Durch dieses Tal soll 1915 der Abstieg zu den rettenden Schiffen erfolgt sein
Christian Meyer Februar 2014
Windgeneratoren am Musa Daǧı - Das einzige armenische Dorf in der Türkei
Der vielschichtige Film „Kuzu“ (trk.≙ „Das Lamm“) von Kutluğ Ataman, der im Februar 2014 auf der Berlinale uraufgeführt wurde, hat seinen vorrangigen Schauplatz in einem nach 1915 zerstörten armenischen Bergdorf in der Region Erzincan (vgl. „Tagesspiegel“, 12. Februar 2014, S. 22).
Das letzte auch heute noch existierende armenische Dorf in der Türkei aber ist eines derjenigen Dörfer, die durch Franz Werfel bekannt wurden. Sein Roman „Die 40 Tage des Musa Dağı“ (a.a.O.) machten den Gebirgszug am Mittelmeer und die Geschichte, den Widerstand und die glückliche Rettung seiner armenischen Bewohner im Sommer 1915 weltberühmt.
Weniger bekannt ist, dass die Geschichte der Armenier vom Musa Dağı eine bis heute andauernde Fortsetzung gefunden hat, eine Geschichte, die ich im Rahmen von Studienreisen 2012 und 2013 vor Ort kennenlernen konnte.
Am Fuße des ca. 1240 m hohen Musa Dağı, des Moses Berges [1], liegt in der heutigen türkischen Provinz Hatay das Dorf Vakıflı köyü (armen. Makif), das einzige, letzte armenische Dorf in der Türkei.
Gegründet wurde das Dorf Vakıf in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als siebente größere armenische Siedlung in der Region des Musa Dağı. Die Dörfer waren gekennzeichnet durch spezifische Produkte, die in ihnen hergestellt wurden. So war Azir das Dorf der Seidenraupen (Werfel, Bd. 1, S. 14, a.a.O.), Khedrbek (oder Kheder Beg, heute Hıdırköy) war das Seidenspinnerdorf (Werfel, Bd. 1, S. 44, a.a.O.), Keboussik (oder Kebussiye) war das Bienendorf (Werfel, Bd. 1, S. 7, a.a.O.), Haji Habibli war das Holzschnitzerdorf und Vakıf das Spitzendorf (Werfel, Bd. 1, S. 44, a.a.O.). In den beiden größten Siedlungen, Bitias und Yoghonuluk wurden alle Handwerksarten betrieben. Vakıf war die „… südlichste Ortschaft des armenischen Sprengels, die am Rande der Orontesebene … lag“ (Werfel, Bd. 2, S. 106, a.a.O.).
Bevor im Sommer 1915 der Deportationsbefehl die Dörfer erreichte, verschanzte sich die überwiegende Mehrheit der armenischen nur schlecht bewaffneten Dorfbewohner in einem gut zu verteidigenden Hochtal des Musa Dağı. Es gelang das dortige Lager 53 Tage gegen vielfach überlegene osmanische Truppen zu verteidigen. In einer immer verzweifelter werdenden Lage erblickte ein vor der Küste patrouillierendes französisches Kriegsschiff die auf dem Berg aufgespannte weiße Fahne mit dem roten Kreuz und nahm mit den Armeniern Kontakt auf. Über einen Steilhang zum Meer hin wurden dann am 12. September 1915 die mehr als 4000 Überlebenden evakuiert und nach Port Said in Sicherheit gebracht.
Im Sommer 1915 hatte sich der lokale armenische Widerstand gegen die Deportation auf dem Musa Dağı unter der Führung von Movses Der Kalousdian formiert, einem ehemaligen Offizier der osmanischen Armee. Franz Werfel hingegen erfand als Anführer des Widerstandes die Figur des Gabriel Bagradian, dessen Namen er bewusst an das alte armenische Königsgeschlecht der Bagratiden [2] anlehnte. In dem Roman kam Bagradian schließlich ums Leben.
Movses Der Kalousdian, der historische Widerstandsorganisator hingegen überlebte den Kampf und die Überführung der Geretteten nach Ägypten. Kalousdian trat 1916 mit vielen weiteren Überlebenden des Musa daǧı der französischen Orient-Legion (der späteren Armenische Legion) bei. Auch nach dem Krieg blieb er politisch aktiv und wurde 1932 und 1936 von der Armeniern in Syrien ins Parlament gewählt, 1943 in das Parlament des neu konstituierten Libanon.
Schon der deutsche Theologe und Orientalist Johannes Lepsius (1858 - 1926) erwähnte in seinem Bericht über die Deportationen von den Vorgängen auf dem Musa Daǧı : „Aus Dörfern bei Suidije am Ausfluss des Orontes konnte sich ein Haufe von 4058, darunter 3004 Frauen und Kinder, auf den Dschebel-Musah flüchten. Er wurde an der Küste von einem französischen Kreuzer aufgenommen und nach Alexandrien geborgen“(Lepsius, S. 137, a.a.O.). Lepsius Schrift wurde im August 1916 von der deutschen Zensur verboten.
Nach Kriegsende konnten 1919 viele der Überlebenden - die ca. 5000 Personen nannten sich „Mussalertsi“ (armen. „Kinder des Mosesberges“) - in ihre überwiegend zerstörten alten Dörfer am Musa daǧı zurückkehren. Denn diese Region - das ehemalige Sandschak Alexandrette (heute Iskenderun) - wurde dem französischen Völkerbundsmandat Syrien zugeschlagen und mit der arabischsprachigen alevitischen Mehrheitsbevölkerung gab es traditionell entspannte Beziehungen. In der französischen Mandatszeit bis 1939 gab es am Musa daǧı – im Gegensatz zu heute - mehrere armenische Schulen.
Auf dem Hochtal des Musa daǧı, wo sich die Armenier im Sommer 1915 erfolgreich verschanzt hatten, errichteten die Rückkehrer ein schiffsförmiges Denkmal, um an die rettenden Schiffe zu erinnern. Nach Aussagen der Dorfbewohner zerstörte die türkische Armee das Denkmal 1980 nach dem Militärputsch.
Die osmanische Regierung in Istanbul hatte am 26. Oktober 1919 die Rückkehr überlebender Armenier nach Westanatolien und Kilikien verboten (vgl. Akçam, S. 110, a.a.O.). Umgekehrt – vermutlich unter dem Druck der Alliierten – erließ dieselbe Regierung am 8. Januar 1920 ein Gesetz zur Rückerstattung armenischer Güter. Die türkische Regierung in Ankara hob dieses Gesetz jedoch am 14. September 1922 wieder auf. Dadurch wurde das Gesetz vom September 1915 über den hinterlassenen Besitz der Armenier wieder in Kraft gesetzt (vgl. Akçam, S. 131, a.a.O.). Die Übernahme des Besitzes der Deportierten erinnert vielfach an die „Arisierungen“ der NS-Zeit.
1938/39, auf dem Hintergrund des drohenden Krieges in Europa, entschloss sich die französische Regierung des Gebiet Hatay an die Türkei abzutreten. Sie reagierte damit auf türkischen Druck und hoffte zudem, die Türkei von einer Zusammenarbeit mit NS-Deutschland abzuhalten. Als Zwischenstufe wurde am 7. September 1938 der Staat Hatay (trk. „Hatay Devleti”) gegründet und eine Volksabstimmung über einen Anschluss an die Türkei vorbereitet. An dem demokratischen Charakter der Abstimmung wurden mehrfach Zweifel angemeldet. Zudem wanderten bis zum Juli 1939 viele arabische und armenische Familien aus Hatay aus. In Syrien wurden ca. 50.000 Flüchtlinge aufgenommen, darunter 22.000 Armenier, 12.000 sunnitische Araber, 10.000 Alawiten und 5.000 orthodoxe Christen. Zurück sollen v. a. arabische Bauern geblieben sein, die ihr Land nicht aufgeben konnten oder wollten. Hatay wurde eine türkische Provinz, 1939 wurden rasch alle Namen und Schulen in der Region turkisiert.
Auch die übergroße Mehrheit der ca. 5000 Armenier am Musa daǧı entschloss sich 1939 zur Emigration in den Libanon, wo jede armenische Familie - finanziert u.a. von der Gulbenkian-Stiftung - 10 ha Land erhielt. Nur die Mehrheit der Bewohner von Vakıflı blieb, 1939 ca. 650 Personen in 65 Häusern. In die leeren armenischen Dörfer zogen turkmenische Familien nach. Die Beziehungen der Dorfbewohner von Vakıflı zu den turkmenischen und arabischen Nachbarn seien traditionell und bis heute gut und ohne Spannungen, betonte der Muhtar.
1939 siedelten sich viele Armenier im heutigen Libanon an, so u.a. in Anjar, der heutigen libanesischen Grenzstadt an der Straße zwischen Beirut
und Damaskus. Dort werden bis heute in einem kleinen Museum einige Erinnerungsstücke an den Kampf von 1915 auf dem Musa Daǧı aufbewahrt, so einige Waffen, einen Feldstecher und v.a. die weiße
Flagge mit rotem Kreuz; die von dem französischen Schiff bemerkt wurde und den Armeniern das Leben rettete (vgl. „Spiegel“, 21. 05. 2007).
Franz Werfel, der österreichisch- jüdisch Dichter, unternahm 1929 – zusammen mit seiner Frau Alma Mahler-Werfel – eine Reise nach Palästina, Syrien und in den Libanon. In ihrer Autobiographie beschrieb Alma Mahler-Werfel „merkwürdige“, ausgehungerte Kinder, die in einer Teppichweberei in Damaskus dahinvegetierten. Der Besitzer erklärte dazu: „Ach, diese armen Geschöpfe, die klaube ich auf der Straße auf und gebe ihnen zehn Piaster pro Tag, damit sie nicht verhungern. Es sind die Kinder der von den Türken erschlagenen Armenier. Wenn ich sie hier nicht beherberge, verhungern sie, und niemand kümmert sich darum. Leisten können sie ja nicht das geringste, sie sind zu schwach dazu“ (Mahler-Werfel, S. 208, a.a.O.).
Auch im Libanon trafen die Reisenden auf „… viele armenische Dörfer …, von Überlebenden erbaut“ (Mahler-Werfel, S. 209, a.a.O.). Hier soll Werfel die Idee zu seinem Roman „Die 40 Tage des Musa dağ“ gefasst haben. Nach Europa zurückgekehrt ließ er sich über einen befreundeten französischen Diplomaten die „… Protokolle über die türkischen Greuel aus dem französischen Kriegsministerium“ zusenden (Mahler-Werfel, S. 210, a.a.O.).
Geschrieben wurde der Roman vom Juli 1932 bis März 1933, die Erstausgabe erschien im November 1933 im Paul Zsolnay-Verlag in Wien und Berlin. Jedoch wurde der Roman bereits Anfang Februar 1934, also nur ca. 2 Monate nach der Veröffentlichung, nach § 7 der Verordnung des Reichspräsidenten zum „Schutz des Deutschen Volkes“ verboten und eingezogen. Das Werk würde, so verlautbarte, die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden, Werfel selbst wurde aus der Preußischen Akademie der Künste ausgeschlossen.
Von den Armeniern in der US-Diaspora wurde Werfels Roman begeistert aufgenommen: In New York wurde er 1936 regelrecht gefeiert. Ein armenischer Priester meinte während seiner Predigt: „Wir waren eine Nation, aber erst Franz Werfel hat uns eine Seele gegeben“ (Mahler- Werfel, S. 256, a.a.O.).
Im Jahre 1936 lernte Werfel im Pariser Exil sogar nochAdmiral Louis Dartige du Fournet (1856 - 1940), den Kommandanten des französischen Flaggschiffes „Jeanne d’Arc“ kennen, das am Ende des Romans bei der Rettung der überlebenden 4080 Armenier im September 1915 die entscheidende Rolle spielte (Mahler-Werfel, S. 257, a.a.O.).
Heute hat das Dorf Vakıflı köyü (postalisch: Samandaǧ / HATAY / TC) nur noch ca. 35 Häuser mit zwischen 120 und 160 Einwohner, im Sommer wächst die Bevölkerung durch die Rückkehrer auf 300 bis 400 Menschen an. Ca. 500 ehemalige Dorfbewohner leben unterdessen in Istanbul. Ein ehemaliger (pensionierter) Lehrer z. B. verbringt die Hälfte des Jahres in Istanbul, die andere Hälfte in Vakıflı köyü (diese Erscheinung ist allerdings für viele Dörfer in der Türkei charakteristisch).
Junge Dorfbewohner wandern z.T. ab, zuerst nach Istanbul, aber auch in die EU oder die USA. Vor allem besser qualifizierte, ehrgeizige junge Armenier verlassen oft das Dorf, um zu studieren, zu arbeiten, Geschäfte zu machen etc. Zurück bleiben die älteren und alten Dorfbewohner, die immer seltener selbst in der Landwirtschaft arbeiten.
Außer den (zahlreichen) Touristen, Besuchern sind alle Einwohner Armenier. Ein Zuzug von Nicht-Armeniern wird verhindert. Im Dorf und der engeren Nachbarschaft lebten 2011 insgesamt 180 Armenier. Junge männliche Dorfbewohner haben zunehmend Schwierigkeiten, armenische Frauen zu finden.
Die ca. 20 armenischen Kinder werden mit einem Schulbus nach Samandaǧ gebracht, wo sie ganz normale türkische Schulen besuchen. Allerdings sind die Schulen „multikulturell“, sie werden auch von arabischen, turkmenischen und (einigen) kurdischen Kindern besucht. Unterrichtssprache ist Türkisch, (west-) armenischsprachigen Unterricht gibt es nicht.
Generell spielt die armenische Sprache nur noch als Umgangssprache eine größere Rolle. Auch im Alltag wird - wie zu beobachten ist - das Türkische immer bedeutsamer. Die Schriftsprache wird quasi nur noch in der Kirche des Dorfes benutzt. Drei (aus Istanbul zurückgekehrte) Dorfbewohner beziehen die in Istanbul erscheinende zweisprachige Wochenzeitung „Agos“ (vgl. Artikel in der BLZ, Heft. November 2007).
Die ökonomische Grundlage des Dorfes ist die Landwirtschaft. Das Dorf ist in der Region berühmt für seine verschiedenen organisch gezogenen Gemüse- und Orangensorten.
Im Jahre 2004 exportierte Vakıflı köyü für ca. 1 Mio. € organisch angebaute Orangen und andere lokal angebaute Produkte, z.T. ökologisch zertifiziert u.a. vom IMO.
Im Jahre 2004 wurde eine landwirtschaftliche Genossenschaft gegründet, die ihre Produkte erfolgreich unter der Handelsmarke „Vakıflı köyden“ (aus Vakıflı köyü) vertreibt.
Die Genossenschaft verfügt über ca. 230 ha Gemeindeland und 80 ha Stiftungsland. Immer wieder gab es allerdings Absatzprobleme, in einem der vergangenen Jahre verfaulten ca. 30 t geernteter, hochwertiger Mandarinen, da sie keinen Abnehmer fanden.
In den letzten Jahren widmete sich die Genossenschaft insbesondere Sonderanpflanzungen in Gewächshäusern, z.B. der Papaya-Pflanzung oder Gemüsen und der Herstellung von weiterverarbeiteten lokalen landwirtschaftlichen Erzeugnissen, so der Produktion von Wein und Likör, Öl, oder Konfitüren. Vermutlich spielt der Verkauf dieser Produkte an Touristen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Das Dorf setzt auf Öko-Tourismus, mit wachsendem Erfolg. In der alten Schule wurde ein Gästehaus eingerichtet, ein Bauernhaus als Pension umgenutzt, ein drittes im Besitz der Gemeinde befindliches ehemaliges Bauernhaus wurde restauriert und zu einem Gästehaus umgebaut.
Im Dorf gibt es die armenisch-apostolische Kirche „Meryem Ana Kilesi“, die Kirche der Mutter Maria. Die Kirche ist im Kern ca. 120 Jahre alt, wurde aber 1994/97 wurde die Kirche rekonstruiert und umgebaut, sie wirkt neu. Vor der Kirche befindet sich ein Gedenkstein für die Spender und die ehrenamtlich bei der Restaurierung Tätigen. Über die Kirchenweihe berichtete 2009 die Wiener „Presse“ (in ihrer Print-Ausgabe vom 06.09.2009).
Alle 14 Tage, an jedem 2. Sonntag findet ein Gottesdienst in der Kirche statt. Dazu kommt ein armenischer Priester aus Iskenderun (früher: Alexandrette) nach Vakıflı köyü. Im Hof der Kirche befindet sich ein 1997 errichteter Brunnen mit einem Gedenkstein zur Erinnerung an den Spender und mit dessen Lebensdaten (1947 – 1995), einer auch unter Muslimen in der Türkei weit verbreiteten Sitte.
Jedes Jahr am 2. Sonntag im August findet in dem Dorf das Fest „Meryem ana yortusu“ (trk. ≙ „Mutter Maria–Fest) statt, gleichzeitig ein Weinfest, das viele Gäste anzieht.
Ökonomisch geht es dem Dorf Vakıflı köyü gut, so gut, dass die Dorfgenossenschaft sich an den am Fuße des Musa daǧı errichteten Windgeneratoren beteiligte, - eine Zukunftsinvestition, davon gehen die Honoratioren des Dorfes aus.
Auch optisch wirkt das Dorf anders als die Nachbardörfer, ruhiger, gepflegt, grüner, nahezu ohne Kinder. Die landwirtschaftlichen Arbeiten in der Genossenschaft übernehmen immer mehr arabische und turkmenische Arbeiter aus den Nachbargemeinden. Diese Entwicklungen lassen für die Zukunft Probleme erahnen, auch könnten alte Vorurteile wegen „armenischer Geschäftstüchtigkeit“ wieder aufleben.
Die Region um Samandaǧ in der Provinz Hatay ist traditionell eine Hochburg der türkischen Linken (v.a. der ÖDP). Hinsichtlich von Aussagen zu der politischen Lage sind die Bewohner von Vakıflı köyü vorsichtig. So vermied nicht nur der Dorf-Muhtar (auch sein Großvater kämpfte 1915 auf dem Musa daǧı) grundsätzlich den Begriff „Völkermord“ und sprach immer von den „Ereignissen von 1915. Auch bereitet vielen Dorfbewohnern die 100jährige Wiederkehr der „Ereignisse“ im Jahre 2015 Sorge.
Im Juli 2013 verstarb inVakıflı köyü nach langer Krankheit der 100jährige Dorfälteste, der zweijährig auf dem Musa daǧı war und „als Jugendlicher die schwierige Geschichte des Wiederaufbaus … miterlebte. Mit seinem Ableben verstummt die Stimme des letzten Zeugens“ (vgl. http://www.armenierberlin.de/ , vom 17. Juli 2013).
Taner Akçam: „Armenien und der Völkermord – Die Istanbuler Prozesse und die türkische National-
bewegung“, Hamburger Edition, Hamburg, 2004
Peter Stephan Jungk: „Franz Werfel – Eine Lebensgeschichte“, Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 2000
Johannes Lepsius: „Bericht über die Lage des armenischen Volkes in der Türkei“, unveränderte Neuauflage des
Orig.-Textes von 1916, Bad Schussenried, 2011
Johannes Lepsius: „Der Todesgang des Armenischen Volkes – Bericht über das Schicksal des Armenischen
Volkes in der Türkei während des Weltkrieges“, Missionsbuchhandlung und Verlag, Potsdam,
3. Auflage, 1930; Reprint, besorgt von der Deutsch-Armenischen Gesellschaft, Heidelberg, 1980
Alma Mahler-Werfel: „Mein Leben“, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 1960
Sibylle Thelen: „Die Armenierfrage in der Türkei“, Wagenbach Verlag, Berlin, 2010
Franz Werfel: „Die vierzig Tage des Musa Dagh“, 2 Bde., Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar, 1978
http://www.armenierberlin.de/ , vom 17. Juli 2013)
© Christian Meyer
[1] Der Name Musa dağı (armen. „Մուսա Լեռ“, Musa Ler, „Mosesberg“) rührt her von einer volksislamischen Überlieferung, nach der sich die Propheten Musa und Hızır am Meer bei Samandağ getroffen hätten und gemeinsam die benachbarten Berge durchwandert hätten. Beim heutigen Dorf Hıdırköy hätte Moses dann wunderbarerweise die noch heute bewunderte und als Wunschbaum verehrte Platane begründet, den riesigen Musa ağacı (trk. „Mosesbaum). An den Ästen des großen Mosesbaumes sollen während der großen Pogrome in der Zeit Sultan Abdülhamids Ende des 19. Jhdts. 15 regionale armenische Notabeln aufgehängt worden sein.
Bei den verschiedenen Pogromen in den 90er Jahren des 19. Jhdts. kamen nach Schätzungen ca. 200 000 Armenier ums Leben (vgl.
Thelen, S. 25, a.a.O.).
Musa Ler ist auch seit 1972 der Name einer Siedlung in der Republik Armenien (nahe bei Eriwan), in der sich Überlebende des Musa Dağ ansiedelten. In
Musaler befindet sich auch ein 1976 fertig gestelltes großes Denkmal zur Erinnerung an den Widerstand von 1915.
[2] Die Bagratiden waren eine armenische und georgische Dynastie, zu deren armenischem Zweig auch der armenische König Aschot Bagratuni (+ 890) gehörte. Die armenische Dynastie starb allerdings im 12. Jhdt. aus. Der georgisch-russische General Pjotr Iwanowitsch Bagration (1765 – 1812, er ist eine der Figuren in Tolstois „Krieg und Frieden“) entstammte der georgischen Fürstenfamilie. Die Familie gibt es auch heute noch, einige kehrten nach Georgien zurück und streben dort eine Restaurierung der Monarchie an.
Windgeneratoren am Musa daǧı (Photo: Christian Meyer)
Dieses Haus im (türkischen) Nachbardorf von Vakıflı köyü wird von den Bewohnern als das Haus von Gabriel Bagradian angesehen. Dabei ist er eine literarische Erfindung Franz Werfels. Inwieweit es sich um das Haus von Movses Der Kalousdian, dem historischen Anführer auf dem Musa Daǧı, handelt, blieb mir unklar.