Tristans Kampf mit dem Drachen; Holzschnitt aus einer „Historie von Tristan und Isolde“, Augsburg 1484 (Abb. aus Bédier, S. 36, a.a.O.).
Der sog. Tristan-Akkord (Abb. aus Bibliographisches Institut, S. 965, a.a.O.), das „Sehnsuchts- und Liebesmotiv“,
leitmotivische vier Halbtonschritte „f-h-dis1-a1“ im 2. Takt des Vorspiels aus Wagners Oper ist ein „… Höhepunkt der gesamten Tristan-Harmonik und Melodik“ (Zentner, in Wagner,
S. 7, a.a.O.).
Das Motiv schrieb in seiner Chromatik und Tonalität Musikgeschichte, auch die ungewohnten, der Tradition widersprechenden Modulationen in der Oper hatten nachhaltige Wirkung u.a. auf Claude Debussy, Max Reger, Hans Pfitzner, Richard Strauß und Arnold Schönberg. Der „Tristan“ habe – meinte der Musikwissenschaftler Wilhelm Zentner (1893 – 1982) – die gesamte Musikgeschichte deutlicher beeinflusst als alle anderen Werke Wagners (vgl. Zentner, in Wagner, S. 8, a.a.O.). Allerdings bedeutete „… Wagners kühnste Erweiterung des Tonalitätsbereiches … nie das Verlassen des Tonalitätsgedankens oder gar seine Sprengung. Wohl aber wird die Haupttonart gelegentlich verschwiegen“ (Adler, Bd. 3, S. 878, a.a.O.), - gerade bei den chromatischen Modulationen im Tristan.
„Tristan“ gilt als Wagners autobiographisch geprägtes, persönlichstes, „kühnstes Kunstwerk“ (Zentner, in Wagner, S. 5, a.a.O.). Auch der kritische Romain Rolland meinte, er sei tief berührt von der „Redlichkeit und Aufrichtigkeit“ des Tristan (Rolland, S. 306, a.a.O.). Er hielt die Oper zwar nicht für „vollkommen“ aber: „Tristan überragt um Bergeshöhen alle anderen Liebesgedichte, wie Wagner alle anderen Künstler seines Jahrhunderts überragt. ‚Tristan‘ ist ein Denkmal erhabener Macht“ (Rolland, S. 302, a.a.O.).
Tristan und Isolde sind vielleicht das berühmteste Liebespaar der europäischen Weltliteratur, bekannt durch die unvollständig erhaltene Dichtung „Tristan et Yseult“ des normannischen Dichters Béroul (12. Jhdt.), den „Roman de Tristan“ von Thomas d’Angleterre, einen anglonormannischen Sänger des 12. Jhdts. Sie bauen sicher auf älteren Fassungen auf, die nicht erhalten geblieben sind. Weiterhin gab es eine (verlorene) Fassung Chrétiens de Troyes (+ um 1190), den mittelhochdeutschem Versroman „Tristrant“ von Eilhart von Oberge (entstanden wohl um 1170), Gottfried von Straßburgs um 1210 entstandenen, Fragment gebliebenen Versroman (knapp 20 000 Verse!) und schließlich vor allem die gleichnamige todesmystische „Handlung in drei Aufzügen“ von Richard Wagner (1855-59).
Wagner hatte bereits in Dresden die neuhochdeutsche Bearbeitung des „Tristan“ von Hermann Kurtz (1813 – 1873) kennengelernt.
Nachdem Wagner am 18. September 1857 die Tristan-Dichtung beendet hatte, lud er u.a. die Wesendonks zu einer Textlesung ein und bemerkte, dass das vielleicht der „… erste Mietzins von mir (sei) … Vielleicht ist’s nicht gar fern mehr; dann sollen sie sagen:
‚Hei, unser Held Tristan,
wie der Zins zahlen kann!‘“ (zit. n. Golther, S. 71, a.a.O.).
Wagner lud im April 1865 Mathilde Wesendonk – die Muse und Inspiratorin – zur Uraufführung des Tristan ein: „Freundin! Der Tristan wird wundervoll. Kommen Sie? Ihr R.W.“ (vgl. Golther, S. 370, a.a.O.). Die Oper wurde am 10. Juni 1865 in der Münchener Hofoper in Anwesenheit Anton Bruckners uraufgeführt.
Wagners Oper hat für „Tristan“ – im Gegensatz zu „Isolde“ – bei der „… deutschen Vornamensgebung nur eine geringe Rolle“ gespielt (Drosdowski, S. 202, a.a.O.).
Dante ordnete Tristan in seiner „Divina Commedia“ dem Inferno zu, in einer Reihe mit u.a. Kleopatra, Helena und Paris, unter denen, „… die im Erdenwallen, für ihre Liebe einst gestorben sind“ (Dante, Inferno, 5. Gesang, V. 67, S. 27, a.a.O.).
Die verschiedenen Erzählungen zu Tristan und Isolde wurden im Jahr 1900 durch den französischen Romanisten Joseph Bédier zu dem „Roman von Tristan und Isolde“ (a.a.O.) zusammengeführt, in dem alle Abenteuer und Episoden, von der Vorgeschichte, dem Drachenkampf, dem Gottesurteil, bis zu dem treuen, wieder erkennenden Hund Husdent aufgeführt sind.
Auch in der 1953 erschienenen englischen Kompilation der Artus-Sage von Roger Lancelyn Green wird die Geschichte von „Sir Tristram and the Fair Iseult“ (aufbauend auf „Godfrey of Strasbourg“) erzählt (vgl. Green, S. 132 ff., a.a.O.).
Erklärt wird die Bedeutung des Namens Tristan z.B. bei Gottfried von Straßburg:
„von triste Tristan was sîn nam.
der name was ime gevallesam
und alle wîs gebaere.
daz kiesen an dem maere“.
(Gottfried von Straßburg: Tristan V. 2003–2006, a.a.O.)
Nach dem Tristan-Roman starb der Vater Tristans vor dessen Geburt in einem Krieg, die Mutter war sterbenskrank bei der Geburt und meinte: „In Trauer musst ich dich gebären, traurig ist die erste Feier, die ich dir bereite, um dich bin ich betrübt zu Tode. Und wie du also auf die Welt gekommen bist durch Traurigkeit, sollst du den Namen Tristan tragen“ (Bédier, S. 7, a.a.O.).
Der Name Tristan wäre hiernach also vom Französischen „triste“ (oder Lateinischen „tristis“) ≙ traurig abgeleitet. Diese Herleitung des Namens ist zwar einleuchtend, aber ungesichert.
Eine keltische Herkunft des Namens wie des Stoffes ist allerdings desgleichen ungesichert, genauso wie die der altfranzösisch-anglonormannische Herkunft. Im Gälischen bedeutet
„drest, drust“ = „(Herr über) Aufruhr; Waffengeklirr“
Davon abgeleitet sei im Keltischen der Vorname Drystan, daher die Form Tristan. Naumann et al. geben als keltische Bedeutung des Namens Tristan „Lärm, Gepolter“ an (vgl. Naumann et al., S. 150, a.a.O.). In Cornwall fand man einen Menhir (den sog. Tristan-Stein) aus dem 6. Jhdt., in dessen lateinischer Inschrift der Name „Drustanus“ genannt wird, möglicherweise eine latinisierte Form des keltischen Namens Drystan.
Darüber hinaus wurde schon seit dem 19. Jhdt. die These vertreten, dass der Stoff von Tristan und Isolde orientalischer Herkunft sei, bis in die sassanidische und parthische Zeit zurückreiche. Deutliche Parallelen zu „Tristan und Isolde“ finden sich in dem persischen Versepos „Wis und Ramin“ von Fakhr ed-din Assad Gorgani (1050/55), sowie der „Geschichte von der Liebe des Dichters Kais ibn Doreidsch“ (vgl. Frenzel, S. 741, a.a.O.).
Zentrale Tristan-Motive fanden sich dort – es gab vielleicht eine lateinische Prosaversion des persischen Epos (vgl. Grimbert, S. 14, a.a.O.), so dass es möglicherweise „… als das konstitutive Motiv des europäischen Tristan-Stoffes“ angesehen werden kann (Frenzel, S. 742, a.a.O.).
Verschiedene Formen des Namens:
· die deutsche und französische Form: Tristan
· die englische Form: Tristram
· die portugiesische Form: Tristão
· die spanische Form: Tristán
· die italienische Form: Tristano
· walische Formen: Tristan, Trystan, Drystan
· die ungarische Form: Trisztán
Abgeleitete weibliche Formen des Vornamens:
Bekannte Namensträger:
· Luis Tristán (auch Luis Tristán de Escamilla; * um 1586, † 1624), spanischer Maler, unter dem Ein-
fluss von El Greco.
Toponyme:
Sonstiges:
© Christian Meyer
Werbung für die Tristan-Inszenierung von Katharina Wagner, Bayreuth 2015