Die obigen Abbn. stammen aus Wammers, a.a.O.
Tierkulte
Für viele nördliche Kulturen mit geringer Rollendifferenzierung spielt der mächtige, menschenähnlich wirkende Bär in der Mythologie oder bei Initiationsriten eine besondere Rolle, oft verbunden mit allerlei Zeremonien. Bei z.B. den Djäng ( = „Menschen“, einem Stamm der sibirischen Jenissejer) ist „… der Bär kein gewöhnliches Tier…, sondern (besitzt) eine menschliche Seele“ (Findeisen, S. 18, a.a.O.).
Bei z.B. den Ainu (auf Hokkaido und Sachalin), den (tungusischen) Lamuten (am Ochotskischen Meer), den Algonkin (in Kanada) oder den Sagai (im Altai) gilt der Bär als Ahne. Das hindert sie jedoch nicht daran, auf Bärenjagd zu gehen. Die Lamuten singen bei der Bärenjagd Lieder, in den es u.a. heißt: „Großvater Bär, unsere Großmutter, deine ältere Schwester Dantra (die Urahnin der Lamuten), befahl dir und sagte dir:’Erschrick uns nicht, stirb’“(Findeisen, S. 20, a.a.O.).
Im Archäologischen Museum zu Frankfurt am Main wurde im Winter 2015/16 eine Ausstellung „Bärenkult und Schamanenzauber“ gezeigt. Bis ins 20. Jhdt. hinein wurden in verschiedenen Regionen der nördlichen Hemisphäre von indigenen Jägervölkern Bären kultisch verehrt, rituell gejgt und getötet, aber auch – zur erhofften Wiedergeburt – feierlich bestattet. Gezeigt wurden auf der Frankfurter Ausstellung Bärenschmaus-Geschirr, Bären-Gräber, Abbildungen von Bärentänzen, –zeremonien und -festen. Religiöse Vorstellungen von Bären als Ahnen und Gottheit scheinen sehr alt zu sein, Indizien für schamanistische Bären-Rituale sind bereits aus der Altsteinzeit vor etwa 40 000 Jahren, mit dem Auftreten des modernen Menschen aus großen Teilen der gesamten nördlichen Zirkumpolar-Region belegt. Manche Ethnologen sehen in dem Bärenkult eine Spur einer möglichen menschlichen „Urreligion“.
Geistliche und Reisende des 17. und 18. Jhdts. verdammten diese religiösen Praktiken als „… erschröckliche Abgötterej und Verehrung der Teuffel“ (vgl. Wamers, a.a.O.).
© Christian Meyer
Abb.unten (aus Wamers, a.a.O.): Bärenfest bei den ostsibirischen Niwchen (Giljaken) um 1850/60. Zeichnung des deutsch-russischen Ethnografen Leopold von Schrenck (1826 - 1894). Während auf den Wandbänken der Bärenschmaus eingenommen wird, ist in der Raummitte das Fell des Bären samt Schädel in einem Gestell aufgebaut. Dem getöteten Bär wird ein Fisch angeboten, um in der Gemeinschaft an dem Fest teilzunehmen.