T-Shirt in Peshawar / Pakistan (Abb. aus Erdmann / Schwarz, S. 20)

 

Zum Begriff  jihad und dem Jihadismus

 

 

Durch die Ereignisse der letzten Jahre [1], insbesondere seit dem mörderischen Anschlag auf Gebäude in New York und Washington am 11. September 2001 und den folgenden vielfältigen terroristischen Angriffe ist dem vielschichtigen Begriff „Jihad“ (auch: Dschihad oder djihad) wieder eine hohe Aktualität zuteil geworden. Am 21. September 2001 fand die Lycos – Suchmaschine 2277 „Treffer“ zu dem Stichwort „jihad“, wobei auffällig – aber nicht überraschend - ist, dass der allergrößte Teil der Texte im Internet jihad undifferenziert, fälschlich, z.T. auch polemisch und ressentimentgeladen mit „heiligem Krieg“ [2] wiedergibt. Dagegen betonen islamische Religionsgelehrte schon seit Jahrhunderten, dass der jihad nicht einfach nur das islamische Gegenstück zum Kreuzzug [3] ist, wie ihn ja auch der damalige US – Präsident forderte .    

 

Zur Wortbedeutung

 

Das arabische Wort „jihad" bedeutet im Wortsinne „Anstrengung, Bemühen, Engagement" [4] . Im Koran wird  der Begriff im Sinne von „auf Allahs Weg kämpfen" benutzt, wobei keineswegs nur ein Kampf mit militärischen Waffen gemeint ist.

Vielmehr wird generell betont, dass es viele Wege des jihad gibt: ein gut geschriebenes Buch sei ein wichtigerer jihad als mit Kanonen oder Gewehren. Auch ein Kampf mit sich selbst, gegen eigene Wünsche etc. ist jihad. Jihad ist nach H. Achmed Schmiede (a.a.O.) jede Anstrengung, jede Bemühung, jede Stärkung des „Islams in uns, um uns und in der Welt - der täglich neue Kampf gegen die widerstrebenden Kräfte in uns und unserer Umwelt, die Quelle,  aus der der Muslim die Kraft schöpft, die ihn befähigt", sich seiner Verantwortung zu stellen, sich bewusst Gottes Willen zu ergeben. 

Im traditionellen, engeren Sinne wird darunter jedoch vornehmlich die religiöse Pflicht zum „Heiligen Krieg" verstanden, die z.T. bis zur Selbstaufopferung gefordert wird. In der türkischen Enzyklopädie (a.a.O.) findet sich so zum Stichwort jihad die nebenstehende Illustration.

 

 

Koranische Grundlagen des Begriffs jihad

 

In einigen Partien des Korans wird der Begriff jihad ohne allen Bezug zum Krieg benutzt, in einigen Suren aber auch „... als Synonym für Krieg und Schlacht verwendet“ (Salem, S. 103, a.a.O.). Diese Auffassung ist allerdings umstritten.   Im Koran wird denjenigen göttliche Belohnung in Aussicht gestellt, die mit ihrem persönlichen Einsatz und ihrem Vermögen für den Islam eintreten.

Sure 2, 186 - 190: „Und bekämpft in Allahs Pfad, wer euch bekämpft.... Und erschlagt sie, wo immer ihr auf sie stoßt, und vertreibt sie, von wannen sie euch vertreiben; denn Verführung ist schlimmer als Totschlag. Bekämpft sie jedoch nicht bei der heiligen Moschee, es sei denn, sie bekämpfen euch in ihr. Greifen sie euch jedoch an, dann schlagt sie tot. Also ist der Lohn der Ungläubigen. So sie jedoch ablassen, siehe so ist Allah verzeihend und barmherzig.  Und bekämpfet sie, bis die Verführung aufgehört hat, und der Glauben an Allah da ist. Und so sie ablassen, so sei keine Feindschaft, außer wider die Ungerechten".

Sure 2, 112 - 114: „Vorgeschrieben ist euch der Kampf, doch ist er euch ein Abscheu. Aber vielleicht verabscheut ihr ein Ding, das gut für euch ist, und vielleicht liebt ihr ein Ding, das schlecht für euch ist; und Allah weiß, ihr aber wisset nicht.

Sie werden dich befragen nach dem Kampf im heiligen Monat. Sprich: 'Kämpfen in ihm ist schlimm; aber abwendig machen von Allahs Weg, und ihn und die heilige Moschee verleugnen und sein Volk daraus vertreiben, ist schlimmer bei Allah.' Und sie werden nicht eher aufhören, euch zu bekämpfen, als bis sie euch von eurem Glauben abtrünnig machten, so sie dies vermögen. Wer sich aber von euch von seinem Glauben abtrünnig machen lässt und als Ungläubiger stirbt, deren Werke sind vergeblich hienieden und im Jenseits, und des Feuers Gefährten sind sie und verweilen ewig darinnen".  

Sure 3, 163 - 165: „Und wähnet nicht die in Allahs Weg Gefallenen für tot; nein, lebend bei ihrem Herrn, werden sie versorgt: Freudig über das, was Allah von seiner Huld ihnen gab, und von Freude erfüllt über die hinter ihnen, die sie noch nicht eingeholt, dass keine Furcht über sie kommen wird und sie nicht trauern werden: von Freude erfüllt über die Gnaden von Allah und Huld, und dass Allah den Lohn der Gläubigen nicht verloren gehen lässt".

Sure 4, 70: „Und so soll kämpfen in Allahs Weg, wer das irdische Leben verkauft für das Jenseits. Und wer da kämpft in Allahs Weg, falle er oder siege er, wahrlich, dem geben wir gewaltigen Lohn".

Sure 8, 40: „Und kämpfet wider sie (die Ungläubigen), bis kein Bürgerkrieg mehr ist und bis alles an Allah glaubt. Stehen sie ab, siehe so sieht Allah ihr Tun"   

 

Andererseits betont der Koran ausdrücklich: "Es soll kein Zwang sein im Glauben" (2,256): an keiner Stelle im Koran wird die Anwendung von Gewalt zur Bekehrung gefordert oder gestattet. Ganz m Gegenteil: „Und wenn dein Herr gewollt hätte, so würden alle auf der Erde insgesamt gläubig werden. Willst du etwa die Leute zwingen, gläubig zu werden ? Und keine Seele kann gläubig werden ohne Allahs Erlaubnis; und seinen Zorn wird er über die senden, welche nicht begreifen“ (10, 99 – 100). Weiter heißt es an alle Gläubigen: „Lade ein zum Weg deines Herrn mit Weisheit und schöner Ermahnung; und streite mit ihnen in bester Weise“ (16, 126).

Darüber hinaus werden dem Propheten Muhammad in mehreren Hadithen   Aussagen zum jihad zugeschrieben: "In jeder religiösen Gemeinschaft gibt es Mönchtum; das Mönchtum meiner Gemeinschaft ist der jihad". „Jede Nation hat ihre Hingabe, meine ist der jihad“.

Der größte jihad sei derjenige – heißt es in einer anderen Hadith – durch den der Mensch selbst reifer, vollkommener wird (vgl. auch Tufan Türenç in „Hürriyet“, 24. September 2001, S. 9).

"Der jihad wird bis zum jüngsten Tag fortwährend eine Verpflichtung sein" soll Mohammed in einer anderen Hadith geäußert haben.

Als der Prophet nach dem Besten der Muslime gefragt wurde, antwortete er: „Jener, der den jihad führt und sein Leben und seinen Reichtum aufs Spiel setzt“ (zit. n. Salem, S. 105, a.a.O.).

Die „Glaubenskämpfer" bezeichnet man als "mujahid" (oder „Gazi“). Der Koran verheißt ihnen "reiche Beute" (4,96). Wer im jihad sein Leben verliert wird „sahid“ (trk „şehit" . = Märtyrer) und im Paradies besonders köstlich belohnt.

 

Zur traditionellen Auslegung und Praxis

 

Seit knapp 1400 Jahren wird von islamischen Religionsgelehrten immer wieder neu ausgelegt, wie der jihad aussehen sollte / müsste. 

Nach traditionellem muslimischen Verständnis ist die Welt zweigeteilt: den "dar al - islam" = das Haus des Islams, und das "dar al - harb" = das Haus des Krieges [5].

Der jihad dient nach traditioneller Auffassung sowohl der Expansion als auch der Verteidigung des "dar al - islam", des Macht- bzw. Geltungsbereichs des Islams. Entsprechend dieser Betrachtung dauert der jihad so lange, bis überall der Islam zur beherrschenden Religion geworden ist.

Insofern richtet sich der jihad gegen das gesamte "dar al - harb", gegen alle nicht-muslimischen Gebiete. Soweit die Bewohner zu den "ahl  al - kitab" ("Leute des Buches", v.a. Juden und Christen) gehören, endet der jihad mit deren Unterwerfung, erfordert aber nicht ihren Übertritt zum Islam. "Nicht-Buchbesitzer" müssen hingegen bis zur Annahme des Islams bekämpft werden. Gefangene im jihad wurden nach traditionellem islamischen Recht Sklaven.

Nach traditionellen Vorstellungen sind von daher mit nicht-muslimischen Staaten nur vorläufige, zeitlich begrenzte Verträge zulässig, damit die jihad - Idee nicht zum Erliegen komme [6] .

Später wurde der jihad v.a. als Verteidigung „des“ Islams angesehen. Dieser defensive jihad wurde „ribat“ genannt (vom ar. Verb „rabata“ = anbinden, fesseln,  ein Pferd etc. anbinden)[7] . 

Erst in den 50er Jahren des 20. Jhdts. führten islamische Rechtsgelehrte eine dritte Kategorie zur Einteilung der Welt ein, nämlich die „dar al-ahd“, das Gebiet des Übereinkommens. d.h. Länder, in denen Muslime ohne Behinderungen, frei ihrem Glauben nachgehen können (vgl. Peter Heine, 2001, S. 25, a.a.O.).  Dieses damals neue Konzept war sicher auch eine Folge der wachsenden Globalisierung und der zunehmenden Arbeitsmigration.

 

Türkische Religionsgelehrte sahen in den 50er Jahren den „Westen“ insbesondere die verbündeten NATO-Staaten insgesamt als „Gebiet des Übereinkommens“. die Warschauer-Pakt-Staaten galten hingegen als „Gebiet des Krieges“ (vgl. Peter Heine, 2001, S. 26, a.a.O.).

 

 

Die kanonische Pflicht der Muslime zur jihad wird oft als so wichtig wie die täglichen Gebete angesehen. Der jihad gilt z.T. als "farz-i kifaye", als eine Verpflichtung, die nur von einem Teil der Gemeinschaft der Muslime („umma") erfüllt werden muß, also nicht von allen einzelnen Muslimen. Eine Hadith betont sogar: „Führt den jihad mit allen Fürsten, seien sie gerecht oder ungerecht“ (zit. n. Salem, S. 106, a.a.O.).

Geführt wurde der traditionelle jihad gegen Rebellen, „Abtrünnige“, Banditen und Wegelagerer, Polytheisten [8] und auch die ahl al – kitab. Dabei mussten jeweils besondere Regeln beachtet werden. 

Es gab aber auch Bestrebungen [9], den jihad in den Rang einer  6. Säule des Islams (neben den Almosen, der Pilgerfahrt, dem Fasten im Ramadan, dem Glaubenbekenntnis und dem fünfmaligen täglichen Gebet) zu erheben. Wohl als erste vertraten die Charidschiten (auch Kharidschiten oder  „Hawriğ“ , die „Sezessionsten“) nach 657 die Auffassung, der „Glaubenskrieg“ sei als „sechste Säule“ hinzuzunehmen (vgl. Fück, S. 181, a.a.O.). 

Diese Versuche setzten sich jedoch nicht durch, die Muslime mussten sich mit den Nicht-Muslimen einrichten. Heute noch jedoch betrachten einige Vertreter der Wahabiten den jihad als wichtiger als die Pilgerfahrt nach Mekka.

Auch die ibaditische Schule (entstanden während der Omayyaden – Zeit) vertrat hinsichtlich des jihad einige Besonderheiten: Für die Ibaditen war es verboten, einen jihad durch einen Überraschungs- oder präventiven Angriff zu eröffnen, ohne zuvor einen Versuch zur friedlichen Regelung zu machen. Auch sahen sie bestimmte Formen des Beutemachens als unmoralisch an (vgl. Laoust, S. 47, a.a.O.). 

Der syrische Gelehrte Ibn Taimija (1263 - 1328) erklärte, dass der jihad auch gegen muslimische Herrscher zu führen sei, die sich nicht an die Gesamtheit der islamischen Gesetze hielten.  

Mehrfach in der Geschichte kam es innerhalb der islamischen umma zu Bewegungen, die auf einer nomadischen Stammesbasis moralisch-religiösen puristischen Rigorismus mit dem Aufruf zum Dschihad gegen „ungläubige“ und „Ketzer“ verbanden, so die Almoraviden (11. Jhdt.), die Almohaden (12. Jhdt.) oder die Wahabiten (19./20. Jhdt.). Der wahabitische „… Rigorismus und der Aufruf zum ‚heiligen Krieg‘ boten die ideologische Grundlage für die gewaltsame Zentralisierung der Halbinsel und die Vertreibung der fremden Eindringlinge“ (Rathmann, Bd.2, S. 331, a.a.O.).

 

Die Vorstellung einer religiösen Pflicht zum „Krieg gegen die Ungläubigen" war in der Geschichte höchst bedeutsam, z.B. für die Entstehung und Expansion des Osmanischen Reiches. Schon in klassischer Zeit wurde von islamischen Rechtsgelehrten kritisiert, dass der jihad „... als Instrument der islamischen Expansion außerhalb der Grenzen Arabiens teilweise ein verweltlichter Begriff war, und dass hinter dieser Expansion politische und ökonomische Motive standen, die gemeinsam mit den religiösen Motiven wirkten“ (Salem, S. 104, a.a.O.).

Im 1. Weltkrieg blieb jedoch der jihad - Aufruf der Kalifen, des osmanischen Sultans praktisch wirkungslos. Ähnliches gilt auch für den jihad - Aufruf des irakischen Präsidenten Saddam Hussein im jüngsten Golf-Krieg.

Im Kampf der schiitischen Stämme im Jemen riefen ihre Imame mehrfach den jihad gegen sunnitische Besatzer aus, die damit als „Ungläubige" angesehen wurden.

Islamische Fundamentalisten (wie z.B. die Muslimbrüderschaften) erklärten mehrfach den jihad als "permanente Revolution" gegen muslimische Regierungen,  die dann als "Abtrünnige" etc. bezeichnet wurden.

Keine traditionelle Form des jihad war dem heutigen Terrorismus ähnlich, schon gar nicht Selbstmordattentaten [10] . Eine Parallele stellen höchstens die „Assassinen“ des 12./13. Jhdts. dar, die von den herrschenden islamischen Lehren jedoch schärfstens verurteilt wurden. 

Unterschieden wurde in der klassischen islamischen Rechtsauslegung der „große“ und der „kleine Dschihad“, wobei der große Dschihad das friedliche, bemühte, aktive Bestreben sei, auf den Wegen der Religion zu wandeln. Schon in dem Begriff „kleiner Dschihad“ zeigt sich die geringer geschätzte Bedeutung „… der kämpferischen Variante des Dschihad“, Erst der heutige Islamismus hat die klassisch-islamische REchtslehre über den kleinen Dschihad pervertiert“ (Kaddor, S. 53/54, a.a.O.).  

 

Reformauslegungen und -praxis

 

Eine neue Auslegung der jihad - Pflicht legte der indisch-muslimische Reformtheologe Saiyid Ahmad Khan (1817 - 1898) vor. Er meinte, der jihad sei nur dann Pflicht, wenn Muslime in ihrer Eigenschaft als Gläubige unterdrückt würden, davon abgehalten würden, ihren religiösen Pflichten nachzukommen. Unter nicht-muslimischer Herrschaft zu leben, sei kein hinreichender Grund für einen jihad. Beim jihad handele es sich um eine religiöse Angelegenheit, die nicht für bloße politische Ziele ausgerufen werden dürfe.

Diese Auffassungen sind jedoch bis heute umstritten.

Der tunesische Präsident Habib Bourgiba rief in den 60er Jahren öffentlich zum „jihad" gegen die wirtschaftliche Rückständigkeit Tunesiens auf, er forderte dabei auch die Aufgabe des Ramadan-Fastens.

Die 3. Islamische Gipfelkonferenz in Taif 1981 erklärte den jihad gegen Israel; es wurde jedoch ausdrücklich verlautbart, dass das nicht notwendig Krieg bedeute, sondern die Grundbedeutung „Anstrengung" gemeint sei.

Von wohl den meisten heutigen islamischen Religionsgelehrten wird der defensive Charakter des jihad betont. Ausgerufen werden dürfe der jihad nicht etwa von einem Präsidenten etc., sondern nur von dem oder den Führern einer islamischen Gemeinschaft. Der bosnische Islamgelehrte Smail Balic z.B. lehnt die Übertragung von jihad mit „Heiligem Krieg“ ausdrücklich als verfälschend ab, der Krieg sei am wenigsten heilig  [11] (vgl. "Tagesspiegel", 20. September 2001, S.8). 

Auch Nadeem Elyas vom Zentralrat der Muslime in Deutschland erklärte auf der Veranstaltung anlässlich des 900-jährigen Gedenktages der Kreuzzüge (in Essen, 20. Mai 1996) ausdrücklich, Muslime hätten nur dann die Erlaubnis zum Kampfe, wenn sie angegriffen würden:  „Kein Krieg ist heilig. Auch dann nicht, wenn er als der islamisch erlaubte Verteidigungskrieg geführt wird. Nirgends ist im Koran deswegen vom heiligen Krieg die Rede. Das Wort Krieg in seinem engeren Sinne wird im Koran mit ”Harb” bezeichnet. Der Dschihad, der jeder Muslima und jedem Muslim zur Pflicht gemacht wird, ist der vollständige permanente gesellschaftliche Einsatz des Einzelnen für das Gute in allen Bereichen der Gesellschaft. Der Dschihad ist nach dem Selbstverständnis des Islam der vollständige permanente gesellschaftliche Einsatz des Einzelnen für das Bewahren der gesamten Menschheit vor dem Bösen. Selbst in diesem Sinne ist der Dschihad nicht heilig. Kein Mittel darf geheiligt werden - Nur Gott ist heilig“ (zit.n. http://zentralrat.de/14569_print.php)

 

Zum Jihadismus

  Unter dem Titel "Die Falle des afghanischen Jihad" (a.a.O.) beschäftigt sich Gilles Kepel [12] mit der - wie er es sah - Weiterentwicklung bzw. Uminterpretation des Jihad - Begriffes. Die Entstehung dessen, was er Jihadismus nennt, ist eng verwoben mit der jüngeren Geschichte Afghanistans und der Außenpolitik der USA. Denn in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts unterstützten die US – Regierungen (und die der arabischen Golfstaaten) massiv die militanten Kämpfer des Jihad – die Mujaheddin – gegen die sowjetische Besatzung in Afghanistan, mit Unmengen an Waffen und viel Geld (ca. 6 Mrd. US – Dollar besagen Schätzungen !!). Vermutlich glaubten die herrschenden US – Außenpolitiker, in den Mujaheddin ein fügsam, folgsames Instrument gegen das „Reich des Bösen“ zu haben, frei nach dem Wahlspruch: Der Feind meines Feindes ist mein Freund, - was sich bitter rächen sollte [13] .

Am 15. Februar 1989 verließ die Rote Armee Afghanistan [14] , besiegt von den Mujaheddin (und US - Waffen und - Geld), was auch in den USA als ein Sieg angesehen wurde.   

Aber man hatte die Eigendynamik in den Ausbildungslagern von Peshawar, den pakistanischen Medressen und bei den zehnjährigen Operationen in Afghanistan unterschätzt, wo in einer Atmosphäre von permanenter Gewalt und traditionellem Machismo Tausende junger muslimischer Männer aus verschiedensten Gebieten der „umma“ in einer Art „Stahlbad“ zu einer extrem militanten politisch - religiösen Gruppierung verschmolzen, den „Afghanen“. Sie sollen in der Folge an allen Konfliktherden gesichtet worden sein, an denen „der Islam“ durch „gottlose Feinde“ bedroht schien, in Bosnien, im Irak, im Kosovo, in Tschetschenien, in Mazedonien, im Kaschmir, auf Mindanao oder in Sinkiang. Aus den „Afghanen“ entstanden sowohl die Taliban ("Religionsschüler") als auch die Anhänger bin Ladens. Gilles Kepel bezeichnet die damit verbundene neue Ideologie als Salafismus [15] - Jihadismus (vgl. Kepel, S. 12, a.a.O.).

Der Salafismus / Jihadismus beruft sich auf eine äußerst rigorose Interpretation der als heilig angesehenen Texte, ähnlich dem herrschenden Wahabismus / Salafismus im heutigen Saudi – Arabien. Von diesem unterscheidet er sich durch die hervorstechende Betonung des bewaffneten Kampfes (Jihadismus, auch Dschihadismus) gegen die „gottlosen“ Regimes im Westen wie auch in der islamisch – dominierten Welt, Saudi – Arabien eingeschlossen.

Dieser übermäßige, obsessionshafte Bezug auf den jihad [16] (im alleinigen Sinn von bewaffnetem Kampf) setzt sich - nach Gilles Kepel - bei den Jihadisten weitgehend an die Stelle aller anderen Ebenen religiöser Praxis, auch an die Stelle sozialer und politischer Mobilisierung, - wie eine idée fixe. 

Die Gruppe um bin Laden äußerte v.a. zwei Kritikpunkte an "dem Westen", v.a. den USA

Ø    die Anwesenheit von US - Truppen in dem Land der muslimischen Hauptheiligtümer, in Saudi – Arabien, seit dem 2. Golfkrieg [17]

Ø  die Unterstützung Israels, das als eine Art neuer Kreuzfahrerstaat angesehen wird.

 

Ussama bin Laden (* 1957/58 in Riad, + 2011, in Abottabad/Pakistan) ) und seine Gruppe [18] veröffentlichten am 23. August 1996 eine "Erklärung des jihad gegen die Amerikaner, die die beiden Heiligtümer besetzen". Sie scheint als religiöse Rechtfertigung zukünftiger Aktionen dienen zu sollen. Der Text enthält auch eine scharfe Kritik an dem Regime in Saudi -Arabien, das sich der "zionistisch - kreuzfahrerischen Allianz" hingegeben habe (vgl. Kepel, S. 12, a.a.O.).

Im Februar 1998 gründeten bin Laden und einige weitere kleine jihadistische Gruppen die "Internationale islamische Front gegen die Juden und die Kreuzfahrer". In ihrer Gründungscharta wird dazu aufgerufen, die US-Amerikaner und ihre Verbündeten zu töten, Zivilisten und Militärs, in allen Länden, in denen es möglich ist.

Am 7. August 1999 (dem Jahrestag der Ankunft der US-Truppen in Arabien 1990) erfolgten dann verheerende Anschläge auf die US-Botschaften in Daressalam und Nairobi, bei denen mehr als 200 Menschen den Tod fanden (darunter 12 US- Amerikaner). Völlig aufgeklärt wurden die Attentate bis heute nicht.     

 

Interessant ist die Frage nach den sozusagen realpolitischen Zielen der Jihadisten. Neben der unermesslichen Propagandawirkung unter vermuteten potentiellen Anhängern, der Schwächung und Verbreitung von Angst und psychologisch-wirtschaftlicher Unsicherheit unter den postulierten Feinden, dem "gottlosen" Westen und insbesondere den USA, kann angenommen werden, das die Attentäter gerade die Reaktion anstreben, die nun folgte: der große Vergeltungsschlag, der in mehrheitlich islamischen Ländern sicher zu einer Welle von Solidarisierung mit den Opfern führen wird. Die allesamt nicht demokratisch legitimierten, korrupten, nepotistischen, die Menschenrechte mit Füßen tretenden, in den Augen der Jihadisten "gottlosen" Regierungen der islamischen Länder, die sich an der militärischen US- Vergeltungsaktion beteiligen, werden durch diese Solidarisierungen in massive Schwierigkeiten geraten können, wie bereits jetzt die pakistanische Regierung. Christoph von Marschall fragt (im „Tagesspiegel“, 20. September 2001, S.9), inwieweit die mörderischen Anschläge vom 11. September 2001 nicht vor allem Mittel zu diesem Zweck gewesen seien.  

 

Von den knapp 5 Mio. Muslimen in Deutschland wurden 2014 ca. 6000 zu der "salafistischen Szene" gezählt, die sich grob in drei Richtungen untergliedern lässt. Zwei der Salafismus-Richtungen streben eine Art Gottesstaat an, alle sehen die - in ihren Augen gottgebene - Scharia als höherwertig als das Grundgesetz oder die Erklärung der Menschenrechte an. Keineswegs alle Salafisten sind "gewaltbereite" Salafisten:

  • eine individuell-puristische, "quietistische" Gruppe, "... der es nur um ein gottgefälliges Leben geht" (Schenk, S. 53, a.a.O.).
  • eine politisch-aktive Gruppe, die ohne Gewalt, durch Missionierung einen islamischen Staat auf der Grundlage der Scharia anstrebt; diese Gruppe ist unter den deutschen Salafisten die größte.
  • eine dschihadistische Gruppe, die gewaltbereit ist und vielfach den IS, al-Qaida oder verwandte Organisationen unterstützt. Viele der Dschihadisten wollen zum Krieg nach Syrien oder in den Irak ausreisen. Zu dieser Richung gehörten in Deutschland 2014 ca. 850 Personen (vgl. Schenk, S. 53, a.a.O.).   

 

Eine gänzlich neue Dimension und Zielrichtung erlangte der Dschihadismus v.a. mit dem Auftreten des Islamischen Staates (IS) seit 2014 im syrischen und irakischen Bürgerkrieg.

Die al-Qaida war - trotz ihres internationalen Netzwerks -  eine klassische geheime Terrororganisation im Untergrund, wie sie seit der Antike (z.B. den Sikariern) immer wieder versuchte durch individuelle oder Gruppen-Gewaltakte gegen Personen und Herrschaftsstrukturen Angst, Schrecken, Unsicherheit und politischen Einfluss zu erlangen.

Der IS hingegen operierte offen, als eine militärische und politische Einheit mit dem propagierten Ziel der Gründung eines Staates, der Beherrschung eines Territoriums.  

Der Erforschung des IS sind relativ enge Grenzen gesetzt, denn neben den eigenen IS-Darstellungen und den wenigen Aussagen/Informationen , die von Gegnern aus dem IS-Territorium kommen, sind es v.a. Aussagen von IS-Deserteuren, die – aus welchen Gründen auch immer – unter Lebensgefahr das Gebiet der Miliz verlassen haben: Bei entdeckten Fluchtversuchen droht ihnen die sofortige Enthauptung. Eine Reihe von Desertionen mißlangen und viele der Versuche endeten mit der Hinrichtung der Deserteure.

Aus naheliegenden Gründen sind Aussagen dieser Zeugen hinsichtlich ihres Wahrheitsgehaltes mit Vorsicht zu betrachten.

Die US-Psychiaterin Anne Speckhard und der türkische Soziologe Ahmet S. Yayla hatten sie Gelegenheit im türkischen Şanlıurfa insgesamt 14 syrisch-arabische IS-Deserteure zu befragen (vgl. Speckhard/Yayla, S. 96, a.a.O.),  13 Männer und eine Frau, im Alter zwischen 45 und 14 Jahren. Alle waren bereits vor dem Jahr 2015 desertiert. Der 14jährige Junge berichtete, dass er für ein Selbstmordattentat vorgesehen war.

Die Hälfte der Deserteure hatte einen Universitätsabschluss, drei weitere einen Oberschulabschluss; mehrere waren Kommandeure militärischer Einheiten des IS gewesen.  

Alle Befragten hatten dem IS den Treueeid - bayʻat  - geschworen.

Wichtige Ergebnisse der Befragung waren u.a.:

  • Den IS-Kämpfern werden z.T. Aufputschmittel, Drogen verabreicht, um ihre Kampfbereitschaft zu erhöhen und Müdigkeit zu bekämpfen. 
  • Bei Kämpfern werden von den IS-Vorgesetzten „sadistische Neigungen“ erkannt und gefördert. Hinrichtungen scheinen eine Art von Initiationsritus für potentielle Kämpfer zu sein (vgl. Croitoru, a.a.O.).
  • Die Aufstellung einer Einheit aus 9-10-jährigen Kindern scheint angestrebt zu werden, Kinder, die zu „kaltblütigen Mördern“ trainiert werden sollen. „Ein jüngster IS-Propagandafilm zeigt eine Gruppe solcher Jungs. Mit einer Pistole bewaffnet, werden sie einer nach dem anderen in ein labyrinthartiges Höhlensystem geschickt. Die Aufgabe ist, dort versteckte gefesselte Gefangene zu orten und auf der Stelle zu erschießen. Die Kamera verfolgt jeden Schritt“ (vgl. Croitoru, a.a.O.).
  • Vor militärischen Offensiven werden die Ortschaften infiltriert, die die gesellschaftlichen Spitzen ausgespäht, um sie ggf. „… als Erste auszuschalten“ (vgl. Croitoru, a.a.O.).
  • In den eroberten Territorien versucht der IS sofort, alle Wirtschaftsbereiche zu kontrollieren, so dass die Einwohner in eine materielle Abhängigkeit vom IS geraten: „Diejenigen, die nicht mit der Terrormiliz kooperieren wollen, zwingt früher oder später schlicht der Hunger dazu“ (vgl. Croitoru, a.a.O.).
  • Die Bewohner eroberter Gebiete wie auch Neuankömmlinge im IS-Gebiet werden genötigt, mehrwöchige Scharia-Kurse zu besuchen, in denen die Grundlagen der IS-Interpretation von Koran und Scharia vermittelt wird, was "zumindest bei den befragten Syrern enorme Wirkung" zeitigte, da sie religiös unerfahren durch die säkulare syrische Schule gelaufen waren. Zukünftige IS-Kämpfer besuchen längere Scharia-Kurse. Keiner der Befragten scheint aus einer muslimisch-religiösen Familie zu stammen (vgl. Croitoru, a.a.O.).  

Die Befragten gaben als Gründe für die Desertion vom IS an ...

  • erlebte Demütigungen und extreme Brutalität
  • erlebte Desillusionierung, Diskrepanzen zwischen den IS-Worten und –Taten, Heuchelei und Korruption
  • militärische Entscheidungen von IS-Führern, die zu übermäßig vielen Todesopfern führten (vgl. Speckhard/Yayla, S. 95, a.a.O.).


Alle Befragten hassten nun den IS und warnten ausdrücklich davor, sich ihm anzuschließen (vgl. Speckhard/Yayla, S. 95, a.a.O.).

 

Ein Motiv für die Unterstützung des IS durch ärmere männliche Muslime aus den orientalischen und nordafriaknischen Ländern scheint in der Aussicht auf eine Heirat zu bestehen: „… Heiratswillige Kämpfer (erhalten neben dem Sold von ca. 200,-US-$) … einen Zuschuss in Höhe zweitausend Dollar. Die Ehen werden von einem einschlägigen Büro der Terrormiliz arrangiert, das Paar erhält Wohnraum und bisweilen auch ein Auto“ (vgl. Croitoru, a.a.O.).

 

Insbesondere der Islamische Staat und seine Form von "Dschihad" übt eine eigentümliche Anziehungskraft auf überraschend viele Jugendliche auch in Europa und Nord-Amerika  aus.

Die aus dem "Westen" zum IS gestoßenen Kämpfer werden materiell gegenüber den arabischen bevorzugt. 

Bis 2014 scheinen ca. 500 junge Männer allein aus Deutschland zum IS nach Syrien gegangen zu sein, 25 wurden getötet, 100 sind zurückgekehrt.

 

Was sind die Ursachen für die Attraktivität des Dschihadismus? Welche Personen sind davon besonders betroffen und gefährdet?

Es sind vor allem männliche Jugendliche und junge Männer, aber auch eine größere Anzahl junger Mädchen und Frauen

Auffällig ist, dass wohl alle Dschihadisten, die zur IS-Unterstützung nach Syrien gingen, zuvor Beziehungen zu „moderateren“ Salafisten hatten.

Jugendliche aus konservativ religiösen Familien landen nur selten bei den Salafisten“. Potentielle Salafisten "sind alle religiös-theologische Analphabeten"(Claudia Dantschke, zit. n. Schenk, S. 53, a.a.O.). Die IS-Anhänger stammen sowohl aus Familien mit muslimischem Hintergrund, als auch aus "herkunftsdeutschen" Familien. Überrepräsentiert scheinen jedoch Jugendliche aus „bikulturellen Familien“ zu sein. Es sind keineswegs nur "bildungsferne" Schulversager, unter den IS-Anhängern finden sich auch solche, die aus stark bildungsorientierten Familien stammen.

Jedoch scheinen viele der Herkunftsfamilien autoritär strukturiert und wenig diskursorientiert zu sein: Die Eltern hören den Kindern oft nicht zu, die Binnenkommunikation in der Familie ist gering.

Auffällig ist bei den jugendlichen IS-Anhängern eine gewisse Identitätsschwäche, insbesondere bei der kollektiven Identität findet sich oft eine Leerstelle: Der Salafismus vermittelt den Jugendlichen dann oft ein ersehntes Gefühl von Zugehörigkeit, die Vorstellung nicht allein zu sein und eine bedeutsame Aufgabe zu haben.     

Um jungen Salafisten die „Lufthoheit im Klassenzimmer“ zu nehmen, ist – nach Arnfried Schenk – ein schulischer Islamunterricht geeignet (Schenk, S. 53, a.a.O.). 

Besonders erfolgreich scheint auch die salafistische Propaganda mit dem Internet zu sein.

Wer selbst Opfer (auch) struktureller Gewalt in Schule, Wirtschaft, Gesellschaft und Staat wurde, dessen potentielle Gewaltbereitschaft ist hoch. Und: "Wer sich ungerecht behandelt fühlt, darf unter der Flagge des Dschihad zum ersten Mal in seinem Leben gestärkt anderen entgegentreten und mit 'egitimierter‘ Gewalt für vermeintliche Gerechtigkeit sorgen" (Kaddor, S, 54, a.a.O.). 

Nach den Ergebnissen von Speckhard/Yayla scheinen viele auch der aus dem "Westen" zugereisten IS-Kämpfer tatsächlich zu glauben, sie würden als Soldaten des Kalifats ihre früheren Sünden "sühnen" können (a.a.O.). 

 

Seit der Mitte des Jahres 2015 scheint die offene militärische Konfrontation und Expansion des IS u.U. auch durch die massive Intervention durch westliche Luftwaffen zurückgedrängt. Zum Teil kehrt der IS nun zu der alten Strategie von individuellem Terror zurück, - vielleicht aus Schwäche?

 

Insgesamt erscheint der IS in vieler Hinsicht als die folgerichtigste, konsequnteste und extremste Ausgeburt der grundlegenden "fundamentalistisch"-islamistischen Gedankenfigur, der Niedergang, die Armut der islamischen Gesellschaften seien eine Folge ihrer Entfernung, ihrer Abweichung vom "wahren", ursprünglichen. idealen Islam der Frühzeit in Medina.

Das Anknüpfen des IS an religiösen Symbolen, Riten, Traditionen dieser Phase, das Beharren auf der Scharia, zeigen, dass für viele Anhänger des IS der "Islamische Staat" den Charakter einer zu verwiklichenden gersellschaftlichen Utopie hat, als angeblich gottgewollte Ordnung, so z.B. durch ...

  •  die schwarze Fahne mit dem Siegel des Propheten
  •    die Ausrufung des Kalifats
  •   der Treueeid gegenüber IS und Kalif
  • die Zeitschrift "Dabiq" mit ihrem eschatologischen Bezug. .
  •   die dichotomische Aufsplitterum der Welt und die aktionistische Betonung von Kampf und Märtyrtertum.

 

Daten zum Dchihadismus

 

1755: Die Baschkiren im Ural versuchen in einen letzten großen Aufstand die Unabhängigkeit vom Russischen Zarenreich  wieder zu erlangen, jetzt auch unter der Parole vom „Heiligen Krieg“ (vgl. Kappeler, S. 131, a.a.O.).   

 

1804/06: Wahabitische-saudische Einheiten besetzen Mekka und Medina, sie „… zerstörten beziehungsweise attackierten alle Einrichtungen und Gebäude, die aus ihrer Sicht eine ‚Glaubensabweichung‘ symbolisierten“. Dazu gehören z.B. die Grabmoschee des Propheten Muhammad in Medina, denn nach der wahabitischen Auffassung „… beförderte eine derartige Grabanlage die Anbetung von Menschen“ (Fürtig, S. 3, a.a.O.).

Die Kaaba wird „gereinigt“, die „Schätze des Heiligtums“ entfernt (Rathmann, Bd. 2, S. 333, a.a.O.). Der Pilgerverkehr nach Mekka und Medina wird eingestellt, „türkischen Pilgerkarawanen“ der „Zutritt zu den heiligen Stätten“ verboten (Rathmann, Bd. 2, S. 333, a.a.O.).

 

1812-18: Durch eine großangelegte Militäraktion unter Führung des osmanisch-ägyptischen Vizekönigs Muhammad Ali werden die saudischen Wahabiten zurückgedrängt, die Pilgerfahrten wieder möglich. Die aus der Kaaba entfernten Schätze werden zurückerstattet und der saudische Emir Abdallah 1818 in Istanbul enthauptet (vgl. Rathmann, Bd. 2, S. 334/335, a.a.O.).   

 

2003: Durch die US-geführte „Koaltion der Willigen“ wird die Regierung des irakischen Diktators Saddam Hussein in einem blutigen Krieg entmachtet. In der Folge kommt es zu langwierigen bürgerkriegsartigen Auseinandersetzungen.

 

September 2003Auflösung der irakischen Armee durch den US-Zivilverwalter Paul Bremer (* 1941): Durch diese fatale Entscheidung wurden tausende von kampferfahreren Soldaten und Offiziere freigestellt, sich einer der entstehenden Bürgerkriegsparteien, später dem IS anzuschließen.

In der neugegründeten irakischen Armee grassierte die Korruption, wohl wie nie zuvor. Ein Großteil der für den Neuaufbau eingesetzten ca. 25 Mrd. Dollar US-Steuergelder „… floss dabei direkt in die offenen Taschen der neuen Generäle.

In der irakischen Armee  und Polizei wimmelt es seither von so genannten fadhaiyin, übersetzt „Raumfahrern“, die nur auf dem Papier existieren. Den Sold streichen die jeweiligen Vorgesetzten ein, andere teilen ihre Bezüge mit den Anführern, unter der Vorgabe, dass sie nie zur Arbeit erscheinen. ‚Hier geht es nicht um Religion oder Politik, hier geht es ums Geld‘, sagt Hoscham, ein Ladenbesitzer, der sich 2006 der Armee anschloss….

In einigen Einheiten machten die Raumfahrer die Hälfte der vermeintlichen Truppenstärke aus… Dienstgrade wurden gekauft, Soldaten erhielten unbrauchbare Ausrüstung… Angesichts dieser enormen Korruption sank die Moral der Truppe in den Keller. ‚Wenn du einem Soldaten befiehlst, er soll kämpfen, antwortet er: wieso soll ich das tun? Damit mein Kommandant reich wird?‘“ (zit. n. Aikins, S. 5/6, a.a.O.).

 

November 2004: Um in dem irakischen Bürgerkrieg die Stadt Falludscha einzunehmen, die von ca. 3000 Milizionären verteidigt wird, setzt die US-Armee ca. 15 000 Soldaten mit enormer Feuerkraft ein (vgl. Goya, S. 15, a.a.O.).

 

Februar – Dezember 2004: Der promovierte islamisch-sunnitische Theologe Abu Bakr al-Baghdadi (*1971 in Samarra) sitzt (aus unbekannten Gründen) während der US-Besatzung im Camp Bucca bei Bagdad, einem US-Militärgefängnis ein. Er soll dort mit der Entwicklung des zukünftigen IS beschäftigt gewesen sein.  

Der US-Militärgeheimdienst DIA stuft Abu Bakr al-Bagdhadi als „ungefährlich“ ein. Mike Flynn, der ehemalige Chef der DIA meinte später dazu: „Wir waren zu dumm“ (zit. n. „Zeit“, Nr. 1, 30. Dezember 2015, S. 2). 

Seit dem Mai 2010 ist er der Anführer des „Islamischen Staates“, wurde zum „Emir“, später zum „Kalifen“ gewählt.

 

2006: Die pro-schiitische Regierung in Bagdad und die schiitischen Milizen stürzen den Irak „… in einen religiösen Bürgerkrieg, … (der) letzthin dem IS zu seinem rasanten Auftsieg verholfen hat“ (Aikins, S. 5, a.a.O.). Der eskalierenden „… Kampf der Konfessionen“ rückt „… jede Hoffnung auf eine Aussöhnung zwischen Schiiten und Sunniten, und damit auf einen dauerhaften Frieden im Irak … in weite Ferne“ (Aikins, S. 5, a.a.O.).  

 

Ende 2006: Verhandlungen mit nordirakischen sunnitischen Stämmen, um einen Ausgleich, eine politische Partizipation im Irak zu erreichen.

 

2007: Der Vorläufer des aus al-Qaida-Einheiten entstandene IS (oder ISIS – ISIL) ist nach längeren internen Kämpfen und Auseinandersetzungen mit Konkurrenten nahezu zerstört.

 

Juni 2009 – August 2010: Abzug der US-Kampftruppen aus dem Irak

 

November 2010: Die US-Außenministerin Hillary Clinton bezeichnet die „auf nachrichtendienstliche Informationen gestützten Operationen“ gegen wichtige (‚high value‘) Rebellenführer und ihre Netzwerke als „Schlüsselelement“ der Militärstrategie der USA (vgl. Cockburn, S. 1, a.a.O.).

Diese - extralegalen – Mordanschläge (sei es  durch Marschflugkörper, durch Drohnen oder „durch speziell ausgebildete Hunter-Killer-Teams“) werden in den USA „high-value targeting“  geannt, in Israel „gezielte Prävention“ (vgl. Cockburn, S. 1, a.a.O.).

Diese schon alte Strategie ist jedoch schon in Vietnam genauso gescheitert wie im „Antidrogenkrieg“ (die „Kingpin“-Strategie), - ganz abgesehen von den ethischen und rechtlichen Bedenken gegen diese Strategie.

Zudem aber ist die „… Hauptstrategie im Irak … kontraproduktiv und bedarf einer Neubewertung … Die getöteten Aufstandsführer wurden sofort ersetzt, und die Nachfolger waren fast immer jünger und aggressiver als ihre Vorgänger, weil sie sich zu beweisen hatten … Staat ihre erklärten Ziele zu erreeichen, bewirkte (die Strategie) … lediglich, dass terroristische Gruppen immer mehr neue Leute rekrutieren und im Schatten der Drohnen bestens gedeihen konnten“ (Cockburn, S. 13, a.a.O.).       

 

Sommer 2012:  Die Publizistin Kristin Helberg, die jahrelang in Syrien lebte, urteilt über den Bürgerkreig in Syrien: „Die Versuche sunnitischer Extremisten, den syrischen Volksaufstand zu einem regionalen Krieg zwischen Sunniten und Schiiten umzudeuten, haben bislang nicht gefruchtet“ (Helberg, S. 271, a.a.O.) – in den beiden folgenden Jahren ergab sich ein deutlicher Wechsel.

Überraschenderweise erwähnt Helberg in ihrem kenntnisreichen „Brennpunkt Syrien“ (a.a.O.) zwar verschiedene dschihadistische Gruppen, auch die Al-Nusra-Front, aber mit keinem Wort den IS bzw. seine Vorgänger ISIS (oder ISIL), der sich 2014 durch seine militärischen und propagandistischen Erfolge zu dem im „Westen“ und vielfach auch der Türkei zu dem bedeutendsten Gegner entwickelte.

 

April 2013: Die „Al-Qaida im Irak“ benennt sich um in „Islamischer Staat“

 

Juli 2013: Einnahme des Gefängnisses von Abu Ghraib durch den IS; es gelang die Befreiung von 500 Häftlingen, die z.T. zu Al Qaida gehört haben sollen. Einige von ihnen sollen später in die Kommandostrukturen von „Daesh“ integriert worden sein.

 

4. Januar 2014: Einnahme von Falludscha (ca. 50 km westlich von Bagdad) durch Einheiten des IS 

 

Februar / März 2014: Im Bürgerkrieg in Syrien werden u.a. in Rakka und Kassab ansässige Armenier vertrieben (vgl. NZZ, 28. Februar 2014). Als Christen werden Armenier von islamistischen Einheiten diskriminiert, u. a. soll die Kopfsteuer für Nicht-Muslime wieder eingeführt werden.

Seit Beginn des Bürgerkrieges sollen ca. 11 000 Armenier aus Syrien nach Armenien geflüchtet sein (vgl. NZZ, 14. April 2014). Deir es-Zor wird von Einheiten des „Islamischen Staates“ (IS) erobert.

Im syrischen Rakka (auch Raqqa), der faktischen IS-Hauptstadt, beginnt der IS (von seinen Gegnern oft in abwertender Absicht nach den arabischen Anfangsbuchstaben der Abkürzung „Daesh“ - al-Dawla al-Islamiya al-Iraq al-Sham - genannt, vgl. Aikens, S. 5, a.a.O.) mit der Umsetzung seiner atavistischen gesellschaftspolitischen Vorstellungen, entsprechend seiner Scharia-Auslegung, seiner Sicht von dem „wahren Islam“: Sündhaft, „haram“ sind u.a. Musik, Zigaretten, lange Hosen oder auch Fußball [1]. Es werden „alle Dinge schwarz“. Männer müssen schwarze Turbane, Frauen schwarze, Burka-ähnliche Çarşaf tragen, auch die IS-Pässe sind schwarz. Die Betonung der Farbe Schwarz durch den IS soll sogar so weit gehen, dass sie wichtige Gebäude (Scharia-Gerichte, Verwaltungsbauten) in Rakka und anderswo in eroberten Städten schwarz angemalt haben. Überall, wo der IS die Macht übernimmt, werden (seit ca. 2004) die Schwarzen Fahnen des IS mit der weißen arabischen Aufschrift des islamischen Glaubensbekenntnisses, der Schahada („Es gibt keinen Gott außer Gott und Muhammad ist sein Gesandter“ - „Lā ilāha illā ʾllāh, Muḥammadun rasūlu ʾllāh“) gehisst (vgl. Abb. unten). Mit dem runden Emblem in der Mitte der IS-Fahne sollen der Prophet Muhammed und die ersten Kalifen Briefe und offizielle Dokumente unterzeichnet haben, es gilt als das „Siegel des Propheten[2]“.

 

Auch eine Reihe von anderen Organisationen benutzen die Schahada - in anderer Kalligraphie - als Symbol, so die saudi-arabische Fahne und die der syrischen Nusra-Front. Auch die Taliban erklärten die schwarze Flagge mit der Schahada nach ihrer Machtübernahme in Afghanistan 1996 zur Staatsflagge.

Desgleichen kämpften die „Dschihadisten“ der Ansar al-Din in Mali, die zeitweise 2012 auch Timbuktu in ihre Gewalt gebracht hatten, unter schwarzen Fahnen (vgl. „Freitag“, Nr. 50, 11. Dezember 2014, S. 19).

Der IS hingegen greift nicht nur bewusst auf das (angebliche) historische Vorbild aus Zeit des Propheten zurück, auch die (als rechtgläubig angesehene) Rebellion der Abbasiden um 750 gegen die „verweltlichte“ Omajaden-Dynastie erfolgte unter einer Schwarzen Fahne, wenn auch (wahrscheinlich) ohne eine Textaufschrift. Um 745 soll Abu Muslim die Schwarze Fahne [3] in Marw (im heutigen Turkmenien) entrollt haben, im Osten, woher nach Überlieferungen der endzeitliche Mahdi unter schwarzen Fahnen erscheinen solle. Zudem war die schwarze Fahne auch ein Symbol für das Haus Ali, das allerdings in den damaligen Machtkämpfen übergangen wurde. 

Die Abbasiden verwendeten auch nach der Machtübernahme die Farbe Schwarz sowohl für ihre Standarte als auch für die Kleidung.

Frauen dürfen sich im IS-Gebiet generell nur in Begleitung des Vaters, des Ehemanns oder der Brüder in der Öffentlichkeit zeigen. Kontrolliert werden Frauen durch mit Kalaschnikows ausgerüstete IS-Frauen der sogenannten Al-Khansa-Brigade [4]. Es sollen  ca. 500 bewaffnete Frauen sein (darunter auch europäische Konvertitinnen) und weitere 200 – 300 Rekrutinnen.  

Die Frauen sollen zwischen 18 und 25 Jahre alt und unverheiratet sein. Zuständig sind sie für die Kontrolle der rigiden Bekleidungs- und Verhaltensregeln, sowie – ggf. – für die Bestrafung wegen einer Verletzung der regeln.

Falls die Frauen im Kampf stürben, würden sie jedoch nicht als „Märtyrer“ direkt ins Paradies eingehen, wie ein IS-Sprecher betonte (vgl. „Cumhuriyet“, 26. September 2014, S. 14).

Auch der Verkauf von „ungläubigen“ oder „abtrünnigen“ Frauen an IS-Kämpfer auf regelrechten Sklavenmärkten soll von der Al-Khansa-Brigade organisiert worden sein. In ihrer Sicht gilt das Halten von „ungläubigen“ Frauen als Sklavinnen als Akt der Glaubensverrichtu ng („Ibada“).  

Politische Gegner und Journalisten im IS-Gebiet fürchten insbesondere „… die Frauen des IS, die voll verschleiert patrouillieren und nicht als Freund oder Feind zu erkennen sind“ (vgl. „Die Zeit“, 9. Oktober 2014, Nr. 42, S. 3).

 

Der Genuss und der Verkauf von Tabakwaren sind verboten. Mit dem Gebetsruf werden alle Geschäfte geschlossen; wer dann nicht die Moschee besucht, dem droht die Verhaftung (vgl. „Cumhuriyet“, 22. September 2014, S. 14).

 

Unter den IS-Mitgliedern soll es ca. 500 bewaffnete Frauen geben und weitere 200 – 300 die Rekrutinnen sind.

Die Frauen sollen zwischen 18 und 25 Jahre alt und unverheiratet sein. Falls die Frauen im Kampf stürben, würden sie jedoch nicht als „Märtyrer“ direkt ins Paradies eingehen, wie ein IS-Sprecher betonte (vgl. „Cumhuriyet“, 26. September 2014, S. 14). 

Politische Gegner und Journalisten im IS-Gebiet fürchten insbesondere „… die Frauen des IS, die voll verschleiert patrouillieren und nicht als Freund oder Feind zu erkennen sind“ (vgl. „Die Zeit“, 9. Oktober 2014, Nr. 42, S. 3).

 

15. Mai 2014: Einnahme der irakischen Stadt Ramadi durch den IS; der US-Verteidigungsminister Ashton Carter warf in der Folge der irakischen Armee vor, keinen Kampfeswillen zu zeigen.

 

6. Juni 2014: Angriff von IS-Einheiten auf Stellungen der irakischen Armee im Westen Mossuls: „Es sollte vermutlich nur ein kurzer Überfall sein, doch unter den demoralisiert Soldaten und Polizisten brach Panik aus. Die gesamten Verteidigungskräfte der Stadt flohen vor einem zahlenmäßig weit unterlegenen Gegner.

Die IS-Propagandisten hatten ihre postmoderne Lektion gelernt. Sie wussten: Spektakel war Realität, und zwar eine Realität, die sich rasend schnell um den Globus verbreiteten und den ersehnten Kampf der Kulturen entfesseln konnte. Ihre Sprache war unter der US-Besatzung und im Bürgerkrieg geformt worden, es war die Sprache von Abu Ghraib, die Sprache der Todesschwadronen, die Sprache von Schlagbohrer als Folterwerkzeugen, die Sprache der Luftschläge, die Sprache von 200.000 getöteten Irakern seit der US-Invasion 2003. Doch die Brutalität der IS-Kombattanten stellte all das noch in den Schatten. Mit Erfolg: Die Reaktion des Westens war hilfloses Entsetzen“ (Aikins, S. 6, a.a.O.).

 

Sommer 2014: Die islamistische Gruppe „Islamischer Staat“ (IS) erobert/besetzt von Syrien kommend Teile des nordwestlichen Iraks; die weit überlegenen irakischen Armeeeinheiten fliehen und lassen u.a. ihre umfangreichen Waffenlager und die reichen Geldbestände z. B. im am 11. Juni 2014 eroberten Mossul zurück.  Hunderte gefangener irakischer Soldaten sollen getötet worden sein. Mossul ist die zweitgrößte Stadt des Iraks, zudem ein Zentrum der Erdölförderung. Die militärischen Erfolge des IS müssen auch als Folge des Rückzugs kurdischen Einheiten auf ihr „… angestammtes Territorium … (gesehen werden), statt die Opfer des IS-Expansion zu verteidigen“ (Harling, S. 4, a.a.O.). Unterstützt wird der IS von vielen Sunniten im Irak, z.T. wohl geführt von erfahrenen Ex-Offizieren der früheren Armee Saddam Husseins.

Der IS beherrscht nun jeweils ca. ein Drittel der Flächen Syriens und des Iraks.

Der IS ist nicht mehr – wie al Qaida – eine im Untergrund operierende Guerilla- oder Terror-Gruppe, sondern der Versuch, eine regelrechte islamistische Armee zu begründen, Territorien zu erobern und zu halten sowie einen Staat zu organisieren. So proklamiert am 29. Juni 2014 (dem ersten Tag des Ramadan) der IS in Mossul ein neues Kalifat, mit Abu Bakr al-Bagdadi, einem ihrer Anführer als Kalif Ibrahim. Der IS erkennt die Grenzen zwischen den heutigen Staaten nicht an, der Kalif fordert von allen Muslimen weltweit die Anerkennung als weltliches und geistliches Oberhaupt. In allen eroberten Gebieten werden „Emire“ als regionale Vertreter eingesetzt.

In der Stadt Mossul und anderswo agieren IS-Gerichte, IS-Verkehrspolizisten etc., allerdings sollen auch Vertreter des IS korrupt sein (vgl. Harling, S. 4, a.a.O.). Auch gibt es Ansätze für eine Finanzverwaltung, ein Sozialwesen, eine Art Krankenversicherung für die IS-Milizionäre und ein grroßes Ministerium für Propaganda. Dort werden u.a. Werbefilme für das Internet hergestellt, die sehr erfolgreich sind [4].

Der IS gibt zudem zu Werbung und Imagepflege ein Magazin heraus, „Dabiq[5], in u. a. einer arabischen, einer englischsprachigen und einer deutschen Ausgabe.  

Bewaffnete des IS, aber auch sunnitische Araber aus benachbarten Dörfern zerstören christliche, yezidische, schiitische und heterodox-sunnitische Heiligtümer (vgl. Bingener, a.a.O.). In den eroberten Gebieten werden Türkmenen, (assyrische) Christen [6] und Yeziden vertrieben, insbesondere letztere werden ihres Eigentums beraubt, ihre Dörfer werden zerstört, die Bewohner vertrieben, vergewaltigt oder umgebracht.

Die Situation der Yeziden, die sich vor der IS ins Sindschar-Gebirge retteten und weitgehend isoliert waren, wird immer bedrohlicher. Die Flüchtlinge sind erschöpft, ohne Wasser und Nahrung, dehydriert im Gebirge eingeschlossen. Viele yezidische Flüchtlinge hätten bei Temperaturen von bis zu 45 Grad einen Hitzeschlag erlitten, teilt das Flüchtlingshilfswerk UNHCR mit. „Sie werden stündlich weniger. Sie sterben …", führt der Sprecher des Zentralrats der Yeziden in Deutschland, Holger Geisler aus. Nach Informationen des Zentralrats verloren innerhalb nur eines Tages hätten 300 Kinder ihr Leben: „Sie sterben an Hunger und Durst oder weil sie Blätter oder Baumrinde essen und dadurch vergiftet werden oder daran ersticken" (vgl. ezidipress.com/.../die-waisen-des-universums-voelkermord-an-den-jeside...19.08.2014). Bei Massakern sollen Hunderte yezidische Männer erschossen worden sein, die sich weigerten zum Islam überzutreten. Ihre Frauen und Töchter sollen als Geiseln genommen worden sein, um sie zu Ehen mit IS-Männern zu zwingen.Es soll sich dabei um bis zu 3000 yezidische Frauen gehandelt haben, die verschleppt wurden. Befürchtet wurde, dass die Verfolgungen durch den IS das Ende des Yezidentums im Nordirak bedeuten könnten. Die Yeziden werden von dem IS als teufelsanbetende Heiden angesehen und besonders brutal verfolgt.

 

Befürchtet wurde, dass die Verfolgungen durch den IS das Ende des Yezidentums im Nordirak bedeuten könnten.

Nachdem örtliche, nordirakische Peschmerga sich kampflos zurückzogen bzw. vor IS-Einheiten die Flucht ergriffen, kämpften sich Einheiten der PKK und YKG bzw. PYD „… durch vom IS beherrschte Territorien …, um Tausende Jesiden zu retten, die auf dem Berg Sinjar in der Falle saßen …“ (Graeber, S. 3, a.a.O.) – ein Rettungsunternehmen durch den „freigekämpften“ Fluchtkorridor, das in der „westlichen“ Presse wenig Beachtung fand. Tausende Yeziden (Schätzungen belaufen sich auf bis zu 150 000) konnten so von den Sindschar-Bergen in die Türkei, nach Rojava oder in das kurdische Autonomie-Gebiet [7] im Norden des Iraks flüchten. Tausende Yeziden kehrten allerdings auch in das Gebirge zurück und wurden durch den Korridor von kurdischen Milizen versorgt (vgl. FAZ, 15. September 2014, S. 5).

 

Abb. Karte Einscannen und einfügen aus FAZ 15. September 2014, S. 5

 

Viele bekannt gewordene Handlungen des IS erinnern an einen erneuten Völkermord. Deshalb wird der IS von westlichen Medien zum Teil als „genozidale Kampftruppe“ angesehen (vgl. „Die Zeit“, 9. Oktober 2014, Nr. 42, S. 3).

Politisches Ziel des IS scheint ein von religiösen und ethnischen Minderheiten sowie heterodoxen Glaubensvorstellungen „gereinigtes Sunnistan“ zu sein (vgl. Bingener, a.a.O.) – darin den Gründern Saudi-Arabiens ähnlich.

Peter Harling (von der „International Crisis Group“) führt aus, der IS habe „… keinerlei Theorie eines islamischen Staates“ (vgl. Harling, S. 4, a.a.O.), aber ihm gelingt es, an eine Reihe von traditionellen, z.Z. eschatologischen islamischen Vorstellungen anzuknüpfen, so der Schwarzen Fahne, dem „Siegel des Propheten“, dem Kalifat oder Vorstellung vom Endkampf in Darliq. So gelingt ihm bislang die Rekrutierung immer weiterer potentieller Kämpfer, weltweit. Viele der „Dschihadisten“ erleben sich erst bei dem IS als „werrtvoll“ und beachtet, daher auch bezieht der IS seine überraschende Anziehungskraft (vgl. Topçu, a.a.O.). 

Peter Harling resümierte: „Der IS hat an sich wenig zu bieten, aber er nährt sich von einem Systemeffekt. Und das in sehr unterschiedlichen Funktionen: als eine Art Standardroute zur Erlösung, als gelegentlicher Bündnispartner, als Vehikel des sozialen Aufstiegs oder als probates Identitätsangebot für sunnitische Kreise, die eine tiefe Krise durchleben. Von seinen zynischsten Gegnern wiederum wird der IS als Schreckgespenst oder als Ablenkung benutzt. Und als ein Popanz, auf den sämtliche Akteure, die ihr eigenes Scheitern eingestehen müssten, ihre Ängste projizieren können. Diese Mehrdeutigkeit des Phänomens Islamischer Staat ist das Geheimnis seines Erfolgs in einer Zeit, die durch chaotisch verlaufende Veränderungsprozesse gekennzeichnet ist“ (Harling, S. 4, a.a.O.).

Angehörige des IS markieren z.B. in Mossul die Häuser von Nicht-Sunniten, von Schiiten, Jesiden und Christen. Die Häuser von Christen werden mit dem arabischen Buchstaben „nūn“ (vgl. Abb. unten) gekennzeichnet, der für das Wort „nasara“ („Nazarener“) steht, wie im Arabischen oft Christen genannt werden (vgl. Topçu, a.a.O.).

Wieviele der Bewohner heute noch dort leben, ist unklar, viele aber wurden vertrieben oder erlitten Schlimmeres. Seither aber wird der Buchstabe „nūn“ oft als ein Symbol für die Solidarität mit den verfolgten Christen benutzt (vgl. Topçu, a.a.O.).

Nach der Eroberung von Mossul revidieren die Zuständigen des IS auch die Unterrichtsinhalte der Schulen, so werden z.B. Fächer wie Philosophie, Chemie, Biologie aus den Schulen verbannt, aber auch der Mathematik-Unterricht verändert . Stattdessen verfügte der IS, dass u.a. die Scharia und z.B. Bedingungen des Jihad vermittelt werden sollen.

Allerdings weigern sich in der dortigen Provinz Ninive mehr als 30 Lehrer, nach den IS-Lehrplänen zu unterrichten und werden verhaftet. Ihnen droht nun (2016) ein Verfahren vor einem Tribunal des IS (wie der vatikanische Pressedienst Fides und der „Corriere della Sera“ berichtet, unter Berufung auf lokale kurdische Medien; vgl. „Stimme des Herrn – Katholische Wochenzeitung für das Erzbistum Berlin, Nr. 3/2016, S. 4).

 

13. Juni 2014: Ayatollah Ali-Sistani, höchstes geistliches Oberhaupt der irakischen Schiiten, erklärt es in einer Fatwa zur Pflicht jedes Mannes, gegen den IS zu kämpfen. Zehntausende Freiwillige, v.a. aus dem schiitischen Süd-Irak melden sich, überwiegend zu den schiitischen Milizen, die oft mit iranischen Beratern zusammenarbeiten.

 

21. Juli 2014: Auf Twitter behauptete ein IS-Vertreter, man wolle, wenn auch Saudi-Arabien und Mekka erobert wären, die Kaaba „schleifen“ (vgl. „Süddeutsche Zeitung“, 21. Juli 2014). Nach heftigen Protesten wurde die Eintragung wieder gelöscht.

 

seit Juli 2014: Die IS-Propaganda-Zeitschrift „Dabiq“ erscheint erstmals und wird ins Internet gestellt. Seither sind bis zum Januar 2016 insgesamt 13 Ausgaben (auf Englisch) erschienen. Sie können als pdf-Datei heruntergeladen werden, „… eine verstörende Mischung aus blutrünstiger Kampfschriftm Glamour-Klatschblatt und AOK-Kundenmagazin“…., in der Machart einer „ambitionierten Studentenzeitschrift“ (vgl. „Tagesspiegel“, 24. Januar 2016, S. S 6).

In der ständigen Rubrik „An unsrere Schwestern“ werden praktische Tipps zu einer gottgefälligen Lebensführung gegeben, z.B. wie die Witwen getöteter Kämpfer islamisch-korrekt trauerten.

Die Schiiten werden als verkappte Juden angesehen, die sich „... eines Tages gemeinsam mit Israel hinter dem Daddschal (einer mystischen Kreatur auf einem weißen Esel, vergleichbar dem Antichristen) versammeln würden, um dann die übrigen Muslime zu vernichten“ (vgl. „Tagesspiegel“, 24. Januar 2016, S. S 6).

 

Herbst 2014: Angehörige des IS zerstören nach Angaben der UNESCO die erhaltenen Reste des ursprünglich aramäischen Sankt-Elias-Klosters („Dair Mar Elia“, südlich von Mossul, im Irak); das seit dem Ende des 6. Jhdt. existierende Kloster war das älteste christliche Kloster im Irak.

Schon nach der US-Invasion im Irak 2003 verunstalteten anfangs US-amerikanische Soldaten alte Wandmalereien in der erhaltenen Klosterkapelle. Einige kritzelten Sprüche wie «Chad war hier» und «Ich liebe Debbie» über die Wandbilder. Erst später wurden die Klosterruinen von US-Behörden in ihrer Bedeutung erkannt und geschützt.

Erhalten war ein ca. 2500 m2 grosser festungsartigen Komplex, dessen Dach grossenteils fehlte. Aber 26 Räume mit einer Kapelle und dem Altarraum waren erhalten geblieben (vgl. http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/IS-zerstoert-aeltestes-Kloster-im-Irak-/story/22972657).

Im Januar 2016 veröffentlichten US-Medien Satellitenbilder, die das dem Erdboden gleichgemachte Klostergebiet zeigten (vgl. „Tagesspiegel“, 22. Januar 2016, S. 21). Der IS begründet die Zerstörung damit, dass in den Klosterresten „Götzen“ angebetet würden.

 

12. September 2014: Durch das BMI wird ein Betätigungsverbot für den IS in Deutschland erlassen. Es beruht auf  § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 und § 18 Satz 2 des Vereinsgesetzes. Die Organisation des IS richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung sowie den Gedanken der Völkerverständigung. Verboten ist es nun, Kennzeichen des IS öffentlich oder in Schriften, Ton- oder Bildträgern etc. zu verwenden.

Das Verbot umfasse zudem jede Beteiligung an der Organisation, auch über soziale Medien oder bei Demonstrationen. Verboten sei auch die Anwerbung von Geldern oder Kämpfern, so Bundesinnenminister de Maizière in Berlin. Der Verstoß gegen das Betätigungsverbot gilt als Straftat: Wer nun für den IS wirbt, dem drohen bis zu maximal zwei Jahre Haft.

Durch das Betätigungsverbot ist der IS hierzulande noch nicht als ausländische terroristische Vereinigung eingestuft. Dazu brauchte es ein Gerichtsurteil.

 

Anfang 2015: IS-Frauen veröffentlichen ein Manifest, um junge Araberinnen anzuwerben. Geworben wird mit einer Abkehr vom westlichen Lebensstil, als wahre weibliche Lebenserfüllung wird die Existenz als islamische Ehefrau, sittsame Hausfrau und Mutter beschrieben. Das Manifest ruft nicht zum Übertritt zum Islam auf, es richtet sich explizit an bereits gläubige junge Frauen aus armen Familien, besonders in Saudi-Arabien.

Ende 2015 wird das Manifest ins Deutsche übertragen, kritisch kommentiert und im Herder Verlag veröffentlicht (vgl. Mohagheghi. a.a.O.).

 

Januar 2015: Die kurdischen Milizen Rojavas erobern nach langen Kämpfen die Stadt Kobane an der türkischen Grenze von dem IS zurück, - der Vormarsch der Dschihadisten ist damit erstmals gestoppt.

 

7. und 9. Januar 2015: Die Radaktion von „Charlie Hebdo“ in Paris wird überfallen (11 Tote), dann wird ein jüdischer Supermarkt ebenfalls in Paris überfallen (4 Tote). Der IS und al-Kaida bekennen sich zu den Anschlägen, „... eine Eskalation des Dschihadismus auf europäischem Boden“ (vgl. „Die Zeit“, Nr.1, 30. Dezember 2015, S. 9).

 

März 2015: Abu Bakr al-Baghdadi, der Kalif des IS (vgl. Abb. unten), wird bei einem US-Luftangriff schwer verletzt und ist seitdem „außer Gefecht“. John Kerry, US-Außenminister, berichtet später – stolz – dass ca. 50 % der Spitzenleute des IS „ausgeschaltet“ worden seien. Er sah das als Erfolg im „Krieg gegen den Terror“ an (vgl. Cockburn, S. 1, a.a.O.). 

Faktisch aber scheint die „Ausschaltung“ von Abu Bakr al-Baghdadi, als dem obersten Kommandanten des IS, die Schlagkraft der militärischen Operationen des IS „nicht beeinträchtigt“ zu haben (vgl. Cockburn, S. 13, a.a.O.).  

 

März 2015: Reda Seyam, ein in Ägypten geborener Berliner [1] , der sich dem IS angeschlossen hat, scheint dort Karriere gemacht zu haben. Nach Presseberichten scheint er eine Art  „Bildungsminister" beim Islamischen Staat geworden zu sein.

Der IS veröffentlicht im Internet einen 17minütigen wahrscheinlich in Raqqa entstandener Film,  in dem der 55-Jährige Seyam vor der schwarzen IS-Fahne Zuhörern, Schullehrern, die vor ihm auf dem Boden sitzen, Anweisungen gibt, den neuen Lehrplan erläutert. Alles, was auf Vielgötterei und Unglauben hinweise, werde aus dem Lehrplan entfernt. Seyam fordert von den Lehrern, dass sie Abu Bakr al-Baghdadi den Treueeid (ar. bay’at, vgl. oben) schwören müssten. Auch müssten sie bereuen, früher „unislamische Inhalte“ gelehrt zu haben (vgl. http://www.berliner-zeitung.de/berlin/is-terror-berliner-islamist-ist--bildungsminister--beim-islamischen staat,10809148,30054830.html).

 


[1] Bekannt wurde Reda Seyam u.a., weil er schon 2009 vor dem Berliner Kammergericht einen Prozess gewann: Es wurde ihm gestattet, seinen Sohn Dschihad zu nennen. Das Berliner Standesamt musste Dschihad als offiziellen Vornamen beurkunden, dagegen blieben Vornamen wie Flipper, Schneewittchen oder Pumuckl nicht zulässig (vgl.  http://www.berliner-zeitung.de/berlin/is-terror-berliner-islamist-ist--bildungsminister--beim-islamischen-staat,10809148,30054830.html#plx1808891629).

 

18. März 2015: Attentat auf das Bardo-Museum in Tunis, 22 Tote (davon 21 ausländische Touristen): der IS übernimmt „die Verantwortung“.

Ca. 3000 junge Tunesier sind zur Unterstützung der Dschihadisten (v.a. des IS) nach Syrien und in den Irak gereist, ein überdeutliches Indiz für interne soziale, regionale und politische Probleme im Land.

In der Region von Kasserine (an der algerischen Grenze) im Westen Tunesiens kommt es immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen dschihadistischen Gruppen und tunesischer Polizei und Armee (vgl. „Le monde“, 28./29. Juni 2015, S. 4). 

 

21. Mai 2015: Vollständige Eroberung von Palmyra durch den IS. Ende Mai sprengen IS-Angehörige das IS das dortige berüchtigte Gefängnis, in dem unter Hafis al-Assad Hunderte politischer Gegner gefoltert und getötet worden sein sollen. Photos von der Zerstörung des Gefängnisses zirkulieren im Internet (vgl. „Tagesspiegel“, 1. Juni 2015, S. 5). 

 

Ramadan 2015: Der IS versucht durch eine Anschlagserie v.a. in den arabischen Petromonarchien am Persisch-Arabischen Golf diese zu destabilisieren, sie an ihrer Achillesferse zu treffen, ihre konfessionelle Polarisierung zu verstärken.

In Saudi-Arabien sind ca. 11% der Bevölkerung Schiiten, die sich großenteils seit Jahren marginalisiert fühlt.

In Kuwait machen die Schiiten ca. 25 – 30 % der Bevlkerung aus, sie sind besser gesellschaftlich integriert als in Saudi-Arabien: Sie sind im Parlament vertreten und haben hohe Ministerposten inne. Beunruhigt sind einige Schiiten von salafistischen Predigern, die in den letzten Jahren Millionen US-Dollar zur Unterstützung bewaffneter dschihadistischer Gruppen in Syrien gesammelt haben (vgl. Barthe, S. 4, a.a.O.).  

Der kuwaitische Menschenrechtsaktivist Anouar Al-Rachid meint, dass die IS-Strategie darauf abzielt, die Golfstaaten in einen konfessionellen Bürgerkrieg zu stoßen und unglücklicherweise verstärke das Verhalten beider Seiten, der Sunniten und der Schiiten, diese Tendenz (vgl. Barthe, S. 4, a.a.O.).

 

Freitag, 26. Juni 2015: Einem Selbstmordanschlag auf eine schiitische Moschee in Kuwait fallen mindestens 27 Gläubige zum Opfer. Sie besuchten am 2. Tag des Ramadan in der Imam-Sadiq-Moschee, dem ältesten schiitischen Gotteshaus im Emirat, das Freitagsgebet. Die Verantwortung für den Anschlag übernimmt die „Provinz von Neschd“, der saudische Zweig des IS, der schon im Mai 2015 zwei Attentate durchführte.

In der Verlautbarung wurde ausgeführt, dass der Anschlag sich gegen einen „Tempel“ der „rawafidh“, der Abweichler, der Häretiker gerichtet habe – die arabische Bezeichnung, mit der der IS die Schiiten belegt (vgl. Barthe, S. 4, a.a.O). 

Am gleichen Tag erfolgen auch Attentate in Tunesien (Sousse) und Frankreich. Die angesehene (sunnitische) Kairoer Al-Azhar Universität bezeichnet die IS-Attentate als „verbascheunugswürdig“, als „Schändung aller religiösen und menschlichen Werte“ (vgl. „Le monde“, 28./29. Juni 2015, S. 4). 

Die Schiiten gelten als „Abtrünnige“, „takfiri“ vom Islam, die durch eine Fatwa „exkommuniziert“ und nach einer traditionellen Takfir-Vorstellung [1] insbesondere des Wahabismus der Todesstrafe anheimfallen müssen.

 



[1] Der arabische Begriff „takfir“ wird von „Kufr" bzw. „Kafir" „Ungläubiger“ abgeleitet und bedeutet als Verb „zum Kafir, zum Abtrünnigen, Apostaten erklären".

 

Juli 2015: Michel Goya (*1962), französischer Militärhistoriker. Militärschriftsteller  und Offizier, beschäftigte sich zum ersten Jahrestag des IS-Kalifats in der „Le Monde“ (vom 2. Juli 2015) mit der Zukunft des IS.  

Um einen Krieg zu beenden – führt Goya aus – gäbe es zwei Möglichkeiten, Verhandlungen – die zurzeit niemand führen will – oder den militärischen Sieg. Nach Goyas Einschätzung wären mindestens 100 000 gut asugebildete und modern bewaffnete Bodentruppen mit gepanzerten Einheiten und massiver Luftunterstützung nötig, um die ca. 30 000 bis 80 000 Soldaten des IS besiegen, die taktisch erfahren, gut geführt und hoch motiviert sind. Zudem beruhe die Stärke der Einheiten des IS auf ihrer Beweglichkeit und Dezentral isierung. Die motorisierten Selbstmord-Kämpfer des IS seien – meint Goya – so etwas wie die Marschflugkörper der Armen (vgl. Goya, S. 15, a.a.O.).

Ein solcher Krieg würde Monate, wenn nicht Jahre dauern, und ein Erfolg wäre von einer Reihe von Voraussetzungen und Perspektiven abhängig. So wäre z.B. der Einsatz von irakisch-schiitischen Milizen zurzeit ausgeschlossen. Es müsste sicher gestellt werden, dass die Angreifer nicht als illegitime, fremde Besatzer, Okkupanten empfunden würden. Sonst könnte das angestrebte Ende des IS leicht zur Geburt einer neuen dschihadistischen Gruppe und einem neuen Untergrundkrieg führen.

Zu den zu erwartenden Verlusten von Hunderten von Toten und Tausenden von Verletzten (auf Seiten der Angreifer allein) wäre gegenwärtig kein Staat weltweit bereit.

Da eine solche umfassende Militäroperation und die nötigen politischen Voraussetzungen z.Zt. ausgeschlossen seien, meint Goya, müsse man sich langfristig auf die Existenz eines neuen islamistisch-fanatisch-dschihadistischen Staates („Sunnistan“) im Mittleren Osten einstellen – so wie man es mit dem Iran der Mullahs gemacht habe (vgl. Goya, S. 15, a.a.O.) – sowie – könnte man hinzufügen – um einige Jahrzehnte zuvor – mit Saudi-Arabien.  

Immer wieder beschäftigten sich verschiedenste Autoren mit der Frage, warum der IS, dessen Form des Dschihad für so viele insbesonder junge Menschen aus Europa und Nordamerika so attraktiv sei.

Zum einen ist es sicher der Mythos des Kämpfers selbst, das Gefühl endlich etwas zu tun, zu handeln, mit der Waffe in der Hand Macht auszuüben und anerkannt zu werden, in der Gruppe Sicherheit, Kameradschaft und Solidarität zu erfahren. „Mit der Kalaschnikow in der Kalaschnikow in der Hand leben die jungen Männer ihre Gewaltphantasien aus und berauschen sich an der Gewalt“ (Hermann, 2015, S.8).

Biographisch sehen sich viele der ausländischen IS-Kämpfer als Verlierer, als in vieler Hinsicht Zu-Kurz-Gekommene und materiell wie auch emotional Ausgegrenzte, die dort Sicherheit, Anerkennung, Aufstieg und Lebenssinn zu finden hoffen.

Claudia Dantschke betont, „... wer Ausgrenzung, Abwertung oder Minderwertigkeitsgefühle erlebt oder empfunden habe, dem verspreche der Salafismus zudem eine ‚eindeutige und klare Identität als Muslim’“ (Dantschke, zit. n. Hermann, 2015, S. 8).

 

Die Ursachen für die relative Stabilität des IS wird auch in seiner „... Mischung aus klassischer Armee und asymmetrischem Dschihadismus“ gesehen, was ihn „robuster und beweglicher“ als z. B. al-Qaida mache (vgl. Hermann, 2015, S. 8).

 

20. Juli 2015: Blutiger Anschlag mit mindestens 27 Toten in der türkischen Grenzstadt Soruç (??), vermutlich von dem IS…

 

Oktober 2015: Der IS setzt ein neues islamistisches Curriculum in Kraft, nach dem in der Region Mossul allein insgesamt ca. 400.000 Schüler unterrichtet werden sollen. In den neuen Schulbücher des IS sind afghanisch gekleidete Männer dargestellt.

Auch der Mathematikunterricht wird mit neuen IS-Schulbüchern bestritten, die z.B. eine kriegerische Mengenlehre vermitteln: In der 1. Klasse werden nicht nur Früchte und Tiere gezählt, sondern auch Kalaschnikows, Panzer und Patronen (vgl. Abbn. unten). Rechenaufgaben thematiseren die Anzahl der IS-Kämpfer im „Dschihad“ gegen die „Ungläubigen“. Schon Sechsjährigen wird das IS-Motto „Bleiben und Expandieren" vermittelt.

Grundsätzlich mussten sich Schulen mit christlichen Namen umbenennen; der Unterricht der syrisch-aramäischen Sprache und christlicher Religionsunterricht wurden verboten.

Aus Angst vor der Indoktrination schicken viele Eltern der REgion Mossul ihre Kinder nicht mehr in die Schule.

Die irakische Schulbehörde in Bagdad erklärte, dass Abschlüsse, die Schüler und Studenten im IS-Gebiet erwerben, nicht anerkannt würden (vgl. http://www.welt.de/politik/ausland/article150744350/Die-ersten-Lehrer-streiken-gegen-IS-Lehrplaene.html)

 

November 2015: Zumindest bis zu dem Bombardement von Rakka durch alliierte Kampfflugzeuge scheint ein beachtlicher Teil der Einwohner des IS dessen Herrschaft durchaus „attraktiv“ gefunden zu haben, trotz seiner brutalen Methoden und den vielen Verboten (u.a. Fußball, Tanz, Musik, Alkohol und Tabak): „... Viele Menschen akzeptieren die Einschränkungen. Denn der IS stellt Dienstleistungen für alle bereit, zwar nur rudimentär, aber nicht nur, wie unter der früheren Regierungen in Damaskus und Bagdad, für eine privilegierte Elite. Das reicht von der Stromproduktion über gebührenfreie Krankenhäuser bis zu einem Schutz der Verbraucher vor mangelhaften Waren. Drakonische Strafen sollen Korruption und Schlendrian verhindern“ (vgl. Hermann, 2015, S. 8). Zudem empfinden sich viele Sunniten von der schiitisch bzw. alewitisch dominierten Regierung in Damaskus bzw. Bagdad diskriminiert und ausgeschlossen. So erscheint vielen Bewohnern des IS dieser zumindest als das kleinere Übel. 

 

13. November 2015: In Paris werden an fünf verschiedenen Orten zugleich Attentate verübt, in u.a. einer Konzerthalle, in Kneipen, Cafés werden 130 Menschen getötet. „Der Angriff im November richtete sich nicht mehr gezielt gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen, sondern gegen alle Franzosen. … Eine neue Phase der terroristischen Bedrohung hat begonnen. DEr IS verfolgt eine Strategie der Eskalation. Es mussSmit noch schlimmerem gerechnet werden“ (vgl. „Die Zeit“, Nr.1, 30. Dezember 2015, S. 9).

Die Attentäter sind allerdings nicht etwa Syrer oder Iraker. es waren sozusagen „hausgemachte“, europäische Dschihadisten. Premierminister Manuel Valls spricht dennoch von „Krieg“.

 

2015: Im vom IS beherrschten Gebiet leben ungefähr 10 Mio. Menschen, darunter ca. 4 Mio. Frauen.  Allein ca. 3000 yezidische Frauen wurden durch den IS aus dem Sincar verschleppt, viele wurden gedemütigt, mit Zurrgurten gefoltert, vergewaltigt, zu Sexsklavinnen auf organisierten Sklavenmärkten verkauft, einige gesteinigt.  

U.a. in der Stadt Rakka versucht die geheime Anti-IS-Untergrundorganisation „Rakka stirbt langsam“ - zum Teil erfolgreich – Frauen aus der Sklaverei zu befreien und in Sicherheit zu bringen. Dies geschieht immer wieder unter Gefahr für den eigenen Leib, das eigene Leben [1].

 

Anfang Dezember 2015: Ashwaq al-Nouaymi wird in Mossul hingerichtet; die Lehrerin hatte sich offen gegen die neuen Lehrpläne gestellt hatte und eine Protestkundgebung in Mossul organisiert (vgl. Humanistischer Presedienst; http://hpd.de/artikel/12632) .Am selben Tag wurden drei Imame hingerichtet, die sich weigerten, in den Moscheen junge Männer zur Teilnahme am Dschihad aufzufordern.

 

© Christian Meyer



[1] Der zum Teil heimlich in Rakka gedrehte Film „Flucht aus der Sklaverei“ von Edward Watts zeigt die Tätigkeit der Gruppe. Der Film wurde u.a. am 3. Januar 2016 um 22.15 Uhr auf Phönix gezeigt.

   

 


[1] In dem Film „Timbuktu“ von Abderrahmane Sissako wird in Mali das Kicken von Jugendlichen mit einem imaginären Ball zu einer Art Widerstandsgeste gegen die Ansar al-Din (vgl. „Freitag“, Nr. 50, 11. Dezember 2014, S. 19).

[2] Viele Muslime sehen allerdings in dem Gebrauch der Schahada und des „Siegels des Propheten“ durch den IS einen frevelhaften Missbrauch der religiösen Inhalte, des islamischen Glaubensbekenntnisses und der Symbole des Islams.

[3] Weltweit sind Schwarze Fahnen bis heute ein Symbol des Anarchismus und des Widerstandes. 

 


[4] Al-Khansa (auch: Al-Chansaa ar. „die Gazelle“) ist auch der Beiname einer altarabischen Dichterin, von Tamadur bint Amr ibn Shareed (ca. 575 – 645). Die der Überlieferung nach sehr schöne Zeitgenossin des Propheten Muhammad entstammte einer reichen Familie des großen altarabischen Stammes der Banu Salaym (auch Beni Selim). Der Stamm bewohnte eine Region östlich und südöstlich von Medina. Teile des Stammes waren an dem Überfall auf Muslime am Brunnen von Ma’una im Jahre 4 n. d. H. beteiligt (vgl. Ibn Ishâq, S. 155 f., a.a.O.). 

Nachdem einer der Brüder von al-Khansa in einem Stammeskrieg ums Leben gekommen war, verfasste sie elegische Todesklagen und forderte einen anderen ihrer Brüder zur Rache auf. Dieser vollzog die Rache, wurde dabei aber selbst tödlich verletzt. Al-Khansas Gedichte wurden berühmt, die Dichterin war 629 Teilnehmerin einer Delegation ihres Stammes, die den Propheten Muhammad in Medina aufsuchte. Sie trat zum Islam über, der Prophet soll ihre Dichtungen sehr geschätzt haben und sie in Medina zur Rezitation ihrer Poesie aufgefordert haben.

Auch ihre vier Söhne konvertierten zum Islam, fielen jedoch alle 636 in der viertägigen Schlacht von Qadisiyah gegen die persischen Sassaniden. Die Mutter, al-Khansa, trauerte jedoch nicht um die Söhne, sondern dankte Gott dafür, dass ihre Kinder Märtyrer werden durften (vgl. dazu auch Koran 3, 169/170) . Für diese Haltung soll die Dichterin vom Propheten belobigt worden sein. Vielfach wird Al-Khansa als eine ideale Muslima angesehen. 

Nach dem Tode des Propheten fielen die Banu Sulaym größtenteils nicht von Abu Bakr ab und beteiligten sich aktiv an den Expansionskriegen. Im Verlaufe der frühen Eroberungen wurde die Banu Sulaym nach Nordsyrien verschlagen (vgl. Ibn Ishâq, Anmerkungen, S. 280, a.a.O.). 

[5] Diese und andere Details wurden in der Dokumentation „Bürokratie des Terrors“ (14. November 2014, 22.00 Uhr in der ARD ausgestrahlt) angesprochen. Die Sendung beruhte auf internen Dokumenten und Dateien des IS, die der irakischen Armee im Juni 2014 in Mossul in die Hände fielen.

[6] Dabiq ist der Name einer kleinen syrischen Ortschaft nahe der türkischen Grenze, die in der islamischen Eschatologie eine bedeutsame Rolle spielen soll: Dort soll – nach einer Hadith - die endzeitliche Entscheidungsschlacht geschehen, in der die Muslime endültig über die ungläubigen Kreuzzügler siegen würden. Der IS sieht sich als Erfüller der endzeitlichen Prophezeiung. Tatsächlich wurde Dabiq bereits im August 2014 von dem IS erobert. 

[7] Allein in Karakusch lebten ca. 40 000 Christen. Vor der US-Invasion 2003 lebten im Irak noch ca. 1,6 Millionen Christen, 2014 sollen es noch zwischen 150 000 und 200 000 sein. Im Sommer 2014 sollen täglich zwischen 100 und 200 Christen den Irak verlassen (vgl. Bingener, a.a.O.). 

[8] Vermutet wurde allerdings auch eine Uneinigkeit der verschiedenen kurdischen Gruppen im nördlichen Irak hinsichtlich des Kampfes gegen den IS.

 

[1] Bekannt wurde der Begriff in letzten Jahren auch durch den 1975 gegründeten des „Islamischen Dschihad“, 

eine Organisation, die sich in den Augen der israelischen Regierung zu einer der gefährlichsten Terrororgani-

sationen entwickelte. Der „Islamische Dschihad“ sieht in Israel den Hauptfeind aller Muslime, der durch einen

„Heiligen Krieg“ zerstört werden müsse. Zwei Aktivisten des „Islamischen Dschihad“ sprengen sich z.B. 1995

an einer Bushaltestelle nördlich von Tel Aviv in  die Luft und töten dabei 19 zufällige Passanten. Inwieweit

solche Akte willkürlichen Terrors auch traditionellen Jihad – Vorstellungen entsprechen, ist umstritten.

[2] Dennoch soll darauf hingeweisen werden, dass Christentum oder Buddhismus zumindest offiziell, theoretisch den Krieg verurteilen, während der traditionelle Islam ihn zumindest gegen nicht Bekehrte zuließ (vgl. Ehrenreich, S. 189, a.a.O.). 

[3] Vielfach wird jedoch angenomen, dass die Idee des Kreuzugs von de islamischen Vorstellung vom jihad im Sinne eines „heiligen Kriegs“ beeinflusst wurde, ebenso wie wie die Lehre des Thomas von Aquin von dem gerechten Krieg (vgl. Salem, S. 104, a.a.O.).

[4] Etymologisch rührt „jihad“ vom arabischen Wort „jahada“ ( = äußerste Anstrengung, Bemühen, Kampf) her.

[5] Die islamische Rechtsschule der Schafiiten entwickelte die Lehre von einer dritten neutralen Zone, dem "dar al - sulh" dem "Haus des Friedens". Diese Auffassung wurde jedoch nicht generell sunnitisch anerkannt.

[6] Islamische Rechtsgelehrte der ägyptischen al - Azhar - Universität/Kairo nahmen im Jahre 1979 zum Friedensvertrag von Camp David (September 1978) Stellung: sie beurteilten einen Friedensvertrag "mit den Feinden der Muslime" zwecks Verwirklichung des muslimischen Gemeinwohls als rechtlich zulässig. Der Vertrag habe "..weder Vorschriften der Religion noch Beschlüsse islamischer Konferenzen... verletzt".

[7] Mit der Zeit wurde die Bezeichnung „ribat“ auf die Orte übertragen, die man verteidigte, Befestigunen, Beobachtungspunkte etc. „Ribat“ bekam die Bedeutung „Befestigter Ort“, viele Ortsnamen rühren daher (z.B. Rabat in Marokko). 

[8] Hier leigt eine gewisse Widersprüchlichkeit zumGewaltverbot bei Bekehrungen vor, denn in einer Hadith heißt es z.B. :“Mir wurde befohlen, die Polytheisten zu bekämpfen, bis sie bekennen, dass es nur einen Gott gibt; wenn sie dies sagen sollten, dann sind sie unantastbar“ (zit. n. Salem, S. 107, a.a.O.). 

[9] So z.B. durch Ibn Tûmart  (+1130).

[10] Dabei ist zu beachten, dass der Suizid in der Sunna ausdrücklich verboten ist. Eine Hadith weist daraufhin, dass Selbsttötung ewige Strafen im Jenseits nach sich zöge. Auch besagt eine Überlieferung, der Prophet Muhammad habe einem Suizidenten das Totengebet verweigert. Deshalb werden Suizidenten in islamischen Gesellschaften bis heute ohne rituelles Leichenbegräbnis begraben.

[11] Für Balic ist Krieg überhaupt nur im Verteidigungsfall legitim – aber welcher Aggressor versuchte nicht, die Aggression als Verteidigungsfall auszugeben ?

[12] Gilles Kepel (* 1955) studierte Soziologie und Arabististik und ist Professor am Institut d’études politiques in Paris und ausgewiesener Islamkenner. 

[13] Eine klare Parallele dazu findet sich in der anfänglichen Unterstützung, die die israelischen Regierungen verschiedenen islamistischen Gruppen zukommen ließ: Hier glaubte man, sie gegen die PLO instrumentalisieen zu können. 

[14] Ca. 1,5 Mio. Tote forderten die Kriege um Afghanistan seit 1979, darunter 14000 tote Rotarmisten in Afghanistan von 1979 – 1989.

[15] Mit dem arabischen Begriff „salaf“ werden die Lehren „der Alten“ gekennzeichnet, der Verfasser der traditionellen Hadithen- und Fatwa – Sammlungen (wie Abd Allah b. Mubarak, Said b. Mansûr, Abd al – Razzaq oder Abu Bakr b. Abî Shaiba), die an Koran und Sunna glaubten, aber gegen alle spekulative Theologie (kalâm) gerichtet waren. Die Wahabiten in Saudi – Arabien betrachten sich als die wahren erben der „salaf“. Natülich sah sich auch Hasan al – Bannâ, der Gründer der Muslim – Brüder als Anhänger der Doktrin der Alten (vgl. Laoust, S. 337, a.a.O.).   „Salafîyun“ ist der arabische Begriff für „Fundamentalist“. 

[16] Im Gegensatz dazu wurde in den vergangenen 14 Jahrhunderten der Geschichte islamisch geprägter Gesellschaften mit dem Instrument des jihad relativ vorsichtig und sparsam umgegangen.

[17] Der 2. Golfkrieg 1990 / 91 zerbrach die Allianz zwischen den USA (und den Ölstaaten) mit den afghanischen Mujaheddin, den Jihadisten.

[18] Als weitgehend sicher kann man ansehen, dass Usama bin Laden nicht „die Spinne im Netz“ war, die einer weltweit operierenden hierarchischen Organisation befiehlt. Vielmehr ist von einer dezentralen Vielzahl kleiner und kleinster Gruppen und Grüppchen in vielen verschiedenen Ländern auszugehen, die nur lose und fallweise miteinander kooperieren. Afghanistan ist schon jetzt eines der ärmsten Länder der Erde,  was in Kabul durch Bombardements oder „Cruise missiles“ zu zerstören wäre, liegt großenteils schon seit Jahren in Ruinen. 

 

Fahne des IS; oben steht: "Es gibt keinen Gott außer Gott", die Schahada

Unten steht: "Muhammad, Gesandter Gottes", das sog Siegel des Propheten

(Abb. aus: http%3A%2F%2Fwww.tagesschau.de%2Fmultimedia%2Fbilder%2Fislamischer-staat-102)

Abb.: Abu Bakr al-Baghdadi, der Kalif des IS, auf dessen Kopf 10 Mio. ausgesetzt sind (Abb. aus Cockburn, S. 13, a.a.O.)

Der arabische Buchstabe „nūn“, der 25. Buchstabe des arabischen Alphabets


Aus dem IS-Mathemetikbuch für die 1. Klasse : Was gehört in welche Gruppe? Was ergibt?

(Abbn. oben und unten aus: http://www.welt.de/politik/ausland/article150744350/Die-ersten-Lehrer-streiken-gegen-IS-Lehrplaene.html)