7. – 16. Februar 2018: 88. Mahamastakabhisheka-Fest der Jainas
Das neuntägige jainistische Fest „Mahamastakabhisheka“ (≙ ca. „Große Kopf-Weihe“) wurde im Februar 2018 gefeiert. Dies Fest war das 88. seit dem Jahre 981 n. Chr.
Die Zeremonie findet im südindischen Shravanabelgola/Karnataka (ca. 150 km von Bangalore) statt. Die ca. 18m hohe über 1000 Jahre alte monolithische Statue [1] des Bahubali steht auf einem Hügel und ist über 500 Stufen erreichbar.
Von einem hinter der Statue errichteten Gerüst wird die Statue tagelang rituell gesalbt, mit Milch, Honig, Sandelholzpaste, Safranpaste, Ghee (Butterschmalz), Yoghurt, Kokosmilch, Blüten, zinnoberfabigem Wasser und Goldmünzen. Jaina-Geistliche predigen, rezitieren Gebete und Moralvorschriften, Kulturprogramme werden angeboten.
Vor der eigentlichen Salbung werden die Gläubigen aus 1008 besonders präparierten Gefäßen mit geweihtem Wasser besprengt. Zehntausende von Gläubigen und viele hochverehrte Jaina-Asketen reisen dazu an.
Zum eigentlichen Ritual wurden nur ca. 5000 Pilger zugelassen, es wurde allerdings für die Nicht-Zugelassenen auf Bildschirmen übertragen. Abschließend werden von einem Hubschrauber Zehntausende von Blüten über der Statue abgeworfen.
Bahubali ist der Tradition nach der erste der 24 jainistischen Tirthankaras (Wegbereiter). Eine Legende um den Königssohn Bahubali bildet den Hintergrund der Statue und des Festes: Um die Köngswürde kam es zu einem Streit zwischen Bahubali und einem älteren Halbbruder. Der Streitsoltte nicht militärisch, sondern durch einen Zweikampf der beiden Prinzen entschieden werden. Bahubali (bahu = Arm, bali = stark) siegte, verzichtete aber auf seinen Sieg sowie die Königswürde – Gewaltverzicht (ahimsa) - und beschloss Mönch zu werden.
Jedoch musste er dazu seinen Vater um Erlaubnis fragen und sich vor seinen Brüdern verbeugen, was er seines Stolzes (seines Ego) nicht konnte.
Dennoch versuchte Bahubali durch strenge Askese und stehende Meditation zur Erleuchtung zu gelangen. Hartnäckig fuhr er damit fort, auch als schon Ameisen an seinen Beinen liefen und Ranken an ihnen emporwuchsen - vergebens. Erst als er von seinem Vater erfuhr, dass er die Erleuchtung nicht erlangen könne, weil er auf einem Elefanten stehe, erkannte Bahubali seinen Fehler; der Elefant sei sein Stolz, sein Ego. Er gab die Meditation auf, ging zu seinem Vater, der ihn freundlich empfing; er verbeugte sich vor ihm und seinen Brüdern. Danach begann er zu unterrichten, den Menschen den richtigen Weg zu weisen und erreichte die Erleuchtung.
Die legendäre Figur Bahubalis gilt vielen Jainas als Ideal der Selbstüberwindung, Demut und Vermeidung von Gewalt, sowie der Erkenntnis dass Erleuchtung und Weisheit nicht allein durch Meditationstechniken erlernt werden. Der Königssohn wird von den Jainas bis heute hochverehrt (vgl. Tagesspiegel, 19. Februar 2018, S. 28).
Auch in einer Reihe weiterer Jaina-Tempel in Indien und anderswo werden ähnliche Riten durchgeführt.
Dargestellt wird Bahubali in der Regel nackt, stehend, mit weit geöffneten Augen; um seine Extremitäten winden sich wegen der langen Meditationszeit Ranken. Das Brustjuwel - sonst bei Tirthankaras üblich - fehlt oft. Die Ohrläppchen sind wegen seiner königlichen Herkunft langgezogen (vgl. Abb. unten)..
(veränderlich nach dem Mondkalender der Jainas; das Fest findet alle 12 Jahre statt, das letzte Mal zuvor war im Februar 2006, das nächste Mal wird erst 2030 sein. Genaue zukünftige Daten werden nach dem Jaina- Mondkalender festgelegt)
[1] Die Statue wurde der Überlieferung nach im 10. Jhdt. aus dem Fels herausgearbeitet.
Salbung der Bahubali - Statue im Februar 2018 (Abb. aus Tagesspiegel, 19. Februar 2018, S. 28)