Mit Bändern geschmücktes Opfertier (Türkische Postkarte)
Zur Abb.
oben:
Abraham verbindet seinem Sohn für die Opferung die Augen, aber Gabriel greift rettend ein; osmanische Miniatur aus Fuzulis „Hadikat as-Suada“ (ar. „Garten der Glücklichen“),
osmanische Handschrift, 16.-17. Jhdt. (Abb. aus:http://de.wikipedia.org/wiki/Abraham_im_Islam); historische
Exemplare der Schrift von Fuzuli (ca. 1480–1556) befinden sich in der British Library/London oder dem Teheraner Parlamentsmuseum.
Abbn. Wandbilder an Wohnhäusern ägyptischer Hadjis. Der arabische Text des oberen Wandbildes lautet: "Möge Allah diesem Haus mehr Ehre, Würdigung, Verherrlichung, Ehrfurcht und Rechtschaffenheit schenken"
(Photos: Christian Meyer, oben, im Nildelta und unten, nahe Luxor, Januar 2020)
Muslimisches Opferfest
1. Tag des islamischen Opferfestes (ar. Id al-Adha oder Id al-kabir (das große Fest); trk. Kurban bayramı; kurd. cêjnî qurban; Îda Qurbanê); in Indien wird es „Bakar Id“ genannt und in der Türkei ebenfalls gleichbedeutend „Büyük Bayram“.
Das viertägige islamische Opferfest gilt als das höchste muslimische Fest. Es erinnert an das versuchte Opfer von Abraham / Ibrahim (Genesis 22). Abraham ist ein bedeutender der 25 namentlich im Koran erwähnten Propheten. Er wird im Koran sogar als „Imam“ und „Freund Gottes“ (el khalil ≙ arab. der Freund) bezeichnet.
Abraham war mit Sarah verheiratet, aber sie blieben jahrelang kinderlos. Deshalb schenkte Sarah dem Abraham ihre ägyptische Sklavin Hagar (trk. Hacer). Nachdem Hagar dem Abraham einen Sohn, Ismail, geboren hatte (1. Mose 16, 1-16), wurde jedoch auch die bereits betagte Sarah schwanger, und gebar auch einen Sohn, Isaak. Nun setzte Sarah durch, dass Hagar mit ihrem Sohn verstoßen wurde (1. Mose 21, 8-21).
Nach der Überlieferung von Bibel / Thorah sollte Abraham auf Geheiß Gottes seinen Sohn Isaak auf dem Berge Moria opfern. Auf dem Berge Moria ließ der Überlieferung nach Jahrhunderte später König Salomo den Tempel errichten. Heute erhebt sich auf dem Felsen des Tempelbergs zu Jerusalem der „Felsendom“.
In der islamischen Überlieferung ist es jedoch Ismail, der Sohn Abrahams und Hagars, der geopfert werden soll. Abraham sprach zu seinem Sohn: „‘O mein Söhnlein, siehe, ich sah im Traum, dass ich dich opfern müsste. Nun schau, was du meinst’. Er sprach: ‘O mein Vater, tu, was dir geheißen ward, du wirst mich, so Allah will, standhaft erfinden’. Und da beide ergeben waren und er ihn auf seine Stirn niedergeworfen hatte, da riefen wir ihm zu: ‘O Abraham, du hast das Gesicht erfüllt. Siehe, also lohnen wir den Rechtschaffenen’. Siehe, dies war wahrlich eine deutliche Prüfung. Und wir lösten ihn aus durch ein herrliches Opfer, und hinterließen ihm unter den Späteren: ‘Frieden auf Abraham!’ Also lohnen wir den Rechtschaffenen“ (Sure, 37, 101 - 110).
Der gemeinsamen jüdisch-christlich-islamischen Tradition nach gebot Gott durch einen Engel dem opferwilligen Abraham Einhalt und ein Opfertier wurde ihm übergeben. Die Episode wurde von Theologen und Ethnologen als ein Übergang von Menschen- zu Tieropfern angesehen.
Die islamische Tradition ließ das Beinahe-Opfer Ibrahims an Ismail jedoch in Mekka, nicht in Jerusalem stattfinden. Auch an solchen Vorstellungen anknüpfend kam der libanesische Historiker Kamal Salibi (1929 – 2011) zu der umstrittenen These, dass sich die frühe, vorexilische Geschichte des Volkes Israel in der heute saudischen Region Asir, südlich des Hedschas, nicht im Lande Kanaan, nicht in Palästina / Israel abgespielt habe (vgl. Spiegel, Nr. 38/1985 ff:).
Adam und Eva (vgl. Tag der Pressefreiheit) fügten den Stein in die Mauer der Kaaba ein und er
fing an, seinen Glanz zu verlieren. Desto mehr Menschen ihn bei der Pilgerfahrt berührten, desto schwarzer wurde er, von den Sünden der Pilger, die auf ihn übergehen sollen.
Nach dem Koran verkündete bereits Abraham den Menschen im Auftrage Gottes die Pilgerfahrt nach Mekka und die Opferregeln:
„Und verkündige den Menschen die Pilgerfahrt. Lass sie zu dir kommen zu Fuß und auf allen schlanken Kamelen [2] , ankommend aus allen tiefen Talwegen: Auf dass sie Zeugnis ablegen von den Vorteilen, die sie dadurch haben, und den Namen Allahs aussprechen an den bestimmten Tagen über dem Vieh, mit dem wir sie versorgten. So esset von ihm und speiset den Armen und den Bettler … Und allen Völkern gaben wir Opferzeremonien, auf dass sie Allahs Namen aussprächen über dem Vieh, mit dem wir sie versorgten … Und die Kamele haben wir euch zu den Opferbräuchen Allahs bestimmt, ihr habt Gutes in ihnen. Und so sprechet Allahs Namen über sie aus, wenn sie gebunden dastehen. Und wenn sie auf die Seite gestürzt sind, so esset von ihnen und speiset den demütig Bittenden und den verschämten Armen … Nimmermehr erreicht ihr Fleisch und Blut Allah, jedoch erreicht in eure Frömmigkeit“ (Sure 22, 28 ff.).
Begraben wurde Abraham und seine Familie nach jüdischer, christlicher und islamischer Überlieferung in der Höhle Machpela bei der Stadt Hebron in Palästina, 35 km südlich von Jerusalem. Hebron ist wahrscheinlich einer der ältesten, andauernd besiedelten Städte der Welt. Abraham Grabstätte wird von Juden, Christen und Muslimen gleichermaßen verehrt. Die Araber nennen die Stadt Hebron „El Khalil“, d.h. „der Freund“, da Abraham im Koran als Freund Gottes bezeichnet wurde. Über der Höhle wurde bereits in der späten Antike eine Kirche errichtet, heute befindet sich dort die besonders verehrte Moschee „Haram el-Khalil“, in der es auch den angeblichen Sarkophag Abrahams gibt. Seit dem 6-Tage-Krieg 1967 finden in einem abgegrenzten Bereich der Moschee auch jüdische Gottesdienste statt.
Das Opferfest wurde traditionell von den Pilgern auf alle Muslime übertragen. In der Regel erfolgt eine feierlicher, vormittäglicher – je nach Jahreszeit – Gottesdienst. Die Gläubigen legen oft neue oder zumindest die besten Kleider an, man besucht und beschenkt sich gegenseitig, isst gemeinsam. Man besucht die Friedhöfe, betet dort, in manchen Regionen (nicht in der Türkei) übernachtet man sogar in Zelten auf dem Friedhof.
Zum Opferfest werden weltweit alljährlich viele Millionen Schafe, Ziegen, Rinder oder Kamele – in der Regel männliche Tiere – als Erinnerung an Ismail geschlachtet. Die Opfertiere müssen mindestens ein Jahr alt sein und dürfen nicht lahm, einäugig oder ähnliches sein.
Die Schlachtung führt heute in den Städten meist ein Fleischer durch. Sie muss „halal“ sein, die Tiere werden geschächtet [3], d.h. dem Tier (ihm werden oft die Augenverbunden) wird ohne Betäubung mit einem sehr scharfen Messer die Halsschlagader, die Luftröhre und der Schlund durchgeschnitten. Die Tiere leiden mitunter mehrere Minuten lang, u. U. bei vollem Bewusstsein, bis sie infolge des hohen Blutverlustes ohnmächtig werden oder unter Krämpfen ersticken. Viele deutsche Tierschutzvereine sehen in dem Schächten eine Tierquälerei, nach dem Tierschutzgesetz ist das Schächten ohne vorherige Betäubung verboten.
Das Schächten ist nicht im Koran vorgeschrieben, im Judentum ist es lediglich im Talmud vorgeschrieben.
Bei der Schlachtung wird zudem der Kopf des Opfertieres in die Gebetsrichtung nach Mekka (Kibla) gedreht und ein Segen auf den Propheten Muhammad gesprochen.
Die Journalistin Julia Gerlach beschrieb das Opferfest in Kairo und das "große Schlachten ... Es beginnt damit, dass in den Wochen vor dem Fest
überall Schaf- und andere Herden durch die Stadt getrieben werden. Die Familien suchen sich dann ihre Tiere aus und bringen sie anch Hause. So wie man in Deutschland die Tage vor dem Fest mit
Plätzchenbacken verbringt, gehört es in Ägypten zu den Vorbereitungen, dass man Freunde besucht und deren Tiere begutachtet. So Hause schlachten hier in der Stadt aber nur noch wenige, und wenn,
dann meist mit professioneller Hilfe. Die anderen geben ihre Schafe und Kühe gleich bei einem Metzgerladen ab und holen das Fleisch später zerlegt und in Frischhaltetüten verpackt wieder ab"
(Gerlach, in "Berliner Zeitung", 15. Oktober 2013, S. 8).
Das islamische Opferfest – in Erinnerung an das Opfer Abrahams vor mehreren tausend Jahren - ist gleichzeitig Höhepunkt und Abschluss der Pilgerfahrt nach Mekka (Hadj). In den letzten Jahrzehnten strömen im Wallfahrtsmonat „Dhu el-Hidjra" (trk. „zilhicce [4]) bis zu 3 Millionen Pilger in die Stadt und machen die Hadj zum größten internationalen Treffen der Welt. Während der Wallfahrt „… schließt sich die islamische Welt kurz: politisch, kulturell, menschlich“ („Süddeutsche Zeitung“, 25. November 2009, S. 2).
Die ersten 10 Nächte des Monats Dhu el-Hidjra gelten als heilig: „Bei der Morgenröte und den zehn Nächten“ (Koran, 89, 1).
Im Gegensatz zur Hadj oder Großen Pilgerfahrt kann man die Umra oder Kleine Pilgerfahrt jederzeit machen.
Die komplizierten, partiell äußerst detailliert vorgeschriebenen Rituale der Wallfahrt gehen z.T. auf vorislamische Wallfahrten zur Kaaba zurück, zum Teil auf die Festlegungen, die der Prophet Muhammad selbst u.a. bei der „Abschiedswallfahrt“ im Jahre 631 vornahm, im Jahr vor seinem Tod 632. Al-Buhari berichtete über diese Abschiedswallfahrt u.a.: „Am 4. Dhu al-Hidjra traf der Prophet … in Mekka ein. Er verrichtete den Umlauf um die Kaaba sowie den Lauf zwischen as-Safa und al-Marwa. Wegen des Opfertieres, das er geschmückt hatte, beendete er anschließend seinen Weihezustand nicht … Der Prophet hatte sich der Kaaba nicht genähert, als er den Umlauf absolvierte. Er näherte sich ihr erst, als er von Arafa zurückkehrte … Der Prophet … wies seine Gefährten an, den Umlauf um die Kaaba sowie den Lauf zwischen as-Safa und al-Marwa zu verrichten, sich anschließend das Haar scheren zu lassen und dann den Weihezustand zu beenden. Diese Anweisung galt für jene Leute, die keine Opfertiere geschmückt hatten. Und den Männern unter ihnen, die in Begleitung ihrer Frauen waren, erlaubte er, sich ihnen anschließend zu nähern. Ebenso gestattete er es ihnen, sich zu parfümieren und nach Belieben zu kleiden“ (al-Buhari, S. 206, a.a.O.).
Fünf Faktoren gelten rituell als für die vollkommene Pilgerfahrt als notwendig:
Die Rituale der Pilgerfahrt beginnen schon vor der Abreise, denn man muss sich in den Ihram, den Zustand der Reinheit versetzen. Rituell werden Haare und Nägel beschnitten. Zur Reinigung der Seele wird eine langes Bad genommen, dann die traditionellen weißen zweiteiligen, ungesäumten Pilgergewänder (auch sie werden Ihram genannt [5]) angelegt. Zum Teil geschieht dies schon vor dem Besteigen des Flugzeugs nach Dschidda. Pilgerinnen legen ihren Schmuck ab und entfernen ggf. ihr Parfüm, Lippenstift und Make-up.
Im (als rein betrachteten) Ihram–Zustand dürfen die Pilger sich zudem nicht streiten, nicht jagen und müssen sich aller sexuellen Handlungen enthalten. Der Wallfahrer soll von der üblichen Welt getrennt sein und sich völlig auf Gott und seine Verehrung konzentrieren.
Das traditionelle Wallfahrergebet wird auch heute auf dem Wege nach Mekka, im Flugzeug oder im Hotelzimmer psalmodiert: „Hier bin ich, Herr! Hier bin ich. Hier bin ich, Deinem Befehl zu folgen. Du hast nicht Deinesgleichen. Hier bin ich, Deinem Befehl zu folgen. Gelobt seist Du! Allgroßmütiger, Allerbarmer, Allmächtiger. Du hast nicht Deinesgleichen. Hier bin ich!" (zit. n. Sadat, S. 254, a.a.O.).
Seit Jahrzehnten kommen die allermeisten Pilger in Dschidda, auf dem König–Abdel–Aziz–Flughafen an.
Die Stadt Mekka wird als so heilig betrachtet, dass seit der Zeit des Propheten Muhammad kein „Ungläubiger" sie mehr betreten darf.Im Jahre 631 verkündete der Prophet in Medina die Offenbarung der „Lossagungssure“ ( 9. Sure, At-Tauba, - Die Reue). Darin hieß es u.a.: „Den Götzendienern kommt es nicht zu, die Moscheen Allahs zu besuchen, durch ihren Unglauben wider sich selbst zeugend. Sie – umsonst sind ihre Werke, und im Feuer werden sie ewig verweilen“ (Koran, 1962, 9. Sure, Vers 17, S, 182, a.a.O.).
Und weiter heißt es: „o ihr, die ihr glaubt, siehe, die Götzendiener sind unrein. Drum sollen sie sich nicht nach diesem ihrem Jahr der heiligen Moschee nähern…“ (Koran, 1962, 9. Sure, Vers 17, S, 184, a.a.O.).
Das bedeutete, dass „... künftig allen Heiden das Betreten des heiligen Gebietes und die Teilnahme an den Zeremonien der Wallfahrt untersagt sei, und dass sie nach einer Frist von vier Monaten nur die Wahl hätten, entweder zum Islam überzutreten oder von den Gläubigen bekämpft zu werden“ (Fück, S. 175, a.a.O.).
Alle Nicht-Muslime hatten vier Monate Zeit, Mekka zu verlassen. Im Jahre 632 n. Chr. wurde dann zum ersten Mal die Wallfahrt nur unter Muslimen begangen. Der Prophet Muhammad reinigte der
Überlieferung nach zuvor die Stadt von polytheistischen „Götzenbildern“.
Auch innerislamisch ist diese Regelung in den letzten Jahren in die Kritik geraten. Im Jahre 2011 veröffentlichte der türkische Islamwissenschaftler Mustafa Sağ eine (nicht übersetzte) Biographie
über den Propheten Muhammad, in der er ausführte, dass alle Menschen das Recht hätten die Kaaba zu besuchen. Denn es hieße ja auch im Koran: „Gemacht hat Allah die Kaaba … zu einem Asyl für die
Menschen“ (Koran, 1962, 5. Sure, Vers 98, S. 125, a.a.O.).
Nach Mekka weisen weltweit alle Gebetsnischen aller Moscheen, die Richtung nach Mekka ist die Gebetsrichtung (ar. „kibla“,trk. „kible“) [6]. Die Wallfahrer pflegen in Mekka einen „mutawwif" zu engagieren, der die Wallfahrer bei den traditionellen Ritualen anleitet und bei den Gebeten als Imam fungiert.
Grundsätzlich hat die Pilgerfahrt folgende 9 rituelle Stationen in Mekka (vgl. Abb. oben):
Das Anlegen des „Ihram“, der rituellen Pilgergewandes und das Ableisten des Pilgergelübdes „Talbiyah“; Betreten des „Haram“ und Ableisten der „kleinen Pilgerfahrt“ („Umrah“).
Die Hadj dauert vier volle Tage, die Umra kann in wenigen Stunden absolviert werden. Zum Abschluss der Umra schneidet der Führer den Pilgern ein paar kleine Haarsträhnen ab, als ein Symbol der Beendigung der Umra. Die Fahrt nach bzw. der Aufenthalt in Medina ist nicht zwingender Bestandteil der Hadj.
Wanderung nach Mina am 8. Tag des Mondmonats Dhu el-Hidjra
Mina ist der Name eines Tales ca. 5 km östlich von Mekka, auf dem Weg zum Berge Arafāt. Der Weg führt heute durch einige Tunnels. In Mina befindet sich die bereits vor dem 10. Jhdt. gebaute Chaif-Moschee.
In Mina übernachten die Hadjis in speziell für die Wallfahrt angelegten riesigen Zeltstädten auf einer Fläche von ca. 20 km2. Mehr als 100 000 klimatisierte Zelte stehen bereit, sie sind mit Teflon beschichtet und sollen bis zu 700° C aushalten. Seit November 2010 (Hadj 1431 n. d. H.) ist Mina (wie auch Arafat, Jamarat und Muzdalifa) mit der Metro von Mekka aus erreichbar.
Wanderung nach Arafat und „Stehen“ in Arafat
Der Weg und der Aufenthalt in Arafat (oder Arafa [7]) am 9. Tag des Mondmonats Dhu el-Hidjra ist einer der Höhepunkte der Wallfahrt. Arafat ist eine steinige Ebene mit dem gleichnamigen Wallfahrtsberg. Der auch Djebal al–Rahman (ar. „Berg der Gnade, der Erkenntnis“) genannte Berg ist ca. 25 km östlich von Mekka. Auf den Gipfel des Granithügels führen Steinstufen. Mit der 60. Stufe erreicht der Pilger eine Plattform mit einer Kanzel, von welcher am „Tag von Arafat“ eine feierliche Predigt („Khutba“) gehalten wird.
Die Anwesenheit am Berge Arafat am 9. Tag des Dhu el–Hidjra wird übereinstimmend als der wichtigste Faktor angesehen, von anderen Bedingungen kann man sich notfalls durch die Opferung eines Schafes loskaufen. Maltzahn meinte: „Arafat allein macht den Pilger“ (vgl. Maltzahn, S. 65, a.a.O.).
Rückkehr und Übernachtung in Muzdalifa
Vom Nachmittag dieses Tages bis nach Sonnenuntergang halten sich die Pilger in Arafat auf, um dann mit Anbruch der Nacht in den kleinen Ort Muzdalifa zurückzukehren und dort zu übernachten.
Steinigung des Teufels, des „Jamarat“, Opferfeier
Eine weitere pflichtgemäße Zeremonie bei der Pilgerfahrt nach Mekka ist am 10. Tag des Mondmonats Dhu el-Hidjra. Das „cemre", das Werfen von je sieben Steinen auf drei Säulen – Jamarat - bei Mina, eine Art ritueller Sündenreinigung. Die Säulen sollen den Teufel symbolisieren, der hier einst Ibrahim /Abraham in Versuchung geführt haben soll, z.B. seinen Sohn Ismail nicht zu opfern. Nach den Umbauten der letzten Jahre wurden die Säulen durch drei konkave ca. 25 m hohe Stelen ersetzt.
Insgesamt werden mindestens 49 Steine benötigt, die traditionell am Abend und in der Nacht zuvor im Lichte der Straßenlaternen in der Ebene von Muzdalifa südöstlich von Mina gesammelt werden.
Mehrfach kam es in der Vergangenheit bei der symbolischen Teufelssteinigung zu tödlichen Massenpaniken, allein 2006 sollen dabei 347 Pilger ums Leben gekommen sein. 2009 wurde hier eine neue 950 m lange Jamarat-Brücke errichtet, so dass es nun möglich ist, aus 5 Ebenen die Steinigung zu vollziehen.
Die Pilger kehren an drei Tagen zu den Stelen zurück – bis die Steine verbraucht sind.
Es folgt die eigentliche Opferfeier, bei der jeweils ein Schaf oder eine Ziege geschlachtet wird [8] . Die Pilger kaufen das Tier, professionelle Schlachter vollziehen die Schlachtung. Ein Teil des Fleischs wird von den Opfernden selbst verzehrt, ein Teil den Armen gegeben, ein weiterer Teil verkommt an Ort und Stelle.
„Tawaf“, Umrundung der Kaaba und Küssen des Schwarzen Steines
Auf breiten Marmorstufen steigt man zum Eingang der Großen Moschee zu Mekka hinan. Durch das Tor des Friedens betreten die Pilger den weiten weißen Innenhof der Moschee und beten dabei: „Allah, Du bist der Friede, von Dir strömt Friede aus. O unser Herr, empfange uns in Frieden".
Jehan Sadat beschreibt ihre Empfindungen beim Betreten der Großen Moschee: „Die Ausmaße des Harams verschlugen mir den Atem. Sieben Haupttore führten auf den riesigen, rechteckigen Innenhof, der eine halbe Million Menschen zu fassen vermochte. Auf allen Seiten war er von Bogen und Säulengängen aus weißem Marmor umschlossen. Sieben reichverzierte Minarette überragten das breite Flachdach über den Kolonnaden. Unversehens verstummten die Rufe der Pilger, die beim Betreten des Harams noch mit lauter Stimme Allah gepriesen hatten ... Selbst die Vögel, die nach Mekka ziehen, wagen es nicht, die Große Moschee zu überfliegen, weil sie fürchten, die Atmosphäre der Harmonie zu stören. Nirgendwo sonst habe ich die Macht des Glaubens so stark empfunden. Im gemeinsamen Gebet mit den anderen Pilgern neigte ich mich demütig vor Allah und wurde von Allah dafür erhoben " (zit. n. Sadat, S. 256, a.a.O.).
Die Kaaba (arb. „Würfel", vgl. Abb. Das Innere der Kaaba, unten) ist kein völliger Würfel, sie ist 16m hoch und 11m breit. Die vier Ecken des Heiligtums weisen ungefähr in die vier Himmelsrichtungen. In der östlichen Ecke der Kaaba ist der Schwarze Stein [9] (ein Meteor oder Basalt- / Lavabrocken mit ca. 20 cm Durchmesser) in der Höhe von ca. 1,5m über dem Boden eingemauert. Der Stein ist von einem silbernen Ring eingefasst, dessen äußerer Durchmesser ca. 0,75m misst. Von dem millionenfachen Berühren und Küssen ist der Schwarze Stein deutlich ausgehöhlt [10]. Zudem sind mehrfach in der Geschichte Partikel des Steins entnommen worden und in den Gebetsnischen hervorragender Moscheen eingearbeitet worden, so z.B. in der Selimiyye Cami in Edirne.
Die Pilger umschreiten entgegen dem Uhrzeigersinn siebenmal die Kaaba, das Gebäude muss immer links von den Pilgern liegen.
Besonders berühmte Pilger (z. B. auch Jehan Sadat) dürfen auf Einladung der saudischen Königsfamilie auch ins Innere der Kaaba, um dort zu beten. Über eine fahrbare Treppe steigen diese Pilger zur ca. 2 m hohen mit silbernen Koranversen geschmückten Tür empor ins schlichte Innere. Die Tür der Kaaba weist in Richtung Nordosten.
Das Dach der Kaaba wird von drei hölzernen Säulen getragen. Gegenüber der Tür befindet sich eine Mihrab, vor der der Prophet Muhammad gebetet hat. Rechts von der Tür befindet sich eine Treppe, die auf das Dach der Kaaba führt. sie ist von dem „Tor der Reue“ („Bahut taubah“) verschlossen.
Da Noah am Aschura–Tage die Arche verlassen haben soll, wird in Mekka an diesem Tage auch das Tor der Kaaba für Besucher geöffnet (vgl. Roth, Bd. 1, S. 705, a.a.O.).
Nach der Reinigung der Kaaba ließ der Prophet Uthman ibn Talha von den Bani Shayba (بني شيبة) holen und sprach zu ihm: „Hier ist der Schlüssel, Uthman. Heute ist ein Tag der Güte und Treue“(ibn Ishaq, S. 220,a.a.O.). Bis zum jüngsten Gericht und der Auferstehung solle seine Familie dieses Amt [11] innehaben. Die Schlüssel zur Kaaba werden seit mehr als 1400 Jahren von Mitgliedern des Bani Shayba-Clans verwaltet. Sie begrüßen die Ehrenbesucher des Kaaba-Inneren bei der zeremoniellen Reinigung der Kaaba
Der heutige 70 cm lange Schlüssel zur Kaaba besteht aus Gold und Platin und ist mit Koran-Versen geschmückt. Auch der saudische König soll bis heute bei dem ältesten Mitglied des Clans um Erlaubnis bitten müssen, wenn er die Kaaba betreten möchte.
Die Südostecke der Kaaba, die jemenitische Ecke (Rukn yamani), links vom Schwarzen Stein, wird von vielen schiitischen Pilgern besonders verehrt, denn dort soll durch einen wundersam entstandenen Riss in der Kaabawand Fatima bint Assad, die Mutter Alis zu dessen Geburt in die Kaaba eingetreten sein. An Alis Geburtstag soll der Riss immer wieder neu entstehen, ihm soll ein wohlriechender Duft entströmen – galuben viele schiitische Pilger.
Kiswa, ist der Name des schwarzen Brokatteppichs, der die Kaaba bedeckt. In die Kiswa ist u.a. die Schahada (das islamische Glaubensbekenntnis) eingewebt. Früher wurde die neue Kiswa alljährlich in Kairo gewebt. Der Tag an dem die neue Kiswa mit einer Pilgerkarawane nach Mekka aufbrach, war in Ägypten ein Nationalfeiertag. Heute wird die neue Kiswa jährlich in saudischen Fabriken in Mekka hergestellt. Alljährlich wird (am 25. oder 28. Tag des 11. Mondmonats, Dhu'l Ka'da) die alte Kiswa abgenommen und für die Zeit der Hadj durch einen weißen Überzug ersetzt: Die Kaaba - sagt man - trägt den Ihram. Am Ende des Hadjmonats wird die Kaaba mit einer neuen Kiswa bedeckt. Die Pilger zahlen Riesensummen, um ein Stück der alten Kiswa als Erinnerung mitnehmen zu können.
Im Jahre 2010 sollen allein 15 kg an Goldfäden und 670 kg an reiner Seide für die neue Kiswa benötigt worden sein. Ihre Kosten sollen sich auf ca. 5,3 Mio. US-$ belaufen haben. Die Kiswa wird dann über die Kaaba gehängt und mit Kupferringen am Boden befestigt.
Nach dem Umschreiten der Kaaba führt die Wallfahrt zur Stätte des Ibrahim in der Großen Moschee, wo die Pilger zwei Niederwerfungen vollführen. Dieser Makam Ibrahim (Ibrahimstätte) war früher ein kleines Gebäude mit Kuppel östlich nahe der Kaaba, in dem ein Steinblock aufbewahrt wurde, der angeblich Ibrahim beim Bau der Kaaba als Trittstein diente. Es soll ein weicher Stein sein, in dem die (angeblichen) Fußabdrücke Ibrahims noch zu sehen sind. Heute befindet sich der Stein im Innern eines sechseckigen goldfarbenen Gitters. Im Koran wird der Makam Ibrahims ausdrücklich als ein zum Gebet (salat) geeigneter Ort bezeichnet: „Und als wir das Haus zu einem Versammlungsort für die Menschen und einem Asyl machten und (sprachen):‘Nehmet Abrahams Stätte als Bethaus an’ und wir Abraham und Ismael verpflichteten: ‚Reinigt mein Haus für die es Umwandelnden und darin Verweilenden und die sich Beugenden und Niederwerfenden‘“ (Koran, 2, 119).
Der Legende nach soll dieser Stein zusammen mit dem Schwarzen Stein Ibrahim vom Himmel gesandt wurden sein.
Die nächste Station ist die Quelle Zamzam: Hier soll Ibrahim seine zweite Frau Hagar und seinen ältesten Sohn Ismail (auf den sich die Araber traditionell zurückführen) zurückgelassen haben, als er mit Sarah und seinem jüngeren Sohn Isaak weiter nach Palästina zog. Hagar hatte nur einen Sack Datteln bei sich und suchte verzweifelt nach Wasser, um ihren eigenen und Ismails Durst zu stillen. Siebenmal lief Hagar zwischen den Bergen Safa und Marwa hin und her auf der Suche nach einer Quelle. Schließlich füllte der Engel Gabriel - durch Gottes Gnade - eine versiegte Quelle zu Füßen Ismails mit frischem, klarem Wasser - die Quelle Zamzam. Heute ist die Quelle mit einer Marmorkuppel überdacht. Von ihr können die Pilger nach Beendigung der Rituale in der Großen Moschee trinken. Durch einen Schöpfeimer und einen Flaschenzug wird das Wasser einst heraufgezogen und in Plastikflaschen abgefüllt. Heute wird es durch elektrische Pumpanlagen gefördert, die von der größten saudischen Baufirma Binladin instandgehalten wird. Das Wasser der Zamzam-Quelle soll aus dem Paradies hervorkommen, es gilt den Gläubigen als heilkräftig und segensbringend; es wird getrunken, man wäscht sich damit, es wird von den Hadjis in größeren Mengen mit nach Hause genommen [12].
Die Quelle Zamzam soll auch die Grundlage für die entstehende Siedlung Mekka gewesen sein.
Gegenüber der Nordwest–Wand der Kaaba befindet sich eine halbkreisförmige Mauer aus weißem Marmor, genannt al–halim (auch: haleem). Dort befinden sich die angeblichen Gräber von Ismail und seiner Mutter Hagar.
Alljährlich fünfzehn Tage vor Beginn des Monats Dhu el-Hidjra [13] wird die Kaaba unter Beteiligung weltlicher und religiöser Autoritäten gewaschen: Mit Wasser der Zamzam-Quelle wird der Boden im Inneren gewaschen, wobei das Wasser durch ein Loch in der Schwelle abfließt. Die Mauern werden mit Palmblätter-Besen gereinigt, dann das gesamte Gebäude mit persischem Rosenwasser und Parfüm ausgesprengt. Eine große Zahl an Pilgern nimmt an dieser Zeremonie teil.
„Sa’y“, Lauf zwischen Safa und Marwa
„Safa und Marwa sind auch Heiligtümer Allahs“ (Koran, 2. Sure, 158).
Das „s’ay", das Laufen zwischen den nur wenige hundert Meter von der Kaaba entfernten Hügeln Safa und Marwa ist die nächste Station der Pilgerfahrt: siebenmal läuft man diesen Weg - auf den Spuren Hagars, die der Überlieferung nach dort Wasser für sich und ihren kleinen dürstenden Sohn Ismail suchte, - bis sie schließlich mit Hilfe des Engels Gabriel die Quelle Zamzam fand.
Die Pilger rezitieren dabei Koranverse. Dies Ritual soll Ausdauer und Geduld üben. An der Strecke gibt es Markierungen, die anzeigen, welche Teile des Wegs von den Männern gelaufen, welche gegangen werden sollen. Die Pilgerinnen brauchen den ganzen Weg nur gehen.
Heute ist der gesamte Weg zu einer breiten, überdachten und klimatisierten Marmorgalerie ausgebaut worden. In der Mitte der Galerie blieb ein Bereich Tragbahren und Rollstühlen reserviert.
Rückkehr nach Mina
Anschließend wird der Ihram abgelegt und der Pilgerführer schneidet eine Locke des Pilgers ab.
Abreise
Die Kaaba und die Wallfahrt nach Mekka sind eindeutig älter als der Islam. Bereits in vorislamischer Zeit war die Kaaba ein Heiligtum, in dem der Überlieferung nach 365 Götter verehrt wurden.
Viele Male erzählt wurde in muslimischen Überlieferungen die erfolgreiche Vermittlung zwischen den kriegerischen arabischen Stämmen Mekkas durch den (späteren) Propheten Muhammad beim Konflikt um den Wiederaufbau der Kaaba.
Als der spätere Prophet Muhammad 35 Jahre alt war (d.h. vermutlich im Jahre 605 n. Chr.) war die Kaaba durch Regengüsse und Überschwemmungen so baufällig geworden, dass sie repariert und wieder aufgebaut werden musste.
Gleichzeitig ging im Hafen Dschidda ein Schiff zu Bruch, das Baumaterialien für einen Kirchenbau in Äthiopien geladen hatte. Diese Materialien verwendeten die Mekkaner zum Wiederaufbau der Kaaba.
Alles ging gut, bis man zum Niveau des Schwarzen Steins gelangte, denn nun begann ein Streit, welche der Mekkaner Großfamilien das ehrenhafte Vorrecht haben sollte, den als heilig angesehenen Schwarzen Stein in das Bauwerk wieder einzufügen. Über diesen Streit kam der Bau ins Stocken und es drohten kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den nomadischen Stämmen.
Schließlich wurde der angesehene Kaufmann Muhammad als Streitschlichter eingesetzt. Er entschied sehr weise, dass der Schwarze Stein auf einen Teppich gelegt werden sollte. Vertreter der Stämme sollten gemeinsam an den Ecken des Teppichs den Stein zur Kaaba tragen und dort in den Bau einfügen. Alle waren zufrieden mit der Schlichtung und Muhammad erhielt den Ehrennamen „Emin", Vertrauensmann (vgl. Hulüsi, S. 105–111, a.a.O.).
Mekka wurde im August 629 von den muslimischen Truppen des Propheten Muhammad nahezu kampflos erobert. Bald darauf wurden die Götterbilder aus der Kaaba entfernt, sie wurde zum Zentrum der jährlichen Wallfahrt bestimmt.
Innerhalb der vom Sufitum gestärkten islamischen Spiritualität werden alle religiösen Pflichten verinnerlicht, relativiert, auch die Wallfahrt nach Mekka. In einem Gedicht des Mystikers Rumi heißt es z.B.:
„Oh! Ihr, die ihr zur Pilgerfahrt aufbrecht, wo seid ihr? Wo seid ihr?
Der innig Geliebte ist hier (ganz in eurer Nähe), kommt! Kommt!“
(zit. n. Richard, S. 79, a.a.O.).
Viele muslimische Familien, denen es finanziell möglich ist, lassen – unabhängig von der Wallfahrt an dem Tag des Opferfests zur Erinnerung an Ibrahims Opfer ein Schaf oder einen Hammel schächten, rituell schlachten. Traditionell wird der größte Teil des Fleisches an Nachbarn und bedürftige Arme verteilt, nur einen kleinen Teil essen die Opfernden selbst.
Manche muslimische Familien aus West-Europa überweisen heute zum Opferfest Geld an arme Familien in dem Herkunftsland, um diesen ein Opfer zu ermöglichen.
Das Opferfest ist ein ausgeprägtes Familienfest mit gegenseitigen Besuchen unter Verwandten und Freunden.
Am 28. April 1996 konnten viele hunderttausend Muslime in Bosnien-Herzegowina erstmals seit Jahren öffentlich und in relativem Frieden das Opferfest begehen. Viele Menschen besuchten die Gräber ihrer Angehörigen (insbesondere der „Märtyrer“), rezitierten die Fatiha-Sure [14] etc. In Konjic zum Beispiel fand am ersten Tag des Opferfestes mit einer großen Anzahl Gläubiger im Fußballstadion „Igman“ ein feierliches Totengedenken und ein Gebet für Frieden statt. Die Alten und Gebrechlichen hingegen, die nicht ins Stadion gehen konnten, besuchten die Caršijskoj - Moschee (vgl. „Oslobodenje“, 30. 4. / 1.5. 1996).
In Jerusalem (und anderswo) besuchen muslimische Familien an dem Tage des Opferfestes die Gräber ihrer Verwandten auf den Friedhöfen und schmücken die Gräber mit Palmenzweigen.
Immer wieder wird bis heute berichtet, dass die Pilger während der Wallfahrt in Mekka und Medina ausgebeutet werden, sie für alle Waren und Dienstleistungen überhöhte, oft doppelte Preise bezahlen müssen (vgl. z.B. Maltzahn, S. 73, a.a.O.).
Seit der Einführung der Wallfahrt im Jahre 629 zur Zeit des Propheten Muhammad wurde sie – nach allerdings umstrittener Zählung von Historikern – ca. 40 Mal abgesagt (vgl. Moosa, S. 11, a.a.O.).
Schon die Empörung des Kuraischiten und Prophetengefährten az-Zubairs (597 - 665) in Mekka gegen den Kalifen Ali führte zu einer Unterbrechung der Pilgerfahrten nach Mekka (vgl. Cahen, S. 49, a.a.O.).
Dessen Sohn, Abdallah ibn az-Zubair (619 – 692) revoltierte 683 gegen die omayyadischen Kalifen und wurde von seinen Anhängern in Mekka zum Kalifen proklamiert (mekkanisches Gegenkalifat). Im September 683 begannen omayyadische Truppen die Belagerung und Beschießung von Mekka, wobei auch die Kaaba in Brand gesetzt wurde (vgl. Cahen, S. 37, a.a.O.). Erst nach 50tägiger Belagerung zogen die omayyadischen Einheiten ab, da ihr Kalif, Yazid, verstorben war.
Der schwarze Stein in der Kaba wurde während der Belagerung von einem Katapultgeschoss getroffen und in Stücke zerbrochen. Ibn az-Zubair ließ ihn mit einer Silbereinfassung versehen und wieder in die Kaaba einbauen. Im März 685 wurde das Gebäude neu eingeweiht.
Die anhaltende Zerstrittenheit der Muslime („fitna“) wurde besonders bei der Wallfahrt des Jahres 686 deutlich: In der Ebene von ʿArafa standen sich die Pilgerscharen von vier rivalisierenden Parteien mit eigenen Fahnen gegenüber: 1. die Partei Ibn az-Zubairs, 2. die Partei der Charidschiten, 3. die Partei der Schiiten von Kufa, und 4. die Partei der omayyadischen Syrer.
Der omayyadische Kalif Abd al-Malik war Ende 691 wieder so gestärkt, dass er seinen General al-Haddschadsch ibn Yusuf nach Mekka gegen ʿAbdallāh selbst sandte. Er sollte mit Abdallah Verhandlungen führen und notfalls, die Stadt aushungern. Der General wurde aber ungeduldig, forderte weitere Truppen an und bombardierte erneut Mekka. Im Oktober 692 wurde dann Ibn az-Zubair besiegt, fiel er im Kampf.
Nach dem Dynastiewechsel zu den Abbasiden um 750 bemühten sich diese um eine religiöse Legitimierung ihrer Herrschaft, dazu gehörten auch „… der Wiederaufbau der heiligen Städte Mekka und Medina und die offizielle Organisierung einer alljährlichen Pilgerfahrt nach Mekka vom Irak aus“ (Rathmann, Bd. I, S. 55, a.a.O.).
Im Jahre 865 kam es am als heilig angesehenen Berge Arafat bei Mekka zu einem regelrechten Massaker an vielen dort versammelten Pilgern. Durchgeführt wurde es von Anhängern von Ismail bin Yousef (genannt auch Al-Safak). der eine Rebellion gegen das abbasidische Kalifat anführte. Im Gefolge des Überfalls wurde die Hadj des Jahres, vielleicht auch die der folgenden Jahre, abgesagt.
Die (schiitischen) Fatimiden unterwarfen sich 970/71 die Städte Mekka und Medina (vgl. Rathmann, Bd. I., 189, a.a.O.). Im Jahre 1814 wurde die Hadj durch die Pest im Osmanischen Reich massiv gestört, v.a. durch das Fehlen von Pilgern.
Die Städte Mekka und Medina gelten traditionell fühlenden Muslimen als so heilig, dass Nicht – Muslimen der Besuch der Städte grundsätzlich verboten ist [15].
Dennoch oder vielleicht gerade deshalb haben seit dem 16. Jhdt. mehr als 10 Nicht – Muslime Mekka heimlich besucht, so im Jahre 1853 der englische Leutnant Burton. Zumindest einer dieser illegalen Besucher, ein Deutscher namens Setzer, kam dabei ums Leben. Als angeblicher „Renegat“ besuchte er u.a. die Kaaba und fertigte Zeichnungen des Inneren an. Als diese Zeichnungen bei ihm entdeckt wurden, erschlug man ihn als Verräter und Religionsschänder.
Einer der bekanntesten verkappten Mekka–Pilger war der Geograph, Ethnologe und Orientalist Heinrich von Maltzahn, Reichsfreiherr zu Wartenberg und Penzlin (1826–1874). Während langjähriger Studienaufenthalte u.a. im Maghreb, in Ägypten und dem Jemen erlernte er die arabische Sprache, die Sitten und Traditionen derart perfekt, dass er den Plan fasste, als muslimischer Mahgrebi verkleidet an der Wallfahrt nach Mekka teilzunehmen. Im Jahre 1860 bestach er einen algerischen Haschisch–Raucher und begab sich mit dessen Pass als Sidi Abd er-Rahman ibn Muhammad auf die Pilgerfahrt, die er auch glücklich ableistete. Als Tarnung kaufte Maltzahn in Kairo einen jungen afrikanischen Sklaven, der ihm vor allem „als Blitzableiter allen Verdachts“ diente (vgl. Maltzahn, S. 34, a.a.O.).
Maltzahn berichtet z.B. über die weite Verbreitung von ritualisierten „Gesprächen“, religiösen Floskeln und Sprüchen aus dem Koran und den Hadithen unter den Wallfahrern. Von seinem ägyptischen Nachbarn im Zug von Alexandria nach Kairo erzählt er: „Die wichtige Neuigkeit, dass es nur einen Gott gebe und dass Mohammed sein Prophet sei, wurde mir wenigstens hundertmal auf der Reise zwischen Alexandria und Kairo mitgeteilt“ (vgl. Maltzahn, S. 29, a.a.O.).
Nach absolvierter Wallfahrt wurde er in einem Hamam als verkappter Christ entdeckt und es gelang ihm nur knapp in einer abenteuerlichen Flucht aus Mekka zu entkommen.
Im Jahre 1865 veröffentlichte Maltzahn seinen damals sehr erfolgreichen Bericht „Meine Wallfahrt nach Mekka“. Die Veröffentlichung erfolgte jedoch erst nach dem Tode des algerischen Passbesitzers, des wahren Sidi, weil Maltzahn meinte: „Denn nichts scheint dem Muselmann strafbarer, als einem Christen den Besuch der heiligsten Stadt des Islam zu erleichtern“ (vgl. Maltzahn, S. 13, a.a.O.).
Auch sonst brachten Christen oft keinen oder nur zu wenig Respekt vor den religiösen Riten des Islams auf: "Als der hochchristliche Vasco da Gama 1502 zum zweiten Mal in die indischen Gewässer steuerte, diesmal mit einer bis an die Zähne bewaffneten Armada 'zwecks Anknüpfung von Handelsbeziehungen' bestand seine erste Leistung darin, dass er ein Schiff mit Mekkapilgern, 240 unbewaffnete Reisende mit Frauen und Kindern, mittels Artillerie (die dort ja noch unbekannt!) anschießt, alles Plünderbare plündern lässt und darauf das Schiff 'mit Mann und Maus' in den Grund bohrt" (Ludwig Klages, zit. n. Deschner, S. 484, a.a.O.).
Zur Erinnerung an ihre Wallfahrt nach Mekka lassen sich in einigen arabischen Ländern die Hadschis die Außenwände ihrer Häuser bemalen. Die Wandbilder (vgl. Abbn. oben) stellen der Wallfahrt dar, erzählen von der Reise, von Mekka und Medina und vom Alltag der Pilger. Insbesondere im ländlichen Ägypten gibt es bis heute eine lebendige Volkskunst vielfarbiger Hadj–Wandbilder (vgl. Parker, a.a.O.).
In dem erstmals 1947 veröffentlichten Roman „Die Midaq-Gasse“ von Nagip Machfus (a.a.O.) werden die Vorbereitungen für die Hadj eines Anwohners der Gasse geschildert. Der zukünftige Pilger hofft enthusiastisch: „Wie glücklich wäre ich, wenn ich schon heute den Durst nach dem Wasser des heiligen Brunnens Zamzam löschen und den Spuren des Propheten folgen könnte. … Erquicken möchte sich mein Herz beim Besuch der Grabes des Propheten und beim Gebet im Heiligen Garten (vgl. Geburt der Fatima)…. Ich sehe mich schon an den Brunnen Zamzam treten und die Wunden, die mir die übergroße Sehnsucht zugefügt hat, mit dem Wasser der Vergebung netzen“ (Machfus, S. 331/332, a.a.O.). Nachbarn bitten den zukünftigen Pilger: „Und Sie werden doch wohl nicht vergessen, uns einen Gebetskranz aus der geheiligten Stadt mitzubringen ?“ (Machfus, S. 337, a.a.O.).
Bei seiner Rückkehr – nun mit dem Ehrentitel eines „Mekkapilgers“ – wurden „… Blumengirlanden und Fahnen herausgehängt, frischer Sand wurde in der Gasse verstreut, und alle waren in der Hoffnung, dass eine Nacht voller Freude und Verzückung bevorstand, an die man sich noch tagelang erinnern würde“ (Machfus, S. 353, a.a.O.).
Nach einer schiitischen Überlieferung soll der Imam Ali ibn Abu Talib im Jahre 600 in der Kaaba geboren worden sein, als einziger Mensch überhaupt, als Zeichen Gottes für die besondere Position Alis.
Alis Mutter, Fatima bint Asad, so wird erzählt, kam kurz vor der Geburt zur Kaaba, um zu beten. Als sie vor dem Gebäude betete, geschah ein Wunder: in der Wand der verschlossenen Kaaba bildete sich plötzlich an der Südostecke (der Rukn Yamani, der jemenitischen Ecke) ein Spalt, durch den sie in das Gebäude eintrat. Hinter ihr schloss sich der Spalt in der Wand wieder. Die Kunde von dem Wunder verbreitete sich durch Zeugen rasch in der ganzen Stadt Mekka.
Da das Tor der Kaaba von innen verschlossen war, konnte niemand hinein. Fatima bint Asad blieb drei Tage in der Kaaba. Am vierten Tag aber trat sie wunderbarerweise mit dem kleinen Ali auf dem Arm aus der Kaaba heraus. Der Säugling Ali soll jedoch erstmals seine Augen geöffnet haben, als der Prophet Muhammad, der erwartungsvoll vor der Kaaba stand, ihn auf den Arm nahm: so war das Gesicht des Propheten das erste, was Ali auf dieses Welt sah (vgl. auch Geburt Alis). .
Mekka wurde im August 629 von den muslimischen Truppen des Propheten Muhammad nahezu kampflos erobert.
In dem Film „Auf der anderen Seite“ von Fatih Akin (2007) spielt die Erinnerung an die väterliche Erzählung vom Ursprung des Opferfests eine Schlüsselrolle in der u.a. dargestellten Vater–Sohn–Beziehung.
Das saudische Königshaus – der „Hüter der zwei Heiligen Stätten“ - zieht ein hohes Prestige aus dieser Aufgabe, die allerdings auch große Gefahren mit sich bringt. Am 20. November 1979 (nach dem islamischen Kalender dem Neujahrstag, dem 1. Muharram 1400) besetzten ca. 400 militärisch geschulte extreme, eschatologisch orientierte sunnitische Islamisten (v.a. aus Saudi-Arabien) die große Moschee in Mekka, verbarrikadierten die Eingänge, nahmen tausende Wallfahrer als Geiseln und erschossen viele Pilger. Auf den Minaretten wurden Scharfschützen postiert.
Die Islamisten hielten das saudische Königshaus für „verwestlicht“ und strebten einen „wahren“ islamischen Staat an. Eschatologische Vorstellungen scheinen dabei eine Rolle gespielt zu haben. Viele der Rebellen kamen mit ihren Frauen und Kindern zu der Besetzung.
Der Anführer der Rebellion war Dschuhaiman al-Utaiba (1936 - 1980), der nach einer Militärkarriere und einem Theologiestudium in Mekka einer extrem-strengen wahabitischen Richtung angehörte und aus einer der angesehensten Familien des Nadjd (Nedschd) stammte. Schon sein Großvater hatte sich enttäuscht vom ersten König Abd al-Asis Ibn Saud abgewandt und war 1929 im Kampf gegen den König gefallen.
Über die Lautsprecheranlage der Moschee verkündete al-Utaiba die Ankunft des Mahdi; Gott selbst habe ihm im Traume befohlen, dass einer seiner Anhänger und Mitbesetzer der Moschee der lange angekündigte Mahdi sei. Alle anwesenden Pilger sollten dem Mahdi huldigen, denn er würde endlich Gerechtigkeit bringen, das gottlose Königshaus stürzen und den wahren Islam zum Sieg führen. Dschuhaiman warf dem saudischen Königshaus Korruption, Luxus, Lotterleben und Nachahmung des „Westens“ vor, - ganz ähnlich den Anklagen Khomeinis gegenüber dem Schahregime zuvor (vgl. Diner, S. 71, a.a.O.).
Die Regierung holte erst eine Fatwa von dem höchsten wahabitischen Klerus ein, ob es gestattet sei, die als heilig angesehene Moschee gewaltsam, militärische zu erobern.
Erst nach 14 Tagen blutiger Kämpfe konnten die Besetzer schließlich überwältigt werden. Bedeutsam bei den Kämpfen war wohl eine zu Hilfe gerufene französische Anti-Terroreinheit, von der behauptet wurde, sie wäre vor dem Einsatz noch kollektiv zum Islam konvertiert worden (vgl. Diner, S. 71, a.a.O.)..
Der Mahdi kam wie ca. 1000 weitere Personen bei den Kämpfen ums Leben. Der letzte Widerstand wurde durch den Einsatz von Gas gebrochen. Viele der überlebenden Aufständischen wurden im nächsten Jahr öffentlich enthauptet. Auch Dschuhaiman al-Utaiba wurde in den Gewölben unter der Moschee gefangen genommen und nach kurzem Prozess am 9. Januar 1980 in Mekka öffentlich enthauptet.
Der Film „Mekka 1979“ zeigte auch mit Originalaufnahmen die Hintergründe der Besetzung, er wurde am Montag, 27. August 2018 um 22.45 Uhr in der ARD gezeigt.
Vielfach wird die Besetzung der Moschee in Mekka 1979 als der Beginn des gewaltsamen, islamistischen Terrorismus angesehen.
Saudi-Arabien erlebte in den Jahren nach der Rebellion eine Re-Islamisierungswelle und finanzierte weltweit islamistische Gruppen, z.B. in Afghanistan.
Um die Jahrhundertwende zum 20. Jhdt. zogen jährlich zwischen 100 000 und 200 000 Gläubige nach Mekka. Im Jahre 2008 besuchten zum Opferfest ca. 2,5 – 3 Millionen Pilger die Heiligtümer in Mekka. Immer wieder gab es in den letzten Jahren während der Wallfahrt zu großen Organisationsproblemen und Unfällen an Engpässen, z.B. an der Brücke zwischen Mekka und Mina, mit Paniken und Hunderten von Todesopfern.
Insbesondere in den 90er Jahren des 20. Jhdts. kam es mehrfach zu furchtbaren Katastrophen während der Hadj. 1990 starben 1426 Pilger bei einer Panik in einem Tunnel des Pilgerweges, sie wurden von anderen Wallfahrern tot getrampelt. 1994 starben 270 Hadjis bei einer Massenpanik und 1997 bei einem Großbrand in einem Zeltlager 343 Pilger.
Im Jahre 2009 (1430 n. d. H.) wurde das Opferfest und die Hadj von der neuen Influenza („Schweinegrippe“) als auch durch die Angst vor neuen Attentaten überschattet.
Zwar trugen nur wenige der Pilger die weißen Mundschutzmasken, aber es ist deutlich, viele Muslime haben die Hadj verschoben. In den letzten Jahren lagen die Wallfahrerzahlen in der Regel zwischen 2,5 und knapp 3 Millionen, in dem Jahr 2009 dagegen werden es vermutlich „nur“ ca. 1,8 Mio. sein.
Die Flughäfen in Dschidda und Medina wurden mit jeweils Dutzenden von Wärmebildkameras ausgerüstet, - so hofft man fiebernde Einreisende umgehend identifizieren zu können.
Wallfahrer aus Ländern, in denen bereits Schweinegrippeimpfungen vorgenommen wurden, mussten die Impfung nachweisen; aus Gesundheitsgründen wurde die Einreise von alten Menschen und Kindern erschwert.
Bisher kamen jedoch nur 70 Wallfahrer an Schweinegrippe erkrankt nach Saudi – Arabien, vier Hadjis (mit schweren Vorerkrankungen) starben – deutlich weniger als befürchtet (vgl. „Tagesspiegel“, 25. November 2009, S. 5).
Die Hadj ist immer auch ein enormes logistisches Problem. 2009 sollen ca. 17 000 Ärzte und Krankenpfleger sowie 100 000 – 200 000 Soldaten und Polizisten im Einsatz sein – offizielle Zahlen werden nicht genannt. Im gleichen Jahr dürften die Pilger während der Hadj – Tage ca. 130 Mio. Liter Wasser [16] und 2 Mio. Brotlaibe verbrauchen
Der große achteckige Innenhof der Zentralmoschee fasst „nur“ ca. 900 000 Besucher, also weniger als die Hälfte der Pilgerzahl des Jahres 2008. Im Dezember 2008 wurde bekannt, dass der saudische König Abdullah ibn –Abdul – Aziz deshalb den Bereich der zentralen Al – Haram – Moschee umbauen, erweitern lassen will. Zunächst soll der Innenhof um die Kaaba ein Fassungsvermögen von 1,5 Mio. Menschen, später sogar von ca. 3 Mio. Pilgern erhalten. Die bekanntesten Architekturbüros der Welt wurden von der saudischen Regierung um Vorschläge zur Erweiterung gebeten, darunter der englische Architekt Norman Foster (der u.a. die Kuppel des Berliner Reichstagsgebäudes entwarf) oder die irakische Stararchitektin Zaha Hadid (vgl. „Süddeutsche Zeitung“, 6./7. Dezember 2008, S. 13).
Direkt neben der Haram-Moschee in Mekka wurde ein riesiges vierstöckiges Einkaufszentrum errichtet, sicher eines der größten der Welt. Alle westlichen Luxusmarken sind in den ca. 500 Geschäften dort vertreten, so z.B. Tiffany, Cartier und auch MacDonalds und Starbucks. Um Platz für das Hilton-Hotel zu schaffen, wurde u.a. das der Überlieferung nach Haus Abu Bakrs, des ersten Kalifen, zerstört, so wie ca. 300 weitere alte Gebäude. Der multinationale Kapitalismus hat unterdessen auch Mekka erreicht. Den „Ungläubigen“ wird der Zutritt nicht gestattet, ihre Produkte sind längst da. Zugunsten des Shopping gehe immer mehr die „Spiritualität“ verloren, kritisieren viele fromme Muslime, auch z.B. der Filmemacher Parvez Sharma.
In Athen lebten 2010 ca. 300 000 Muslime, darunter viele Flüchtlinge mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus, oft in bitterer Armut. Aber es gibt nur einige kleine, private, oft schäbige Hinterhofmoscheen, keine einzige große, repräsentative Moschee. Athen ist damit die einzige europäische Hauptstadt ohne eine „arbeitende“ Moschee [17].
Schon zur Olympiade 2004 hatte die griechische Regierung den Bau einer großen Moschee zugesagt, was jedoch durch den Druck der orthodoxen Staatskirche vereitelt wurde. Von orthodoxer Seite wurden Reziprozitätsforderungen laut: wenn die Türkei die theologische Hochschule von Chalki wieder eröffnet, bauen wir auch eine Moschee in Athen etc.
Zum Opferfest am 16. Oktober 2010 rief deshalb die Vereinigung der Muslime in Griechenland dazu auf, aus Protest gegen diese Benachteiligung das Fest in Athen öffentlich zu begehen: auf den Plätzen der Innenstadt versammelten sich mehr als 10 000 Gläubige, allein vor der Athener Universität mehr als 3000 Muslime.
Angriffe der rechtsextremen, rassistischen, islamfeindlichen Partei „Chrysi Avgi“ (Χρυσή Αυγή, “Goldene Morgendämmerung“) wurden durch eine starke Polizeipräsenz verhindert (vgl. Kadritzke, S. 15, a.a.O.). Nun soll Anfang 2011 ein Wettbewerb zum Bau einer großen, repräsentativen Moschee ausgeschrieben werden.
Neben dem Opferfest gibt es noch eine andere Art von Opfern im traditionellen Islam, individuelle Dankopfer, die wegen eines Gelübdes erfolgen. Sie werden im Arabischen „nadhir“, im Türkischen „nezir“ oder „adak“ genannt. Hier darf der Opfernde kein Fleisch von dem Opfertier essen: Das ganze Fleisch muss an mindestens sieben Bedürftige verteilt werden.
Nach weit verbreiteter traditioneller orientalischer Vorstellung sollen Tieropfer generell Glück bringen, auch z.B. bei einem Fußballspiel in Oberbayern: „Vor dem C–Klassenspiel Istiklal Reichertshofen gegen den FC Rockolding ging ein Istiklal – Spieler an den Rand, packte ein Schaf, trennte ihm blitzschnell mit einem Messer den Kopf ab. Dann tauchten alle türkischen Spieler ihre Finger ins Blut. Den Kopf legten sie an eine Eckfahne. Istiklal – Chef Gezi: Das soll Glück bringen. Genutzt hat das Blutopfer nichts: Die Türken verloren 0 : 4. Und der Tierschutzbund zeigte sie an“ (zit. n. „Bild“, 3. November 1993).
Nach der Scharia sollen am siebenten Tag nach der Geburt eines Kindes die Haare des Kindes abgeschnitten werden und ihr Gegengewicht in Goldmünzen an die Armen verteilt werden.
In Ländern mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung sind die Tage des Opferfests meist offizielle Feiertage, an denen Schulen, Behörden, Betriebe etc. geschlossen sind. In Berlin wird seit einigen Jahren von den öffentlichen Arbeitgebern und den Schulen der erste Tag des Opferfestes als Feiertag für Muslime anerkannt.
In einigen islamisch geprägten Gesellschaften, so z.B. der Türkei, gibt es eine anscheinend anwachsende Minderheit von sich als fromme Muslime verstehenden Menschen (beispielsweise die türkische Gruppe der „Antikapitalistischen Muslime“, die sich auch bei den Gezi-Protesten engagierten), die die Schlachtung von Opfertieren zum Opferfest höchstens im Rahmen der Hadsch befürworten. Echte Opfer – meinen diese Muslime – wären Hilfen, Beistand und Unterstützung für die Armen und Diskriminierten.
Tatsächlich sind die heutigen Massenschlachtungen zum Kurban Bayram in der Regel ein schauerliches Bild: Oft auf öffentlichen Marktplätzen (die Schlachthäuser reichen an diesem Tag nicht aus) vor hunderten von Zuschauern, mit in Panik geratenen Tieren, dem Röcheln sterbender Tiere, hunderten von Tierhäuten und Strömen von Blut.
Bis heute führen Personen, die die Wallfahrt absolviert haben den Ehrennamen Hadji oder Hadja (auch Hadschi oder Haci). In dem Historischen Roman „Verlorene Schlacht“ erscheint der Schreiber und Folterspezialist Suljaga Hodžić, i.e. „Sohn des Haci“. Eine ganze Reihe von Serben, die zum Islam übertraten, haben den Zunamen Hodžić (von Haci) angenommen, auch ohne dass jemand aus der Familie ein Mekkapilger war (vgl. Djilas, S. 52, a.a.O.).
Trotz der Corona-Pandemie wurde bis zum April 2020 die für Ende Juli vorgesehene Wallfahrt nach Mekka und Medina nicht abgesagt.
Allerdings haben die saudischen Behörden Muslimen weltweit empfohlen, ihre Hadj zu verschieben. Wenn sie jedoch nicht abgesagt werden sollte, stellen sich – nach Auffassung von Ebrahim Moosa [18] – enorme gesundheitliche Gefahren. Denn jedes Jahr vollziehen mehr als 2 Mio. Menschen die Hadj und sind dabei vom Beginn bis zur Rückkehr traditionell in vielen Situationen eng zusammengedrängt mit Nachbarn, Verwandten, MItreisenden etc., kollektive Gebete und Rituale sind fester Bestandteil der Wallfahrt. Das Gemeinschaftserlebnis wird von vielen Hadjis besonders gewürdigt.
Soziale Distanzierungen und Isolation sind antithetisch zum Rhythmus der Hadj (vgl. Moosa, S. 1, a.a.O.).
In der Vergangenheit haben schon obligatorische Impfungen und Verbesserungen der sanitären Versorgung und den Unterkünften der Pilger die Ausbreitung von ansteckenden Krankheiten wie Cholera und Typhus während der Hadj vermindert, - gegen das Corona-Virus aber gibt es bisher kein Mittel.
Wie besorgt die saudischen Behörden sind, belegt auch die Absage der diesjährigen Umrah, der kleinen Wallfahrt, die am 4. März 2020 auch für die eigenen Staatsbürger erfolgte, nachdem sie für ausländische Muslime bereits zuvor untersagt und Zehntausende von Pilgern nach Hause geschickt worden waren (vgl. Seibert, a.a.O.).
Schon die früheren Bilder von leeren Pilgerstätten in Mekka und Medina hatten Schocks und tiefe Ängste unter gläubigen Muslimen verursacht. So scheint die saudische Regierung unwillig, die Hadj abzusagen – sie fürchtet einen Ansehensverlust. Die Reputation des Königreichs ist bereits durch den Mord an Jamal Khashoggi und den blutigen Krieg im Jemen gesunken.
Dabei sei die Verpflichtung zur Hadj während Kriegen, Epidemien und extremen Gefahren aufgehoben. In der Sicht von Ebrahim Moosa sei der Koran dabei eindeutig: In der 2. Sure (al-baraqa – Die Kuh) heißt es im Kontext der Hadj: „Und stürzt euch nicht mit eigener Hand ins Verderben; und tut Gutes, denn siehe, Allah liebt die Gutes Tuenden. Und vollzieht die Pilgerfahrt und den Besuch um Allah willen; und so ihr behindert seid, dann bringt ein kleines Opfer dar…“ (Koran, 2, 191/192, S. 49/50, a.a.O.; nach anderer Zählung 2, 195-196).
Nach Abdullah Yusuf Ali bezieht sich diese Koranstelle eher auf kriegerische Konflikte als auf Krankheiten und Seuchen.
Muslimische Ethiker betonen immer wieder, dass der Schutz des Lebens während Epidemien vorrangig gegenüber religiösen Ritualen sei (vgl. Moosa, S. 11, a.a.O.).
Saudi-Arabien hatte im Frühsommer 2020 bei ca. 34 Mio. Einwohnern ungefähr 270 000 Corona-Infektionen, mehr als 2700 Corona-Tote und im Juli täglich mehr als 2000 neue Ansteckungen – das Land war stärker betroffen als die arabischen Nachbarn am Golf (vgl. Seibert, a.a.O.).
Angesichts der problematischen Corona-Lage in Saudi-Arabien wurde schließlich die Wallfahrt des Jahres 2020 zum ersten Mal in der saudischen Geschichte (seit 1932) für ausländische Pilger abgesagt, die Grenzen geschlossen und die Hadj auch für einheimische Pilger stark begrenzt: Das medizinische Risiko erschien den Behörden als zu groß.
Wie viele Pilger es sein werden ist unklar, aber es werden nur wenige Tausend sein, saudische Staatsbürger und Ausländer. die dauerhaft in Saudi-Arabien leben. Die Auswahlkriterien sind unklar und umstritten, nur Gesunde zwischen 20 und 50 Jahren sollen es sein. Die Ausgewählten müssen zudem zuvor einige Tage in Quarantäne und sich einem Corona-Test unterziehen.
Außerdem gilt eine Reihe von coronabedingten Sonderregeln:
· die „Steinigung des Teufels“ wird mit „… eigens sterilisierten Steinen, die den Wallfahrern in Beuteln ausgehändigt werden“ erfolgen (vgl. Seibert, a.a.O.)
· ein elektronisches Armband wird vorgeschrieben, so dass die Bewegungen der Pilger nachvollzogen werden können
· das als heilig und heilsam angesehene Wasser der Zamzam - Quelle gibt es nur in Plastikflaschen abgepackt
· es herrschen „Maskenpflicht“ und Abstandhalten.
Jedoch ist für die Ausgewählten 2020 die Hadj gratis, die saudischen Behörden bezahlen Reise, Unterkunft und Verpflegung.
Das Ausfallen der Wallfahrt im Jahre 2020 wird einen enormen wirtschaftlichen Schaden hervorrufen, für Hotels, Restaurants, Fahrer von Taxis und Bussen, Fremden- und Pilgerführer oder Catering-Unternehmen.
Im Jahre 2019 gab es ca. 19 Mio. Pilger der Umrah und ca. 2,5 Mio., die die Hadj vollzogen. Die „Hadj-Industrie“ brachte der saudischen Staatskasse jährlich ca. 12 Mrd. US-$ ein (vgl. Seibert, a.a.O.).
Offizielle staatliche Planungen sahen zukünftig bis zu 30 Mio. Wallfahrer pro Jahr vor.
Neben dem wirtschaftlichen Schaden erleidet das saudische Königshaus als „Wächter der beiden heiligen Stätten“ (ar. „Kladem al-haramayan“) einen großen Prestigeverlust. Denn erst 1986 wurde der Titel von den saudischen Königen reaktiviert, zur religiöse Legitimation ihrer Herrschaft angenommen.
Abu’l Walid Mohammed Ibn Rushd (der Ältere, 1059 - 1126), der Oberster Kadi von Cordoba, Imam der dortigen Großen Moschee und Großvater (genannt auch Ibn Rušd al-Ǧadd ≙ „der Großvater“) des großen Philosophen und Arztes Ibn Rushd (Avverroës) führte aus, ein Muslim würde durch die Absolvierung einer gefährlichen Reise während einer Epidemie, riskieren eine Sünde zu begehen.
Der ägyptische Gelehrte Ibn Hadschar al-Asqalani (1372-1449), Qādī von Ägypten und Professor an der Azhar-Universität in Kairo, wies auf das bittere Leid hin, das durch große Gebetsveranstaltungen während der Pest verursacht wurde. Im Dezember 1429 – führte er aus – starben an einem Tag in Kairo 40 Menschen an der Krankheit.
Einen Monat später, nachdem viele Menschen von einem großen Bußfasten und –beten in der Wüste nach Kairo zurückgekehrt waren, schnellte die tägliche Todesrate auf 1000 empor. Ähnliche katastrophale Folgen hatte – nach al.Asqalani – die Nichtbeachtung der Vorbeugung vor Ansteckungen ein Jahrhundert zuvor bei einer Pest in Damaskus (vgl. Moosa, S. 11, a.a.O.).
Heutige islamische Gelehrte empfehlen, eine Handvoll Muslime sollte nominell die Wallfahrt unter strenger gesundheitlicher Überwachung vollziehen, saudische Behörden könnten dem Folge leisten: Eine kleine Anzahl Anwohner könnte unter Beachtung der sozialen Distanzierung und aller Schutzvorschriften die Hadj absolvieren.
Nach Ebrahim Moosa ist eine umgehende Absage der Hadj dringend notwendig, auch um die nach der islamischen Ethik Priorität der Sicherheit zu unterstreichen (vgl. Moosa, S. 1 & 11, a.a.O.); das benötigt aber einen Konsens der geistlichen und politischen Führer. Das sollte auch König Salman bin Abdulaziz – der „Hüter der beiden heiligen Stätten“ berücksichtigen.
(veränderlich, nach dem islamischen Mondkalender; die Feiertage des Opferfestes beginnen am 10. Tag im 12. Monat, dem Wallfahrtsmonat Dhu el hidja )
[1] Einer anderen Legende nach soll Eva auf dem Wege nach Mekka in Dschidda gestorben sein. In Dschidda zeigt man sich bis heute das sog. Grab der Eva, bzw. die Rest von ihm. Eine riesige, ca. 150 m lange Anlage, einst ein kuppelüberwölbtes Sanktuarium, in dem ein unter grünen Tüchern als heilig angesehener Stein aufbewahrt wurde. Zu ihm pilgerten jahrhundertelang v.a. Frauen, die dort um Mutterschaft beteten.
Die erste Erwähnung des Grabes Evas stammt aus dem 12. Jhdt. Der Kult um das Grab blieb auch nach 1928 lebendig, als der saudische, wahabitische König Abdul Aziz das Grab zerstören ließ. Der Kult um das Grab wurden von den Wahabiten als unislamische Regression betrachtet. Nur Reste der langen, parallelen Umfassungsmauern blieben erhalten. Da dort weiterhin zahlreiche Pilger beteten, wurden 1975 die Reste von den saudischen Behörden zubetoniert. Dennoch kommen bis heute aus aller Welt Pilger, um die Überreste des „Ammuna Hawwa“ (ar. “Unsere Mutter Eva”) genannten Friedhofs zu sehen /vgl. Abb unten).
[2]
In der arabischen Tradition spielt das Kamel, das einhöckrige Dromedar, eine besondere Rolle, es wurde auch auf der arabischen Halbinsel domestiziert, ca. um die Hälfte des 2. Jtds. v. Chr. Historisch erfolgte die Domestikation recht spät. es spricht viel dafür, dass Kamele damals auszusterben drohten. Nach aktuellen genetischen Untersuchungen stammen alle modernen Dromedare von nur 6 mütterlichen Linien ab, ein sehr begrenzter Genpool ist die Folge (vgl. Viering, S. 23, a.a.O.).
Jedoch könnte die anlaufende Klimaerhitzung für die Dromedare eine Zukunftschance darstellen, weniger als Transportmittel denn zur Nahrungsmittelproduktion. „Für die Kamele spricht dabei nicht nur ihre Hitze- und Trockenheitstoleranz … Ihre Haltung verbraucht auch deutlich weniger Wasser und Land als die anderer Nutztiere, und ihre gepolsterten Sohlen verursachen weniger Bodenerosion als die Hufe von Rindern, Schafen und Ziegen“ (Viering, S, 23, a.a.O.). Generell verursachen Dromedare einen geringeren ökologischen Fußabdruck:
· Sie sind Überlebenskünstler, fressen auch dorniges Gestrüpp und salzhaltige Pflanzen
· Sie geben unter beschränkten Umweltbedingungen und begrenztem Futter mehr Milch als Kühe (vgl. Viering, S. 23, a.a.O.).
So gibt es bereits heute (2021) Programme, z.B. in Kenia oder Rajastan, Bauern beim Umstieg von einer Rinder- zur Kamelhaltung zu unterstützen.
[3]
Am 2. November 1982 wurde Kamal Amzal (1962 - 1982), ein aus der Kabylei stammender Student und Aktivist des „Berberfrühlings“ in dem Foyer der Fakultät von Ben Aknoun in Algier Opfer eines Ritualmordes. Er war mit einem Kommilitonen dabei in dem Foyer der Universität ein Plakat zu den Uni-Wahlen aufzuhängen, als plötzlich eine große Gruppe bewaffneter, außeruniversitären Islamisten unter Allahu-akbar-Rufen das Foyer stürmte. Amzal wurde ergriffen, „ … ein Säbel gezogen und die rituelle Tötung durch Schächten vollzogen. Ihr angebliches Ziel besteht darin, dass ein mutmaßlich vom Glauben Abgefallener gereinigt wird und doch noch das Paradies gewinnt“ (vgl. Kebir, 2023, a.a.O.). Kamal Amzal verblutete und wurde das erste zivile Opfer des islamistischen Terrors in Algerien.
Der Mörder Kamal Amzals wurde zur Mindeststrafe von 8 Jahren Gefängnis verurteilt und nach zwei Jahren von Präsident Chadli begnadigt.
In Algerien wurden in den 90er Jahren des 20 Jhdts. in der Folge eine ganze Reihe von solchen „… theatralisch inszenierten“, öffentlichen Ritualmorden durch Islamisten ausgeführt. Die „…. stets von neuem wiederkehrenden Schaumorde (sollten) die Gesellschaft einschüchtern und gefügig“ machen (vgl. Kebir 2023, a.a.O.).
In einiger Hinsicht ähnlich waren viele der Morde des IS.
Der Koran kennt das Delikt Apostasie und eine Strafe im Diesseits nicht, allerdings gibt es eine diesbezügliche – unsichere - Hadith: „Wer seine Religion wechselt, den müsst ihr töten“: Sie erscheint in der kodifizierten Rechtsliteratur erstmals im der Sammlung des medinensischen Gelehrten Mālik ibn Anas (des Begründers der Malikiten) im 8. Jhdt.
Formal gibt es für Apostasie (ar. Irtidâd, oder auch ar. al-ridda) bis heute in einigen islamischen Ländern die Todesstrafe, so im Jemen, im Iran sowie in Saudi-Arabien, Katar, Pakistan, Afghanistan, Somalia und in Mauretanien. Vereinzelt werden auch Hinrichtungen durchgeführt, so etwa im Jahre 2000 in Somalia.
Apostasie-Gesetze widersprechen dem Art. 18 (Gewissens- und Religionsfreiheit) der AllgErklMenschenR vom 10. Dezember 1948: „Jeder Mensch hat Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht umfasst die Freiheit, seine Religion oder Überzeugung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder seine Überzeugung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, in der Öffentlichkeit oder privat, durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst oder Vollziehung von Riten zu bekunden“ (vgl. auch: 18. Januar 1985).
[4] Dhu el - Hidjra ist der zwölfte und letzte Monat des muslimischen Mondkalenders.
[5] Das Pilgergewand Ihram wird von den Hadji und Hadja oft als Erinnerung aufbewahrt. Sie dienen dann nach ihrem Tod als Leichentuch. Das weiße, ungesäumte Pilgergewand wurde bereits bei den vorislamischen Wallfahrten zur Kaaba getragen.
[6] Der Prophet Muhammad hatte zuerst - analog den Juden - die Gebetsrichtung nach Jerusalem festgelegt. In Medina jedoch ,anderthalb Jahre nach der Hedschra - mit dem Beginn der Konflikte mit den dortigen jüdischen Stämmen - wurde die Gebetsrichtung nach Mekka hin geändert (vgl. Koran, 2, 143-145). Muhammad berief sich dabei auf die angebliche Religion Abrahams, die von den Juden verdunkelt worden sei. Nach islamischer Auffassung hat auch Abraham die Gebetsrichtung nach Mekka genauso vorgeschrieben wie auch die Hadj (vgl. Sure 22, 27).
[7] Auf dem Berg Arafat sollen sich nach einer islamischen Legende Adam und Eva nach ihrer Trennung und Vertreibung aus dem Paradies wieder erkannt haben (daher u.U. der Name: ar. ta’arafa“ = wieder erkennen).
[8] Jede muslimische Familie, der es finanziell möglich ist, lässt an dem Tag des Opferfests zur Erinnerung an Ibrahims Opfer ein Schaf oder einen Hammel schächten, rituell schlachten. Das Tier muss durch die Halsschlagader ausbluten, der Kopf wird in Richtung Mekka gelegt. Traditionell wird der größte Teil des Fleisches an die Armen verteilt.
[9] Nach einer anderen Legende war der Schwarze Stein einst ein weißer Engel, der von Gott herab auf die Erde gesandt wurde. Durch die Wallfahrt werden die Sünden der Wallfahrer auf den Stein übertragen, er wurde schwarz. Am Jüngsten Tag soll der Stein für die Wallfahrer vor Gott Zeugnis ablegen.
[10] Das Umkreisen der Kaaba sowie das Küssen des Schwarzen Steins gehörten bereits in vorislamischer, „heidnischer“ Zeit zu den Ritualen der Wallfahrt zur Kaaba.
[11] Der Familie von Abbas ibn Abdalmuttalib, dem Stammvater der Abbasiden, übertrug der Prophet das (einträgliche) Amt des „Tränkens der Pilger“ (vgl. Ibn Ishaq, S. 259, a.a.O.).
[12] Türkische Hadjis veranstalten heute oft bei ihrer Rückkehr von der Wallfahrt ein kleines Fest für Verwandte, Nachbarn und Freunde. Dabei wird den Hadschis gratuliert und die Besucher erhalten einen kleinen Schluck der als heilig angesehenen Wassers von der Zamzam – Quelle: dazu blickt man in Richtung Mekka und spricht „Mübarak olsun“, Gesegnet soll es sein. Dadurch – so wird angenommen – tritt man in eine Verbindung zur Heiligen Stadt Mekka.
[13] Eine zweite rituelle Reinigung der Kaaba erfolgt alljährlich 15 Tage vor Beginn des Fastenmonats Ramadan.
[14] Die den Koran eröffnende al-Fatiha-Sure ist bei vielen Muslimen besonders angesehen. Nagip Machfus beschreibt in seinem Roman „Die Midaq-Gasse“, wie eine Verlobung durch das Lesen der al-Fatiha-Sure bekräftigt wird (Machfus, 1991, S. 173, a.a.O.). Eine solche Verlobung zu brechen, gilt als Sünde: „Aber die Fatiha umsonst zu lesen ist eine schwere Sünde“ (Machfus, 1991, S. 182, a.a.O.).
Auch auf vielen muslimischen Grabsteinen wird die Fatiha aufgeführt.
[15] In dem Katastrophen–Film „2012“ von Roland Emmerich werden auch allerlei religiöse Symbole zerstört, nicht aber die Große Moschee und die Kaaba in Mekka, - aus Furcht vor möglichen negativen Reaktionen von Islamisten.
[16] In Mekka arbeiten 2009 zwei riesige Entsalzungsanlagen, anders wäre der enorme Wasserbedarf in der Hedschas–Wüste überhaupt nicht zu decken. Saudi-Arabien der weltweit größte Produzent von entsalzenem Wasser. Produziert werden in 30 Werken circa 3,4 Mio. Kubikmeter am Tag, das sind 60 % des saudischen Bedarfs.
[17] Dabei gibt es in Athen die Fethiye–Moschee, aus der osmanischen Zeit, nahe der römischen Agora. Die Moschee wurde nach Fatih Sultan Mehmed benannt, der die Stadt Athen im Jahre 1458 besuchte – dem Jahr der Erbauung der Moschee. Nach der Unabhängigkeit Griechenlands wurde der Bau als Korn- und Mehlspeicher bzw. als Depot für Fundstücke benutzt. Zur Zeit ist sie nicht zugänglich.
[18] Ebrahim Moosa ist Professor für Islamische Lehre und Muslimische Gesellschaften in der Keough-Schule für Globale Angelegenheiten an der privaten katholischen Universität von Notre Dame/Indiana/USA. Der aus Südafrika stammende 59jährige Islamwissenschaftler gilt vielfach als ein führender Gelehrter des zeitgenössischen muslimischen Denkens.
Die Abb. oben zeigt einen Verkehrshinweis vor der Stadtgrenze von Medina: „Muslims only“, (Photo aus dem „Tagesspiegel“, 25. November 2009, S. 5).
Abb. Evas Grab in Dschidda; Seitenansicht, nach einer fotografischen Aufnahme aus: Illustrirte Zeitschrift, 1872, S. 1491; Abb. aus.http://www.europeana.eu/portal/record/08535/local__default__44248.html
Abb. oben: Darstellung des Opfers Abrahams; armenische Stickerei, 17. Jhdt, heute in dem Museum für Armenische Kunst. Eriwan (Photo: Christian Meyer, Dezember 2016)