Abb.: Martin Luther als Junker Jörg, ca. 1522, Lucas Cranach d. Ä.(ca. 1472-1553); Leipzig, Museum der bildenden Künste, Inv. Nr. 566; 33,5 x 25,3 cm, auf Buchenholz
Abb.: Adriaen van der Werff (1659 – 1722): „Pfingsten“: „Als der Geist mit Feuerzungen über die Jünger kam“ (Abb. aus Kurschus, a.a.O.) – das Gemälde des niederländischen Malers aus dem Jahre 1711 befindet sich heute in den Bayerische Staatsgemäldesammlungen – bkp
Pfingsten
Christliches (heute) zweitägiges Pfingstfest: (etym. vom gr. „pentekoste hemera" ≙ „Der Fünfzigste Tag"; frz. „pentecôte“, eng. „pentecoste“ und „whitsun" [0]) . Der Name Pfingsten verweist auf den zeitlichen Abstand von 50 Tagen zu Ostern (der Ostertag selbst wird mitgezählt). Pfingsten folgt immer 10 Tage nach ⇒ Christi Himmelfahrt, mit diesem Fest endet die Osterzeit.
Pfingsten ging aus den jüdischen ⇒ Schawuoth – Fest (Wochenfeste) hervor, ursprünglich einem Erntefest.
Die Ratsvorsitzende der EKD, Annette Kurschus, meinte: „Pfingsten hat es schwer. Es muss ohne Christkind und Krippe auskommen, ohne Osterkerze und Ostereier – und auch ohne Geschenke. Pfingsten hat nur den Geist, und der weht, wo er will, sagt die Bibel. …. Gott ist Atem, heilige Geisteskraft, flammende Energie; er befreit Menschen aus Erstarrung und Verzweiflung“ (Kurschus, a.a.O.).
Das hebräische Wort „ruach“ (≙ Geist, bewegte Luft, Atem, Hauch, Wind) taucht bereits im zweiten Vers des „Alten Testaments“ auf: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer (hebr. „tohuwabohu“), und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes (hebr. „ruach“) schwebte auf dem Wasser“ (1. Mose 1, 1 - 2).
Das hebräische, lautmalerische Wort „ruach“ [1] ist feminin: „In Gott, dem Vater und dem Sohn, ist eine weibliche Kraft“ betonte Annette Kurschus (vgl. Kurschus, a.a.O.).
Im Buch Hesekiel/Ezechiel, einem der drei großen Prophetenbücher des „Alten Testaments“, wird von einer Vision des Propheten berichtet: Gottes ruh kam über ein Leichenfeld und gab den Toten, ihren Gebeinen, ihre Lebenskraft wieder.: „Und er (Gott) sprach zu mir: Weissage von diesen Gebeinen und sprich zu ihnen: Ihr verdorrten Gebeine, höret des Herrn Wort! So spricht der Herr von diesen Gebeinen: Siehe, ich will einen Odem in euch bringen, dass ihr sollt lebendig werden. Ich will euch Adern geben und Fleisch lassen über euch wachsen und auch mit Haut überziehen und will euch Odem geben, daß ihr wieder lebendig werdet. Und ihr sollt erfahren, daß ich der Herr bin“ (Hesekiel, 37, 4 - 6; S. 820, a.a.O.). Gedeutet wird die Vision als die Wiederauferstehung des Volkes Israel durch Gottes ruh.
Pfingsten ging aus dem jüdischen ⇒ Schawuoth – Fest (Wochenfest) hervor, ursprünglich einem Erntefest.
Die bekannteste Pfingsterzählung wird in der Apostelgeschichte - vermutlich geschrieben von dem Evangelisten Lukas – berichtet, die „Ausgießung des Heiligen Geistes“: Nach dem Erlebnis von Auferstehung und Himmelfahrt Jesu (in Galiläa) versammelten sich die Jünger und andere Anhänger Jesu in Jerusalem, allerdings unter sich bleibend und versteckt. Sie versammelten sich in Jerusalem anlässlich des nächsten jüdischen Wallfahrtsfestes, des ⇰ Wochenfestes, sieben Wochen, 50 Tage -pentekoste - nach ⇰ Passah.
Dann aber „fuhr“ der Heilige Geist in sie und sie waren nicht mehr ängstlich, sondern gingen mutig in die Öffentlichkeit, begannen in Zungen zu reden, und alle verstanden sie, auch in Fremdsprachen als wären sie Muttersprachler. Dieses Pfingstwunder gilt als Beginn der christlichen Verkündigung.
„Und es geschah ein Brausen vom Himmel wie eines gewaltigen Windes und erfüllte das ganze Haus, da sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt, wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeglichen unter ihnen sind; und sie wurden alle voll des Heiligen Geistes und fingen an zu predigen mit anderen Zungen, nachdem der Geist ihnen gab auszusprechen“ (Apg 2, 2 - 4; S.137, a.a.O.).
Nach der Apostelgeschichte soll nach diesem Erlebnis Petrus gepredigt und verkündet haben, dass sich vor dem jüngsten Tag ein Heilsgeschehen vollziehen würde: „Und es soll geschehen nach den letzten Tagen, so spricht Gott: Ich will Ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen und eure Jünglinge sollen Gesichter sehen und eure Ältesten sollen Träume haben“ (Apg 2, 17 – 18; S. 137-138, a.a.O.).
Schließlich wies Petrus auch auf den Weg hin, wie Ungläubige den Heiligen Geist empfangen könnten: „Tut Buße und lasse sich ein jeglicher taufen auf den Namen Jesu Christi zu Vergebung der Sünden, so werdet ihr empfangen die Gabe des Heiligen Geistes“ (Apg 2, 38; S. 138, a.a.O.).
Das sogenannte Pfingstwunder wird als erstes öffentliches, dazu noch begeistertes Bekenntnis zu Jesus betrachtet und heute von der den christlichen Kirchen als der Beginn der weltweiten Mission angesehen (vgl. Ames, Seite 5, a. O.). So wandten sie sich nun zum ersten Mal mit ihrer Botschaft an die Öffentlichkeit, die so überrascht von dem neuen Fähigkeiten gewesen sein soll, dass man annahm die Apostel wären „… voll des süßen Weins“ (Apg 2, 13).
Der Apostel Paulus sah später in seinem 2. Brief an die christliche Gemeinde in Korinth den Heiligen Geist als eine Art Unterpfand für Freiheit an: „Denn der Herr ist der Geist, wo aber das Herren Geist ist, da ist Freiheit“ (2. Kor 3, 17; S. 209, a.a.O.). Jesus nennt den Heiligen Geist auch „Paraklet“ (≙ Tröster, Beistand) oder Geist der Wahrheit.
Pfingsten sei von daher - meinte Michael Ames – auch „ein Fest der Freiheit“ (Ames, S. 5, a. . O.).
Nach christlicher Tradition ist Pfingsten der Gedenktag an die „Ausschüttung" des Heiligen Geistes, der dritten Person der Dreieinigkeit.
Theologisch gedeutet wird Pfingsten heute als Geburtsstunde der christlichen Kirche, des Leibes Christi, wie sie der Apostel Paulus später bezeichnete.
Symbolisiert wird der Heilige Geist oft durch die Taube, aber auch durch Wind, Feuer und Wasser.
Auch zum Pfingstfest entstand eine Fülle von geistlicher Musik. Schon von Johann Sebastian Bach sind mehrere Pfingstkantaten überliefert, allerdings feierte man damals Pfingsten noch an drei Tagen. Bach hat einige seiner beeindruckendsten Kantaten für Pfingsten geschrieben. Es handelt sich um:
BWV 34: „O ewiges Feuer, O Ursprung der Liebe“
BWV 59 & BWV 74 (mit neuem Text): „Wer mich liebet wird mein Wort halten“; die Entstehungsgeschichte der Kantaten, die Bach für den Pfingstsonntag komponierte, ist unklar. Vielleicht ist die Kantate BWV 59 schon 1723 zum erstmals aufgeführt worden, möglicherweise aber auch erst ein Jahr später, zu Pfingsten 1724.
BWV 172: „Erschallet ihr Lieder“: Für den Leipziger Pfingstsonntagsgottesdienst 1724 schrieb Bach diese Kantate. Schon der Eingangschor ist mit Pauken und Trompeten üppig instrumentiert. Der theologische Bezug zum Pfingstfest wird besonders in der Bass–Arie „Heiligste Dreieinigkeit“ und dem Choral „Von Gott kommt mir ein Freudenschein“ deutlich.
BVW 173 (zum 2. Pfingsttage): „Erhöhtes Fleisch und Blut“; die Musik dieser Kantate beruht vollständig auf der Glückwunschkantate ‚Durchlaucht’ster Leopold’ (BWV 173 a) aus Bachs Köthener Zeit.
BWV 184: „Erwünschtes Freudenlicht“. Beide Werke wurden im Jahr 1724 in Leipzig hintereinander an den zwei für sie bestimmten Feiertagen uraufgeführt – die erste ‚Erhöhtes Fleisch und Blut’ BWV 173 am 29. Mai und die andere ‚Erwünschtes Freudenlicht’ BWV 184 am 30. Mai 1724.
In seinem „Orgelbüchlein“ ordnete Bach der Pfingstzeit u.a. folgende Choral – Durchführung zu: „Komm, Gott Schöpfer, heiliger Geist“ (BWV 631).
Es gibt eine ganze Reihe von Kirchenliedern mit Pfingstbezug: Das vielleicht bedeutsamste ist „Komm heilger Geist. Herre Gott“ (evangelisches Kirchengesangbuch Nr. 125), mit sehr alten Wurzeln. Die erste Strophe stammt aus dem 15. Jhdt. und ist eine Übersetzung der Pfingst-Antiphon „Veni Sancte Spiritus, reple tuorum corda fidelium …“ (lat. „Komm, Heiliger Geist, erfülle die Herzen deiner Gläubigen…“). Die Melodie eines Anonymus wurde aus der 1480 erschienenen Fassung übernommen. Sie hat Ähnlichkeit mit der Melodie des Liedes „Adesto, sancte spiritus“ (lat. ≙ Erscheine, Heiliger Geist) des Musiktheoretikers und Komponisten Marchetus de Padua (13./14. Jhdt.).
Martin Luther (Abb. oben) übersetzte die erste Strophe und dichtete zwei weitere Strophen hinzu, die 1524 erstmals erschienen.
Originaltext des Chorals, 1. Strophe, 1524, in Wittenberg:
Kom heyliger geyst herre Gott
erful mit deyner gnaden gutt
deyner gleubgen hertz mut vnnd synn /
deyn brunstig lieb entzund yn yhn
O herr durch deynes liechtes glast /
zu dem glauben versamlet hast /
das volck auß aller wellt zungen /
das sey dyr her zu lob gesungen /
Alleluia. Alleluia.
Der Choral inspirierte vielfältig insbesondere Vokal- und Orgelmusik von der Renaissance bis zum 20. Jahrhundert, so z.B. Samuel Scheidt (1587-1654), Johann Eccard (1553-1611; eine fünfstimmige Motette) und Heinrich Schütz (1585-1671, Geistliches Konzert im Rahmen der Symphnoniae sacrae III, SWV 417, 1647).
Dieterich Buxtehude (1637-1707) schuf auf die Melodie zwei Choralvorspiele für Orgel, BuxWV 199 und 200.
Johann Gottfried Walther (1684-1748), ein entfernter Vetter und Freund J.S. Bachs, veröffentlichte eine ganze Reihe von Choralvorspielen, u.a. zu dem Choral „Komm Heilger Geist, Herre Gott“.
Johann Sebastian Bach (1685-1750) schrieb zwei Choralvorspiele, die er in seine Sammlung von Achtzehn Chorälen (Leipziger Choräle) aufnahm: Fantasia super Komm, Heiliger Geist, canto fermo in Pedale, BWV 651, und Komm, Heiliger Geist, alio modo a 2 Clav. e Pedale, BWV 652.
Zudem zitierte Bach die Melodie mehrfach instrumental:
· als Cantus firmus in einem Duett seiner ersten Kantate für Pfingsten, „Erschallet, ihr Lieder, erklinget, ihr Saiten!“ (BWV 172)
· die erste Strophe als 3. Satz in seiner Pfingstkantate „Wer mich liebet, der wird mein Wort halten“ (BWV 59, 1723 oder 1724)
· die 3. Strophe als doppelchöriger Schlusschoral seiner „Begräbnismotette“ „Der Geist hilft unser Schwachheit auf“ (BWV 226, 1729).
Georg Philipp Telemann (1681-1767) schrieb über die Melodie eine Messe für fünf Stimmen und Basso continuo (TWV 1- 1001 & 1002).
Johann Ludwig Krebs (1713-1780) komponierte zu „Komm heilger Geist. Herre Gott“ ein Choralvorspiel für Oboe d’amore und Orgel.
Weitere Vokalkompositionen über die Melodie stammen z. B. von Moritz Hauptmann (1792-1868), August Eduard Grell (1800-1886), Arnold Mendelssohn (1855-1933), Hans Humpert (1901-1943) und Rudolf Petzold (1908-1991), eine Motette für Soli, Chor und Orchester, op. 36.
Weitere Kirchenlieder mit Pfingstbezug sind z.B.:
„O Komm, Du Geist der Wahrheit und kehre bei uns ein“ , Text von Philipp Spitta 1833; Ev. Gesangbuch Nr 136
„Nun bitten wir den Heiligen Geist, um den rechten Glauben allermeist“, Ev. Gesangbuch Nr. 124
„Schmückt das Fest mit Maien, lasset Blumen Streiúen, zündet Opfer an“, Ev. Gesangbuch Nr. 135
„Hauch des Schöpfers unserer Erde, Gottes Geist mit Macht und Sinn“, Pfingstlied von Reinhard Glöckner/Greifswald, zu singen nach der Melodie von Gesangbuch Nr. 445.
In der Vergangenheit war allerlei Brauchtum auch mit dem Pfingstfest verbunden: In vielen Kirchen ließ man während des Pfingstgottesdienstes aus einem Loch in der Decke ein Abbild des Heiligen Geistes, eine hölzerne Taube herabschweben.
In manchen Regionen Mitteleuropas wurde der Pfingstsonntag früher auch als Fest der Hütejungen begangen: Diese machten Umzüge, ließen sich Pfannkuchen backen und kochten Biersuppe. Sie sammelten von ihren Bauersfrauen die Zutaten dazu ein. Die Pferdejungen z.B. wählten teilweise aus ihrer Mitte ein fünfköpfiges Festkomitee. Der erste von ihnen trug die Butter, der zweite die Eierkiepe, der dritte den Speck, der vierte den Mehlbeutel und der fünfte musste mit der Peitsche die Hunde fernhalten. Gemeinsam wanderten sie aufs Feld, wo ihnen die Mädchen aus den Zutaten Pfannkuchen buken.
Zu Pfingsten wird in Questenberg (Kreis Sangershausen, südlich des Harz) das Questenfest gefeiert: Auf dem Questenberg (nahe einer noch heute im Gelände gut erkennbaren vorgeschichtlichen Wallburg) wird an einem Maibaum (einem ca. 10 m hohen Eichenstamm) ein Kranz aus Birkenreisern aufgehängt. Träger der Tradition ist der Questenverein e.V. Nach den Vermutungen der Prähistoriker vom Landesmuseum Halle könnte das Questenfest ein Überrest eines alten keltischen Fruchtbarkeitsbrauches sein.
Während der Zeit des deutschen Faschismus wurde versucht, das Questenfest germanisch umzuinterpretieren und auf die Sonnwendfeier umzulegen (vgl. Kiehl, a.a.O.): auch hier ein Beispiel für missbrauchtes, politisch instrumentalisiertes Brauchtum.
Der Überlieferung nach sollen die Versammlungen der Ritter von König Artus Tafelrunde jeweils am Pfingstsonntag stattgefunden haben (vgl. Green, S. 248, a.a.O.). Auch die (ð Joseph von Arimathia) Gralserscheinung erfolgte der Legende nach an einem Pfingsttag: „Artus und seine Ritter verstummen „…. voller Ehrfurcht als ein Donnerschlag die Ankunft des Grals ankündigt. Mit golddurchwirktem Damast bedeckt, in ein überirdisches Licht getaucht, siebenmal heller als der Tag, schwebt das Gefäß majestätisch in den großen Saal von Camelot und verschwindet dann wieder. Beeindruckt von dieser Vision geloben die Ritter sofort, die Suche aufzunehmen, und reiten von dannen, getrieben von der Sehnsucht, den Gral ein zweites Mal zu erblicken“ (vgl. „Auf den Spuren ….“, S. 137, a.a.O.).
In Russland wird das Pfingstfest „Troiza“ (Троица ≙ Dreieinigkeit, Dreifaltigkeit) genannt, wegen der pfingstlichen Erscheinung der dritten Person der Trinität, des Heiligen Geistes.
In der russischen Ikonenmalerei spielt der Bildtypus „Troiza“ eine bedeutende Rolle; er zeigt die drei Männer, die Abraham besuchten und ihm die Geburt seines Sohnes Isaak ankündigten (vgl. 1. Mose 18). Die Drei werden gedacht als eine alttestamentarische Analogie zur christlichen Trinität. Als Zeichen der der Einheit in der Dreiheit kann zwischen den Dreien nicht entschieden werden, wer wer sein soll.
Andrej Rubljows Ikone „Troiza“ ist vielleicht die populärste Ikonen-Darstellung Russlands überhaupt [2]. Rubljow malte die Ikone im Jahre 1411. Heute befindet sie sich in der Tretjakow-Galerie in Moskau.
Zu Pfingsten wurden in vielen Gebieten Russlands Häuser und Kirchen mit frischem Grün und Blumen geschmückt.
Im traditionellen russischen Volksglauben ist der Pfingstmontag eng mit Nixen und Seejungfrauen verbunden.Sie seien die Seelen der Ertrunkenen und der ungetauft verstorbenen Kinder. Die ganze Woche nach Pfingsten wird deshalb die Nixenwoche genannt: Sie würden in dieser Zeit das Wasser verlassen, sie spielen, schwingen sich auf Bäume, verlocken und verführen Wanderer und kitzeln sie zu Tode.
Zur Abwehr der gefährlichen Nixen müsse man ein Kreuz in den Boden einritzen, es mit einem Kreis umzeichnen und in den Kreis treten.
Russische Sprichwörter zu Pfingsten lauten:
„Regen zu Pfingsten lässt viele Pilze wachsen“
„Von Pfingsten bis Maria Himmelfahrt tanzt man nicht im Kreise“
(vgl.
Sokolovsky, S. 50, a.a.O.)
Deutsche Bauernregeln lauten:
„Pfingstregen – reicher Weinsegen“
„Helle Pfingsten – dürre Weihnachten“
„Wenn es Pingstsonntag regnet,
so regnet’s 5 Sonntage danach“.
In Deutschland wurde einst derjenige, der als letzter aufsteht, „Pfingstlümmel“ genannt. Als „Pfingstochse“ galt derjenige, der sich mit wenig Geschmack, aber auffallend herausputzte, um Aufsehen zu erregen.
Der Kötztinger Pfingstritt gehört zu dem alten bayerischen Brauchtum. Der Legende nach soll im Jahre 1412 ein Kötztinger Kleriker einem Sterbenden im ca. 7 km entfernten Dorf Steinbühl die Sterbesakramente gebracht haben. Er musste dabei von Kötztinger Burschen gegen räuberische Angriffe geschützt werden. Glücklich zurückgekehrt gelobten die Kötztinger den Zug alljährlich zu wiederholen.
Heute reiten Kötztinger auf bis zu 1000 geschmückten Pferden mit Monstranz und Flursegen zur Nikolauskirche in Steinbühl. Zurückgekehrt findet ein großes Volksfest statt.
(variabel, nach der Osterberechnung: am 50. Tag nach Ostern)
Pfingstmontag, Deutscher Mühlentag
An dem Pfingstmontag werden deutschlandweit viele Mühlentore geöffnet, Führungen und Schaumüllereien veranstaltet, Trachten- , Theater- und Musikgruppen treten auf, z.T. haben die Mühlentage Volksfestcharakter. Auch in Berlin und der Umgebung gibt es eine ganze Reihe von sehenswerten Wasser und Windmühlen (z.B. an der Mühlenstraße im Fläming). Unter anderem findet sich in Saalow / Mellensee (südlich von Berlin) ein zumindest europäisches Unikum, eine Scheunenwindmühle, die allein durch Zugluft angetrieben wurde.
Ein alter Müllerspruch lautet:
„Der Müller ist ein adlig Kind,
es arbeiten für ihn Wasser und Wind“.
Die älteste in Deutschland nachgewiesene Windmühle befand sich (vermutlich) im Jahre 1222 auf der Stadtmauer zu Köln. Ein alter Spruch aus Holland lautet:
„Den Wind kann man nicht verbieten.
Aber man kann Mühlen bauen“.
Wer mehr zu Mühlen wissen möchte vgl. den „Sokrates“ – Bericht unter http://www.linf.fu-berlin.de/schulen/hpo/starthec; vgl. auch: Müller
(variabel, nach der Osterberechnung: am 51. Tag nach Ostern)
© Christian Meyer
[0] Der Name „pentecoste“ für Pfingsten setzte sich in England erst im Gefolge der normannischen Eroberung 1066 langsam durch, ist aber heute im englischen Sprachraum, auch in den USA, vorherrschend. In Großbritannien und Irland werden aber bis heute auch die Bezeichnungen „White sunday“, Withsun“ und „Whitsuntide“ für „Pfingsten“ benutzt. Die Herkunft dieser Namen ist umstritten. Zum einen wird vermutet, dass die Wurzel u.U. in der zeitlichen Nähe zu den „weißen Nächten“ der Sommersonnenwende zu sehen sein könnte. Zum anderen trugen einst Katechumenen, die zu Pfingsten getauft werden sollten, weiße Gewänder. Schließlich könnten die Bezeichnungen mit dem alten englischen Wort „wit“ ≙ „Verstand, Geist, Witz“zusammenhängen, oder aengl. „witan“ ≙ „wissen“. Denn der Hl. Geist habe an diesem Tag den Gläubigen das Wissen, den Verstand, den Geist gebracht. Dem englischen „wit“ entsprachen in etwa das anord. „vett“ und das alhd. „wizzi“ ≙ „Geist, Verstand, Witz, Weisheit“. Der etymologische Zusammenhang zum nhd. „Witz“ ist offensichtlich (vgl. Pfeifer, Bd. III, S. 1986, a.a.O.). Urverwandt ist „wit“ schließlich auch mit. lat „videre“ ≙ „sehen“ und agr. „idein“ ≙ „sehen“ (vgl. O’Kill, S. 273, a.a.O.).
[1] Auch in anderen semitischen Sprachen existieren eng verwandte Worte, so im Altäthiopischen „roḥa“ (≙ ‚fächeln‘) oder im Arabischen „rūḥ“ (≙ Lebensodem, Geist, Wind, schöner Duft; auch: Offenbarung, göttliche Information) und „rīḥ“ (≙ Wind). In der islamischen Theologie spielen die Wörter „ruh“ und „nafs“ (Seele, Atem, Odem; im Türkischen „Nefes“) eine bedeutende Rolle, ähnlich den westlichen Begriffen Seele oder Geist. Nach dem Koran formte Gott Adam aus Ton und blies ihm ruh ein: „Alsdann formte er ihn und blies in ihn von seinem Geiste und gab euch Gehör, Gesicht und Herzen“ (Sure 32, 8; S. 390, a.a.O.).
In Sure 39, „Die Scharen“, heißt es: „Allah nimmt die Seelen (al-anfus, Plural von an-Nafs) zu sich zur Zeit ihres Todes, und diejenigen, die nicht sterben, in ihrem Schlaf. Und diejenigen, über die er den Tod verhängt hat, behält er zurück, und sendet die anderen zurück bis zu einem bestimmten Termin. Siehe, hierin sind wahrlich Zeichen für nachdenkende Leute“ (39, 43; S. 438, a.a.O.).
Der Rūḥ al-qudus (ar. رُوحُ القُدُس), der heilige Geist, wird auch im koranischen Kontext der Empfängnis Marias erwähnt und ist in weiterem Sinne als ein lebensspendendes Prinzip zu verstehen, als eine Art Geist der Geister, eine geheime göttliche Kraft. Der Sohn Marias, Isa (Jesus), wird dann in Sure 4, 169; S. 110, a.a.O., ein ruh von Gott genannt. „Ruh“ gilt als die Quelle des Wissens der Propheten, nach schiitischer Auffassung empfingen die Imame ihre Kenntnisse durch den Geist.
In einem engeren Sinne wird Rūḥ al-qudus als ein Beiname des Engels Gabriel verstanden. Denn Gabriel wird traditionell als für die Offenbarungs-Überlieferungen des Korans als auch an Maria für zuständig betrachtet: „Da sandten wir einen Geist zu ihr und er erschien ihr als ein vollkommener Mann“ (Koran, 19, 17).
Der Charakter des heilige Geistes ist bis heute in der muslimischen Theologie eine Streitfrage (vgl. Stieglecker, S. 687 f., a.a.O.).
Darüber hinaus aber heißt es im Koran auch bescheiden: „Und sie werden dich über den Geist befragen. Sprich: ‘Der Geist ist auf den Befehl meines Herrn (erschaffen); euch aber ist nur wenig Wissen (hiervon) gegeben‘“ (17, 87; S. 272, a.a.O.). Max Hennig kommentierte den „Geist“ hier: „Nach den einen Gabriel, nach den anderen die Seele“ (Hennig, Anm. im Koran, S. 272, a.a.O.).
[2] Pfingstdarstellungen spielen in den orthodoxen Ikonostasen, in der jeweiligen „Feiertagsreihe", eine bedeutende Rolle. Diese zeigen Stationen des Lebens Mariä und Jesu.
„Pfingsten“, unbekannter Meister, nach 1494; Relieftafel aus Waltershausen, heute im Thüringer Museum Eisenach; Foto: Christian Meyer
Abb.: Der „Hortus Delicianus“ (lat. ≙ Garten der Köstlichkeiten) ist eine umfangreiche, lateinischsprachige und reich illustrierte Handschrift zum theologischen und profanen Wissen der Zeit zur Belehrung von Nonnen, verfasst von wahrscheinlich Herrad von Landsberg, Äbtissin des Klosters Hohenberg im Elsass. Das um 1175 vollendete Werk gilt als die erste von einer Frau verfasste Enzyklopädie. Die wertvolle Originalhandschrift wurde 1870 bei einem Brand zerstört (Abb. Pfingsten 2, aus Ames, S. 4, a.a.O.)