darf (schon in Schah-Zeiten) von Nicht–Muslimen nicht betreten werden. Die 100 Rial-Münze der selben Serie zeigt den Schrein von Imam Reza in Mashhad.

Beginn der dreitägigen schiitisch- muslimischer Gedenk- und Trauertage an Fatima bint Musa, al-Masuma

 

Fatima bint Musa, al-Masuma  („die Sündlose“, 790-817) war die Tochter des 7. Imam, Musa Kadhim (einem Enkel von Fatima bint Muhammad),  und jüngere Schwester [1] des 8. Imams der Zwölferschia, Reza. Im Hause ihres Vaters in Medina wurde sie in muslimischer Tradition und Gelehrsamkeit erzogen. Später wollte sie ihren Bruder im östlichen Iran besuchen, aber ihre Karawane wurde überfallen, sie wurde gefangen genommen, erkrankte oder wurde wie einige Überlieferungen berichten – von abassidischen Gegnern vergiftet [2]. Zum Sterben ließ sich ca. 28-jährige nach Qom/Ghom [3] bringen, wo sie auch 817 beerdigt wurde.

 

In schiitischen Überlieferungen werden der „heiligen Fātima“ (Hazrat Maʿsūma) verschiedene Ehrennamen, wie die Sündlose, die Unberührte und auch allerlei Wunder zugesprochen [4] , die sie vollbracht haben soll und an ihrer Grabstätte auch heute noch vollbringen soll. .

 

In schiitisch orientierten Biographien wird sie häufig mit der Tochter des Propheten, Fatima bint Muhammad, gleichgesetzt. Wie sie zur angesehensten, meistverehrten Heiligen des Iran wurde, ist angesichts der wenigen gesicherten Informationen über ihr kurzes Leben schwer nachzuvollziehen (vgl.  https://www.al-islam.org/lady-fatima-masuma-of-qum-masuma-jaffer/biography-lady-fatima-masuma).

 

Die Grabstätte Fatima al-Masumas wurde seit dem Jahre 869/70 im Laufe der Jahrhunderte immer wieder erweitert und ausgeschmückt, in einen prächtigen Schrein und Moschee-Komplex verwandelt. Vor allem seit der Zeit der Safawiden, die die Zwölferschia zur persischen Staatsreligion erhoben, wurde der Schrein in Ghom zu eeiner bedeutenden schiitischen Wallfahrtstätte, nach dem Grab von Imam Reza, Fatimas Bruder, in Mashad, das zweitwichtigste iranische Pilgerziel. Im Jahre 1519 wurde der Text einer Hadith an einem Balkon des Schreins kalligraphisch auf blauem Grund gestaltet: „Wer in Liebe zur Familie der Propheten stirbt, stirbt wie ein Märtyrer“ (vgl. http://en.abna24.com/cultural/archive/2015/08/16/706159/story.html). Schah Abbas I. (reg. 1587 - 1629) ließ die heute existierende Anlage errichten, in der Königsgruft des Heiligtums wurden eine Reine von Königen und Prinzen bestattet. Unter dem zweiten Kadjaren Fath Ali Schah (reg. 1797 - 1834) wurden die Goldplatten auf der Hauptkuppel angebracht, auch ließ er in Ghom die wichtigste Medrese gründen. Der Schah war ein großer Verehrer der Fatima al-Masuma. Immer wenn Fath Ali Schah nach Ghom kam, stieg er vor der Stadt vom Pferd, zog die Schuhe aus und lief demütig-barfuß zu dem Heiligtum (vgl. de Bellaigue,  S, 112, a.a.O. ). Der Schah wurde auch nahe dem Grab Fatimas bestattet, seit der Islamischen Revolution allerdings erinnert an seinem Marmorsarkophag nichts mehr an ihn.

 

Ende der 40er Jahre des 20. Jhdts. wurde der gesamte Komplex durch eine großzügige Spende von Schah Reza II. restauriert (vgl. Taheri, S. 129, a.a.O.). Im Jahre 2000 wurden die Goldplatten der Kuppel abgenommen, erneut restauriert und wieder befestigt.

Die heutige Moschee hat insgesamt drei Kuppeln und sechs Minarette. Innerhalb des Schreins sind auch drei Töchter des 9. Imams der Zwölferschia, Muhammad at-Taqi begraben

Im Jahre 2013 wurde das Grab von Fatima Masuma von Ayatollah Nasir Makarim Schirazi  rituell gereinigt.

 

 Der gesamte Komplex ist mit einer Vielzahl von kalligraphischen Marmorinkrustationen und farbigen Keramiken geschmückt, v.a. Koranversen, so z.B. aus der Sure 24 (an-Nur – das Licht): „Allah ist das Licht der Himmel und der Erde“ (Sure 24, 35). 

 

Nahe dem östlichen Tor des Schreins gibt es einen größeren Balkon (Aineh Balkon), dessen Unterseite völlig mit stalaktitischem Spiegelwerk geschmückt ist, das v.a. nachts eine phantastische, diamnatenähnliche Wirkung vermittelt. Über der Pforte befindet sich als Inschrift in Nastaliq-Schrift der Ausspruch von Imam Reza: “Jene, die Fatima in Qom besuchen, wird sicher der Himmel gewährt“ (vgl. http://www.duas.org/ziaratmasoomaqom.htm) [5]. Der Komplex ist das künstlerische Werk des Baumeisters Ustad Hasan Memar Qummi aus der Kadjarenperiode.

 

Über der Stadt Ghom „… schweben die beiden Kuppeln der Fatima-Moschee. Die eine leuchtet aus purem Golde. Die blaue Keramik der anderen … ist mit herrlichen Blumenornamenten versehen, als wären sie in den Gärten Allahs gepflückt. Eine strahlende Vision des Paradieses…“ (Scholl-Latour, S. 176, a.a.O.). 

 

Die goldene Kuppel des gewaltigen Mausoleums der Fatima ist heute das Wahrzeichen von Qom.

 

Nicht-Muslimen ist (und war auch schon während der Schah-Zeit) der Zutritt in den Schrein streng verboten.  

 

Fatima al-Masuma starb den Überlieferungen nach im Jahre 817 und zwar entweder an einem …
- 10. Tag des  vierten Mondmonats  Rabī` at-Thānī (auch: Rabi al-Achir oder Rabi II, eigentlich „zweiter Monat des Frühlings“)

- 12. Tag des vierten Mondmonats Rabī` at-Thānī

-  8. Tag des achten Mondmonats  Scha’bān

Die schiitischen Wissenschaftler einigten sich auf die drei ersten Tage des Rabi-ul-Achir als -Gedenk und Trauertage. Diese drei Tage werden auch „die Tage der Masuma, der Reinheit” (liyam masuumiyyat , “ايّام معصوميّة”) genannt
Jedes Jahr – insbesondere zu den Gedenk- und Trauertagen unternehmen Tausende von schiitischen Muslimen die Pilgerrreise (ar. „ziyarat“  „Besuch) zu dem Schrein Fatimas in Qom und bitten um ihren Segen und ihre Fürsprache. Nach iranischen Angaben wurden in den letzten Jahren jährlich um die 15 Millionen Pilger aus verschiedensten Regionen der ganzen Welt von dem Schrein in Ghom angezogen. 

 

 

(veränderlich, nach dem islamischen Mondkalender, am 10. Tag des 4. Mondmonats  Rabi al-Akhira, oder Rabi at-Thani; ins Gregorianische Jahr 2017 fielen die Gedenktage zweimal: am  9. Januar 2017 , islamisches Jahr 1438 und am 29. Dezember 2017, islamisches Jahr 1439)

 

© Christian Meyer



[1] Fatima Masume wurde auch „Fatima al-Kubra" ( die Große) genannt, da Imam Kadhim mehrere seiner Töchter Fatima genannt hatte und sie die Älteste unter ihnen war.

[2] Diese Vergiftung könnte auch ein Teil des schiitischen Opfermythos sein, denn alle Imams wurden ihrer Überlieferung nach Märtyrer.

[3] Ghom/Qom/Qum – ca. 150km südwestlich von Teheran an der Straße nach Isfahan gelegen - war damals ein unbedeutender Ort, hatte aber wohl eine schiitische Gemeinde. Erst durch das Grabmal der Fatima erhielt die Stadt ihre große Bedeutung für die Zwölferschia. Durch ihre zahlreichen Moscheen, Bibliotheken, mehr als 50 Medresen und islamische Seminare sowie sozialen Einrichtungen ist sie heute ein Zentrum schiitischer Gelehrsamkeit, eine „Hochburg des Glaubens“ (Scholl-Latour, S. 176, a.a.O.).

Bei dem Mausoleum Fatimas in Qom entstand eine der größten schiitischen Ausbildungsstätten für Geistliche, die „Hausa (auch: Hawsa) Ilmi". Gegründet wurde diese zweitwichtigste schiitische Lehranstalt 1533 unter den Safawiden. Im Jahre 2010 sollen in allen iranischen theologischen Seminaren zusammen ca. 300 000 Auszubildende studiert haben. Eine Besonderheit dieser Medresen ist, dass die Lehrenden die Lernenden finanzieren. Wer die meisten Schüler hat, hat auch (oft) das größte Prestige.

Der junge Ruhollah Chomeini (1902 - 1989) studierte in Ghom, unterrichtete dort bereit als 20-jähriger (vgl. TAZ, 28. November 1987, S. 16). Bis zu seiner Exilierung im Jahre 1964 lehrte auch der Ayatollah Chomeini dort.  

Ausgehend von Theologie-Studenten begannen im Januar 1978 in Ghom blutige Unruhen (vgl. Spiegel Nr. 34/1978 S. 108 f.), der Anfang vom Ende des Schah-Regimes. Dabei war diesem nur wenige Jahre zuvor noch „… bemerkenswert stabile … innenpolitische Verhältnisse“ bescheinigt worden (vgl. Berner, S. 27, a.a.O.).  

[4] Bereits vor der Geburt Fatima al-Masumas soll der 6. Imam Dschafaral- Sadiq (702-765 n. Chr.) über sie – seine Enkelin - vorhergesagt haben: „Eine meiner Nachkomminnen, deren Name Fatima sein wird, die Tochter von Musa, wird in Qom sein. Am Tag des Gerichts wird diese Frau Fürsprache für meine Schia einlegen, ins Paradies einzutreten." Diese Prophezeiung von Imam Sadiq wurde von dem schiitischen Gelehrten und Seyed Qadi Nurullah Schuschtari (gest. 1610  n.Chr. als Märtyrer; sein Grab in Agra wird bis heute hochverehrt) überliefert.

Imam Sadiq soll einstens gefragt haben: „Wißt ihr, woher der Name Qum rührt?“ Die Zuhörer antworteten, dass Allah, sein Prophet und der Imam selbst es sicher wüßten. Der Imam habe den Namen erklärt: Qum heiß so, weil seine Bewohner unter den „Qa'im“ (den Unterstützern, Verteidigern) der Familie von Muhammad  sein werden, ihnen helfen und standfest bleibden werden“ (vgl. https://www.al-islam.org/an-overview-of-mahdi-s-government-najimuddin-tabasi/rays-hope).

[5] Eine weitere Aussage Imam Rezas zu Hadrat Fatima Masuma lautet: “Wer auch immer die Ziyarah zu Fatima Masuma in Qum durchführt, für den ist es so, als habe er meine Ziyarah gemacht" (vgl. www.duas.org/ziaratmasoomaqom.htm) .

 

Der Schrein der Fatima al-Masuma in Ghom (Abb. aus:http://images.google. de/imgres?imgurl= http%3A%2F%2Ftrendesignmagazine.com%2Fwp-content%2Fuploads %2F2016%2F06%2FFatima-Al-masumeh-Shrine)

 

Iranische 5000-Rial-Banknote von 1981/85 mit dem Schrein der Fatima al-Masuma in Ghom