Die Abb. oben zeigt den Ablauf des Venustransit durch 4 Zeitpunkte.
Bei t 1 berührt der Rand der Venus die Sonnenscheibe
Bei t 2 steht das volle Scheibchen vor der Sonne
Bei t 3 beginnt der Austritt und
Bei t 4 ist er beendet.
11. November 2019: Merkurdurchgang
Von einem Venustransit [1] (oder Venusdurchgang) sprechen Astronomen, wenn der nahezu erdgroße Planet Venus von der Erde aus gesehen über die Sonnenscheibe wandert.
Nur die zwei inneren Planeten, Merkur und Venus, kreisen innerhalb der Erdbahn um die Sonne:. Deshalb sind Venus und Merkur auch die einzigen Planeten, die zwischen der Erde und der Sonne stehen können.
Ein Umlauf der Venus um die Sonne - ein Venusjahr - dauert 224 Tage. Die Erde aber bewegt sich in dieser Zeit natürlich auch selbst auf ihrer Bahn weiter. Deshalb vergehen jeweils 584 Tage (ca. 19 Monate), bis Venus die Erde wieder einmal „auf der Innenkurve überholt“. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Venus zwischen Sonne und Erde hindurch zieht.
Bei dem sonnennächsten Planeten Merkur dauert es 116 Tage (etwa alle 4 Monate) bis Sonne, Merkur und Erde sich in dieser „unteren Konjunktion“ befinden.
Der innere Planet zeigt dem irdischen Beobachter dann immer seine unbeleuchtete Seite (ähnlich wie bei Neumond) und zieht, meist unbeobachtbar, nördlich oder südlich von der Sonne vorbei.
Da die Venusbahn jedoch um ca. 3,4° und die des Merkur sogar um 7° gegen die Ebene der Erdbahn( = die Ekliptik) geneigt ist, steht die Venus bzw. der Merkur dann von der Erde aus gesehen meist unter- oder oberhalb der Sonnenscheibe.
Nur wenn Venus bzw. Merkur sich dann sehr nahe oder genau auf einem der beiden Schnittpunkte (= Knoten) ihrer Bahn mit der Ekliptik befindet, nur viermal in 243 Jahren, kommt es zu einem Venustransit [2]. „Da das Verhältnis eines Erdjahres (365,3 Tage) zu einem Venusjahr (224,7 Tage) etwa 13 zu 8 ist, finden zwei Transite im Abstand von 8 Erd- bzw. 13 Venusjahren statt, - dann dauert es ein gutes Jahrhundert, bis die Planeten wieder mit dem Zentralgestirn in einer Linie stehen“ (vgl. Kekulé, S. 8, a.a.O.).
Ein Venustransit ist vielleicht nicht gerade ein spektakuläres, aber ein extrem seltenes astronomisches Ereignis. Im 20. Jahrhundert fand kein Venustransit statt, kein zurzeit lebender Mensch hat vor dem 8. Juni 2004 ein Venustransit beobachten können. Denn am 8. Juni 2004 ist es das erste Mal seit knapp 122 Jahren, dass sich der innere Nachbarplanet direkt in einer Linie zwischen Sonne und Erde befindet.
Bei der Venus können nur maximal 2 Transite pro Jahrhundert stattfinden. Der Durchgang tritt aber in regelmäßigen Abständen von 8, 105.5, 8, und 121,5 Jahren auf, also wesentlich seltener als eine totale Sonnen- oder Mondfinsternis.
Am 11. November 2019 wird in Berlin der Merkurtransit mit dem „ersten Kontakt“ mit der Sonnenscheibe um 13.35 MEZ beginnen. Da die Sonne ab diesem Tage in Berlin schon um 16.20 Uhr untergeht, ist der Austritt um 19.04 Uhr nicht mehr zu beobachten.
Der Merkur bei einem Transit nur 0,004 % der Sonnenfläche, die Venus auch nur 0,09 % der Sonnenscheibe (vgl. Mitteilungen der WF-Sternwarte, H. Sept.-Nov. 2019).
Das Bild (unten) zeigt die Beobachtung des Venustransits vom 4.12.1639 durch den englischen Astronomen William Crabtree (1610 – ca. 1644). Crabtree und sein Freund, der Astronom Jeremiah Horrocks waren die ersten Menschen, die nachweislich einen Venusdurchgang beobachteten. Crabtree berechnete 1639 das Datum des Venusdurchgangs vom 8. Juni 2004.
Im 18. Jhdt., in den Jahren 1761 und 1769, wurde in einem internationalen Gemeinschaftsunternehmen von vielen verschiedenen, weit von einander entfernten Orten der Erde gleichzeitig der Venustransit beobachtet. Denn man beabsichtigte durch die Parallaxe der Sonne eine exakte Berechnung der Astronomischen Einheit (AE) vorzunehmen. Diesen Vorschlag hatte im Jahre 1716 der britische Astronom Edmond Halley (1656 - 1742) der Royal Society in London gemacht.
1761 – 19 Jahre nach dem Tode Halleys und mitten im Siebenjährigen Krieg – planten 120 Astronomen aus 9 Ländern am 6. Juni insgesamt 62 verschiedene irdische Positionen zur Beobachtung des Transits einzunehmen, zwischen u.a. Stockholm, Wien, London, Tobolsk, Sumatra, dem Kap der Guten Hoffnung und Indien. Einige dieser Vorhaben scheiterten völlig, so wollte man zum Transit von 1769 besser machen. Nun wurden 155 Expeditionen zu 77 Orten quer über den ganzen Globus geplant, u.a. zwischen Hammerfest, Greifswald [4], Kalifornien, Irland, Sibirien und den Philippinen und Tahiti. Zu dem letzteren Ort stach die „HMS Endeavour“ unter James Cook in See (vgl. Austilat, S. S7, a.a.O.).
Cooks Expedition allein errichtete drei Beobachtungsstationen auf Tahiti und Nachbarinseln. Cook selbst schrieb dazu: „Der 3. Juni war der Beobachtung des Durchgangs der Venus gewidmet. Am allen drei Punkten war das Wetter außerordentlich günstig, denn es stand nicht ein Wölkchen am Himmel. Da sich aber um den Planeten ein Dunst bildete, so stimmen die Resultate, die wir hinsichtlich der Zeiten seiner Berührungen mit der Sonne erhielten, namentlich des inneren Teiles, nicht so genau überein, wie wir erwartet hatten“ (Cook, zit. n. Beyer, S. 44, a.a.O.).
Aus den Messergebnisse der verschiedenen Expeditionen [5] wurde dann – nach jahrzehntelanger Arbeit – ein gemeinsamer Wert für die Astronomische Einheit errechnet: „… damals 153,4 Mio. km, ein ziemlich gutes Ergebnis, denn heute weiß man: Sie beträgt 149,6 Millionen Kilometer“ (vgl. Austilat, S. S7, a.a.O.).
Im Jahre 1874, bei dem vorletzten Venusdurchgang wurden erneut zahlreiche Vermessungsversuche gemacht, u.a. gab es 26 russische, 12 britische, 8 US – amerikanische, 6 französische und 6 deutsche Expeditionen, - die Werte blieben dennoch ungenau.
Bei einem Transit zieht die Venus (oder der Merkur) im Laufe von Stunden als kleiner schwarzer Punkt von Ost nach West über die Sonnenscheibe. Da die Venus zu der Zeit circa 43 Mio. km von der Erde entfernt war, kann sie allerdings gerade nur ein halbes Prozent der Sonnenscheibe verdecken, von verfinstern kann keine Rede sein. Der Durchmesser der Venus (ca. 12 000 km) entspricht nur ca. 3 % des Durchmessers der Sonne (ca. 14, Mio. km).
Durch den Venustransit wird die Sonnenstrahlung nur um ein Zehntel Prozent verringert.
Bei guten Sichtverhältnissen und starker Vergrößerung kann man bei Venusdurchgängen beim Eintritt und beim Austritt eine besondere Erscheinung beobachten - den so genannten "Schwarzen - oder auch Bailiyscher Tropfen". Für kurze Zeit bildet sich zwischen dem Planetenscheibchen und dem Sonnenrand eine schwarze, tropfenförmige „Brücke“ (siehe Abb. oben).
Dieses Tropfenphänomen bildete ein gewichtiges Problem für die Messungen, denn es erschwerte die genaue Erfassung des Zeitpunkts von Ein- und Austritt der Venus vor die Sonnenscheibe.
Heute nimmt man als Ursache des Tropfenphänomens an, es sei eine Art optische Täuschung, „.. verursacht durch die unscharfe optische Abbildung des Venusscheibchens und die Abnahme der Sonnenhelligkeit zum Rande hin“ (vgl. Kayser, S. 30, a.a.O.).
Am Dienstag , 8. Juni 2004 war der gesamte Durchgang in der Zeit zwischen etwa 07. 20 Uhr MESZ und 13.23 Uhr MESZ von Mitteleuropa aus zu beobachten - wo die Wetterbedingungen es erlaubten.
1: |
Erster Kontakt |
Venus berührt die Sonnenscheibe |
7:20 Uhr MESZ |
2: |
Zweiter Kontakt |
Venus löst sich vom inneren Sonnenrand |
7:40 Uhr MESZ |
M: |
Mitte |
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10:22 Uhr MESZ |
3: |
Dritter Kontakt |
Venus berührt inneren Sonnenrand |
13:04 Uhr MESZ |
4: |
Vierter Kontakt |
Venus löst sich von der Sonnenscheibe |
13:23 Uhr MESZ |
Beim letzten Transit - am 6. Juni 2012 - war jedoch in Mitteleuropa nur die Schlussphase des Durchgangs kurz nach Sonnenaufgang zu beobachten. Wer allerdings diesen Venusdurchgang versäumte, hat sehr wahrscheinlich keine dritte Chance mehr. Denn der nächste Transit der Venus wird erst 2117 stattfinden!
Achtung: Selbstverständlich darf die gleißend helle Sonne nur mit besonderen Sicherheitsvorkehrungen (z.B. mit den Sonnenbeobachtungsbrillen von der Sonnenfinsternis; aber auch durch mit Ruß geschwärzte Glasscheiben) beobachtet werden. Ein ungeschützter Blick durch ein Fernglas oder Teleskop auf die Sonne führt zur sofortigen, irreversiblen (nicht wieder rückgängig zu machenden) Zerstörung der Netzhaut des Auges!
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Tabelle der Venustransite in Weltzeit (MESZ +2) |
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© Christian Meyer
[1] Der Begriff „Transit“ kommt vom lateinischen Verb „transire“ ≙vorbeigehen.
[2] Der Venustransit ist vergleichbar mit Sonnen- und Mondfinsternissen. Sie können nur eintreten, wenn der Neu- oder Vollmond nahe an den Bahnknoten von Mond- und Erdbahn steht. Venustransite können nur in den Tagen um den 7. Juni und um den 8. Dezember stattfinden, weil die Venusbahnknoten nur dann von der Erde aus gesehen vor der Sonnenscheibe stehen.
[3] Pierre Gassendi (1592 – 1655) konnte 1631 den Merkurtransit in Paris beobachten, der damalige Venusdurchgang fand in der Nacht, vor Sonnenaufgang statt (vgl. Hoppe, S. 93, a.a.O.). Pro Jahrhundert erfolgen 13 – 14 Merkurdurchgänge, der letzte fand am 9 Mai 2016 statt. Der nächste wird am 11. November 2019 erfolgen.
[4] An dem Vorhaben war der Greifswalder Astronom A. Mayer beteiligt.
[5] Arno Schmidt (1914 - 1979) beschrieb diese Ereignisse in seinem Dialog „Das schönere Europa (Zur Erinnerung an die erste große wissenschaftliche Gemeinschaftsleistung unseres Kontinentes, den Venusdurchgang von 1769)“, in: Arno Schmidt: Werke, Bargfelder Ausgabe, Werkgruppe II, Dialoge, Band 1, S. 265-275 (Edition der Arno Schmidt Stiftung), Haffmans Verlag, Zürich 1990.
Die obige Abb. zeigt die Beobachtung
des Venustransits vom 4.12.1639 durch den englischen Astronomen William Crabtree (1610 – ca. 1644). Crabtree und sein Freund, der Astronom Jeremiah Horrocks waren die ersten Menschen, die
nachweislich einen Venusdurchgang beobachteten.
© Walker Art Gallery Liverpool, Gemälde von Gemälde des englischen Malers Eyre Crowe (19.Jhdt.)