Losar , tibetanisch - buddhistisches dreitägiges Neujahrsfest; es beginnt das Jahr 2144 der tibetanischen Ära [1] , 21140 war ein Jahr der Wasserschlange , das 19. Jahr im 17. Zyklus (1995 entsprach dem Jahr 2122, ein Jahr Holz – Schwein; 1996 war das Jahr 2123 , ein Jahr Feuer – Maus, 2000 = 2127 war ein Jahr des Eisendrachens).
Losar („lo“ = Jahr, „sar“ = neu) ist der bedeutendste Feiertag in Tibet und auch bei den Sherpas. Teilweise wird das Fest auch in der Mongolei gefeiert.
Bereits vor Sonnenaufgang rezitiert der Hausvater am Altar des Hauses Lobpreisungen, Räucherwerk wird verbrannt. Auf die Hausaltäre werden Mehl, Getreidekörner, Ginseng und Butter gestellt. Auf die Türen und Wände werden mit Kreide Glückssymbole gemalt. Bereits vor Sonnenaufgang wird Wasser geholt, als Opfer für die Gottheiten, um Glück für das Neue Jahr zu bewirken. Das Neujahrswasser soll die Wünsche leicht wie fließendes Wasser erfüllen helfen.
Bei Sonnenaufgang werden neue Gebetsfahnen [2] an den Häusern aufgehängt. In vielen Dörfern werden gemeinsam die Gebetsfahnen an den Häusern, auf Bergen und an Ovos durch neue ersetzt. Dabei ertönen Lobgesänge für die Gottheiten, etwas Heu wird verbrannt und Mehl ins Feuer gestreut. Auch dies soll das Wohlergehen im neuen Jahr sichern.
Man bemüht sich um saubere oder neue Kleidung, als ein Symbol des Neuanfangs. Verwandte und Freunde kommen gegenseitig zu Besuch, man tauscht Opfergaben aus. Man wünscht sich „Losar zang“, ein glückliches neues Jahr, oder „Tahsi Dele“, Glück und Wohlergehen. Typische Speisen sind „Khabse“ (ein leichtes Gebäck), „Momos“ (mit Hackfleisch und Zwiebeln gefüllte Teigtäschchen) sowie Kuchen, die kunstvoll mit Papierblumen o.ä. geschmückt sind; man isst, trinkt, tanzt und ist guter Dinge. Viel „Chang“ wird getrunken, das selbstgebraute tibetische Gerstenbier (bis zu 20 % Alkoholanteil).
Auch Veranstaltungen wie Ring – Wettbewerbe, Bogenschießen und Pferderennen sind zu Losar sehr beliebt.
Ian Baker beschrieb das Losar - Fest des (gregorianischen) Jahres 2000 in Lhasa (tib. „Land der Götter“): "Tibeter jedes Alters und unterschiedlicher Herkunft zünden Kerzen an, um an Schreinen und Klöstern zu beten. Sie feiern ausgelassen mit Freunden und Verwandten und trinken frisch gebrautes chang…… Über den Dächern der Stadt steigt der reinigende Rauch von Wacholder, Beifuß und anderen duftenden Kräutern als Gabe an die buddhistischen Gottheiten in den Winterhimmel auf“ (Baker, S. 120, a.a.O.).
In Opferfeuern werden auch Weihrauch und gedruckte Gebete verbrannt.
Zu Losar kann das Karma für das nächste Jahr – nach traditioneller Vorstellung - stark beeinflusst werden, im positiven wie auch im negativen Sinne. Viele Tibeter pilgern deshalb zu Losar zu Tempeln, Klöstern oder als heilig geltenden Bergen und Höhlen, die oft umrundet werden. Besonders Fromme werfen sich nach jedem zweiten Schritt zu Boden. Neue Gebetsfahnen werden aufgespannt, Kräter in Opferfeuern verbrannt, man ruft „Lha gyal lo !“ (= tib. „Mögen die Götter siegreich sein!“).
„Im Kloster Pelkor Chode in Gyangtse kriechen Pilger …. unter Stapeln heiliger Texte hindurch. So erlangen sie spirituelle Verdienste, ohne die buddhistischen Schriften selber lesen zu müssen“ (vgl. Baker, S. 125, a.a.O.).
Zum Neujahrsfest 1997 überließ die chinesisch dominierte Regionalregierung Tibets in einigen Gebieten des Landes Bauernfamilien Schwarz - Weiß - Fernsehgeräte (mit Solar - Batterien) zu einem um ca. 60 % reduzierten Preis- eine große Werbeaktion. Jedoch gibt es nur dreimal wöchentlich abends für einige Stunden Sendungen in tibetischer Sprache.
Zu Losar hat der Potala – Palast in Lhasa, die frühere Winterresidenz des Dalai Lama einen Tag der offenen Tür: Tausende von Gläubigen pilgern singend und betend durch die mehr als 1000 Räume des Palastes.
Tausende von Pilgern besteigen zu Losar den als heilig angesehenen Berg Bumpari über Lhasa. Sie tragen dabei die blau – rot – grün- gelb- weißen buddhistischen Gebetsfahnen mit sich. Auf dem Bergplateau werden eine Vielzahl von Weihrauchfeuern abgebrannt, Gebetsnoten werden hoch in die Luft geworfen und vom Winde davon getragen. Gesänge der Mönche und Gebte ertönen.
In dem der Überlieferung nach im Jahre 799 gegründeten Kloster Samye werden kultische Chaam - Maskentänze zum Neujahrsfest aufgeführt. Sie sollen für das neue Jahr Glück bringen, allein schon die Berührung der Kostüme soll dies bewirken.
Nach dem tibetischen Neujahr findet z.B. im Kloster Labrang Tashikyil [3] in der ProvinzGansu, am Rande der Provinz Qinghai [4] alljährlich das Fest Monlam [5](„Pfad des Wunsches“) statt, ein Gebetsfest, um Shakyamuni Buddha zu loben und um den Segen für das kommende Jahr zu erbitten. Zehntausende von tibetisch – lamaistischen Nomaden pilgern dazu jeweils zu dem Kloster.
Am zweiten Tag des Festes wird zum Höhepunkt am Berg dem Kloster gegenüber jeweils ein riesiges (ca. 1000 m2 großes) Rollbild (Thangka) entfaltet, begleitet vom Brummen tibetischer Hörner und unzähliger Trommeln und Gongs (vgl. Bökemeier, S. 139, a.a.O.). Der Berg gilt als gesegnet und darf von Laien nicht betreten werden.
Nach exil-tibetischen Angaben fanden sich am 22. Mai 2005 fanden an den Mauern des Klosters Labrang Tashikyil und in der Umgebung eine Reihe von Plakaten mit der Forderung „Freiheit für Tibet“. Nach polizeilichen Untersuchungen fiel der Verdacht auf vier tibetische Mönche aus dem Kloster, die am 23. Mai 2005 im Kloster verhaftet wurden. Seither soll von ihnen jede Spur fehlen.
Während der Kulturrevolution und zeitweise in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde das Fest von den chinesischen Behörden verboten.
Baker beschrieb auch die Losar – Riten im Kloster Tsurphu (westlich von Lhasa). Die Mönche mit schwarzen Hüten und prunkvollen Roben vollführen eine Tanz - Zeremonie, „…. die seit Jahrhunderten unveränderlich geblieben ist. Zu den rhythmischen Klängen von Becken und Hörnern drehen sich die Mönche auf den glatten Sohlen ihrer Yaklederstiefel wirbelnd im Kreis. Mit ihrem Tanz vertreiben sie die nagativen Kräfte des vergangenen Jahres und ebnen dem neuen Jahr den Weg“ (Baker, S. 128, a.a.O.).
Während der ersten 15 Tage des neuen Jahres beauftragen viele tibetische Familien Klöster damit, als heilig angesehene buddhistische Texte zu rezitieren, was Wohlstand und Wohlergehen der Auftraggeber befördern soll (vgl. Baker, S. 122, a.a.O.).
(variabel, nach dem tibetanischen Mondkalender , am 1.-3. Tag des 1. Monats; das Neujahrsfest folgt auch hier direkt auf den 2. Neumond nach der Wintersonnenwende; Losar kann in den Gregorianischen Monaten Januar, Februar und März liegen Zuweilen fällt Losar auf den gleichen Tag wie das chinesischen Neujahrsfest Chunjie, manchmal aber mit einem Tag oder auch einem Mondmonat Differenz. Durch das Einfügen eines 13. Monats fiel z.B. 1966 Losar ca. einen Monat später als das chinesische Neujahrsfest. Auch durch die Zeitverschiebung in den verschiedenen Zeitzonen des Palneten Erde kommt es zu Differenzen: Im Jahre 2005 z.B. feierten Gläubige in den USA Losar am 8. Februar, in Asien hingegen erst am 9. Februar).
[1] Der traditionellen tibetischen Überlieferung nach beginnt die tibetische Jahreszählung mit dem Jahr 127 v. Chr.. Deshalb: 127 + 1992 = 2119; das Jahr 1992 entspricht dem tibetischen Jahr 2119.
[2] Nach tibetischer Vorstellung treibt der Wind die Gebete der Gebetsfahnen (auf ihnen sind Sutren aufgedruckt) durch die ganze Welt.
[3] Das Kloster Labrang Tashikyil am Rande des tibetischen Hochplateaus wurde 1709 von E’hang Zhongzhe gegründet, nach tibetisch – lamaistischer Vorstellung ein Bodhisattwa. Das Kloster ist heute wieder eine der bedeutendsten Wallfahrtsstätten des Lamaismus.
[4] Die heutigen chinesischen Provinzen Gansu und Qinghai standen bereits seit dem 18. Jhdt. unter chinesischer Vorherrschaft. Der Dalai Lama und viele Exil – Tibeter zählen auch diese Gebiete zu „Groß – Tibet“, das u.a. die ehemaligen tibetischen Otsprovinzen Amdo und Kham umfassen soll. Diese Gebiete wurden schon unter der Qing – Dynastie bzw. in der 1. Hälfte des 20. Jhdts. zum eigentlichen China geschlagen. Heute leben dort – wie auch in der „Tibetischen Autonomen Region“ (TAR) selbst ein wachsender Anteil han – chinesischer Bevölkerung, z.T. empfinden sich manche Tibeter als eine Minderheit im eigenen Land.