Zur Müllerei …. Zu Edgar Müllers Geburtstag 2021
Müller ist der häufigste Familienname im deutschen Sprachraum. In Deutschland gab es 1996 zum Namen Müller mehr als 320.000 Einträge im Telefonbuch (1,5 %). Dazu kommen noch rund 40.000 Einträge der Namensvarianten. Nach Angaben von Jürgen Udolph tragen etwa 700.000 Deutsche den Namen Müller (a.a.O.). Weltweit rangiert Müller (einschließlich der Schreibvarianten Mueller und Muller) mit rund einer Million Namensträgern auf dem 492. Platz der häufigsten Familiennamen der Welt [1]. Deutschstämmige oder andere Personen, deren Vorfahren „Müller“ hießen, schreiben den Namen heute nicht selten Mueller oder Muller, wenn sie in Ländern leben, deren Schriftsprache den Umlaut „ü“ nicht kennt.
Verwandte Namen, Varianten & fremdsprachige Begriffsfassungen
Mahler (von mahlen) |
Mahlmann; Muller |
Mallmann |
Meller (niederdeutsch) |
Meulenaers, Meuleneers (belgisch) |
Meuleners (niederländisch) |
Mölder (Niederrhein) |
Moeller, Möller (niederdeutsch) |
Mölders |
Möllmann |
Mühlemann; Mühler; Muhler |
Mühlmann |
Møller (dänisch) |
Mulders, Mülders (Niederlande) |
malari (isländisch) |
Müllers, Müllner |
מילנער (milner) ≙ Jiddisch |
Mülher, Myller |
Mulerius (latinisiert) |
Mylius (gräzisiert) |
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Mills (englisch) |
Meunier (franz.); moulin ≙ Mühle |
Molnar (ungarisch) |
molendinarius ≙ lat.; Bäk- ker & Handmüller ≙ pistor |
Mugnaio ≙ ital.; regional: mulinaro |
moleiro ≙ portug. molinero ≙ span. |
moliner ≙ katalanisch |
morar ≙ rumänisch |
errotaria ≙ baskisch |
Değirmenci. türk,; von alttürk. tegir ≙ drehen |
тегермәнче (tegerma̋nče) ≙ tatar; тээрэмчин (tèèrèmčin) ≙ mongol. |
диірменші (diìrmenšì) ≙ Kasachisch |
Muilleoir ≙ irisch
|
μυλεΰς ≙ altgr. Müller; Μύλος ≙ Mühle |
mullinar, mullixhi ≙ albanisch |
ջաղացպան (ǰaġac̕pan) ≙ armen; آشه وان (āša-wān) ≙ Kurdisch Sorani |
Μυλωνάς ≙ neugr. Müller; μυλος ≙ Mühle |
Młynk (obersorbisch) |
Мельник - russisch |
млинар (mlinar) ; Wassermüller воденичар (vodeničar) ≙ mazed. |
Mlynář – tschechisch |
טוֹחֵן (ṭōḥḗn) - hebräisch |
طَحَّان (ṭaḥḥān) ≙ klass. Arabisch |
ṭāḥōn - klass. Aramäisch |
آسيابان Asiabân ≙ Farsi ; asiâ ≙ Mühle |
磨坊主Mòfāng zhǔ ≙ chin. Müller, wörtlich: Mühlenbesitzer磨Mófang - Mühle |
konaya ≙ Japanisch; 工場- Kōjō ≙ die Mühle; transkr.: ミラー - Mirā |
Liste der 10 häufigsten Familiennamen in Deutschland
1. Müller, Berufsbezeichnung
2. Schmidt, Berufsbezeichnung (alle homophonen Schreibvarianten zusammen ergäben Platz 1)
3. Schneider, Berufsbezeichnung
4. Fischer, Berufsbezeichnung
5. Weber, Berufsbezeichnung
6. Meyer, Standesbezeichnung (alle homophonen Schreibvarianten zusammen ergäben Platz 2)
7. Wagner, Berufsbezeichnung
8. Becker, Berufsbezeichnung, Wohnstättenname
9. Schulz, Standesbezeichnung
10. Hoffmann, Berufsbezeichnung, Wohnstättenname
[1] Auf den ersten Rängen der weltweiten Häufigkeit von Familiennamen lagen 2005 …
1. Wáng ≙ 王, chin. Herrscher, König; Groß-; ca. 107 Mio. Namensträger
2. Lì ≙ 李, chin. Beamter, Mandarin; Sippenname Lao-tses und der Tang-Dynastie; anglisiert: Lee; ca. 105 Mio. Namensträger
3. Zhàng ≙ 張, chin. Ältester, Leiter, Vorsteher; „Bogenmeister“; ca. 98 Mio. Namensträger
4. Chén ≙ 陳, chin. Würdenträger, Vasall; ca. 75 Mio. Namensträger
5. Liú ≙ 劉; chin. Klasse, Grad, Sorte; Sippenname der Han-Dynastie; ca. 74 Mio. Namensträger
Verteilung des Familiennamens „Müller“ in Deutschland im Jahre 2005; der Nachname Müller findet sich überall im deutschen Sprachraum.
(vgl.https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/75/Verteilung_Nachname_M%C3%BCller_DE.png)
Der Name „Müller“ geht auf den Beruf des Müllers (mittellat. ≙ molinarius) zurück, der seinerseits vom spätlat. „molina“ [1] ≙ Mühle entlehnt wurde. Schon im Althochdeutschen wurden „muli, mulin“ (10. Jhdt.) für „Mühle“ benutzt (vgl. Pfeifer, Bd. II, S. 1133 f., a.a.O.). Ursprünglich wurde das Gewerbe im Neuhochdeutschen „Müllner“ genannt. Noch Luther schrieb 1530: "des Müllners Thier".
Bevor man die Wind- und Wasserkraft nutzen konnte, war die Muskelkraft von Mensch und Tier die einzige Energiequelle. Schon prähistorischer Zeit wurden Reibplatten und Reibpfannen aus Stein zum Zerkleinern von Körner und Samen benutzt, sicher sogar schon vor der Erfindung der Landwirtschaft, der „neolithischen Revolution“. Auf dem Boden kniend oder hockend wurde mit einem steinernen Fäustling grobes Mehl hergestellt. Auch in Mörsern aus Holz und Stein wurden die Körner mit einem Stößel zerstampft. Aus den Mörsern entwickelten sich später die Stampfen, die in vielen Wassermühlen als zusätzliche Einrichtung zum Zerkleinern von Gerste oder Knochen zu finden waren.
[1] Abgeleitet vom lat. „molere“ ≙ mahlen, das seinerseits etymologisch zusammenhängt mit „Mehl“,
dem „Gemahlenen“ (vgl. Pfeifer, Bd. II., S. 1083, a.a.O.).
Prähistorischer Mahl- und Reibestein
(Abb. aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Mahlstein)
Mola manualis – Römische Handmühle aus Stein (Kopie). Ein großer Fortschritt war die leichter zu bedienende Handdrehmühle mit Kurbelantrieb, die vom Menschen betrieben wurde. Das Prinzip vom ruhenden Bodenstein und dem sich drehenden Läuferstein wurde hier bereits angewendet. Zwischen beiden wurden die Körner zermahlen. Dieser Mühlentyp ist für Rom seit dem 2. Jhdt. v. Chr. belegt.
Nach dem „alttestamentarischen“ Gesetz Moses durften Mühlsteine nicht gepfändet werden. 5. Mose 24, 6 lautet: "Du sollst nicht zum Pfande nehmen den unteren und oberen Mühlstein; denn damit hättest du das Leben zum Pfand genommen“.
Der Unterlieger-Stein galt als besonders hart. Hiob 41, 16 lautet: "Sein Herz ist so hart wie Stein und so fest wie ein unterer Mühlstein."
Matthäus 24, 41 bezieht sich ein Gleichnis zum Jüngsten Gericht anscheinend auf eine größere
Drehmühle, wie sie mit dem Hellenismus aufkamen: Zwei Weiber „ ... werden mahlen auf der Mühle; eine wird angenommen und die andere wird verlassen werde."
„Römische Mühle – von einem Esel angetrieben“; Reliefdarstellung an einem Müller-Bäckerladen in Pompeji (Abb. aus Neuburger, S. 95, a.a.O.).
Die Römer entwickelten die Handdrehmühle weiter zur ca. bis 2 m hohen Tierdrehmühle, die von Tieren (zuweilen auch von Sklaven) angetrieben wurden: Der feststehende Bodenstein hatte die Form eines Kegels. Über ihn war der drehbare Läuferstein gelagert, der wie eine Sanduhr aussah.
Funde aus Pompeji belegten, dass im Römischen Reich noch im 1. Jhdt. die Gewerbe Müller und Bäcker noch nicht getrennt waren: Lat. „pistor“ ≙ (Hand-)Müller und Bäcker, „pistrina“ ≙ Mühle und Bäckerei. Aus dem lat. „pistrina“ entstand die „Pfisterei“, traditionell auch ein Betrieb der beide Gewerbe umfasst (über ahd. „phistor“ – 9. Jhdt, vgl. Pfeifer, Bd. I., S. 109, a.a.O. - als „Pfister“ v.a. oberdeutsch, heute veraltet).
Die in München beheimatete „Hofpfisterei“ ist eine seit 1331 existierende, von den Wittelsbacher-Herzögen privilegierte Firma, die beide Gewerbe, Müllerei und Bäckerei umfasste. Die heutige Firma ist eine große Filialbäckerei mit Niederlassungen auch in Berlin.
Tretmühlen mit Menschen in einem Tretrad wurden zum Heben von schweren Lasten, z.B. beim Bau großer Kirchen, verwendet oder beim mittelalterlichen Bergbau. Eine berühmte bis heute erhaltene Tretmühle aus dem 15. Jhdt. befindet sich im Krantor/Brama Żuraw von Danzig/Gdansk.
Abb.: Tretradpaar im Krantor
Ein großer Fortschritt war die Ausnutzung der Wasserkraft als Antriebsenergie für Mühlen verschiedenster Art, die technische Neuerung des europäischen Mittelalters, eine Art früher Energiewende.
Wasserräder zur Wasserschöpfung sind in Ägypten und Mesopotamien sehr alt.
Wassermühlen entstanden vermutlich schon Jahrhunderte vor Christ Geburt in Vorderasien als erste Maschine der Menschheit, wer, wann und wo genau, ist unklar.
Der römische Architekt, Ingenieur und Architekturtheoretiker Vitruv (Marcus Vitruvius Pollio, 1. Jhdt. v. Chr.) dokumentierte in dem 10. Buch seiner „Architektur“ den Aufbau und die Funktionsweise der Wassermühlentechnik.
Abb. oben: Römische Wassermühle nach Vitruv; a/b: Zahnräder; c: Welle; d: Mühlsteine; f: Getreideausfluss (Gosse) (Abb. aus Neuburger, S. 97,
a.a.O.).
Die Römer brachten nach den Handmühlen und von Zugtieren angetriebenen Mühlen auch die Wassermühlentechnik über die Alpen.
Bereits seit dem 5. bis 8. Jahrhundert verfügten Gutshöfe und Burgen auch über Wassermühlen (lat. „molionum“). Die Wassermühlen verdrängten die alten Handmühlen, die im Mittelhochdeutschen die Bezeichnung „kürne“ ≙ „Mühle, Mühlstein“ trugen (vgl. Pfeifer, Bd. II, S. 1133 f., a.a.O.).
Wassermühlen führten seit dem 12. Jahrhundert zur deutlichen Zunahme der Berufsmüller. Müller waren für Klöster und den Adel eine wichtige Abgabenquelle. Um 1200 wurde den Bauern verboten, ihre eigenen Handmühlen weiter zur Mehlerzeugung zu benutzen. Manche Ortsnamen zeigen, dass sich um herrschaftliche Mühlen herum Siedlungen bildeten.
Schiffsmühlen, d.h. Wassermühlen, die auf Schiffen montiert waren und von Flusswasser angetrieben werden, sollen im 6. Jhdt. unter dem byzantinischen Feldherrn Belisar in Rom erfunden worden sein. Die Ostgoten belagerten damals die Stadt und unterbrachen die Wasserzufuhr von den Aquädukten; Das Korn wurde nun von rasch auf Schiffen montierten Mühlen auf dem Tiber zu Mehl gemahlen…
Wann und wo die ersten Windmühlen errichtet wurden ist unklar, sicher ist das frühe Formen in China, Persien und den arabischen Ländern arbeiteten, z.T. aber mit anderer Technik.
Windmühlen sind in Europa deutlich jünger als Wassermühlen und verbreiteten sich ab dem 11. Jhdt. von Flandern und Nordfrankreich her über Europa. Umstritten ist, ob es sich hier um eine eigenständige Entwicklung handelte. Bis in die Gegenwart blieben parallel Wassermühlen in Gebrauch. Es entstanden verschiedene Typen wie die mediterrane Turmwindmühle, die Bockwindmühle (deren Korpus komplett gedreht wird, um die Windmühlenflügel in den Wind zu stellen) oder die Holländermühle mit drehbarer Kappe. Um 1860 soll es in Deutschland noch bis zu 65.000 Mühlen gegeben haben.
Bekannt ist das alte Sprichwort „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.“
Abb. oben: Felix Nussbaum (1904 – 1944, in Auschwitz): „Weiße Mühle in Xanten“, Öl und Sand auf Leinwand, 1927; heute im Nussbaum-Museum in Osnabrück (Photo: Christian Meyer, Oktober 2021)
Seit dem Mittelalter differenzierten sich die Mühlen zu verschiedensten Zwecken, von Hammerwerken (wie z.B. in Frohnau/Annaberg), Pulvermühlen bis zu Ölmühlen.
Abb. aus Amman, Ständebuch, 1568, S. 98, a.a.O.
Abb.: Albrecht Dürer: „Drahtziehermühle“ (»trothzichmüll« ); Aquarell und Deckfarbe auf Papier, ca. 1494, vor seiner Italienreise; im Kupferstichkabinett Berlin. Die Darstellung gehört zu den frühesten selbstständigen Landschaftsdarstellungen. Dargestellt hat Dürer die Mühle auf den Hallerwiesen an der Pegnitz westlich von Nürnberg. Die ersten wasserbetriebenen Drahtmühlen wurden in der Mitte des 14. Jhdts. entwickelt. Durch Wasserkraft – ein Mühlstein ist zu erkennen – wurde eine Kurbelwellen angetrieben. Über ein Zugseil zogen die sich automatisch schließenden Zangen, mit denen der Draht gefasst und geformt wurde (Postkarte, um 2010).